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Jonas Deichmann: Der deutsche Forrest Gump im Interview vor der nächsten großen Reise

Sports Illustrated radelte im Rahmen der Volkswagen R Gravel Experience drei Tage lang mit Berufsabenteurer Jonas Deichmann durch die Alpen. Vor dem Start seines neuen Projekts spricht er mit Sports Illustrated über sein Mindset, seinen Antrieb und seine Projekte.

Jonas Deichmann bei der Volkswagen R Gravelbike Expirience
Credit: Klaus Fengler

Jonas Deichmann radelte schon durch ganz Eurasien, vom Nordkap bis nach Kapstadt, und die Panamericana entlang. Sein letztes Projekt war ein Triathlon durch die Welt. Deichmann schwamm 40 Tage lang am Stück durch die Adria, radelte von Kroatien durch den sibirischen Winter und wurde bei seinen täglichen Marathons durch Mexiko zum Medien-Star. Sports Illustrated radelte bei der Volkswagen R Gravel Experience mit Deichmann durch die Alpen. 

Jonas Deichmann, bei einer Tragepassage der Volkswagen R Gravel Expirience
Jonas Deichmann, bei einer Tragepassage der Volkswagen R Gravel Expirience
Credit: Klaus Fengler
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"Ich schaue nie auf den Wetterbericht, ich hoffe einfach, dass das Wetter gut ist". Einer der ersten Sätze, die Jonas Deichmann am Abend vor der ersten Gravel-Etappe sagt, beschreibt ihn nur zu gut. Was Jonas Deichmann auf Vorträgen predigt, sind Lektionen, die einem auch jeder andere selbsternannte Lifecoach geben kann. Das Limit ist der Kopf, positiv zu bleiben oder in kleinen Schritten (Jonas nennt sie Schokoriegel) auf ein großes Ziel zuarbeiten.

Es gibt nur einen riesigen Unterschied. Jonas Deichmann ist authentisch. Nein, nicht nur authentisch, man sieht wie er es von Kopf bis zum kleinen Zeh lebt. 

Im Rahmen der Volkswagen R Gravel Experience, lernten wir Jonas Deichmann besser kennen. Am letzten Abend trafen wir uns nach seiner Schwimmeinheit (5 Stunden auf dem Rad sind nämlich nicht genug Sport) auf der Terrasse des Hotels zum Interview. 

Jonas Deichmann: "Der Moment, an dem ich ans Aufgeben gedacht habe, den gab es noch nie"

Sports Illustrated: Hallo, Jonas. Sie haben schon so einiges erlebt. Sie sind vom Nordkap bis nach Kapstadt, die Panamericana von Alaska nach Argentinien geradelt, haben Eurasien per Rad durchquert und haben erst vor zwei Jahren einen Triathlon durch die Welt gemacht. Die Frage, die sich viele Leute stellen: Warum machen Sie das? 

Jonas Deichmann: Am Ende sind es die Erlebnisse. Es ist zwar schön, einen Rekord zu haben, da man ja auch Ziele im Leben braucht. Aber am Ende sind es die besonderen Erlebnisse. An einem Tag auf so einer Reise, erlebe ich mehr, als in einem Monat, wo ich es nicht bin - und genau dafür mache ich das. 

Sports Illustrated: Sie können wahrscheinlich über Ihre Erlebnisse tausende von Büchern schreiben. Haben Sie aber so etwas wie ein Lieblingserlebnis?

Deichmann: Ja. Aber natürlich habe ich auch jeden Tag besondere Erlebnisse - auch an den ganz harten Tagen. Dann ist es aber vielleicht nur ein schöner Sonnenuntergang. Mein Lieblingsmoment war trotzdem bei dem Triathlon um die Welt Mexiko, mit dieser Forrest Gump Story. Da ist an jedem Tag etwas Neues verrücktes passiert. Das ist für mich immer noch das ganz große Highlight. 

Jonas Deichmann wird in Mexiko zum Superstar. Oft wird er sogar von der Polizei begleitet.
Jonas Deichmann wird in Mexiko zum Superstar. Oft wird er sogar von der Polizei begleitet.
Credit: Markus Weinberg
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Sports Illustrated: Und was war das härteste beim Triathlon?

Deichmann: Definitiv das Schwimmen. Ich bin ja in Salzwasser geschwommen, wenn man das jeden Tag aufs neue macht, entzündet sich der ganze Körper. Und das verheilt auch nicht, wenn man am nächsten Tag wieder ins Salzwasser geht. Außerdem ist man durch das Salzwasser und die Strömung der Natur viel ausgesetzter, als wenn man auf dem Fahrrad sitzt oder man läuft. Im Wasser ist man einfach nochmal stärker den Elementen ausgesetzt. Das Schwimmen - das war brutal hart. 

Jonas Deichmann bei der härtesten Disziplin: Schwimmen
Jonas Deichmann bei der Härtesten Disziplin: Schwimmen
Credit: Markus Weinberg
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Sports Illustrated: Aber Sie suchen ja auch genau diese Momente, außerhalb der Komfortzone?

Deichmann: Außer Frage. Klar, wenn ich immer in meiner Komfortzone bleibe, dann habe ich zwar ein bequemes, aber sehr sehr langweiliges Leben. Man braucht einfach neue Anreize. Wenn man immer in der Komfortzone drinnenbleibt, dann hast du nicht diese besonderen Reize, die dich weiterbringen und weiterentwickeln. 

Sports Illustrated: Ihr nächstes Projekt steht bevor. Sie werden ab Ende Juni von New York nach Los Angeles radeln und am Tag danach direkt den Rückweg zu Fuß antreten. Einen Ultramarathon pro Tag. Was hat Sie zu diesem Projekt bewegt? Was reizt Sie daran, Amerika per Rad und zu Fuß zu durchqueren?

Deichmann: Ich wollte schon beim Triathlon um die Welt durch Amerika laufen, aber das ging damals nicht wegen Corona und anderen Problemen. Also ist in Amerika noch etwas unfinished Business für mich. Dazu kommt, dass Forrest Gump mein Lieblingsfilm war und ich wollte schon immer mal durch die USA laufen. Das Gefühl durchs Monument Valley, die Route 66 entlang oder durch Arizona zu laufen, das ist einfach das Gefühl von Freiheit. 

Jonas Deichmann: "Insgesamt komme ich wahrscheinlich auf circa 30 bis 40 Stunden Sport in der Woche"

Sports Illustrated: Wie sieht Ihr Training dafür aus? 

Deichmann: Ich habe keinen Trainingsplan. Ich muss zwar körperlich fit sein, aber ich muss vor allem Lust haben und motiviert sein. Natürlich mache ich viel Ausdauersport, vor allem viel radeln und laufen. Insgesamt komme ich wahrscheinlich auf circa 30 bis 40 Stunden Sport in der Woche. 

SportsIllustrated radelte bei der Volkswagen R Gravelbike Expirience mit Jonas Deichmann von Fuschl am See bis zum Weißensee
SportsIllustrated radelte bei der Volkswagen R Gravelbike Expirience mit Jonas Deichmann von Fuschl am See bis zum Weißensee
Credit: Klaus Fengler
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Sports Illustrated: Sie wissen nie, was Sie bei den Projekten wirklich erwartet. Sie haben zwar eine grobe Route, aber so einen richtigen Plan, wo Sie schlafen, nicht. Was erhoffen Sie sich von den USA?  

Deichmann: Wenn etwas so extrem organisiert ist, mit Begleitteam, Gepäcktransport und Hotel, erlebt man auch was. Na klar es gibt schöne Orte, die Natur und so weiter, aber es wird niemals diese außergewöhnliche Story. Auf solch einer Reise kann so viel Unerwartetes passieren. Aber gerade dann, wenn man mal improvisieren muss, dann wird es ja erst interessant. Ich habe keine Ahnung, was alles in den USA passieren wird, aber ich weiß, es wird wieder spannend. 

Sports Illustrated: Worauf freuen Sie sich am meisten? 

Deichmann: Es ist ja anderthalb Jahre her, seit ich von dem Triathlon zurückgekommen bin. Und ich freue mich einfach ungemein darauf, nach den ganzen Vorträgen endlich mal wieder ein großes Projekt zu haben. Einfach auf die Abwechslung. Natürlich freue ich mich auch auf die Radstrecke, insbesondere den westlichen Teil und dann natürlich auf der Laufstrecke durch die Wüste zu rennen. Das wird geil. 

Sports Illustrated: Nichtsdestotrotz kann das natürlich gefährlich sein. Haben Sie Respekt vor Ihrer Reise? 

Deichmann: Respekt hat man immer davor, das ist auch richtig. Aber keine Angst. Und letztendlich, mache ich das schon seit ein paar Jahren. Ich bin auch schon in über 100 Ländern gewesen, auch sehr exotischen. Dadurch habe ich auch einfach die Erfahrung, Gefahren einzuschätzen. Das ist unheimlich wichtig. Wenn man einen kompletten Anfänger mit wenig Wasser durch die Wüste rennen lässt, ist das katastrophal und eventuell sogar tödlich. Ich weiß aber, was ich tue und kann Gefahren und Situationen gut einschätzen. Dann finde ich das völlig in Ordnung.

Jonas Deichmann: "Es geht in gewisser Weise darum, den Mut zur Veränderung zu haben"

Sports Illustrated: Seit Ihrem Triathlon kommt Ihnen viel Aufmerksamkeit zu Teil. Sie halten viele Vorträge über die Reise und Ihr Mindset. Ist das für Sie nicht die totale Qual? 

Deichmann: Es gibt ja Leute, die seit 20 Jahren auf Weltreise sind. Das würde mir langweilig werden. Das Reisen wird immer ein Teil meines Lebens sein, aber die Kombination, die ich jetzt habe, ist einfach unfassbar spannend. Die Vorträge zu halten oder mein Buch zu schreiben, das macht auch Spaß. Insbesondere, wenn mir Leute danach schreiben, dass sie jetzt angefangen haben zu laufen oder radeln oder ganz was anderes. Das ist für mich auch toll. Es geht letztendlich darum, dass man sein Leben hinterfragt, schaut, ob das wirklich das ist, was ich machen will oder will ich was anderes machen. Und dann den Mut haben zur Veränderung. Ich bin ja auch nur erfolgreich, in dem, was ich mache, weil ich meine Leidenschaft gefunden habe. 

Seit seinem Triathlon ist Jonas Deichmann als Speaker tätig.
Seit seinem Triathlon ist Jonas Deichmann als Speaker tätig.
Credit: Sammy Deichmann
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Jonas Deichmann: "Ein Tiefpunkt eher was Schönes, weil jetzt geht's wieder hoch"

Sports Illustrated: Sie haben du noch keine Tour abgebrochen. Warum? Kam nie ein Moment, wo Sie gerne aufgehört hätten?

Deichmann: Der Moment, in dem ich ans Aufgeben gedacht habe, den gab es nicht. Noch nie. Ich überlege mir vorher, warum mache ich das Projekt? Will ich das mit ganzem Herzen? Und wenn die Antwort darauf ja ist, dann findet man auch eine Lösung. Dann gehts immer weiter. So gesehen, ist ein Tiefpunkt eher was Schönes, weil jetzt geht's wieder hoch. Daran glaube ich feste. Es hat ganz viel damit zu tun, eine positive Grundhaltung zu haben, und sich nicht zu entmutigen lassen, was noch alles kommt.

Sports Illustrated: Leben Sie Ihren Traum?

Deichmann: Auf jeden Fall. Als ich meinen Job 2017 gekündigt habe, um Profi-Abenteurer zu werden – ich habe Software-Vertrieb gemacht, da verdient man nicht schlecht – bin ich fest davon ausgegangen, langfristig deutlich weniger zu verdienen. Aber das fand ich in Ordnung, weil ich meiner Leidenschaft nachgegangen bin und mein Hobby zum Beruf gemacht habe. Jetzt sind viele glückliche Dinge zusammengekommen, aber es war nie meine Grundmotivation, damit viel Geld zu verdienen. Meine Grundmotivation war es Abenteurer zu sein und raus in die weite Welt zu gehen, tolle Erlebnisse zu haben, aus der Komfortzone rauszukommen, mich selbst zu pushen und vor allem den Abenteueraspekt mit dem Leistungssportaspekt zu vereinen.  

SportsIllustrated: Machen wir einen Zeitsprung. Was macht Jonas Deichmann in 20 Jahren? 

Deichmann: Gute Frage. Natürlich mache ich mir da auch Gedanken. Ich habe den Vorteil, dass ich kein klassischer Leistungssportler bin, der dann irgendwann mit 40 einfach abbaut. Ich bin in allererster Linie Abenteurer. Ich bin jetzt 36, das heißt, mit 56 kann ich vielleicht auch noch um die Welt radeln, ansonsten segel ich einfach. Ich kann mir aber in keinster Art und Weise vorstellen, wieder einen normalen Job anzunehmen. Es ist spannend, nicht zu wissen, was auf einen zukommt. Ich habe auf jeden Fall noch eine ganz lange Bucket List, mit einer Expedition an den Südpol oder über den Atlantik zu rudern. Da kommt noch ein bisschen was.  


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