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Handball-Star Juri Knorr exklusiv: "Ich weiß, wo ich hingehöre"

Juri Knorr ist Deutschlands Handball-Hoffnung. Wir haben den 23-Jährigen getroffen und mit ihm gesprochen: Über seine Zeit beim Hamburger SV und dem FC Barcelona, wieso er mit dem Fußball aufhörte – und wie er sich sein Selbstvertrauen bewahrt.

Credit: Markus Jans
  • Handball-Star Juri Knorr im Exklusiv-Interview
  • Juri Knorr über die EM 2024, HSV, Barcelona und Selbstvertrauen
  • Juri Knorr: „Es gibt für mich drei Optionen ...“

Sports Illustrated: Herr Knorr, Sie haben mit der deutschen Handball-Nationalmannschaft eine intensive Zeit hinter sich: Heim-EM, Halbfinale, der vierte Platz. Mittlerweile geht es für Sie aber schon mit den Rhein-Neckar Löwen im Verein weiter. Konnten Sie das Erlebte überhaupt sacken lassen?

Juri Knorr: Man braucht ein bisschen Zeit. Ich habe bereits ein paar Turniere gespielt und diese Erfahrungen machen dürfen. Es ist schon so, dass es mir nicht leichtfällt, nach so einem emotionalen Hoch in den Alltag zurückzukehren – auch wenn einen eben dieser Alltag recht schnell wieder einholt. Dass da manchmal auch so ein bisschen eine Leere entsteht und man auch nicht so richtig greifen kann, was alles passiert ist. Also richtig verarbeitet habe ich es noch nicht, aber dafür bleibt aktuell auch nicht viel Zeit. 

Handball-Star Juri Knorr im Sports-Illustrated-Interview
Handball-Star Juri Knorr im Sports-Illustrated-Interview
Credit: Markus Jans
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Juri Knorr: „Mein Vater stand immer an meiner Seite“

Sports Illustrated: Um Sie und Ihre Geschichte besser verstehen zu können, hilft es, zurück zum Start zu gehen. Ihr Vater Thomas Knorr war ebenfalls Handball-Nationalspieler. Wie hat Sie das in Ihrer Kindheit und späterer Karriere geprägt?

Knorr: Meine ganze Familie ist sehr sport- und handballaffin. Deswegen lag es auf der Hand, dass ich das auch machen möchte. Ich habe meinen Vater gesehen, wie er in den Hallen gespielt hat und wollte dem nacheifern. Für mich war das einfach pure Freude. Mein Vater musste mich also nicht drängen, das war alles meine eigene Initiative – wie auch während meiner ganzen späteren Karriere. Er stand immer an meiner Seite, sei es als Trainer oder Zuschauer. Er hat nie Druck ausgeübt, sondern es war ihm nur wichtig, dass ich Spaß habe, dass ich glücklich bin. Genauso hat er auch meine Schwester, die Leichtathletik betreibt, unterstützt. 

„Wenn ich nach der Schule ans Handballtraining dachte, dann war das ein schönerer Gedanke, als zum Fußball zu gehen.“

Darum hat Juri Knorr beim HSV aufgehört

Sports Illustrated: Neben Handball haben Sie in Ihrer Kindheit und Jugend auch Fußball gespielt und liefen sogar für die Nachwuchsmannschaften des Hamburger SV auf. Trotzdem haben Sie als Zwölfjähriger mit dem Fußball aufgehört. Warum?

Knorr: Ich habe früh gemerkt, dass ich ein ziemlich ehrgeiziger Wettkämpfer bin. Je höher es jedoch beim Fußball ging, desto schneller habe ich gemerkt, wie immer mehr Druck ausgeübt wurde. Der Konkurrenzkampf wird intensiver, die Trainer erwarten mehr, das Leistungsniveau steigt extrem. Als Kind bin ich damals ehrlich gesagt nicht gut damit klargekommen. Es war natürlich eine besondere und prägende Zeit. Aber schon als Zwölfjähriger musste ich performen, abliefern. Zum Glück hatte ich aber noch Handball. Das war für mich einfach purer Spaß. Wenn ich nach der Schule ans Handballtraining dachte, dann war das ein schönerer Gedanke, als zum Fußball zu gehen. Deswegen habe ich mich kurz darauf entschieden, nur noch beim Handball zu bleiben.

Sports Illustrated hat Juri Knorr in Herzogenaurach getroffen.
Sports Illustrated hat Juri Knorr in Herzogenaurach getroffen.
Credit: Markus Jans
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Sports Illustrated: Sie sind also beim Handball geblieben – und gerade mal sechs Jahre später als 18-Jähriger zum großen FC Barcelona gewechselt. Das dürfte ebenfalls eine prägende Zeit gewesen sein … 

Knorr: Ehrlich gesagt habe ich das lange etwas verdrängt. Mit 16 Jahren gab es die erste Kontaktaufnahme, daraufhin habe ich mich direkt dafür entschieden. Ich wollte diese Chance einfach nutzen und dann nicht irgendwann bereuen, es nicht getan zu haben. Es war natürlich auch ein Traum, mich dort zu etablieren. Also habe ich zugesagt.

Sports Illustrated: Und dann?

Knorr: Dann kam auf einmal der Tag, an dem es Wirklichkeit wurde und man Richtung Barcelona aufbricht. Da denkt man schon, was man hier eigentlich macht, ob es das richtige ist, ob man das wirklich will. Aber im Nachhinein bin ich sehr froh, diesen Schritt gegangen zu sein.

Juri Knorr im Sports-Illustrated-Interview
Juri Knorr im Sports-Illustrated-Interview
Credit: Markus Jans
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Juri Knorr: „Es ist menschlich, Nervosität zu empfinden“

Sports Illustrated: Auch in Barcelona durften Sie aber mit ordentlich Druck konfrontiert gewesen sein. Haben Sie dort einen anderen Umgang damit gelernt?
 
Knorr: Ich glaube, das kann man nie komplett abstellen. Es ist menschlich, Emotionen wie Nervosität, Aufregung oder Erwartungsdruck zu empfinden. Da gibt es keine Universallösung. Wenn du bei Barcelona spielst, musst du Topleistungen bringen. Aber natürlich hat es mich weitergebracht, gerade auch in diesem Alter auf einmal mit den eigenen Idolen spielen zu dürfen. Diese Erinnerungen sind das wichtigste und schönste. 

„Ich glaube, wenn man nur das konsumiert, was in den Medien geschrieben wird, dann geht alles grundsätzlich zu schnell: Sehr schnell rauf und sehr schnell wieder runter.“

Sports Illustrated: Sie kehrten nach einem Jahr in Spanien nach Deutschland zurück – und dann ging alles sehr schnell: Seit 2020 Spielmacher der Handball-Nationalmannschaft, bei der WM 2023 dann sogar Topscorer, mittlerweile auch bei adidas unter Vertrag. Wie hat sich dieser schnelle Aufstieg angefühlt?
 
Knorr: Ich glaube, wenn man nur das konsumiert, was in den Medien geschrieben wird, dann geht alles grundsätzlich zu schnell: Sehr schnell rauf und sehr schnell wieder runter. Ich versuche aber, mir treu zu bleiben – auf der Platte oder daneben. ich weiß in meinem Inneren, wo ich hingehöre und worauf ich mich verlassen kann. Ich gehe meinen Weg und ich bin extrem dankbar dafür, was ich bislang erreichen durfte. Dass all diese Dinge so gekommen sind, die man sich gewünscht hat, dass ich meinen Kindheitstraum leben darf. Die Heim-WM mit der Nationalmannschaft, jetzt die Partnerschaft mit adidas: Das sind alles Privilegien, die nicht selbstverständlich sind. Ich versuche, mir das oft bewusst zu machen, dankbar zu sein und gleichzeitig das Spiel immer noch als Spiel zu sehen. Eine Karriere ist sowieso begrenzt und ich will mir danach nicht vorwerfen, es nicht ausreichend genossen zu haben.

Juri Knorr im Sports-Illustrated-Interview
Juri Knorr im Sports-Illustrated-Interview
Credit: Markus Jans
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Juri Knorr: „Es gibt für mich drei Optionen ...“

Sports Illustrated: Sie sprechen die Medien an. Wenn es um die Handball-Nationalmannschaft geht, wird in den Medien häufig von einem Namen geschrieben: Juri Knorr. Wie nehmen Sie das alles wahr?
 
Knorr: Es muss geschrieben werden. Es ist deren Job. Das gehört dazu. Ich bin Teil dieses Geschäftsmodells. Ich bin aber auch nur ein Mensch, natürlich nehme ich manche Dinge wahr, die ich nicht lesen möchte. Dann schickt mir aber doch mein Großvater oder ein Freund einen Artikel und man liest die Überschrift. Das macht etwas mit einem. Aber ich probiere auch da einfach, bei mir zu bleiben. Mir auch immer wieder zu sagen, das ist eigentlich nur Schall und Rauch. Im Endeffekt kann ich auch nur für mich selbst regeln. Ich kann für mich die Klarheit haben über das, was ich mache. Was ich sein möchte. Wie ich mich verhalten möchte. Auch mit dem Wissen, wie meine Familie und meine Freunde mich sehen. 

Juri Knorr im Sports-Illustrated-Interview
Juri Knorr im Sports-Illustrated-Interview
Credit: Markus Jans
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Sports Illustrated: Selbstvertrauen ist Ihnen also wichtig. Gleichzeitig wirken Sie aber auch sehr selbstkritisch, was beispielsweise Ihr Interview nach dem Halbfinal-Aus gegen Dänemark bei der EM verdeutlichte. Wie balancieren Sie diese Eigenschaften aus?

Knorr: Einfach ist das nie. Ich bin ein Mensch, der über Dinge ein bisschen mehr nachdenkt und sich auch manchmal nicht darüber im Klaren ist, dass ich dann doch häufig einen guten Job mache. Nach dem Dänemark-Spiel war ich einfach enttäuscht über die verpasste Chance, einen großen Moment im Finale als Sportler und mit meiner Familie zu erleben. Für mich geht es nicht darum, dass ich am Ende acht Tore werfe und sechs Assists habe. Das ist schön, aber für mich gibt es drei Optionen vorm Spiel: Ich mache mein Ding und es läuft alles super. Ich mache mein Ding und es läuft nichts, aber ich habe alles gegeben. Und die dritte Option ist, dass ich ein bisschen gehemmt bin, Selbstzweifel oder die Angst, vor 20.000 Leuten zu spielen, die Oberhand gewinnen. Ich möchte das nicht, weil es ein Geschenk ist, vor so vielen Leuten das erleben zu dürfen, aber es ist auch menschlich, dass so etwas mal passiert. Ich will nur nicht danach sagen, dass ich nicht ich selbst war. 

„...dieser Nervenkitzel, dieses Gefühl vor einem Spiel, dann in diesen Flow reinzukommen, das Privileg für uns in Deutschland in vollen Hallen zu spielen: Das ist einfach gigantisch.“

Sports Illustrated: Und wenn Sie auf der Platte Sie selbst sind …?

Knorr: … dann spiele ich einfach so, wie wenn ich mit meinen Kumpels Basketball oder Fußball spielen würde. Das ist einfach Spaß an der Bewegung. Das, was Sport im Kern ausmacht. Das hört sich ein bisschen pathetisch an, aber dass Körper und Geist im Einklang sind. Und das ist einfach ein schönes Gefühl. Das dann auf der größten Bühne manchmal zu erleben, dieser Nervenkitzel, dieses Gefühl vor einem Spiel, dann in diesen Flow reinzukommen, das Privileg für uns in Deutschland in vollen Hallen zu spielen: Das ist einfach gigantisch. Aber genauso viel Spaß habe ich wahrscheinlich auch, wenn ich mit meinen Jungs hier zu Hause bin und wir einfach Fußball spielen.


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