Andrea-Petkovic-Kolumne

Petkovic-Kolumne: Darum produziert Serbien so viele Sportstars und Deutschland nicht

Andrea Petkovic blickt in ihrer neuen Sports-Illustrated-Kolumne auf die Sportnation Serbien. Das Land ist im Gegensatz zu Deutschland zwar klein, produziert aber viele Sportstars. Ex-Tennisspielerin Petkovic nennt die Gründe. 

Nikola Jokić wird Western Conference Finals MVP
Credit: gettyImages

Manchmal kommen Dinge an einem Tag zusammen. Ein beliebiger Sonntag im September, beliebiges Wetter, keine besonderen Vorkommnisse. Bloß für sportinteressierte Serben und Serbinnen war dieser Sonntag im September strikt durchgeplant.

Die Männer der Basketball-Nationalmannschaft im WM-Finale, die Frauen der Volleyball-Nationalmannschaft im EM-Finale und ganz spät am Abend noch spielte Novak Djokovic in New York um seinen 24. und endgültig alle Rekorde brechenden Grand-Slam-Titel.

Wie kann es sein, dass ein Land von knapp sieben Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen so viele Sportstars produziert? Nikola Jokic, MVP der NBA-Finalserie, der die Denver Nuggets zum Meistertitel geführt hatte, war im Basketball-Finale gar nicht dabei. Ivana Vuleta, die Gold im Weitsprung bei der Leichtathletik-WM in Budapest geholt hatte, fast schon wieder vergessen.

Andrea Petkovic: "Fehlendes Leistungsbewusstsein in Sport-Deutschland"

All dies kommt im Windschatten des deutschen Triumphes bei der Basketball-WM – und für die meisten Sportfans, die keine Wurzeln auf dem Balkan haben, passiert das alles in der weiten Peripherie der Informationen, die man aufnimmt, aber nicht verarbeitet. Warum sollte man auch?

Vielleicht, weil der Erfolg der Basketballer gerade noch rechtzeitig kam, um uns davon abzulenken, dass Deutschland bei der Leichtathletik-WM dieses Jahr keine einzige Medaille geholt hatte. Und ganz ehrlich, manchmal weiß ich gar nicht, warum ich für den Leistungssport argumentieren sollte.

Nikola Jokic
Nikola Jokic
Credit: Imago-Images
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Ändert es das gesellschaftliche Miteinander, wenn Angelique Kerber Wimbledon gewinnt, Deutschland drei Sprint-Goldmedaillen holt oder im Medaillenspiegel bei Olympia weiter oben landet? Vielleicht schon, wahrscheinlich nicht. Dennoch sträubt sich alles in mir, das sich mehrende fehlende Leistungsbewusstsein in Sport-Deutschland zu akzeptieren.

Ex-Tennis-Spielerin Petkovic im ehemaligen Jugoslawien geboren

Gerade erst ging durch die Medien, dass die Bundesjugendspiele abgeschafft werden sollten. Man einigte sich auf den Kompromiss, bis zur vierten Klasse keine leistungsbezogenen Daten mehr aufzunehmen.

Vergleiche ich Deutschland und Serbien, dann weiß ich, was unterschiedlich läuft. Ich bin im ehemaligen Jugoslawien geboren worden. Wenn dort ein Kind in einer Sportart Talent zeigt, wird alles auf diese Karte gesetzt. Es ist eine Möglichkeit, sich aus prekären Verhältnissen zu befreien.

Novak Djokovic
Novak Djokovic
Credit: IMAGO
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Als erfolgreiche Sportlerin bekommt man Privilegien in der Schule, darf öfter fehlen, bekommt Hilfe bei Klausuren. Sport ist sehr früh weit mehr als ein Hobby. Die Enge des vergleichsweise kleinen Landes – fast alle Sportler und Sportlerinnen sind auf Belgrad und Novi Sad verteilt – fördert den Konkurrenzkampf, man trainiert von klein auf mit den Besten.

So setzt sich immer jemand an die Weltspitze durch. Ana Ivanovic, Jelena Jankovic, Novak Djokovic: Alle drei sind in den vergangenen zwanzig Jahren zu einem Zeitpunkt die Nummer eins der Welt im Tennis gewesen.

Das heißt nicht, dass wir keine Talente haben. Als Mentorin für Jungprofis für den Deutschen Tennis Bund arbeite ich mit einigen von ihnen teilweise eng zusammen. Die, die wir haben, sind genauso gut, wie wir es damals waren.

Petkovic: "Deutschland ist satt, Serbien strebt nach vorne"

Manche sind weitaus besser, als ich es jemals sein konnte. Ich sehe aber auch, dass wir Jahr für Jahr weniger haben. Wenn sich eine verletzt, eine andere lieber studiert und die dritte das normale Leben süßer findet als den Leistungssport, tja, dann sind wir in der Bredouille.

Es ist nicht fair, zwei Länder in verschiedenen Entwicklungsstadien zu vergleichen. Das eine satt, das andere strebend. Deswegen würde ich gerne noch die USA ins Spiel bringen. Ein weiteres Land, in dem der Stellenwert des Sports ganz oben steht. Dort tauchen teilweise 100.000 Fans zu College-Spielen auf.

Gut im Sport zu sein heißt dort auch, sich die Studiengebühren sparen zu können. Es gibt sogar einen ökonomischen Mehrwert. Die Nerds, die als Letztes in die Mannschaft gewählt werden, gründen aus Rache die Facebooks, Googles und Microsofts dieser Welt. Win-win?

 

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