Sebastian Vollmer: "Wollen mit RTL für weiteres Wachstum in Deutschland sorgen"
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Sports Illustrated: Was fasziniert Sie am American Football am meisten?
Sebastian Vollmer: Es sind so viele Faktoren, die dabei eine Rolle spielen. Beim American Football ist für wirklich jeden etwas dabei. Man kann mit der ganzen Familie ins Stadion gehen und alle haben Spaß. Man kann aber auch zusammen mit Freunden zuhause am TV schauen, kocht vorher gemeinsam was oder wirft den Grill an. Das "Erlebnis" Football erstreckt sich gewissermaßen über den kompletten Gameday. Der Sport und das Entertainment sind fantastisch. Für mich ist American Football der einzige Sport, der das so geschafft hat und das finde ich immer noch faszinierend.
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Sports Illustrated: Was macht den sportlichen Aspekt aus?
Vollmer: Was die physischen und psychischen Anforderungen an die Spieler angehen, ist American Football für mich die Nummer 1 Sportart. Außerdem ist die NFL sehr ausgeglichen. Vom Prinzip her kann jedes Team den neuen Patrick Mahomes draften, da das schlechteste Team der Vorsaison den ersten Pick beim Draft bekommt und somit den potenziell besten Spieler verpflichten kann. Auf den NFL-Draft fiebern daher immer alle hin. Allein dieser Aspekt ist etwas Besonderes. Die meisten Spiele sind super spannend. Man weiß vor der Saison nie, wer am Ende Super-Bowl-Champion wird.
Sports Illustrated: Warum erlebt American Football seit einigen Jahren vor allem in Deutschland so einen fantastischen Boom?
Vollmer: Die NFL ist mittlerweile überall vertreten. Das mediale Interesse wird immer größer, wie auch der Fernsehdeal mit RTL zeigt. Alle reden über die NFL. Alle wollen die Spiele sehen. Jetzt haben wir dieses Jahr zwei Spiele in Frankfurt und der Boom geht immer weiter. Als ich angefangen habe mich für die NFL zu interessieren, war ich glücklich, dass ich irgendwelche Spiele auf einer alten Videokassette anschauen konnte. Live im TV bekam man in Deutschland so gut wie nichts zu sehen. Jetzt ist der Football überall, die Begeisterung ist riesig. Und neben Tackle Football gibt es ja auch noch Flag Football, was insbesondere für die Kids und den Nachwuchs ein toller Einstieg ist.
Sports Illustrated: Sie haben von 2009 bis 2017 bei den New England Patriots gespielt. Haben die US-Amerikaner damals schon mitbekommen, welches Potential die NFL in Europa sowie in Deutschland hat?
Vollmer: Ja, manche Eigentümer wie Robert K. Kraft von den Patriots haben dieses Potenzial bereits gesehen. Er hat immer gesagt, dass wir irgendwann in Deutschland spielen werden. Das war seine Vision und diese Vision ist wahr geworden. Am Ende ist die NFL ein riesiges Business, was immer wieder nach neuen Märkten Ausschau hält. Nach Fußball ist Football der zweitgrößte Fernsehsport in Deutschland. Dass das NFL-Spiel 2022 in München aber so eingeschlagen hat, konnte keiner erwarten.
Sports Illustrated: Sie sind der einzige Deutsche, der den Super Bowl zwei Mal gewinnen konnte. Können Sie uns beschreiben, was Ihnen diese beiden Titel bedeuten?
Vollmer: Ich stand 2012 zum ersten Mal im Super Bowl und habe ihn nicht gewonnen. Das war damals zum Verzweifeln, denn man denkt: "Die Gelegenheit kommt vielleicht nie mehr." Aber wenn man es doch irgendwann schafft, ist es das Größte, was man im Leben eines NFL-Profis erreichen kann. Die beiden Siege 2015 und 2017 waren für mein Team und mich die pure Euphorie. Man hat so viele Dinge für diesen Moment geopfert. Man hat seine Frau, seine Familie und seine Kinder kaum gesehen. Das Privatleben stand während der aktiven Karriere leider oft nur an zweiter Stelle. Aber wenn man am Ende sagen kann, dass es sich gelohnt hat, tut das verdammt gut.
Sports Illustrated: Was macht die NFL so einzigartig? Warum hat die Liga auch international so viel Erfolg?
Vollmer: Was den Sport in der NFL so besonders macht, ist, neben dem Sport das Entertainment. Die NFL ist eine eigene Show, sozusagen eine riesige Entertainment-Welt. Wenn man sich den letzten Super Bowl mit Rihanna anschaut, wo über 100 Millionen TV-Zuschauer dabei waren, muss man sagen, mehr geht nicht. Zur Halbzeit-Show haben mehr Zuschauer eingeschaltet als beim eigentlichen Spiel. Und trotzdem steht der Sport in nichts nach. In der NFL spielen die mit Abstand besten Athleten der Welt, die jede Woche schier unfassbare Leistungen bringen.
Sports Illustrated: Wäre es denkbar, dass es irgendwann ein oder zwei NFL-Teams in Europa gibt?
Vollmer: Absolut, das ist auf jeden Fall denkbar. Jetzt hat die NFL einen festen Sitz in Deutschland. Jedes Jahr wird genau analysiert, welchen nächsten Schritt man geht. Die Nachfrage nach den Deutschland-Spielen war gigantisch. Die NFL ist eine globale Maschine, die gerne möchte, dass Football in Europa oder zum Beispiel in Afrika vertreten ist, wo American Football gerade auch enorm im Kommen ist. Wenn es wirtschaftlich und sportlich Sinn macht, kann das in Zukunft passieren.
Sports Illustrated: Im November finden zwei NFL-Spiele in Deutschland statt. Wie beurteilen Sie die gigantische Nachfrage nach den NFL-Tickets mit insgesamt 4,5 Millionen Leuten in der Warteschlange?
Vollmer: Das ist der absolute Wahnsinn. Ich habe in meiner Funktion als Botschafter der NFL in Deutschland den Auswahlprozess des Stadions hautnah miterlebt. Nach München 2022 fiel die Wahl auf Frankfurt. Dass die Nachfrage nach den NFL-Tickets so groß war, ist natürlich auch eine Bestätigung für uns. Der Andrang war jetzt noch riesiger als im vergangenen Jahr. Das zeigt die Liebe der Fans zum Spiel, aber leider kann nicht jeder ins Stadion, das war vorher schon klar. Ich hoffe jedoch, dass auch viele Fans bei RTL vor dem Bildschirm sitzen werden.
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Sports Illustrated: Mit den Kansas City Chiefs, New England Patriots, Miami Dolphins und Indianapolis Colts kommen vier NFL-Teams nach Deutschland. Welches Team hat hier die meisten Fans?
Vollmer: Ich würde sagen, dass von diesen vier Teams die Patriots die meisten Fans in Deutschland haben. Direkt dahinter kommen die Chiefs, die stark im Kommen sind. Mit Patrick Mahomes haben die Chiefs den aktuell besten Quarterback in ihren Reihen, der mit seinem Team den Super Bowl gewonnen hat. Beide Teams besitzen auch die NFL-Marketingrechte in Deutschland.
Sports Illustrated: Sie haben mit Tom Brady bei den New England Patriots zusammengespielt. Was ist er für ein Typ? Wie haben Sie ihn damals erlebt?
Vollmer: Tom und ich sind immer noch gut befreundet. Wir rufen uns manchmal an und schreiben uns Nachrichten. Er ist ein sehr emotionaler und liebevoller Mensch. Für seine Freunde macht er alles, das schätze ich an ihm sehr. Er ist aber auch ein sehr intensiver Charakter auf und neben dem Platz. Tom besitzt alle nötigen Eigenschaften, die einen großen Sportler, und jetzt nach der Karriere auch Geschäftsmann, ausmachen.
Sports Illustrated: In der NFL tummeln sich viele starke Teams und Spieler. Welche Mannschaft wird in der kommenden Saison den Super Bowl gewinnen?
Vollmer: Es ist immer schwer, Prognosen abzugeben. Aber ich denke, dass die Kansas City Chiefs wieder eine gute Rolle spielen werden. Mit Patrick Mahomes haben sie einfach den besten Spieler in der Liga in ihren Reihen.
Sports Illustrated: Zurück nach Deutschland: Welche Rolle hat #ranNFL seit 2012 gespielt, dass Football hierzulande so groß geworden ist?
Vollmer: Die Jungs von #ranNFL haben den Sport hier in Deutschland gefördert und einem breiten Publikum gezeigt. Seit 2012 wurde dort etwas aufgebaut. Mit RTL wollen wir daran anknüpfen und die NFL noch mehr Menschen zeigen. Aber klar, #ranNFL hat damit angefangen und eine NFL-Fangemeinde in Deutschland aufgebaut.
Sports Illustrated: 2023/24 überträgt RTL die NFL im deutschen Fernsehen. Warum kam es zum Wechsel? Was erwarten sich die NFL-Bosse von diesem TV-Deal?
Vollmer: Die NFL ist ein gigantisches Business. Die NFL-Bosse wollen das Wachstum vorantreiben und haben sich für RTL als neuen TV-Sender entschieden. RTL ist der größte Privatsender in Deutschland und hat die Power für weiteres Wachstum zu sorgen. Das wollen wir mit neuen Formaten und unserer Expertise erreichen.
Sports Illustrated: RTL hat die besten Football-Kommentatoren und -Experten für die neue Saison verpflichtet. Was sieht Ihre Rolle bei den NFL-Sendungen aus?
Vollmer: Ich bin bei RTL als Experte dabei und werde als Co-Kommentator die Spielzüge gemeinsam mit dem jeweiligen Play-by-Play Kommentator analysieren. Darauf freue ich mich schon sehr. Ich möchte mit den anderen aus dem Team zusammen Spaß haben und den Fans dadurch unseren Sport noch näher bringen. Wir möchten mit der Fangemeinde interagieren und Fangemeinde interagieren.
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Sports Illustrated: Wird American Football mit RTL den nächsten Schritt machen, um noch mehr Fans vor die TV-Bildschirme zu locken?
Vollmer: Das ist das Ziel. Wir möchten den Sport noch viel größer machen. Das geht am Ende nur mit Fachkompetenz und einer ehrlichen, authentischen Übertragung. Wir möchten und werden neue Dinge ausprobieren, um die Fan-Gemeinschaft weiter zu stärken.
Sports Illustrated: Oliver Kahn hat einmal davor gewarnt, dass Fußball nicht automatisch für immer die Sportart Nummer bleibt und vor der NFL gewarnt. Kann die NFL der Bundesliga gefährlich werden?
Vollmer: Ich glaube nicht, dass das passieren wird. Aber wer weiß, was in 50 Jahren ist. Ich denke eher, dass sich beide Sportarten weiterhelfen können. Die New England Patriots und der DFB haben gerade eine Partnerschaft geschlossen. Da kann man einige Dinge voneinander lernen. Der Fußball braucht aber definitiv keine Angst vor dem Football zu haben.
Sports Illustrated: Mit Jakob Johnson und Amon-Ra St. Brown sind starke deutsche Spieler in der NFL. Werden wir in Zukunft noch mehr Spieler aus Deutschland in der NFL sehen?
Vollmer: Ich denke schon. Wir sehen immer mehr deutsche Spieler an den Colleges. Das ist die beste Ausbildung für die NFL. Man ist fünf Jahre im Sportinternat und kann sich für die großen Teams empfehlen. Ich gehe mal ganz stark davon aus, dass es künftig mehr und mehr deutsche, aber auch internationale Spieler in der NFL geben wird.
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Sports Illustrated: Sie haben zu Beginn bei den Düsseldorf Panther gespielt. Ist die Ausbildung in den deutschen Vereinen gut genug?
Vollmer: Die Vereine in Europa und Deutschland machen eine gute Arbeit. Da kommen immer wieder Spieler nach, die viel Potenzial haben und sich für eine spätere Karriere in der NFL empfehlen können.
Sports Illustrated: Wie sehen Ihre weiteren Zukunftspläne aus. Werden wir sie neben Ihrer Rolle als TV-Experte auch als Klubeigner, Boss oder Trainer sehen?
Vollmer: Im Moment habe ich genug zu tun. Ich werde in der neuen NFL-Saison viel in Deutschland sein, um bei RTL zu arbeiten, Termine in meiner Rolle als offzieller Botschafter für die NFL und die Patriots wahrzunehmen oder für Sponsoren- und Werbepartner zur Verfügung zu stehen. Ob ich mal Trainer werden will, kann ich noch nicht sagen. Aber ich arbeite sehr gerne mit Kindern zusammen. Als Papa von drei eigenen Kids macht es mir richtig viel Spaß, ihnen Football näher zu bringen, Tipps zu geben und ihnen nebenbei ein wenig von meiner Karriere zu erzählen.
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