Leichtathletik

Läufer Max Thorwirth im Interview: "Olympia ist die größte Bühne, die wir haben"

Mittelstreckenläufer Max Thorwirth will zu den Olympischen Spielen nach Paris. Im Interview mit Sports Illustrated spricht er über den Stand der deutschen Leichtathletik und darüber, wo es seiner Meinung nach Nachholbedarf gibt.

Max Thorwirth formt beim Zieleinlauf eines Straßenlaufs ein Herz
Credit: Imago

Sports Illustrated: 2024 finden die Olympischen Spiele in Paris statt – wie steht es um ihre Qualifikation?

Max Thorwirth: Es gibt ja zwei Wege, sich zu qualifizieren. Einmal über die Direktnorm, die über 5 Kilometer bei 13 Minuten und 5 Sekunden liegt – das wäre die drittschnellste Zeit eines Deutschen jemals, die man laufen müsste. Das ist schon relativ hart. Ansonsten kann man sich über die Weltrangliste qualifizieren. Für jeden absolvierten Wettkampf bekommst du eine Punktzahl für die gelaufene Zeit. Und je hochklassiger der Wettkampf, desto mehr Punkte zusätzlich bekommt man für eine gute Platzierung.

Sports Illustrated: Wie stehen die Chancen für Sie, in Paris dabei zu sein?

Thorwirth: Es ist kein sicheres Ding. Ich glaube aber, dass ich eine gewisse Chance habe.

Sports Illustrated: Es wären Ihre ersten Spiele.

Thorwirth: Ja, ich habe sie 2021 ganz knapp verpasst, bin quasi am letzten Tag ganz knapp über die Weltrangliste rausgeflogen. Und die Norm von 13 Minuten und 5 Sekunden ist schwierig zu schaffen. Meine Bestzeit ist 13 Minuten und 18 Sekunden, das ist schon ein sehr großer Sprung bis zur Norm. Da müssten schon Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen, dass das klappt. Aber über die Weltrangliste sehe ich Chancen. Letztendlich hängt es auch ein bisschen davon ab, was die anderen Athleten machen. Aber solange ich eine Chance habe, werde ich es versuchen.

 

Olympia 2024: Aufschwung für die deutsche Leichtathletik?

Sports Illustrated: Weil Olympia der Traum jedes Sportlers ist?

Thorwirth: Ja, es war immer mein großer Traum. Als ich ein kleiner Junge war, da träumte man natürlich von den Olympischen Spielen, das ist das Nonplusultra. Ich muss dazu sagen, dass das, was aus Olympischen Spielen geworden ist, nicht mehr das ist, was man früher als Kind idealisiert hat. Und es gibt auch ein Leben außerhalb der Olympischen Spiele, aber es ist trotzdem die größte Bühne, die wir haben. Wer bei den Olympischen Spielen ist, der hat gezeigt, dass er ganz oben in seinem Sport und in seiner Disziplin ist. Für dieses Jahr ist das auf jeden Fall das größte Ziel.

Max Torwirth läuft auf einer Laufbahn
Credit: PR
x/x

Sports Illustrated: Zumal die Spiele in Europa stattfinden.

Thorwirth: Ja, das wäre supercool, auch die kurzen Anfahrtswege für Freunde und Familie. Ich glaube, dass Frankreich sehr coole Spiele ausrichten wird. Wie gesagt gibt es Dinge, die mir an der Entwicklung missfallen – wenn man sich die Ticketpreise etwa in der Leichtathletik anguckt oder in anderen Disziplinen, sollte man das nicht zu sehr romantisieren. Aber trotzdem wird es ein Sportspektakel, bei dem unsere Randsportarten, die ansonsten nicht auf einer Ebene mit etwa dem Fußball stehen, eine sehr, sehr coole Bühne und Wertschätzung bekommen.

Sports Illustrated: Wie steht es um die deutsche Leichtathletik?

Thorwirth: Wir hatten ein ziemliches Tief. Da muss man nicht groß drum herumreden. Gefühlt werden wir aber schon wieder besser, über 5000 Meter zum Beispiel. Trotzdem ist die Weltspitze ebenfalls nochmal einen Tick schneller geworden. Trotzdem gilt es, dieses Jahr für einen kleinen Aufschwung zu sorgen, weil wir in der deutschen Leichtathletik sehr viele coole Charaktere haben. Athleten, die alle ihr Bestes geben. Und es wäre schön, die Leichtathletik gesellschaftlich auch in Deutschland wieder auf ein anderes Niveau, ein anderes Standing zu bringen.

Max Thorwirth: Radsport als Vorbild für die Leichtathletik

Sports Illustrated: Woran liegt es denn, dass es zuletzt wie bei der EM im vergangenen Sommer nicht geklappt hat? Sind es die schlechteren Rahmenbedingungen oder ist es mangelndes Talent?

Thorwirth: Das hat viele Faktoren. Es ist schwierig, die eine Lösung zu finden und das eine Problem zu benennen. Auf der einen Seite ist es ein strukturelles Problem, was Wertschätzung, Anerkennung und die Professionalisierung des Sportes in Deutschland angeht. Wir haben die Möglichkeiten über die Bundeswehr und Bundespolizei, über die wir auch sehr froh sind. Aber gerade der Übergang ins Studium ist schwierig – da ist bei uns einfach kein gutes Sportsystem dahinter. Das System in Deutschland, während eines Studiums, ist nicht auf den Sport ausgelegt. Das merkt man kolossal im Vergleich zu den USA oder auch England. Man sieht ja auch, wie viele Sportler in die USA rübergehen.

Sports Illustrated: Wir sitzen jetzt hier bei Ihrem Sponsor New Balance in „The Track“, einer eigens gebauten Indoor-Halle, in Boston. Hier funktioniert es ja offensichtlich anders.

Thorwirth: Genau, das ist ganz großer Faktor. Außerdem ist in Deutschland der Invest in den Sport noch einen Tick zu gering. Es fängt jetzt an, dass gewisse Firmen in Deutschland wieder mehr in die Leichtathletik investieren – wie New Balance. Die Talente haben wir ja. Dazu kommt, dass es uns ein bisschen an Know-how fehlt. In diesem Bereich sind wir ein bisschen stehen geblieben.

Sports Illustrated: Know-how in welchem Bereich?

Max Thorwirth: Trainingswissenschaft, Ernährung und so weiter. Ich gucke da ganz gerne auf den Radsport, der natürlich auch seine eigenen Probleme hat und vor allem hatte. Aber wie weit die ernährungstechnisch sind oder in der Schlafoptimierung – davon können wir viel lernen. Trainingsgruppen sind ein weiteres Thema. Dass bei uns die Bundestrainer fast die einzigen Coaches sind, die vom Trainerjob leben können. Trotzdem dürfen sie keine internationalen Athleten trainieren. Wenn du dir alle Trainingsgruppen der Welt anguckst, sind die besten international. Man muss als Sportler also fast das Land verlassen, wenn man in einer guten internationalen Trainingsgruppe trainieren will. 


Mit dem Sports Illustrated-Chefredakteurs Newsletter erhalten Sie aktuelle Sport-News, Hintergründe und Interviews aus der NFL, der NBA, der Fußball-Bundesliga, der Formel 1 und vieles mehr.

NEWSLETTER ABONNIEREN


 

Mehr Sport-News

Zehn Jahre nach dem schweren Skiunfall von Michael Schumacher am 29. Dezember 2013 fragen sich alle Formel-1-Fans weiterhin, wie es ihrem Idol geht. Schumacher-Anwalt Felix Damm erklärt, warum es keine Nachrichten zum Gesundheitszustand von Schumi gibt.

Manuel Neuer wird nach Angaben der "Bild" bald Vater. Zusammen mit seiner Ehefrau erwartet der Bayern-Star ein Kind. Beide sind seit knapp vier Jahren zusammen und hatten sich im Sommer 2023 verlobt. Das ist seine Freundin Anika Bissel.

Mick Schumacher ist schwer verliebt. Der Sohn vom Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher ist seit 2023 mit der Dänin Laila Hasanovic zusammen. Beide posten bei Instagram Fotos von sich. Weihnachten haben sie zusammen verbracht.