Sports-Illustrated-Interview

Martin Kaymer: "Will wieder Turniere gewinnen - BMW-Open-Sieg wäre perfekt"

Golfprofi Martin Kaymer tritt bei den BMW Open an. Im vergangenen Jahr ist Kaymer beim Turnier in München knapp Zweiter geworden. Dieses Jahr will er nach dem Titel greifen. Wie Kaymer dieses Ziel erreichen will, verrät er im Interview mit Sports Illustrated.

Golfprofi Martin Kaymer
Credit: BMW Open
  • Martin Kaymer im Sports-Illustrated-Interview
  • Kaymer schlägt bei den BMW Open in München auf
  • Martin Kaymer: "Für mich ist die LIV-Tour attraktiv"

Sports Illustrated: Wie gut sind Sie nach ihrer Handverletzung in Form?

Martin Kaymer: Ich fühle mich gut. Die Schmerzen sind nicht mehr so schlimm. Bayern-Doktor Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt hat mir in seiner Praxis noch eine Spritze gegen die Entzündung im Handgelenk verpasst. Auf einer Skala von eins bis zehn sind die Schmerzen von neun auf vier gesunken. Ich werde auf jeden Fall bei den BMW Open spielen können.

Sports Illustrated: Wie sehr freuen Sie sich auf die BMW Open?

Kaymer: Ich freue mich sehr auf das Turnier. Der Kurs bei den BMW Open liegt mir sehr. Ich habe hier 2008 gewonnen und bin im vergangenen Jahr Zweiter geworden. Das Turnier ist perfekt organisiert. Ich habe hier immer eine schöne Zeit gehabt. Außerdem ist es toll, wenn meine Familie von Düsseldorf hier runterkommt.

Sports Illustrated: Sie sind in diesem Jahr zum ersten Mal Vater geworden. Wie schaffen Sie die Balance zwischen Beruf- und Privatleben?

Kaymer: Das läuft alles super. Ich bekomme viel Unterstützung zu Hause, dass ich meinen Sport weiter auf professionellem Level ausüben kann. Mein kleiner Sohn Sam ist mit meiner Familie hier in München, was mich sehr freut. Klar überlegt man jetzt öfter, geht man eine Stunde putten oder bleibt man lieber bei seinem Sohn. Meistens entscheide ich mich für meinen Sohn, denn die letzten Monate seit seiner Geburt waren mit die schönsten in meinem Leben. Ob er das Golftalent von mir geerbt hat, kann man noch nicht sagen (lacht…). Im Moment ist er nur am Essen und Schlafen.

Sports Illustrated: Hoffen Sie, dass Ihr Sohn einmal Golf-Profi wird?

Kaymer: Das Wichtigste ist, dass man Kinder generell an den Sport heranführt. Für mich hat der Sport in meinem Leben immer eine sehr große Rolle gespielt. Ich denke, dass mein Sohn so viele Sportarten wie möglich ausprobieren soll. Danach kann er selbst entscheiden, welchen Sport er machen möchte. Sicher ist, dass mein Sohn sehr sportlich wird. Meine Verlobte und ich sind ebenfalls sehr sportlich, deshalb hat er gar keine andere Wahl (lacht…). Ich denke, man muss immer eine gewisse Leidenschaft finden. Egal, was man macht. Wenn man etwas mit Leidenschaft macht, kann man gut werden und glücklich sein.

Sports Illustrated: Sie haben acht Jahre lang kein Golfturnier gewonnen. Sind Sie glücklich?

Kaymer: Wenn ich zurückblicke, hatte ich bis heute eine wundervolle Karriere. Jetzt kommt die Zeit mit meiner Familie und meinem Sohn hinzu, was wunderbar ist. Jetzt habe ich eine Art zweite Karriere als Vater und Golfer gestartet. Das ist auf jeden Fall eine spannende Zeit. Ich habe im Winter viel trainiert und freue mich auf den Sommer. Wenn die Schmerzen im Handgelenk komplett weg sind, dann kann ich wieder an meine Topform herankommen. Vielleicht klappt es auch wieder mit einem Turniersieg. Das wird sich zeigen.

Martin Kaymer
Martin Kaymer
Credit: Imago
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Sports Illustrated: Wie groß ist der Wunsch, noch einmal ein großes Turnier zu gewinnen?

Kaymer: Wenn man bei einem Turnier Fünfter oder Zehnter wird, sind das keine zufriedenstellenden Resultate. Für mich war es fast eine Gewohnheit, dass mindestens einmal im Jahr ein Turnier gewinne. Dann hatte ich ein Tief – und der einzige Weg da herauszukommen, ist ein Sieg. Wenn man ein Turnier gewinnen will, muss man auch spielen. Ich habe relativ wenig gespielt in diesem Jahr. Als ich in Hamburg spielen wollte, kam die Verletzung. Aber ich denke, dass ich gut vorbereitet bin, um wieder anzugreifen und vielleicht auch Turniere zu gewinnen. Das ist das Hauptziel.

Sports Illustrated: Wie steht die Chance, dieses Ziel bei den BMW Open zu erreichen?

Kaymer: Ich spiele bei den BMW Open unheimlich gerne. Das ganze Turnier macht riesigen Spaß. Der Wunsch, dieses Turnier noch einmal zu gewinnen, ist natürlich riesengroß. Wenn mir ein Sieg in Deutschland gelingen sollte, wäre das klasse. Wenn es die BMW Open sind, dann wäre es perfekt.

Sports Illustrated: Was haben Sie getan, um die Stagnation in Ihrer Karriere zu beenden?

Kaymer: Man muss irgendeine Motivation finden, die man vorher nicht hatte. Ich muss ehrlich sagen, dass die Motivation bei mir nicht mehr so groß war, nachdem ich viele große Erfolge hatte. Mein Trainingsfleiß hatte sich danach reduziert. Danach habe ich mich zu sehr auf meine Schwächen konzentriert, anstatt an meinen Stärken zu arbeiten. Dann rutscht man immer weiter ab, wenn man die Stärken nicht mehr ausspielen kann. Das verändert einen Spieler auch in psychologischer Hinsicht, wenn man es normalerweise gewohnt ist, die größten Turniere der Welt mitzuspielen. Auf einmal spielt man nicht mehr vorne mit. Deshalb versuche ich jetzt an meinen Stärken zu arbeiten.

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Sports Illustrated: Kann man einen Zeitpunkt festmachen, wo es diesen Kipppunkt gab?

Kaymer: Das war 2016/17. Als ich den Ryder-Cup 2016 gespielt habe, merkte ich, dass ich zwar immer noch gut spiele und bei den Besten der Welt mithalten kann. Aber ich habe gespürt, dass ich eigentlich viel besser spielen kann. Ich habe nur auf meine Schwächen geachtet, um besser im kurzen Spiel zu werden. Ich habe Ich habe nicht mehr so viele Driver auf der Driving-Range geschlagen. Meine Drives waren immer meine große Stärke. Meine Eisenschläge waren immer schon in Ordnung. Aber man kann keine gute Eisenschläge machen, wenn man viel im Ruoff ist. So macht man schnell viel mehr Bogys und viel weniger Birdies. Das schleicht sich langsam ein. Deshalb denke ich, dass 2016/17 ein Wendepunkt war. Das habe ich im vergangenen Jahr erst realisiert.

Sports Illustrated: Sie sind 37 Jahre alt. Welche Rolle spielt Fitness im Golfsport?

Kaymer: Natürlich ist Fitness für ein Sportler immer wichtig. Aber für mich waren die Probleme eher eine Kopfsache. Wenn man fit ist, steht man stabiler und hat kräftigere Schläge. Aus diesem Grund gehe ich nach dem Training auf dem Golfplatz auch zum Fitnesstraining, um meine Muskulatur zu kräftigen und zu stretchen. Aber für mich spielt der Kopf eine größere Rolle.

Sports Illustrated: Was macht einen perfekten Schlag beim Golf aus?

Kaymer: Man plant die Schläge zusammen mit seinem Caddy. Danach ist man allein und entwickelt sein Gefühl für den Schlag. Ich bin ein sehr visueller Mensch. Ich kann mir den Schlag sehr gut vorstellen, wie der Ball fliegt, wie er aufkommt und wie er zur Fahne läuft. Wenn man den Schlag dann so spielt, wie man ihn sich visuell vorgestellt hat und die Vibration über den Griff in den Fingern spürt, dann ist es der ultimative Schlag. Dieses Gefühl hat man nicht häufig. Aber dafür lebt und trainiert man.

Sports Illustrated: Merken Sie sofort nach dem Abschlag, dass es ein guter Abschlag ist?

Kaymer: Meistens merkt man das sofort. Wenn man den Schläger nach oben hochgeschwungen hat, weiß man bereits, ob es ein guter oder schlechter Schlag war. Manchmal ist man auch überrascht. Aber in diesem Bereich einer Tausendstelsekunde muss alles passen, um den optimalen Schlag zu erwischen. Das hat viel mit einstudierten Bewegungen und Reflexen zu tun.

Sports Illustrated: Was war der schönste Schlag in Ihrer Karriere?

Kaymer: Der beste Schlag in meiner Karriere war 2010 bei der PGA Championship, wo ich mein erstes Major gewonnen habe. Beim Playoff an der 18 gegen Bubba Watson habe ich ein 7er-Eisen geschlagen. Das war wirklich ein Gefühl, wo ich die Vibration im Griff gespürt habe. Das war Wahnsinn.

Martin Kaymer bei seinem Major-Sieg 2010 bei der PGA Championship
Martin Kaymer bei seinem Major-Sieg 2010 bei der PGA Championship
Credit: Imago
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Sports Illustrated: Danach wuchsen Druck und Erwartungshaltung in Deutschland. Hat Sie das beeinflusst?

Kaymer: Damals habe ich noch gar nicht realisiert, welche unfassbaren Auswirkungen dieser Sieg auf mich und meine Karriere hat. Ein Major zu gewinnen, ist für alle Golf-Profis das Karriereziel. Ich war damals 25 Jahre alt. Für mich war in dem Jahr eigentlich nur wichtig, ins Ryder-Cup-Team zu kommen. Auf einmal stand ich im Playoff für die PGA Championship. Mein großer Vorteil damals war, dass ich überhaupt nicht nervös war. In einem der wichtigsten Momente meiner Karriere war ich total entspannt. Dadurch konnte ich die ganzen Dinge fühlen und wahrnehmen, die in diesem Moment stattfanden.

Sports Illustrated: Sie wirken wieder topmotiviert. Ist die neue LIV-Tour für Sie eine Chance, noch einmal neu zu starten?

Kaymer: Ich glaube an das Format und hoffe, dass ich einen neuen Teil in meiner Karriere starten kann. Ich finde das traditionelle Golf super und hoffe, dass sich daran nie etwas ändern wird. Aber als zusätzliches Format finde ich die LIV-Tour gut. Das macht einfach unheimlich viel Spaß. Ich finden den Teamgedanken des Turniers super. Ich habe als Kapitän mein eigenes Team. Das finde ich interessant, um mich in einer anderen Rolle kennenzulernen. Aus diesem Grund freue ich mich auf die kommenden Jahre.

Sports Illustrated: Können Sie die Kritik an der LIV-Tour nachvollziehen, die von Saudi-Arabien bezahlt wird?

Kaymer: Natürlich kann man die Kritik nachvollziehen. Aber wenn man bei der LIV-Tour hinter den Vorhang schaut, muss man bei allen anderen Sachen auch hinter den Vorhang blicken. Ich möchte meinen Sport machen. Ich identifiziere mich nicht mit dem Land Saudi-Arabien. Die European Tour haben wir auch in Saudi-Arabien gespielt. Wir wurden sogar gefragt, ob wir dort antreten wollen. Jetzt ist es ein Fehler. Das macht für mich keinen Sinn.

Sports Illustrated: Wie sehen Ihre privaten Zukunftspläne aus?

Kaymer: Die letzten fünf Monate waren die emotionalsten, die ich in meinem Leben hatte. So einen kleinen Menschen zu sehen, der zur Hälfte meine Verlobte und zur anderen Hälfte ich bin, ist unbeschreiblich. Ich denke, dass wir unseren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben werden. Wir wollen unser Kind in Deutschland groß werden lassen. Ich möchte Teil des Ganzen sein und seine Entwicklung hautnah miterleben. Ich sehe mich jetzt nicht als Golfprofi, der am Freitag von einem Turnier nach Hause kommt und am Montag wieder abreist. Auch deshalb ist die LIV-Tour für mich attraktiv. Ich bin viel zu Hause und kann mich in aller Ruhe auf die Turniere vorbereiten. Außerdem kann ich meine Familie immer mitnehmen.

Sports Illustrated: Von welchem Turniersieg haben Sie in Ihrem Leben immer schon geträumt?

Kaymer: Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass ich meine Karriere beende, wenn ich die British Open gewinne. Das war immer mein Ziel. Daran wird sich auch nichts ändern.

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