FUSSBALL-WM 2022

Nach bitterem WM-Aus: Diese 5 Probleme muss Hansi Flick jetzt dringend anpacken

Deutschland ist erneut bei einer Fußball-WM in der Vorrunde ausgeschieden. Ein sportliches Debakel, das auch auf Fehler von Hansi Flick zurückzuführen ist. Flick bleibt Bundestrainer, muss aber diese 5 Dinge vor der Heim-EM 2024 dringend anpacken. 

Bundestrainer Hansi Flick (Deutschland) steht unter Druck
Credit: Imago

Eins vorweg: Hansi Flick bleibt Bundestrainer. Ja, die deutsche Nationalmannschaft ist erneut fast schon blamabel in der Vorrunde einer WM ausgeschieden. In Katar zeigte die DFB-Auswahl phasenweise schockierende und fahrlässige Vorstellungen. Und ja, ein Trainer wird - so sagt es zumindest die Phrase - am Erfolg gemessen.

Trotzdem ist es nach knapp über einem Jahr in der Flick-Ära zu früh, das Projekt jetzt bereits komplett umzuwerfen. Noch im vergangenen November wirkte die Nationalmannschaft spannend wie lange nicht, der neue Bundestrainer hatte die sieben ersten Spiele gewonnen. Neutral betrachtet waren auch die sportlichen Leistungen bei dieser WM über weite Strecken ansehnlich. Japan wurde 70 Minuten dominiert, gegen WM-Mitfavoriten Spanien hätte Deutschland gewinnen können, im letzten Gruppenspiel muss es mindestens sechsmal klingeln.

 

Flick bleibt - steht aber enorm unter Druck. In eineinhalb Jahren startet die Heim-EM. Dass dieses Turnier nicht ähnlich endet wie das im Wüstenstaat, muss der Bundestrainer diese 5 Dinge dringend anpacken:

1. Flick-Aufgabe: Defensive stabiliseren

So bitter das WM-Aus ist, so einfach ist es, die Probleme zu identifizieren. Das offensichtlichste: Die Abwehr. In jedem der drei Gruppenspiele stellte Flick anders auf. In jedem der drei Gruppenspiele ließ sich die teils tölpelhafte Defensive düpieren. Mal verteidigte Süle rechts, dann Kehrer, dann Kimmich. Keine der Optionen ging auf. In der Mitte waren Schlotterbeck, Süle und Co. zu weit weg und ließen die Torschützen gewähren. Links hinten war Raum bemüht, aber phasenweise überfordert.

Die Flicksche-Ideologie ist geprägt von risikoreichem Angriffsfußball. Motto: Einfach mehr Tore schießen als der Gegner. Das klappte mit einem Stürmer wie Robert Lewandowski. Wenn bei der Nationalmannschaft aber die Chancen nicht genutzt werden, bleiben die notwenigen Tore aus - während die non-existente Konterabsicherung von jedem Gegner gnadenlos seziert wird.

Der Bundestrainer muss sich vor dem nächsten Turnier also langfristig festlegen: Dreier- oder Viererkette? Wer verteidigt in den nächsten Jahren hinten rechts? Wer wird das Stamminnenverteidiger-Duo? Erst dann können Mechanismen implementiert werden, die Defensive wird eingespielt und wirkt sicherer - und nicht mehr so naiv wie in Katar.

2. Flick-Aufgabe: Echte "Neun" aufstellen

Der Bundestrainer braucht für sein Spiel einen klassischen Stürmer. Einen Angreifer, der kompromisslos, fast schon eigensinnig, vom Toreschießen besessen ist. Einen Neuner, der notfalls - wie es Ex-ManUnited-Trainer Ole Gunnar Solskjaer einmal ausdrückte - eine gebrochene Nase riskiert, wenn er sich in Ball und Gegner wirft, um das Rund über die Linie zu drücken. Dann verbessert sich auch die horrende Chancenverwertung der Nationalmannschaft. 

Im Moment passt zu diesem Profil im deutschen Fußball einzig Niclas Füllkrug. Wenn dieser weiter so treffsicher bleibt, muss Flick von der ineffizienten "Falschen Neun" abweichen und den Bremen-Stürmer bringen.

3. Flick-Aufgabe: Führungsspieler in die Pflicht nehmen

Die (teilweise selbst) auserkorenen Leader um Joshua Kimmich und Co. tauchten in den entscheidenden Phasen gegen Japan und Costa Rica ab und wirkten wie so oft in der Vergangenheit ohnmächtig. Klappt eine Aktion nicht, lässt die gesamte Mannschaft den Kopf hängen, eine chaotische Lawine an Fehlerketten entsteht. Deutschland beginnt zu schwimmen und kassiert meistens Gegentore. 

In solchen Momenten braucht es Führungsspieler, die eine positive Körpersprache ausstrahlen, ihre Mitspieler aufbauen und aufwecken. Die das Spiel und die eigene Mannschaft in hektischen Phasen beruhigen. Dieses Vorangehen muss Flick von seinen Leadern einfordern. Vor allem gegen Mannschaften wie Japan.

4. Flick-Aufgabe: "Mentalitätsfrage"

Thomas Hitzlsperger formulierte es passend. "Mir fehlte die Wut von den Spielern", sagte der ARD-Experte nach dem WM-Aus. Auch Bastian Schweinsteiger stimmte ein: "Wo bleibt diese Gier? Dass man mal dagegenhält, dass es mal scheppert." Leidenschaft, Kampfgeist, Intensität. Tugenden, die - so scheint es - der Mannschaft seit Jahren abgehen. Ausdrücke wie "Charakter" oder "Mentalität" sind mittlerweile so gängige Begriffe wie Tor oder Abseits, klar. Trotzdem stellt sie sich mal wieder, diese so plattgetretene "Mentalitätsfrage".

Gewisse Eigenschaften müssen nicht nur die Führungsspieler mitbringen. Unter anderem im Angriff muss die DFB-Elf abgeklärter, gieriger werden. Zu oft legen Spieler wie Leroy Sané oder Jamal Musiala noch mal ab, schlagen einen Haken zu viel. Zu oft versuchen es aber auch die Verteidiger, irgendwie spielerisch oder elegant zu lösen.

Wann hat ein deutscher Nationalspieler mal ein taktisches Foul bei dieser WM begangen? Wann gab es mal eine leidenschaftliche Grätsche? Wann zappelte der Ball mal nach der ersten Chance im Tor? Flick muss die deutsche Nationalmannschaft direkter, effizienter und abgeklärter machen. 

5. Flick-Aufgabe: Leistung statt Name

Nicht wenige suchten am Donnerstag um 18.40 Uhr bei der Aufstellung Deutschlands vergeblich nach der Nummer 9. Trotz seines Treffers gegen Spanien nahm Füllkrug nur auf der Bank Platz. Müller durfte starten, und das obwohl er bei der WM nicht überzeugen konnte. Dieses Prinzip zieht sich durch verschiedene Personalentscheidungen Flicks.

Der 57-Jährige ist nicht als Revolutionär bekannt und so vertraut er unter anderem dem ihm bekannten Bayern-Block - auch wenn die Leistungen stagnieren. Ebenfalls umstritten: Seine Wechsel wie während des Japans-Spiel, als er Ilkay Gündogan überraschend auswechselte und das Spiel somit aus der Hand gab.

In Zukunft braucht es schonungslosere und trotzdem bedachtere Personalentscheidungen. Zumal ein Mats Hummels der Mannschaft beispielsweise eher hätte helfen können, als der vielversprechende Armel Bella Kotchap. Aber am Ende weiß man bekanntlich alles besser.


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