Andrea-Petkovic-Kolumne

Petkovic-Kolumne: Das Erfolgsgeheimnis von Federer, Nadal und Djokovic

Ex-Tennisspielerin Andrea Petkovic erklärt in ihrer Sports-Illustrated-Kolumne, was Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic unschlagbar macht. Über Motivation, Wut, Angst und Zen – und was Basketball-Star Michael Jordan damit zu tun hat.

Roger Federer
Credit: Getty Images

Novak Djokovic hat wenig überraschend die Australian Open gewonnen. Angeblich hatte er einen drei Zentimeter langen Riss im hinteren Oberschenkel. Vielleicht stimmt es, vielleicht nicht. Es ist im Grunde auch eigentlich egal. Mit seinem 22. Grand-Slam- Titel zog er mit Rafael Nadal gleich. Es scheint fast unvermeidlich, dass er demnächst an Nadal vorbeizieht. Das könnte schon dieses Jahr passieren, es könnte erst nächstes Jahr so weit sein. Auch das ist im Grunde eigentlich egal.

Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic: Mentale Stärke entscheidend

Was mich viel mehr interessiert als die Zahlen, die irgendwann hinter diesen jetzt schon legendären Sportlern stehen werden, ist die Psychologie, die diese Leistungen erst ermöglicht.

Und interessanterweise gibt es da nicht die eine, richtige Beschaffenheit. Jeder der großen drei – Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic – hat eine ihm eigene, ganz individuelle Art, mentale Stärke zu generieren. Dass alle drei, ebenfalls auf ihre ganz eigene Art, fast perfekte Tennisspieler sind, ist hier vorausgesetzt. Es soll rein um die Psychologie gehen.

Rafael Nadal: Die Angst vor Niederlagen

Rafael Nadals Stärke ist seine Angst vor der Niederlage. Der Typ hat vierzehnmal die French Open gewonnen, spielt in der ersten Runde gegen einen unbekannten Qualifikanten, geht auf den Platz und ist der vollen Überzeugung, dass er heute verlieren wird. Diese Dringlichkeit der Niederlage, die ihm ständig im Nacken sitzt, bringt ihn dazu, jeden Punkt so zu spielen, als wäre es der entscheidendste seines Lebens.

Erst jetzt, da er ein wenig älter geworden ist, sieht man ihn ab und zu unnütze Fehler machen. In seiner besten Zeit konnte man bei Rafael Nadal nicht unterscheiden, ob es der erste oder der letzte Punkt des Matches war, den er gerade spielte. Diese Intensität baut einen unheimlichen Druck auf den Gegner auf, dem die meisten nicht gewachsen sind.

Rafael Nadal in Wimbledon
Rafael Nadal in Wimbledon
Credit: Imago
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Mit einer ganz ähnlichen Psychologie ist übrigens auch die Nummer eins bei den Frauen, die Polin Iga Swiatek, ausgestattet. Wenn man im Stadion sitzt und ihnen zusieht, dann überträgt sich der Stress der beiden auf die Zuschauer und Zuschauerinnen. Nadals Ticks und Rituale, Swiateks hektisches Kopfschütteln und Augenblinzeln.

Novak Djokovic: Getrieben von Wut

Novak Djokovic hingegen ist von Wut getrieben. Von einer Wut, die sich daraus speist, auf ewig verkannt zu sein. Er spielt am besten, wenn das ganze Publikum für seinen Gegner jubelt. Im Schatten Nadals und Federers, stets unterschätzt, ist sein Ziel, sie nicht nur einzuholen, sondern zu überholen und hinter sich zu lassen. Solange er diesen Antrieb hat, wird er nicht müde werden, Rekorde zu brechen.

Ein anderer Sportstar, der ähnlich tickte, war Michael Jordan. Wer die Netflix-Serie "The Last Dance" gesehen hat, weiß, wovon ich spreche. Jordan war besessen davon, Gründe zu finden, warum ihm jemand im gegnerischen Team nicht genügend Respekt entgegengebracht hatte. Jemand hatte ihm nicht "Hallo" in einem Restaurant gesagt, ein anderer hatte ihn seltsam beim Golfspielen angeguckt. Alles Dinge, die er nutzen konnte, um seine Motivation ins Unermessliche zu steigern.

 

Roger Federer: Buddhistischer Mönch im Zen-Modus

Und nun zu Roger Federer. Federer hatte etwas, das so weit weg von meiner eigenen Psyche ist, dass es mich fast schmerzt, darüber zu schreiben. In einem Interview beschreibt er, wie er vor jedem Match, wenn er morgens aufwacht, wenn er sich einspielt, wenn er von Bodyguards zum Platz eskortiert wird, immer den gleichen Gemütszustand verspürt. Immer. Den. Gleichen. Gemütszustand. Unabhängig davon, ob er die zweite Runde in Dubai spielte oder das Finale Wimbledons.

Ich bin meistens beim Warmspielen schon durch fünf emotionale Zusammenbrüche gegangen. Nichts für ungut, deswegen bin ich auch nicht Roger Federer. Es ist fast so, als trüge er ein natürliches Zen in sich, wie buddhistische Mönche, die sich von irdischen Gefühlslagen lösen können. Tiger Woods konnte das angeblich auch. Seine Mutter hatte ihn als Kleinkind bereits in Meditation unterrichtet. Nicht alle Wege führen nach Rom. Fünf emotionale Zusammenbrüche beim Warmspielen zum Beispiel nicht. Aber immerhin drei unterschiedliche konnte ich bisher ausmachen.

Novak Djokovic
Credit: Imago
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