Basketball

Einzigartige Basketballerin: Satou Sabally träumt von NBA-Job als General Managerin

Satou Sabally aus Berlin ist eine der besten Basketballerinnen der WNBA. Das allein reicht der 25-Jährigen aber nicht. Für sie ist der Ruhm auf dem Court nur so wertvoll wie das, was man abseits des Spielfelds aus ihm macht. Später will sie NBA-Klubboss werden.

Satou Sabally (Dallas Wings)
Credit: Getty Images

Satou Sabally zockt nicht. Sie ist zum Basketballspielen in Las Vegas, als wir sie per Videocall erreichen. Die 25-jährige Berlinerin ist ein Star in der US-amerikanischen Frauen-Basketballliga WNBA und in der Welthauptstadt des Glücksspiels, um mit ihrem Team, den Dallas Wings, gegen die Las Vegas Aces anzutreten. 

Aber noch ist Zeit bis dahin. Zeit, um mit Deutschlands bester Basketballerin zu sprechen: über ihr Spiel, das Kelly Graves, Saballys Ex-Coach an der University of Oregon, einmal als "Poesie in Bewegung" bezeichnete. Über eine Kindheit zwischen New York City, Gambia, Berlin und sechs Geschwistern; über neu gewonnene Prominenz und darüber, wie es ist, als politisch engagierter, liberaler Mensch im erzrepublikanischen Texas zu leben. 


Mit dem Sports Illustrated-Chefredakteurs Newsletter erhalten Sie aktuelle Sport-News, Hintergründe und Interviews aus der NFL, der NBA, der Fußball-Bundesliga, der Formel 1 und vieles mehr.

NEWSLETTER ABONNIEREN


Satou Sabally: "The Unicorn"

Satou Sabally ist ein bemerkenswerter Mensch – abseits des Courts genauso wie darauf, wo sie in den USA "unicorn", also Einhorn, genannt wird. So heißen im Basketball Spieler und Spielerinnen, die auf praktisch jeder Position spielen können. Mit einem Durchschnitt von knapp 18 Punkten und zehn Rebounds pro Spiel ist sie, was die WNBA auf ihrer Website als "Do-it-all forward" bezeichnet – und spielt in dieser Funktion so stark, dass sie zuletzt in die "Starting Five" des All-Star-Games gewählt wurde.

Für Sabally, die nach einer Reihe von Verletzungen erst in dieser Saison zu voller Stärke fand, ist das ein dicker grüner Haken hinter einem großen Etappenziel: "Ich habe mir im Januar, nachdem ich durch meine ganzen Verletzungen gegangen bin, alle meine Ziele einfach mal aufgeschrieben. Beim All-Star-Game dabei zu sein, war auf jeden Fall eines dieser Ziele."

Satou Sabally 2023
Satou Sabally 2023
Credit: Getty Images
x/x

Der Start beim All-Star-Game Mitte Juli war einer der bisherigen Höhepunkte in Saballys WNBA-Karriere. Dabei hatte diese bereits mit einem Highlight begonnen: Beim Draft 2020 verpflichteten die Dallas Wings sie an zweiter Stelle. Nie war eine Deutsche oder ein Deutscher höher in den US-Basketball eingestiegen – nicht Schrempf, nicht Schröder und auch nicht Nowitzki, dieser andere "German" in Dallas, über dessen Lichtgestalten-Status Sabally sagt: "Dirk ist ja auch wie so ein Gott, und das verdient."

Den Draft behält sie als "einen der besten Tage meines Lebens" in Erinnerung, "weil man, sobald man seinen Namen hört und wohin man geht, weiß, dass man das erste große Ziel erreicht hat. Ich wollte immer gedraftet werden, das habe ich geschafft."

Satou Sabally: Die Weltbürgerin

Besonders ist nicht nur die Art, wie Satou Sabally Basketball spielt, sondern auch ihr bisheriger Lebensweg. Der begann in New York City, wo sie 1998 als Tochter eines gambischen Vaters und einer deutschen Mutter geboren wurde. Im Alter von zwei Jahren ging es in die Heimat von Vater Jerreh, kurz vor Saballys Einschulung dann nach Berlin in das Heimatland von Mutter Heike. 

Sabally, die drei Staatsbürgerschaften besitzt, erinnert sich an die eigene Kindheit als nicht ganz frei von Problemen, aber getragen von einem starken "family bond": „Sechs Geschwister zu haben, alle zusammen in unserer Dreizimmerwohnung, das ist schon eine Nummer. Aber ich finde, das macht so einen Familienzusammenhalt irgendwie stärker. Wir sind alle zusammen aufgewachsen."

Mittlerweile spielt auch ihre zwei Jahre jüngere Schwester - Nyara in der WNBA, beim Ligakonkurrenten New York Liberty. Im vergangenen Juni trafen beide in der Liga erstmals aufeinander (Nyara gewann). Satou Sabally sagt: "Wir sind zusammen in einem Zimmer aufgewachsen. Und dann zusammen auf einem WNBA-Feld zu stehen, da denkt man sich schon irgendwie: ‚Was machen wir hier eigentlich?‘" - Sabally lächelt breit, wenn sie diesen Satz sagt. Überhaupt: Selbst über den Bildschirm transportiert sich ihre positive Energie, die sie ausstrahlt, ohne die sie kaum so weit gekommen wäre.

Satou Sabally und ihre Schwester Nyara
Satou Sabally und ihre Schwester Nyara
Credit: Getty Images
x/x

Satou Sabally: Vom Spielplatz in die WNBA

Angefangen hat Saballys Basketball-Reise als Neunjährige auf einem Spielplatz, wo sie ihre erste Trainerin, Gerhild, genannt "Gery", Wendland, entdeckte. Sie spielte daraufhin im Jungsteam des DBC Berlin und bereits mit 14 Jahren in der 2. Bundesliga beim TuS Lichterfelde. Mit 16 spürte Sabally, dass sie wegmuss aus der Stadt, weil sie in Berlin an Decken stieß.

"Ich wollte es nie zu gemütlich haben, wollte nie zu gut sein für meine Altersklasse. Und obwohl ich es dann immer irgendwann war", erinnert sie sich, "wollte ich nie die Beste sein, weil ich die Beste werden wollte. Ich wollte mich immer aus meiner Komfortzone rausbringen." Mit 17 ging es nach Freiburg, wo sie ihr Abitur zu Ende brachte und für den Eisvögel USC Freiburg in der Bundesliga spielte.

Der nächste Schritt heraus aus der Komfortzone war dann gleich der über den großen Teich, an die Oregon State University, wo Sabally 2020 nicht nur den "Cheryl Miller Award" als beste Forward des Landes gewann, sondern auch ihren Bachelor in Sozialwissenschaften abschloss: in drei anstatt, wie üblich, vier Jahren – um früher Profi werden zu können. Als Sabally 2020 schließlich Profi-Basketballerin wurde, war sie 22 Jahre jung. Und auf New York City, Gambia, Berlin und Eugene, Oregon, folgte jetzt Dallas, Texas. Ein Ort, an dem sie sich mittlerweile ein Haus gekauft, es sich heimisch gemacht hat: "Jetzt würde ich sagen, dass Dallas mein Zuhause ist."

Satou Sabally im All-Star-Game 2023
Satou Sabally im All-Star-Game 2023
Credit: Getty Images
x/x

Satou Sabally: Mehr als eine Athletin

Hier könnte die Geschichte eigentlich fertig erzählt sein: Großes Basketball-Talent spielt mit 17 in der Bundesliga, reüssiert am College und macht als Profi in den USA Furore und eine Menge Geld. Smooth sailing. Und so gibt es das vielfach, gerade im Profisport der Männer. Bei den Frauen ist das anders. Gerade in der WNBA. 
Die Liga sorgt seit ihrer Premierensaison 1997 für Aufsehen, ist die Mutter aller politischen Profisport-Serien.

Spielerinnengewerkschaft und Liga verhandelten hier schon die unverhältnismäßig geringe Bezahlung von Spielerinnen oder den Mutterschutz, als diese Themen auf anderen Kontinenten und in anderen Sportarten noch zwei Jahrzehnte ignoriert wurden. In vereinten Aktionen unterstützen die Teams und Spielerinnen der WNBA immer wieder Initiativen wie Black Lives Matter – auch unter Inkaufnahme von Bußgeldern. 

Reich macht eine Karriere in der WNBA mit einem durchschnittlichen Jahresgehalt von etwa 118.000 Dollar nicht. Weswegen viele Spielerinnen in der Offseason für weit höhere Gehälter in Europa spielen. Sabally geht in der Nebensaison für Fenerbahce Istanbul auf Körbejagd, und das nicht nur sehr erfolgreich, sondern auch für gutes Geld. Geld, das Satou Sabally, die privat einen Personal Trainer engagiert, wieder in ihren Körper und damit in die Karriere investiert. Die Kausalkette lautet: "Je besser dein Gehalt ist, desto bessere Trainer und Physios kannst du holen, desto besseres Essen essen."

Satou Sabally passt nicht nur bestens in die WNBA, weil sie eine Weltklasse-Basketballerin ist, sie ist auch politisch und sozial sehr engagiert. 2022 eröffnete sie gemeinsam mit ihrem Sponsor Jordan Brand den Satou-Sabally-Court auf dem Tempelhofer Feld in ihrer Heimatstadt Berlin. Ein Basketball-Court vorrangig für Mädchen und junge Frauen. "Ich bin so happy, dass es einen Ort gibt, wo die Mädchen hingehen können, wo sie einen Safe Space haben, um einfach mal zu zocken."

Für ihren sozialen Einsatz in Dallas, wo sie sich unter anderem als Mentorin in einer Einrichtung für straffällig gewordene Jugendliche einsetzt, erhielt sie im Mai von der WNBA den "WNBA Cares Community Assist Award". "Für mich ist das wichtig", sagt Sabally über ihr Engagement, "weil ich weiß, wie es ist, aus einer Community zu kommen, die einfach übersehen wird. Ich bin als Halbgambianerin in Deutschland aufgewachsen. Das ist nicht einfach. Ich habe Rassismus gesehen und erlebt. Ich glaube für mich, in meiner Stellung, ist es jetzt wichtig, dass ich irgendwie Türen öffne, so wie mir die Türen geöffnet worden sind."

2022 wurde in Berlin der Satou-Sabally-Court eröffnet
2022 wurde in Berlin der Satou-Sabally-Court eröffnet
Credit: Getty Images
x/x

Satou Sabally: Vorbild und Aktivistin

Mit wachsendem Bekanntheitsgrad, an den sich Sabally erst noch gewöhnen muss ("ich bin, was das angeht, noch in der Realisierungsphase"), wächst sie mehr und mehr auch in die Rolle des Vorbildes, schreibt sich diese bereitwillig aber auch selbst zu: "Ich bin einen Weg gegangen, den andere nicht gegangen sind. Und ich bin gut in dem, was ich mache. Da kann man auch selbstbewusst sagen: ‚Ja, ich bin ein Vorbild.‘" Dabei möchte sie sich unbedingt eines beibehalten: ihre Wissbegierde. Wenn sie das nächste Mal zum Nationalteam stößt, werde sie "erst mal meine Ohren offen halten, sehen, was die anderen machen, und dann meinen Basketball-Part einbringen".

Satou Sabally ist ein reflektierter Mensch, sie sagt Dinge, die man von Sportlern und Sportlerinnen nicht zu hören gewohnt  ist. Über ihr Leben im ultrarepublikanischen Texas meint sie: "Ich stimme mit ganz vielem nicht überein, aber ich glaube, es ist ganz gut, dass ich jetzt, in diesem Teil meines Lebens, hier bin. Damit ich ganz viel lernen kann und sehe, wie Extreme aussehen können. Weil es, finde ich, überall auf der Welt gerade sehr polarisierend ist. Menschen sind entweder auf der einen Seite oder auf der anderen: So gibt es keine Zukunft, keinen Fortschritt und keinen Dialog."

Sie aber suche den Dialog und werde nicht aufhören, unangenehme Fragen zu stellen, wie zum Beispiel: "Warum denkst du, dass Lehrer in der Schule Waffen tragen sollten? Warum sind Waffenkontrollen für dich ein Problem? Und warum ist es für dich kein Problem, dass 30 Minuten von unserer Trainingsfacility entfernt Kinder erschossen werden?"

Saballys Plan für Paris

Dem Basketball der Frauen in Deutschland sagt Sabally übrigens eine erfolgreiche Zukunft voraus. Allerdings müsse mehr Geld in Talente aus Deutschland und Spielerinnengehälter fließen: "Es ist wichtig, in den deutschen Basketball zu investieren, in eine Profiliga, damit es eben nicht passiert, dass Spielerinnen sagen: ‚Okay, ich kann mit den 600 Euro, die ich im Basketball verdiene, nichts machen.‘ Und ich glaube, da driften dann ganz viele vom Frauen-Basketball ab, die eigentlich drin sein müssten und mehr gepusht werden sollten."

Satou Sabally
Satou Sabally
Credit: Jordan (Nike, Inc.)
x/x

Dass das Nationalteam bei der EM zuletzt sensationell Platz sechs erreichte und nun die Chance hat, sich für Olympia 2024 in Paris zu qualifizieren, ist aber ein untrüglicher Indikator für den Aufschwung. Sabally sichert zu, beim Qualifikationsturnier im kommenden Februar unbedingt dabei sein zu wollen, sagt: "Das war auch die ganze Zeit der Plan." Über ihr Fehlen bei der EM sagt sie: "Das mussten die jetzt selbst hinbekommen, während ich hier in den USA meine Sachen hinbekomme. Und ich glaube, sie haben echt gezeigt, wie groß die Zukunft des deutschen Basketballs sein kann."

Zur Olympia-Quali im Februar 2024 wird Satou Sabally wieder das DBB-Trikot tragen
Zur Olympia-Quali im Februar 2024 wird Satou Sabally wieder das DBB-Trikot tragen
Credit: FIBA
x/x

Einen Ausblick darauf, wie sich Sabally ihre Zukunft nach dem Basketball vorstellen könnte, gibt sie auch schon: "Ich würde gerne mal Managerin von einem NBA-Team sein. Ein GM – General Manager." Demnächst steht ein Praktikum an – bei den Dallas Mavericks.

 

Mehr Sport-News:

Nach seiner schweren Verletzung ist Alexander Zverev zurück auf der internationalen Bühne. Bei Sports Illustrated spricht er über seine Leidenszeit, Sehnsüchte, das Tennis-Business – und die Frage, was Deutschlands Tennis-Star antreibt.

Lionel Messi ist einer der besten Fußballer aller Zeiten. Der Argentinier spielte beim FC Barcelona und bei PSG. 2022 wird er Weltmeister mit Argentinien. 2023 wechselt er zu Inter Miami in die MLS. Alle Infos zu Gehalt, Vermögen, Titel und Karriere. 

Mark Mateschitz ist der Sohn von Dietrich Mateschitz und tritt in die Fußstapfen des verstor