Alexander Zverev über Weg zurück an die Spitze: "Alles hängt nur von mir ab"
- Alex Zverev nach schwerer Verletzung auf dem Weg zurück
- Zverev kehrt zu French Open nach Paris zurück
- Alex Zverev: "Abseits des Courts bin ich sicher kein Egoist"
Es sind jetzt für Alexander, genannt "Sascha", Zverev die entscheidenden Wochen des Jahres. Es geht darum, gute Ergebnisse zu erzielen. Und es geht um die Match-Praxis, wie Tennis-Profis gerne sagen. Immer weiterspielen, Selbstvertrauen zurückgewinnen. Den Körper in den bestmöglichen Fitnesszustand versetzen. Zverev, 26, war ja lange raus. Eine schwere Fußverletzung hatte Deutschlands besten Tennis-Spieler im vergangenen Jahr zu einer ewigen Ruhezeit gezwungen. Sieben Monate musste er pausieren. Ausgerechnet in einer Phase, in der es für Zverev so vielversprechend hätte laufen können.
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RÜCKBLICK: Am 3. Juni 2022 trifft Zverev im Halbfinale der French Open auf Rafael Nadal. Die beiden liefern sich über zwei Sätze ein hochklassiges Match mit fantastischen Ballwechseln. Sandplatzkönig Nadal gewinnt den ersten Satz im Tiebreak. Nach über drei Stunden Spielzeit knickt Zverev beim Stand von 6:6 im zweiten Satz extrem schmerzhaft um, schreit auf und bricht auf dem Platz zusammen.
Es ist ein Drama, das sich auf dem Court Philippe Chatrier auf der Anlage im Stade Roland Garros abspielt. Zverev wird im Rollstuhl vom Platz gefahren. Minuten später kommt er auf Krücken zurück, umarmt Nadal – und gibt auf. Es sind die bittersten Momente seiner bisherigen Karriere. Auch deshalb, weil er so dicht dran war. Einerseits, den besten Sandplatzspieler aller Zeiten in dessen eigenem Wohnzimmer zu schlagen, andererseits, seinem Traum vom ersten Grand-Slam-Titel näher zu kommen. Ein Erfolg in Paris wäre für Zverev zudem gleichbedeutend mit dem Erklimmen des Ranglisten-Thrones gewesen. Die Nummer eins im Herren-Ranking, sie war ganz nah. Aber jetzt waren da plötzlich nur noch Frust und Leere.
Sieben Bänder im rechten Fuß riss sich Zverev damals. Er wurde operiert. Aber der Heilungsprozess verlief nicht optimal. Knochen-Ödeme bildeten sich im Aufbautraining und warfen den 26-Jährigen immer wieder zurück. Bei einem Show-Turnier in Saudi-Arabien Mitte Dezember kehrte er schließlich auf den Platz zurück.
Aber wie stark und fit kann einer sein, der über ein halbes Jahr kein Turnier-Tennis mehr gespielt hat? Es ist ein bisschen so, als würde man bei Netflix eine neue Serie beginnen. Das Turnier in der Wüste – und wenig später dann die Australian Open im Januar – waren für Zverev Episode 1, Staffel 1. Die Ergebnisse konnten noch gar nicht stimmen. In Melbourne beim ersten großen Grand-Slam-Turnier des Jahres schied der Deutsche in der zweiten Runde aus. Zverev mus te erst wieder das Antizipieren lernen und auch das "Über-das-Netz-Schauen". Voraussetzung dafür ist aber ein guter Fitnesszustand. Wenn du schnell und körperlich in einer guten Verfassung bist, bist du auch im Kopf stabil und nur schwer zu schlagen.
ZURÜCK IN DER GEGENWART: Es ist Mitte März, und die Tennis-Tour stoppt gerade in der kalifornischen Wüste. Indian Wells ist ein bedeutendes Masters-1000er-Turnier. Die Profis lieben es hier. In der Szene wird das Event "Tennis Paradise" genannt. Die Anlage mitten im Coachella Valley ist umgeben von Palmen und mutet an wie eine künstlich-grüne Oase. Die Arenen haben Grand-Slam-Niveau. Am Horizont reihen sich die kalifornischen Bergketten aneinander. Überall gibt es Golfplätze. Es gibt für Tennis-Profis wohl keinen besseren Ort auf der Welt, um ihrem Sport nachzugehen.
Auch Zverev ist in diesem Jahr gerne hier. Was auch daran liegt, dass seine Leistungen besser werden und er immer mehr seinen Rhythmus wiederfindet. Die letzten Wochen verliefen schon vielversprechend. In Dubai, Anfang März, erreichte er fast schon ein bisschen überraschend das Halbfinale. Schied dort erst gegen seinen Kumpel und Top-Ten-Spieler Andrey Rublev aus. In Indian Wells, wo auch die Fotos für diese Seiten gemacht wurden, ging es nicht ganz so weit. Im Achtelfinale unterlag er nach drei extrem engen Sätzen dem bisherigen Spieler der Saison Daniil Medvedev. Es war ein richtig gutes Match des Hamburgers.
Zwei Tage nach seinem Ausscheiden ist Zverev immer noch in Indian Wells. Das ist insofern ungewöhnlich, weil Tennis-Profis an sich sofort zum nächsten Turnier weiterreisen, wenn sie aus dem laufenden Wettbewerb ausgeschieden sind. Aber die Bedingungen sind für Zverev hier zu gut. Er nutzt die Zeit, um weiter an sich und seinem Spiel zu arbeiten. Der ehemalige deutsche Weltklasse-Spieler Tommy Haas, der seit ein paar Jahren schon Turnierdirektor in Indian Wells ist, hat Zverev über einen Freund eine private Unterkunft organisiert. Alles ist perfekt.
Nach einer zweistündigen Fitnesseinheit an einem Donnerstagmittag amerikanischer Zeit sprechen wir mit Zverev, der in der Zwischenzeit im Ranking auf Platz 15 zurückgefallen ist. Es geht noch einmal um seine schwere Verletzung, um die Einstellung zum Sport, um Sehnsüchte und die Einsamkeit auf der Tennis-Tour. Was man vorwegnehmen kann: Der 26-Jährige macht einen gefestigten Eindruck. Seine Lust auf Tennis und die Gier nach großen Titeln sind gut herauszuhören. Die Saison ist jung. Es könnte noch sein Tennis-Jahr werden.
Sports Illustated: Alexander Zverev, wie schwer war diese lange Ver letzungspause mit all den eintönigen Wochen und Monaten in der Reha eigentlich für den Kopf?
Alexander Zverev: Der Moment, als es passiert ist, hat die Sache so schwierig gemacht. Auch im Nachhinein. Ich war die Nummer zwei der Welt. Ich hätte vielleicht mein erstes Grand-Slam-Turnier gewinnen können. Dann wäre ich die Nummer eins geworden. Das hängt schon nach. Es war das Halbfinale der French Open. Es war im Match gegen Rafael Nadal, als das Unglück passierte. Ich hab es letztlich akzeptieren können. Und ich habe auch schnell die Konzentration wiedergefunden. Ich habe mir kleine Ziele gesetzt, Mini-Fortschritte gemacht. Das war wichtig für mich, um da herauszukommen. Die Freude kam irgendwann auch zurück. Nach den ersten Schritten, nach den ersten schmerzfreien Sprints, nach den ersten vorsichtigen Ballwechseln. Es war sicher keine einfache Zeit, aber ich habe mich eben auch selber herausgefordert. Es war insofern eine gute Lebenserfahrung.
Sports Illustated: Sie sind normalerweise ein Weltreisender. Hat Ihnen das Reisen in der Zeit gefehlt?
Zverev: Ja, schon ein bisschen. Wir sind es ja gewohnt, immer unterwegs zu sein. Die sieben Monate Stillstand waren ein kleiner Schock für mich. Ich wollte zwischendurch immer los. Raus und Turniere spielen. Das ist mein Leben. Da fühle ich mich wohl. Aber es ging ja nicht.
Sports Illustated: Sie sind elf Monate im Jahr unterwegs. Wo spielen Sie am liebsten Tennis?
Zverev: Um ehrlich zu sein: Da, wo ich gewinne (lacht). Im Ernst: Es gibt schon Wochen, auf die ich mich sehr freue. Zum Beispiel, wenn ich in Deutschland spielen kann. Das sind zwar immer nur zwei bis drei Wochen im Jahr, aber das ist etwas sehr Besonderes. Die Auftritte vor heimischem Publikum sind meine persönlichen Highlights im Jahr. Ich spüre dann großen Rückhalt. Das tut gut.
Sports Illustated: Sie haben in den USA die bei den großen Masters-Turniere in Indian Wells und Miami gespielt. Tennis hat in Amerika eine riesige Bedeutung. Merkt man das als Spieler?
Zverev: Es ist definitiv anders dort. Die Atmosphäre, die Fans, das ganze Drumherum. Ich würde schon sagen, dass die Menschen etwas begeisterungsfähiger sind. In Deutschland können sich die Leute vor allem für Fußball begeistern. In der Bundesliga sind die Arenen fast immer voll. So wie beim American Football oder in der NBA in Amerika. Ums Tennis war es lange ruhig in Deutschland. Aber seit 2017 bemerke ich einen Stimmungswandel. Es geht wieder bergauf.
MIT DER EMOTIONALEN Bindung zur Öffentlichkeit ist das so eine Sache bei Zverev. Es gibt Menschen in diesem Land, die Deutschlands größten Tennis-Star abseits des Courts für zu distanziert und zu kühl halten. Die Wahrheit ist: Zverev ist eigentlich ein zurückhaltender, scheuer Typ, ausgestattet mit einem guten Humor. Aber das bekommt eben vor allem sein direktes Umfeld mit. Zwei, drei beste Freunde, seine Freundin und die Familie. Zverev braucht diese Gruppe als Hort der Geborgenheit.
"Sascha hatte nicht die richtigen Helfer, um seine wahre Persönlichkeit zu zeigen", hat Bruder Mischa vor ein paar Jahren einmal gesagt. Er spielte damit auf die Zeit einer eher komplizierten Partnerschaft mit dem mächtigen Tennis-Manager Patricio Apey an, der Zverev schon in jungen Jahren zu einem globalen Star der Sportwelt vermarkten wollte. Das gar nicht mal so kleine Tennis-Land Deutschland hatte der Marketer dabei nicht auf dem Schirm. Aber die Sache entwickelt sich langsam in die richtige Richtung. Auch, weil der kluge und eloquente Mischa Zverev in großen Teilen mittlerweile das Management in die eigenen Hände genommen hat. Er verfolgt eine andere Strategie.
Der Olympiasieg 2021 in Tokio war diesbezüglich sicher hilfreich. Zverev haben die Wochen im Kreis der deutschen Olympiamannschaft nachhaltig gutgetan. Vielleicht ist er damals auch ein Stück demütiger geworden. Andererseits ist es aber auch so, dass in Sport-Deutschland Anerkennung und Aufmerksamkeit schon immer über die ganz großen Pokale gekommen sind. Boris Becker lässt grüßen. Ein Wimbledon-Sieg zählt eben doch noch ein Stückchen mehr als Gold bei Olympia. So sehen es immer noch ein paar Zverev-Nörgler.
Sports Illustated: Wie sehr hängen Sie eigentlich an Deutschland? Ihre Sportart ist international. Ihren Hauptwohnsitz haben sie in Monaco.
Zverev: Deutschland wird immer meine Heimat sein. Egal wo ich gerade auf der Welt bin. Hamburg ist mein Zuhause. Die Mentalität der Menschen gefällt mir. Es ist meine Mentalität.
Sports Illustated: Gibt es so etwas wie eine Sehnsucht in Ihrem Leben?
Zverev: Die nach meinen Hamburger Freunden zum Beispiel. Man hat als Tennis-Spieler eigentlich kein Zuhause. Auch wenn ich in Monaco einen schönen Freundeskreis habe, es ersetzt nicht das, woher man kommt.
Sports Illustated: Tennis kann manchmal ein grausamer Sport sein. Am Ende eines Turniers gibt es immer nur einen Sieger. Oft entscheiden Kleinigkeiten. Dazu die Einsamkeit auf dem Platz. Es gibt Profis, die von Hassliebe zu ihrem Sport sprechen. Welche Einstellung haben Sie zum Tennis?
Zverev: Tennis ist das, was ich am meisten liebe – egal ob ich gewinne oder verliere. Vielleicht unterscheidet mich das von anderen. Sicher gibt es Profis, die spielen, um Geld zu verdienen oder um berühmt zu werden. Meine Motivation ist die Liebe zu meinem Sport. Ich lebe mein Traumleben. Um nichts auf der Welt würde ich das eintauschen wollen. Ich verbinde wirklich nichts Negatives mit dem Tennis. Sicher ist Tennis eine der schwierigsten Sportarten überhaupt auf der Welt. Das sehe ich schon so. Mit all den vielen unterschiedlichen Herausforderungen. Aber manches war für mich von Beginn auch leichter – oder normal. Ich wurde in eine Tennis-Familie hineingeboren. Habe als kleines Kind schon immer zugeschaut. Ich wollte immer selber Tennis spielen. Der eigene Antrieb war riesig bei mir.
Sports Illustated: Es gibt an der Spitze des Herren-Tennis gerade eine Art Dreiteilung: Die neue Generation um Carlos Alcaraz, die mittlere mit Ihnen und Spielern wie Daniil Medvedev, und dann gibt es noch Rafael Nadal und Novak Djokovic. Wie bewerten Sie die Kräfteverhältnisse?
Zverev: Ich finde das schwierig zu beurteilen. Nadal, Federer und Djokovic haben eine Generation geprägt. Tun es noch immer. Das ist eigentlich Wahnsinn und wird es wohl so nie wieder geben. Bei den Jungen sehe ich Alcaraz weit vorne. Und wir in der Mitte sind auch stark. Wir haben die Big Three herausgefordert. Bei den Grand-Slam-Turnieren war und ist es immer noch schwierig für uns. Medvedev hat Djokovic bei den US Open vor zwei Jahren im Finale geschlagen. Ich habe Novak bei den Olympischen Spielen bezwingen können. Das Spannende bei meiner Generation ist, dass wir immer noch besser werden. Wir sind noch nicht am Limit angekommen. Das macht Hoffnung. Auch auf große Titel.
Sports Illustated: Apropos: Sie haben fast alles gewonnen, was es als Tennis-Profi zu gewinnen gibt. Ein großer Titel bei einem der vier Majors fehlt Ihnen aber noch.
Zverev: Und der Traum vom Grand-Slam-Gewinn lebt weiter. Er ist also aktuell. Ich tue alles dafür, das zu schaffen. Ich bleibe aber auch dabei: Das größte Tennis-Turnier, das es zu gewinnen gibt, ist das bei den Olympischen Spielen.
Sports Illustated: Sind Tennis-Profis einsam?
Zverev: Sagen wir so: Man kann auf der Tour schnell einsam werden. Die unzähligen Nächte im Hotelzimmer, die vielen Flüge und so weiter. Ich versuche mir außerhalb des Platzes ein Umfeld zu schaffen, in dem ich mich wohlfühle. Es müssen Leute sein, mit denen ich mich gut verstehe. Auch wenn es mal nicht um Tennis geht. Tennis ist eine hochkomplexe Sportart. Gerade auch für den Kopf. Darauf muss man vorbereitet sein. Alles hängt nur von dir ab. Das ist sehr selten in einem Sport. Umso wichtiger ist ein intaktes Umfeld.
Sports Illustated: Sie scheinen jemand zu sein, der eher mehr Menschen um sich herum braucht. Wer sind Ihre wichtigsten Begleiter?
Zverev: Man muss das ein bisschen unterscheiden. Es gibt das Funktionsteam bestehend aus meinem Trainer Sergi Bruguera und meinem Vater. Dazu kommt jetzt neu Tobias Kamke als Hitting-Partner. Tobi ist einer meiner besten Freunde. Mit meinem Fitness-Coach Hugo Gravil arbeite ich seit Jahren zusammen. Dann kommt das persönliche Umfeld mit meiner Freundin Sophia, meinem besten Kumpel Marcelo Melo, der selber auf der Tour Doppelspieler ist. Mein Bruder Mischa gehört natürlich dazu. Ich lasse nicht viele Leute an mich heran. Ich vertraue nicht vielen Leuten. Aber diesen Menschen eben zu 100 Prozent.
IN GEWISSER WEISE hat Zverev einen Reifeprozess hinter sich. Als Spieler, aber vor allem auch als Mensch. Dazu gehört, dass er vorsichtiger geworden ist. Skeptischer. Sicher auch eine Folge der Geschichte, die ihm im Herbst 2020 und den folgenden zwei Jahren widerfahren ist. Damals erhob eine Ex-Freundin Vorwürfe der häuslichen Gewalt gegen Zverev. Das Thema schwelte lange, auch weil die Gerichte erst später eingeschaltet wurden. Mittlerweile ist die Sache vom Tisch. Zverev hat mehrere Prozesse gegen seine Ex-Freundin gewonnen. Auch die Profi-Organisation ATP hat die Ermittlungen gegen ihn Anfang des Jahres eingestellt.
Trotzdem sind die Auswirkungen manchmal heute noch zu spüren. Ein paar internationale Tennis-Reporter schneiden Zverev und ignorieren seine sportlichen Auftritte. Zverev stört so etwas nicht weiter. Er hat ein gesundes Selbstbewusstsein. Aber man kann sich leicht ausrechnen, was die lange im Raum stehenden und mittlerweile unbewiesenen Vorwürfe mit dem 26-Jährigen gemacht haben. Der vor allem auf Disziplin und Routinen basierte Rhythmus eines Spitzensportlers war aus den Fugen geraten. Umso erstaunlicher, dass es Zverev gegen alle Widerstände gelang, mitten in dieser Zeit mit sechs Turniersiegen 2021 das bisher erfolgreichste Jahr seiner Karriere hinzulegen.
Sports Illustated: Wie bewerten Sie im Nachhinein diese schwierige Phase mit den Aussagen Ihrer Ex-Freundin?
Zverev: In der Welt, in der wir gerade leben, ist es extrem einfach, solche schwerwiegenden Vorwürfe zu machen. Es wurde einfach so in die Welt geschossen. Ich glaube, es begann alles mit einem Instagram-Post. Dann hat ein Journalist das Thema aufgegriffen und daraus eine große Geschichte gemacht. Man gerät dann automatisch in eine Schublade. Viele Leute auf Social Media lehnen dich ab, beschimpfen dich. Auch das ist in Ordnung. Das halte ich aus. Aber ich wurde bei der Geschichte nicht fair behandelt. Das ist es, was mich stört. Ich habe zwei Jahre meines Lebens damit verbracht, meine Unschuld zu beweisen. Ich habe Gerichtsverfahren in Deutschland und in Russland gewonnen. Die ATP hat die Ermittlungen gegen mich eingestellt. Mehr geht eigentlich nicht. Wenn jemand mich nicht mag, dann mag er mich nicht. Dann wird er wie in dem Fall alles gegen mich verwenden. Das halte ich aus. Man muss mich nicht lieben. Aber man muss mich fair behandeln. Ich glaube, dass jetzt alles zu dem Thema gesagt wurde. Ich hoffe, die Sache jetzt endgültig abschließen zu können.
Sports Illustated: John McEnroe hat zuletzt kritisiert, dass es zu wenig Typen gäbe im Herren-Tennis. Auch zu wenige Profis, die anecken würden. Ist die jetzige Generation zu glatt?
Zverev: Also, ich glaube ein Blick auf die Rivalität zwischen Medvedev und Tsitsipas reicht, um das Gegenteil zu beweisen. Was stimmt, ist, dass es mehr Political Correctness in unserem Sport gibt. Das hat auch viel mit den neuen Medien zu tun. Man möchte gut rüberkommen und bloß nicht zu viel eigene Meinung rüberbringen. Einige haben Angst, wirklich das zu sagen, was sie denken. Weil es sofort gegen dich verwendet werden kann. Ich bin auch oftmals auf die Schnauze gefallen, weil ich einfach nur meine Meinung zu bestimmten Dingen gesagt habe. Manchen Leuten gefällt das eben nicht. In den Medien kommt es vielleicht so rüber, als würde es weniger Rivalität als früher geben. Ich kann aber versichern, dass es die in der Umkleide immer noch ausreichend gibt. Nicht nur zwischen Medvedev und Tsitsipas.
Sports Illustated: Wie egoistisch sind Sie eigentlich?
Zverev: Auf dem Platz musst du egoistisch sein in einem Eins-gegen-Eins-Sport. Man muss seinen eigenen Weg finden, um bestehen zu können. Es muss aber fair ablaufen. Man darf keine Spielchen spielen, nichts vortäuschen. Das hasse ich wie die Pest. Ich bin ein großer Verfechter vom "Sportsmanship". Abseits des Courts bin ich sicher kein Egoist.
Sports Illustated: Wenn Sie drei Spieler nennen müssten, die – neben Ihnen – die nächsten fünf Jahre im Herren-Tennis dominieren werden, welche wären das?
Zverev: Halten Sie mich für verrückt, aber ich würde immer noch Djokovic sagen. Der sieht aus wie 22. Dann sicher Carlos Alcaraz und dann noch einer aus der Reihe Rublev, Medvedev, Tsitsipas und Rune. Ich habe auch Jirí Lehecka auf dem Schirm. Ein unfassbar guter Tennis-Spieler.
IM APRIL STARTETE in Europa die Sandplatzsaison. Zverev hat sich vor ein paar Monaten das Ziel gesetzt, ab dem Zeitpunkt wieder sein bestes Tennis spielen zu wollen. Manchmal fehlt ihm dafür noch die Konstanz. In Miami verlor er schon sein Auftakt-Match und konnte nicht an die guten Leistungen vom Turnier in Indian Wells anknüpfen. Auf dem Weg zurück sind das wohl auch die unvermeidlichen Rückschläge.
Aber die Gelegenheiten werden jetzt mehr. "Tennis never sleeps", heißt es in der Branche. Tennis schläft nie. Mit guten Ergebnissen könnte sich Zverev in relativ kurzer Zeit zurück in die absolute Weltspitze spielen. Die Chancen stehen gut. Aufschlag, Rückhand, Beweglichkeit, Physis: Der Hamburger hat gerade in den vergangenen Monaten in vielen Schlüsselbereichen hart an sich gearbeitet. Sich weiter verbessert. Jetzt muss nur noch der Flow zurückkehren. Das so wichtige Spielgefühl, nach dem alle Tennis-Profis so sehr dürsten.
Ende Mai wird Zverev für den Höhepunkt der Sandplatzsaison nach Paris zu den French Open zurückkehren. Er spielt dann auch gegen die Erinnerung. Gelingt ihm das, dann könnte Roland- Garros für Zverev vielleicht wirklich zu einem Erfüllungsort für Sehnsüchte werden.
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