Tennis

Andrea-Petkovic-Kolumne: Bleibe ich mir treu oder ärgere ich den Gegner?

Sports-Illustrated-Kolumnistin Andrea Petkovic war eine der besten Tennisspielerinnen in Deutschland. Zwei Mal gewann sie gegen Grand-Slam-Champion Angelique Kerber, die meisten Spiele gingen aber verloren. Petkovic nennt den Grund, warum. 

Andrea Petkovic: Erfolg ist eine Frage des richtigen Gegners
Credit: Imago

Wie unterscheidet man Menschen, die sportinteressiert, vielleicht sogar sportbegeistert sind, von solchen, die Wettkampfsport betrieben haben oder noch Wettkampfsport betreiben?

Ein Beitrag auf Twitter (hi, Elon!) zeigte mir letztens sofort, dass der Verfasser nie zuvor in seinem Leben Wettkampfsport betrieben hatte. Ich erinnere nicht mehr den genauen Wortlaut, aber inhaltlich besagte der Post Folgendes: "Wir müssen davon ausgehen, dass der FC Bayern München das zweitbeste Team Europas ist, denn Manchester City dominiert gegen Real Madrid, und Bayern München hätte sich im Vergleich dazu ja beachtlich geschlagen."

Andrea Petkovic: Quervergleiche sind tabu

Puh. Jeder Sportler und jede Sportlerin, die sich mal in einer Wettkampfsituation befunden hat, weiß, dass eine Sache absolut tabu ist: Quervergleiche. Das heißt nicht, dass man es nicht heimlich mal getan hat. Ich habe gegen die verloren, aber die hat das Turnier gewonnen, also ist es nicht so schlimm. Okay, geschieht. Aber wenn man ganz ehrlich zu sich ist, haben Quervergleiche im Sport so viel verloren wie Tennisbälle in der Politik.

Die NBA-Kommentatoren in Dreiteilern mit Einstecktuch sagen (brüllen) immer vor jedem Spiel in die Kamera: MATCHUPS MATTER! Übersetzt in etwa: Welche Spielweise gegen welche Spielweise kommt, macht einen Riesenunterschied. 

Rafael Nadal: Geistesblitz seines Onkels

Ein Beispiel aus der Sportart, mit der ich mich am besten auskenne – Tennis. Rafael Nadal ist eigentlich Rechtshänder. Sein Onkel Toni gab ihm den Schläger in die linke Hand, weil Onkel Toni wusste, dass es weniger Linkshänder auf der Tour gibt und es für die Mehrheit der Rechtshänder unangenehm ist, gegen die ungewohnt fliegenden Bälle antreten zu müssen. Er hätte jedoch niemals ahnen können, dass dieser Geistesblitz seinem Neffen die Rekordanzahl an Grand Slams bringen würde.

Nadals Linkshänder-
Vorhand landete knapp fünfzehn Jahre später gegen den damals besten Spieler aller Zeiten, Roger Federer, mit entnervender Beständigkeit auf Federers einhändiger Rückhand. Der hoch abspringende Ball auf eine einhändige Rückhand ist technisch und physisch der schwierigste zu parierende Ball im Tennis. Wäre Onkel Toni damals nicht da gewesen, und Rafael Nadal hätte den Schläger mit rechts in die Hand genommen, hätte Roger heute vielleicht die meisten Grand Slams aller Zeiten.

Matchups gelten nicht nur im Tennis

Ich dachte ja immer, Matchups sind eine ganz spezifische (supernervige) Tennis-Angelegenheit, weil im Eins-gegen-eins schnell was in die Psyche einsickern kann. Aber je mehr ich andere Sportarten beobachtete und mit Kolleginnen aus anderen Feldern sprach, desto mehr sah ich, dass die gleichen Regeln für alle herrschen. Egal ob alleine oder zu elft auf dem Platz oder Spielfeld.

Offensiv eingestellte Mannschaften spielen ungern gegen Konterspieler, und Konterteams bekommen einen Nervenzusammenbruch, wenn sie gegen defensiv aufgestellte Vereine ranmüssen. Sportübergreifend gibt es die gleichen Systeme und Muster und Wiederholungen. Warum beruhigt mich das bloß nicht?

Ich habe zweimal gegen den Grand-Slam-Champion und die ehemalige Nummer eins der Welt, Angelique Kerber, gewonnen. Toll, oder? Dafür habe ich weit über 50 Matches gegen sie verloren. Meine Spielweise war immer zügig und aggressiv, Angie ist eine klassische Konterspielerin. Sie nutzte die Geschwindigkeit meiner Schläge, um mich Mal um Mal auszuspielen, und ich hatte keinen so guten Aufschlag, dass ich auch mal freie Punkte bekommen hätte.

Es half nicht, dass sie einfach eine viel bessere Tennisspielerin als ich war. Die zwei Male, bei denen ich sie besiegen konnte, spielte ich gegen meine Natur: hoch und langsam, mit viel Spin, und ich versuchte, ihr kein Tempo zu geben. Aber meistens waren meine Natur (und Angelique Kerber) stärker. Am Ende ist das immer die Frage bei taktischen Überlegungen im Sport: Bleibe ich mir treu oder ärgere ich den Gegner? Im Idealfall ärgert meine natürliche Spielweise die Gegnerin ohnehin. Im Idealfall. MATCHUPS MATTER.

 

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