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NFL-Draft in Kansas City: Wer wird nächster "Mr. Irrelevant" nach Purdy?

Wer beim NFL-Draft 2023 als "Mr. Irrelevant" an letzter Stelle von den Houston Texans ausgewählt wird, tritt ein schweres Erbe an. Denn Brock Purdy hat die Messlatte extrem hochgelegt und dem Wort "Mr. Irrelevant" eine neue Bedeutung verliehen.

Brock Purdy: Mr. Irrelevant 2022
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Der NFL-Draft 2023 rückt näher und Brock Purdys Aufstieg der letzten Saison hat den Blick auf den letzten Pick des jährlichen Drafts nachhaltig verändert. 

Es ist das vergangene Jahr am 30. April in Las Vegas im Caesar's Forum. Melanie Salata-Fitch wartet geduldig auf eine bestimmte NFL-Draft-Auswahl, immer denselben Pick. Der allerletzte. Ihr Vater, der verstorbene Paul Salata, hat die Sportwelt von der Bedeutung dieser Auswahl überzeugt. Seit 1976 verknüpft er den letzten Pick eines NFL Drafts mit dem Label "Mr. Irrelevant". Was respektlos klingt, ist das Gegenteil davon und der Start eines dreitägigen Spektakels mit flächendeckender Berichterstattung über den letzten ausgewählten Spieler.

Im vergangenen Jahr hatten die San Francisco 49ers die letzte Auswahl getroffen - das Lieblingsteam von Melanies Vater. Traditionsgemäß wird Famillie Salata die Wahl verkünden. Seit dem Tod ihres Vaters im Jahr 2021 darf Melanie Salata-Fitch den Pick verkünden. Sie dreht sich um und sieht den letzten Pick des Drafts 2022 auf sich zukommen. Er ist süß, denkt sie. Und er habe süße Augen.

"Mr. Cute Eyes" ist Brock Purdy, was aus vielen Gründen relevant ist. Er ist Quarterback, und bei einer Tradition, die NFL-Randkandidaten unter NFL-Randkandidaten feiert, werden Quaterbacks in der Regel etwas mehr Zeit zum Entwickeln gegeben, was oft zu längeren Karrieren führt. Aufgrund des öffentlichen Charakters ihrer Karrieren neigen sie auch dazu, freiwillig und mit Freude an der so genannten "Irrelevant Week" teilzunehmen. Teil II der Vision ihres Vaters. 

Erster Eindruck: Sie findet Purdy wirklich nett. Er weiß, was die "Irrelevant"-Woche ist! Er ist aufgeregt! Seine Mutter wohnt ganz in der Nähe des Epizentrums der Veranstaltung, Newport Beach, Kalifornien. Zu schön, um wahr zu sein, denkt sie. Aber es ist wahr, alles davon. Purdy taucht ein in die vielleicht seltsamste Woche seines Lebens.

Seine Großeltern kommen, ebenso wie seine Eltern, sein Bruder und seine Schwester. Früher brachten "Mr. Irrelevants" jeden mit, den sie wollten. In den frühen 2000er Jahren ging diese Zahl jedoch zurück, nachdem einer von ihnen mit 63 Gästen anreiste. Purdy bezeichnet sein Team, das aus lauter Verwandten besteht, als "mein Gefolge"; er weiß, was damit gemeint ist. Er reist mit dem Auto an, anders als die meisten, die einfliegen. So wird er am Flughafen nicht von Bannern, Cheerleadern und einer kleinen Menschenmenge begrüßt. Er wird zu Knott's Berry Farm gebracht, einem Vergnügungspark, der wegen seiner Verbindung zu den 49ers ausgewählt wurde. Purdy spielt Fangen, er wird auf eine Kneipentour und in eine Pizzeria mitgenommen. Er backt Kuchen, wirft ihn, wobei dieser Versuch eher an Frisbee spielen als an Football erinnert.

NFL-Draft: "Relevanz-Irrelevanz"-Woche in Kansas City

Fitch vergleicht das Feiern des letzten Draft-Picks damit, einen zufälligen Namen aus einer beliebigen Seite eines Telefonbuchs auszuwählen und ihn nicht nur halbwegs zu feiern, sondern wirklich mit ihm abgehen, in maximaler Lautstärke, in der Öffentlichkeit, eine ganze Woche lang! Einige, sagt sie, "sind leichter als andere". Aber sie kann sich an keinen anderen Pick 262 erinnern, mit dem man besser feiern könnte, als mit Purdy. Für den letzten Teil seiner "Relevanz-Irrelevanz"-Woche hat er sich entschieden, für seine letzte Veranstaltung surfen zu lernen. Fitch macht das möglich und schmeißt dazu noch eine Strandparty. Es wird gesurft, gesegelt und gegrillt, bevor Fitch "Mr. Cute Eyes" alles Gute wünscht.

Dieser "Mr. Irrelevant", denkt sie, könnte ganz in Ordnung sein.

Die Geschichte von Purdys Saison 2022 ist geprägt von Können, seiner Persönlichkeit, Glück (für ihn) und Unglück (für andere). Aber verwechseln Sie seinen übergroßen Einfluss auf die Geschichte von "Mr. Irrelevant" nicht mit Glück. 

Was Brock Purdy so besonders macht

Als Purdy das erste Mal mit Will Hewlett, seinem privaten Quarterback-Coach, ein Feld betrat, vergeigte Purdy seinen ersten Wurf und warf viel zu hoch. Was dann passierte, fiel Hewlett auf. Purdy verbarg jegliche Enttäuschung, falls es eine gab. Unbeirrt ließ er sich wieder zurückfallen und warf einen besseren, präziseren Pass.

Damit begann eine Rookie-Saison mit vielen Komplimenten. Purdy, mit dem Babyface, der (relativ) kleineren Statur und der allgemeinen Ausstrahlung, die nach einem wirklich guten Buchhalter schrie, spielte weitaus besser, als es die meisten vermutet hatten. Er war nicht so athletisch wie die anderen kleinen Quarterbacks wie Russell Wilson oder Kyler Murray, aber Hewlett fand ihn "explosiv auf engem Raum" aufgrund seiner "Schnelligkeit im ersten Schritt" und seines Baseballtrainings, dass es ihm ermöglichte, aus der Bewegung heraus zu werfen. Er war intuitiv, stellte viele Fragen und spielte mit einer hohen Präsenz in die Pocket.

Hewlett und Tom Gormely trainierten Purdy das ganze Frühjahr über. Sie nahmen einige biomechanische Änderungen an Purdys Bewegungsabläufen vor - sie konzentrierten sich auf Effizienz, schlechte Angewohnheiten und schnelles Werfen - aber nichts Drastisches, denn, wie die Fans von Iowa State Football bereits wussten, konnte der Junge gut Football spielen. Seine Quote (67,7 % in 48 College-Spielen), sein Verhältnis von Touchdowns zu Interceptions (81 zu 33) und sein Mut machten ihn zu einem Volkshelden des Mittleren Westens.

"Zu keinem Zeitpunkt glaubten wir oder Brock, dass er ansatzweise irrelevant sei", sagt Gormely. Purdy trainierte mit Willen. Es machte ihm nichts aus, wie Dan Marino, sein Kindheitsheld, den Ball zu schleudern. Purdys Spiel zeichnete sich durch dynamische Elemente aus, sagt Gormely, und entlarvte damit die Geschichte vom Außenseiter.

"Ich kann in der NFL starten", sagte er einmal, trotz einiger unausweichlicher Fakten. Zum Beispiel: Kein "Mr. Irrelevant" als Quarterback hat jemals als Starter gespielt.

Brock Purdy startete in NFL besser als Tom Brady

Dann, in Woche 12, spielte San Francisco gegen Miami und Quarterback Jimmy Garoppolo brach sich den linken Fuß. Der ursprüngliche Starter der Niners, Trey Lance, war bereits ausgefallen, nachdem er sich in Woche 2 ebenfalls eine Knöchelverletzung zugezogen hatte, die seine Saison beendete. Gormely, ein Dolphins-Fan, war Anfang Dezember vor Ort. Er sah, wie Purdy auf das Feld trabte und die ersten Schritte in Richtung eines ungewöhnlichen Platzes in der NFL-Geschichte machte. Sah er besorgt aus? Nein.

In den letzten neun Wochen der Saison lenkte Purdy, wenn er denn gesund war, die Offensive der 49ers zurück in Richtung Explosivität und das Team zurück in Richtung Playoffs. Shanahan musste seine Offensive nicht einmal vereinfachen. Er öffnete die Offense, weil es zu Purdys Fähigkeiten besser passte als zu denen von Garoppolo. Die Vergleiche wuchsen, bis sie an der Grenze des Absurden lagen. Drew Brees wurde oft genannt. Ebenso wie ein anderer später Draft Pick. Der größte Footballspieler aller Zeiten. Die Reporter trieben diese meist voran, zumindest in der Öffentlichkeit. Gormely und Hewlett wussten, wie sie sich anhörten, und waren vorsichtig, um nicht noch mehr Druck auf Purdys dünne Schultern zu legen. Aber in einem Gruppenchat fragten sie sich dieselben Dinge.

"Außerdem ... Ist Brock wirklich Tom Brady", schrieb einer.

Darauf antwortete ein anderer schlicht: "Ja."

Fairerweise muss man sagen, dass niemand behauptet, dass Purdy eine Karriere im gleichen GOAT-Universum machen wird. Aber wenn man sie nach einer Saison vergleicht, in der auch von Brady niemand viel erwartete, dann liegt Purdy tatsächlich vorn. Er startete mit 8:0, und gewann seine ersten Spiele. Am Ende der Saison war er einer der drei Finalisten für die Wahl zum AP Offensive Rookie of the Year, neben einem Running Back aus der zweiten Runde (Kenneth Walker, Seahawks) und einem Wide Receiver aus der ersten Runde (Garrett Wilson, Jets). Purdy riss sich in den Playoffs gegen die Eagles das Band in seinem Wurfarm. Die Folgen waren verheerend.

Das fehlen von "Mr. Irrelevant" beendete die Saison von San Francisco.

Brock Purdy erinnert an Drew Brees

Sage Rosenfels - ehemaliger Iowa-State-Star, langjähriger und mittlerweile pensionierter NFL-Quarterback, scharfsinniger Beobachter des NFL-Footballs - glaubte sofort, dass Purdy seine begrenzten Erwartungen als "Mr. Irrelevant" übertreffen würde. Rosenfels verfolgte alle College-Spiele von Purdy und besuchte einige sogar persönlich. Er sah, wie Purdy ein mittelmäßiges Programm die realistischen Erwartungen weit übertreffen ließ. Manchmal besprach er Videoclips der Gegner mit Purdy per Videokonferenz, sodass er die Verarbeitungsgeschwindigkeit seines Elitegehirns verstand. Der Junge erinnerte Rosenfels an Brees: unaufdringlich, talentiert, athletischer, effizient. Iowa State hat wegen Purdy gewonnen, so wie Purdue wegen Brees gewonnen hat.

Was ist also bei Purdys Bewertung durch die Scouts schief gelaufen? Starten wir mit dem Potential, sagt Rosenfels, was in mehr als einer Hinsicht in die Entscheidungen einfließt. Da Teams Spieler mit dem größtmöglichen Potential wollen, werden besser entwickelte Kandidaten weiter nach unten gedrängt. 

Für Rosenfels sind die Faktoren, die dabei eine Rolle spielen, klar. Prospects, insbesondere Quarterbacks, beginnen den Entwicklungsprozess früher als zu der Zeit, als Rosenfels spielte (er trat nach 2012 zurück). Dieselben potenziellen Spieler - wiederum insbesondere Quarterbacks - beginnen auch viel früher mit privaten Trainern zu arbeiten. Die meisten, wenn nicht sogar alle QBs, arbeiten mit dieser Art von Coach zusammen, bevor sie im College einen Pass werfen, geschweige denn mit der Draft-Vorbereitung beginnen. "Zu meiner Zeit haben die Quarterbacks sozusagen selbst herausgefunden, wie sie spielen", sagt Rosenfels. "Es war nicht üblich, dass man ab dem Alter von neun Jahren einen privaten Trainer hatte.

Tom Brady und Brock Purdy
Tom Brady und Brock Purdy
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Heute ist das anders, und dieselben Spieler besuchen die Camps, die sich auf die Entwicklung ihrer Fähigkeiten konzentrieren. "Sie lernen die kleinen Dinge, die ihnen helfen, bessere, natürlichere Werfer zu werden", sagt Rosenfels. "Die Wissenschaft ist jetzt dabei. Früher gab es keine Wissenschaft."

Mehr Jahre plus mehr Fähigkeiten plus mehr Training plus mehr Wiederholungen. Das ist der allgemeine Plan, den Purdy und Spieler wie er verfolgt haben. Viele landen in Variationen der Offense von Kyle Shanahan, wo sie schnelle Entscheidungen treffen müssen, aber die meisten Würfe innerhalb von 10 Yards von der Line of Scrimmage erfolgen. Oft kommen sie, wie Purdy, aus College-Offensiven, die komplizierter sind als früher. Da ihre Offensiven nuancierter und ihre Fähigkeiten ausgefeilter sind, sollten sie theoretisch auch besser vorbereitet sein.

Wenn Spieler von weniger bedeutenden College-Programmen - wie Purdy - in den Kader aufgenommen werden, spielen sie nicht mehr mit einem oder höchstens zwei Spitzenspielern auf den einzelnen Positionen. Sie spielen mit George Kittle, Deebo Samuel, Christian McCaffrey und Brandon Aiyuk, und das unter der Leitung eines Offensivgenies wie Shanahan. "Alles ändert sich, um die Leistung aller Spieler zu maximieren", sagt Rosenfels. Speziell zu den Quarterback-Hoffnungen fügt er hinzu: "Früher haben alle nach Troy Aikman gesucht - 1,90 m groß, starker Arm, bla, bla. Jetzt schauen sie nur noch darauf, wie viele positive Eigenschaften dieser Typ hat. Welche sind das? Und wie können wir sie nutzen?"

Brock Purdy fehlte die Größe eines Quaterbacks

All das erklärt, warum Purdy bei der letzten NFL-Draft zum letzten Pick wurde. Die Beurteiler schienen das, was ihm fehlte - die typische Größe, die einfachen Vergleiche mit Starting QBs - höher zu bewerten als das, was er hatte. Wenn überhaupt, dann gaben seine 46 Starts am College ihnen die Möglichkeit, seine Fähigkeiten übermäßig zu analysieren und zu zerpflücken. Sie schienen sich auf seine Fehlwürfe zu konzentrieren, während sie weniger berücksichtigten, zu wem er warf.

Deshalb ist Purdys Entwicklung vom "Mr. Irrelevant" zum Star so wichtig, denn durch ihn hat sich die Einschätzung der NFL-Teams in Bezug auf die Auswahl von Spielern weiter verändert. Purdy an Stelle 262 auszuwählen, hat allen NFL-Teams gezeigt, warum die Beurteilung des Wertes der Spieler nach traditionellen Methoden in einigen, ja sogar in vielen Fällen nicht der beste Ansatz sein könnte.

"Athletik hat so viele Facetten", sagt Hewlett. "Ein Spieler wie Brock hat diese fantastischen Eigenschaften, und ich glaube immer noch nicht, dass die NFL und der Football im Allgemeinen einen sicheren Weg haben, diese Eigenschaften zu evaluieren.

Wenn man die von Rosenfels genannten Faktoren berücksichtigt, kann ein Leistungstrainer, der Draft-Hoffnungen trainiert, wie Erik Jernstrom, die Theorie mit dem Trainingsboom in Einrichtungen wie der seinen verbinden. Der moderne Football, sagt er, hat einen ganzjährigen kulturellen Einfluss. Er weiß von Kindern im Alter von sieben Jahren, die für Privatunterricht bezahlen. Teenager suchen nach einflussreichen Entwicklern wie ihm, der unter anderem Cooper Kupp und Brandin Cooks in der NFL trainiert hat. Und wenn er sich den Highschool-Football in seinem Heimatstaat Oregon anschaut, kann er das Kaliber der Talente im Vergleich zu seiner lang zurückliegenden Spielzeit auf denselben Feldern kaum erkennen.

Ja, die Vorbereitung auf den NFL-Draft hat sich zu einer eigenen Branche entwickelt. Aber die Vorbereitung geht inzwischen weit über die Wochen oder gar Monate vor Beginn der ersten Runde hinaus. Jernstrom trainiert eine ganze Reihe von Nachwuchsspielern, aber er ist der Meinung, dass sich die Kluft zwischen deren Bereitschaft und der der höheren Auswahlspieler in den letzten zehn Jahren deutlich verringert hat. "Der Abstand zwischen den Talenten in der siebten Runde und denen in den höheren Runden wird immer geringer", sagt er.

NFL-Draft: Wer wird der nächste "Mr. Irrelevant"?

Vielleicht sollte man mal betrachten, wer der nächste "Mr. Irrelevant" wird. Dieses Jahr haben die Texans Pick Nummer 259. Betrachten wir die Kandidaten. Es gibt kleinere Stars wie Shepherd-Quarterback Tyson Bagent. Es gibt Eckpfeiler großer Programme, die nicht als offensichtliche frühe Auswahl gelten (man denke an Quarterbacks wie Jaren Hall von BYU, Max Duggan von TCU, Jake Haener von Fresno State und Dorian Thompson-Robinson von UCLA). Es gibt echte Stars mit körperlichen Defiziten (Georgia-Quarterback Stetson Bennett). Es gibt Multitalente, die auf zwei Positionen spielen können (Houston-Quarterback Clayton Tune). Und es gibt Kandidaten, die kein Quarterback sind (die Quotenmacher setzen seltsamerweise auf einen Spieler von Ohio State bei +1000; viele halten den Kicker Noah Ruggles für eine gute Wahl). SI hat all diese Spieler kontaktiert, in der Hoffnung, sie über Purdy und den Draft-Wert in der letzten Runde zu befragen. Keiner hat geantwortet.

Vor allem Haener scheint sich durch die Vergleiche angegriffen zu fühlen. Aber dass er sagt, er mag es nicht, mit Purdy verglichen zu werden, beruht auf einer älteren Einstellung, die besagt, dass der letzte Pick weniger Wert hat. Haener ist unverwüstlich, denn er begann seine Karriere in Washington, wechselte zur Fresno State und blieb, als sein Trainer Kalen DeBoer ausgerechnet zu Washington ging. Haener hat schon für Jeff Tedford gespielt, der unter anderem Aaron Rodgers trainiert hatte. Haener ist zäh, denn er hat sich in der letzten Saison in Woche 3 den Knöchel gebrochen und trotzdem weitergespielt, während er die Bulldogs zu sieben Siegen in Folge führte. Und Haener ist ausgesprochen talentiert, er wurde von UCLA-Trainer Chip Kelly nach einem 2021-Sieg über die Bruins gelobt.

DeBoer lacht am Telefon. "Ich weiß, warum Sie den Vergleich heranziehen", sagt er, während er beginnt, die Faktoren aufzuzählen. Kleinere Statur zum einen. Erfolg im College zum anderen. Unterschiedliche Prognosen. Führungsqualitäten. Klugheit. Vorbereitung.

Er redet über Haener. Er könnte auch über Purdy sprechen.

Der Trainer kann sich noch gut an Haener bei seiner Ankunft in Fresno erinnern. Seine Motivation stach hervor. Er checkte alle seine Ziele ab - für die Mannschaft, für sich selbst, im Football und außerhalb des Footballs - und schickte das Word-Dokument per E-Mail an DeBoer. Haener hielt mitreißende Reden vor den Spielen. Er sorgte für späte Comeback-Siege. Er verbrachte seine "Freizeit" damit, die Gegner und sein Playbook zu studieren. Mit anderen Worten: Er war die perfekte Projektion für Purdy. Und das ist keineswegs eine schlechte Sache.

Brock Purdy von den San Francisco 49ers
Brock Purdy von den San Francisco 49ers
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Mittlerweile betrachten viele Scouts die Trends in der Entwicklung von Football-Talenten als fest verankert, offensichtlich als eine Notwendigkeit für den Erfolg in der NFL. Dennoch sind sie relativ neu, wie Chiefs-Generalmanager Brett Veach im Februar, drei Tage vor dem Super Bowl LVII, feststellte. Er wandert den Camelback Mountain hinauf. Ja, der Aufstieg ist schwierig, aber nicht annähernd so schwierig wie der Weg zurück zu einem weiteren Meisterschaftsspiel für Kansas City.

Dieser Aufstieg begann im letzten Frühjahr, vor dem Draft. Veach und sein Personalteam verfügten über eine Fülle von wichtigen zwölf Spielern, mussten aber einen talentierten Kader umgestalten, der durch teure Verträge mit Superstars belastet war. Veach wollte K.C. jünger, schneller und tiefer machen und zwei Eckpfeiler des Teams, Wideout Tyreek Hill (der nach Miami verkauft wurde) und Safety Tyrann Mathieu (der nach New Orleans wechselte), so gut wie möglich ersetzen. Bei so vielen Zielen kam es auf jede Auswahl an; jede konnte den Unterschied zwischen dem Scheitern eines weiteren Jahres in der Blütezeit von Patrick Mahomes und dem Gewinn einer weiteren Meisterschaft ausmachen.

Als Veach im vergangenen Frühjahr mit Reportern zusammentraf, sagte er, dass er diesen Draft für sehr wichtig hielt. Dies war zum Teil der Pandemie geschuldet, die große Teile der College-Football-Saison im Jahr 2020 ausfallen ließ und vielen zukünftigen Spielern ein zusätzliches Jahr zur Entwicklung gab, zusätzlich zu der Entwicklung in ihren Teenagerjahren. Für Veach war eine Position der wichtigen Positionen der Runnigback. Auf dem Board der Chiefs standen zwischen 20 und 25 Namen von Running Backs. In einem normalen Jahr hätten sie dort höchstens acht Namen stehen.

Veach mochte vorallem den Jungen aus Rutgers, Isiah Pacheco, dessen 3.039 All-Purpose Yards im College eine irreführende Zahl waren. Pacheco lief, im wahrsten Sinne des Wortes, wie ein 1,80 m großer und 215 Pfund schwerer Bulldozer. Er sagt, seine Kindheit mit zwei getöteten Geschwister, Armut und Unsicherheit habe seinen Stil geprägt. Er brauchte nur mehr Berührungen.

NFL-Draft: Neue Trends führen zu Veränderungen

Hier kommt der Trend ins Spiel. Wenn Veach vor zehn Jahren ein bestimmter Running Back gefiel, hätte er vielleicht eine Auswahl in der vierten oder fünften Runde in Betracht gezogen, um sich den gewünschten Spieler zu schnappen. Aber mit mehr als 20 Namen, die in einem Draft, in dem die Chiefs mehr Auswahlmöglichkeiten als sonst hatten, nach ähnlichen Kriterien ausgewählt wurden, gab es einfach keinen Grund zur Eile.

Mit zwölf Picks vor "Mr. Irrelevant" setzten die Chiefs, die von Pachecos Verfügbarkeit begeistert waren, ihre vorletzte Wahl auf ihn. Mit 930 Yards verdoppelte er fast die Gesamtzahl der Yards, die er in Rutgers erzielt hatte, und half Kansas City, die Verletzungen der anderen Running Backs zu überwinden.

Für Teams wie KC, die sich aus philosophischen Gründen weigern, künftige Spielzeiten durch Verträge mit viel Geld zu verpfänden, ist das nicht nur ein Weg, um in der modernen NFL erfolgreich zu sein. Es ist wirklich der einzige Weg. Bezahlen Sie ein paar Spielern eine Menge Geld. Füllen Sie den Kader um sie herum auf.

Acht dieser zehn Draft-Spieler haben in der regulären Saison 3.721 Einsätze absolviert und damit die siebtmeisten in der NFL. Laut Veach hätten die Chiefs ihren zweiten Super Bowl in dieser Ära nicht gewonnen, wenn sie den Kader nicht aufgefüllt hätten - und ohne diesen Trend hätten sie nicht so viele Möglichkeiten, den Kader aufzufüllen. Da ein weiterer Draft bevorsteht, ist es an der Zeit, dasselbe noch einmal zu tun.

Paul Salata hat das nicht kommen sehen. Wie hätte er auch, wenn die Wirkung von Mr. Irrelevant nie das Ziel war? Das Ziel war vielmehr das Feiern, in diesem Fall die Ehre, überhaupt gedraftet zu werden. Feiern war so etwas wie eine Spezialität von Salata. "Er hat ständig verrückte Sachen gemacht", sagt seine Tochter. Zum Geburtstag ihrer Mutter engagierte ihr Vater einmal eine Marschkapelle, die mit einer Fahne die Straße entlang marschieren sollte, was bedeutete, dass die Musiker zum Abendessen blieben, denn er versprach ihnen im Gegenzug McDonald's. Salata schlug seinen Freunden nicht etwa nur vor, an einem Hawaiianischen Fest teilzunehmen; er buchte ihre Flugtickets und Hotels und plante ihre gesamte Reise. Um Geld für wohltätige Zwecke zu sammeln, veranstaltete er eine Modenschau mit männlichen Models, die gar keine Models waren. Wie er selbst. Einmal spielte er sogar eine Gastrolle in einem Film. Die Rolle? Er wird von Moses an einem Wasserfall verprügelt, sagt seine Tochter. Ja, sie meint Moses im biblischen Sinne. Papa war auch Stuntman.

Die "Mr. I and Irrelevant Week" passte perfekt zu seinem Ethos: Paraden, Marschkapellen, Pressekonferenzen und üppige Abendessen, Yachtausflüge oder Segelregatten, und das von Anfang an. Er überzeugte den damaligen Commissioner Pete Rozelle, dass die Liga mit ihm zusammenarbeiten sollte. Er verlieh eine Lowsman Trophy, den unbedeutenden Heisman. Als ein "Mr. I." seinen geplanten Flug verpasste, sprang er ein und gab sich als "Mr. Irrelevant" aus, um die Fragen der Reporter zu beantworten. Als der echte "Mr. I." auftauchte, tauschten sie einfach die Plätze auf der Bühne und machten ohne Erklärung weiter, als wäre nichts geschehen.

Manchmal fragt sich Fitch, ob ihr Vater nicht von einem tieferen Sinn getrieben wurde. Er stammte aus ärmlichen Verhältnissen und verlor beide Eltern in seiner frühen Kindheit. Football im Allgemeinen und die NFL im Besonderen ebneten ihm den Weg zu einem besseren Leben, gaben ihm eine Familie und ein Ziel. Mit der Gründung von "Mr. Irrelevant" half er Kindern, neue Spielfelder und Ausrüstung zu bekommen, und unterstützte Krebsüberlebende und verwundete Veteranen. Er stiftete ein Stipendium an der USC, seiner Alma Mater, aber für den Kapitän der Spezialteams. Er sagte ihnen allen das Gleiche, seine typische Phase. Habt Spaß, wo immer ihr seid.

Jetzt gibt es Power Rankings von "Mr. Irrelevant". Geschichten. Kurzdokumentationen. Anthologien.

"Es hat ihn überrascht, wie gut das Thema landesweit und sogar international aufgenommen wurde", sagt Fitch.

Wenn er nur sehen könnte, wie Purdy die Mr.-I-Linse noch einmal veränderte. Viele Irrelevante haben in der NFL Erfolg gehabt. Kicker Ryan Succop ist der sechstbeste Punktesammler aller Zeiten und gewann mit Tampa die Super Bowl; Fullback Jim Finn triumphierte ebenfalls mit den Giants; Wideout Marty Moore erwies sich als solider Linebacker und spielte in einem Meisterschaftsspiel für New England; Guard Tyrone McGriff Sr. schaffte es 1980 in das All-Rookie-Team. Aber auf jeden dieser Spieler kommen ein Tim Toone (2010; null Fänge in der Karriere), ein Cheta Ozougwu (2011; acht Tackles, ein Sack und ein erzwungener Fumble in neun Karrierespielen) und ein Chandler Harnish (2012; keine NFL-Snaps absolviert), um nur einige zu nennen.

In nicht einmal zwei Monaten gegen Ende der letzten Saison hat sich Purdy über alle erhoben. Fitch kann die Stimmung, die er während der "Irrelevant Week" ausstrahlte, damit in Verbindung bringen, dass ihm das Rampenlicht nichts ausmachte. Hewlett kennt seine Fähigkeiten. Rosenfels kennt seine Karriere als College Starter. Veach kennt einen wichtigen Spieler, den er in der letzten Runde finden möchte. Doch inmitten all dieser Verbindungen veränderte Purdy vielleicht auch, was "Mr. Irrelevant" ist, was Mr. I sein kann. Er ist der erste, sagt Fitch, der einen Touchdown erzielt hat. Purdy gehört in die NFL, als Starting Quarterback, (sollte er sich von der Verletzung erholen) und an die Spitze eines Trends, der den kommenden NFL-Draft noch interessanter und wichtiger machen dürfte.

 

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