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Bernhard Langer über LIV-Tour: "Ich weiß nicht, ob das für Golfsport gut ist"

Bernhard Langer ist Deutschland bekanntester Golf-Profi. Seit Jahrzehnten spielt der 65 Jahre alte Anhausener auf Topniveau und ist immer noch fit. Was sein Erfolgsgeheimnis ist und wie er über die LIV-Tour denkt, verrät er im Sports-Illustrated-Interview.

Golfprofi Bernhard Langer im Sports-Illustrated-Interview
Credit: Getty Images

Sports Illustrated: Herr Langer, wie fühlen Sie sich am ersten Abschlag eines Turniers heute mit 65 im Vergleich zu Ihren Anfängen als Tour Professional 1976?

Bernhard Langer: Ich habe natürlich viel mehr Routine, viel mehr Erfahrung. Ich muss niemandem mehr zeigen, was ich kann, und bin mit ein bisschen mehr Gelassenheit und Vertrauen bei der Sache.

Sports Illustrated: Mit Ihrem Sieg bei der Chubb Classic im Februar toppten Sie Ihren eigenen Rekord als ältester Sieger auf der PGA Tour Champions, der Senioren-Tour. Im Kreise Ihrer Kollegen gelten Sie als "Mister Consistency". Worin sehen Sie den Schlüssel Ihrer Leistungskonstanz, die auch im Alter nicht nachzulassen scheint?

Langer: Das ist tatsächlich ein bisschen außergewöhnlich, denn wenn man nachliest, in welchem Alter auf der PGA Tour Champions die meisten Turniere gewonnen werden, dann ist das zwischen 50 und 55. Ich bin 65 und gewinne immer noch. Es gibt in jeder Sportart Ausnahmen, und ich bin dankbar, dass ich zu diesen gehöre. Natürlich gehört einiges dazu, um erfolgreich zu sein: Man muss fleißig sein und viel trainieren, nicht nur die Technik beim Schwung und das Putten, sondern auch im Fitnesscenter. Man braucht einen guten Caddie, die Familie, einen Coach– ein gutes Umfeld, damit man sich auf das konzentrieren kann, was wichtig ist.

Sports Illustrated: Zur "Consistency" gehört ja ganz wesentlich die Kontinuität. Wie sieht ein typischer Turnier-Tag im Leben des Bernhard Langer aus?

Langer: Während der Turniere mache ich jeden Morgen Fitness. Wenn ich um 10 Uhr abschlage, dann bin ich um 7 auf dem Golfplatz und mache ungefähr eine Stunde Fitness. Dann esse ich eine Kleinigkeit. Danach ziehe ich die Golfschuhe an, trage Sonnencreme auf, Kleinigkeiten, die ein paar Minuten brauchen. Ungefähr eine Stunde und 15 Minuten vor meiner Abschlagzeit geht’s raus auf die Driving Range, das Putting-Grün, ich chippe und mache Bunkerschläge, um mich aufzuwärmen. Dann spiele ich die 18 Löcher in ungefähr viereinhalb Stunden, esse eine Kleinigkeit, und meistens wird danach noch mal ein Workout eingeschoben und gestretcht. Anschließend gibt’s Abendessen, und dann bleibt vielleicht noch eine halbe Stunde, Stunde vor dem Zubettgehen, in der ich E-Mails und Messages checke oder Nachrichten schaue und mit der Familie telefoniere. So läuft ein Tag auf der Tour.

Sports Illustrated: Und wenn Sie zu Hause in Florida sind?

Langer: Dann sieht der Tag natürlich anders aus, die Fitnessroutine bleibt aber: Dafür plane ich jeden Tag ein bis zwei Stunden ein. Aber meine Tage zu Hause sind inzwischen ganz unterschiedlich. Da kann es auch mal sein, dass Golf überhaupt nicht dazugehört. Ich habe ja vier Kinder und vier Enkelkinder. Je nachdem, was eben ansteht, ist es gut möglich, dass ich einige Stunden am Tag mit meinen Enkeln verbringe. Ansonsten kommt das Übliche hinzu: die tägliche Fanmail, Rechnungen bezahlen, sich um das Haus kümmern, mit Freunden essen gehen, Zeit mit meiner Frau verbringen.

Sports Illustrated: Weil Sie von Ihrem täglichen Fitnesstraining sprachen: Gibt’s denn eine spezielle Routine an Übungen, die Sie befolgen?

Langer: Eigentlich wird der ganze Körper trainiert. Aber besonderen Wert lege ich auf das Core-Training, also das Training der Mitte des Körpers, denn das ist sehr wichtig für jemanden, der wie ich schon mal Rückenprobleme hatte. Es ist aber nicht nur die Kraft, sondern auch die Beweglichkeit wichtig. Dementsprechend ist mein Training aufgebaut.

Bernhard Langer
Bernhard Langer
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Sports Illustrated: Worin sehen Sie den Grund für Ihre nachhaltige Leistungsfähigkeit?

Langer: Ich hatte mit Willi Hofmann einen sehr guten Trainer, der im vergangenen Jahr leider verstorben ist. Er hat mich über mehr als 40 Jahre begleitet und sagte schon in meinen Zwanzigern zu mir: "Bernhard, ich möchte, dass du auch in deinen Vierzigern, Fünfzigern, Sechzigern und Siebzigern noch gutes Golf spielst. Und damit du da hinkommst, müssen wir die Technik ein bisschen verändern." Denn bei der Schwungtechnik, die ich ursprünglich gelernt hatte, war sehr viel Stress auf meinem Rücken. Also haben wir das Ganze umgestellt – peu à peu, damit ich während der Umstellung nicht für ein Jahr oder zwei total aus dem Turnierbetrieb raus bin, sondern immer noch erfolgreich spielen konnte. Über die Jahre hat sich gezeigt, dass es wohl der richtige Weg war.

Sports Illustrated: Viele der jüngeren Profis aus Deutschland – Spieler wie Matti Schmid, Stephan Jäger oder die Paul-Zwillinge (Jeremy und Yannik) – wählten den Weg über US-Colleges ins Profigolf. Ist das der einzige Weg, um derzeit als Deutscher in die PGA Tour oder die DP World Tour vorzudringen?

Langer: Ich glaube nicht, dass es der einzige Weg ist, aber sicher ein sehr guter. Denn wir sind hier sehr gut organisiert mit College- Teams. Sie haben dort die besten Möglichkeiten, tolle Golfplätze, die Coaches sind top. Wenn jemand den Schritt ins Profigolf gehen will, dann ist das College sicherlich eine sehr gute Vorbereitung.

Sports Illustrated: Ihre Vita ist für einen Golf-Profi eher ungewöhnlich. Sie wurden als Sohn eines Maurers in Anhausen nahe Augsburg geboren, Ihre Familie war nicht wohlhabend, nicht privilegiert. Wie fanden Sie den Weg zum Golfsport?

Langer: Wie Sie sagten: Wir kommen aus ärmlichen Verhältnissen in einem kleinen Ort von damals 800 Menschen. Es ging damit los, dass mein älterer Bruder Erwin als Caddie gearbeitet hat, meine Schwester dann auch. Die kamen, wenn sie für die damaligen Mitglieder im Augsburger Golfklub eine Runde Caddie machen durften, mit ein paar Mark in der Hosentasche nach Hause. Als ich das gesehen habe, sagte ich: Ich will auch Geld verdienen. Und so mit neun, neuneinhalb Jahren ging’s dann auch bei mir los. Ich bin aufs Fahrrad, bin sieben Kilometer zum Golfklub geradelt, habe dann für neun oder 18 Löcher Caddie gemacht und so ein bisschen Geld verdient. Das hat richtig Spaß gemacht. Zum einen, mein eigenes Geld zu haben – denn von unseren Eltern haben wir keines bekommen, die hatten selbst zu wenig. Zum anderen durften wir Caddies, wenn keine Mitglieder da waren, auf der Driving Range Bälle schlagen, chippen und putten und irgendwann auch ein paar Löcher spielen. Das hat riesigen Spaß gemacht und war eine Herausforderung.

Sports Illustrated: Wann wurde es ernst mit dem Golfen?

Langer: Als ich mit 15 mit der Schule fertig war, bin ich Golflehrer-Lehrling im Münchener Golfklub in Straßlach geworden, war da sieben Tage die Woche von früh bis spät auf dem Golfplatz; ich konnte trainieren, habe aber natürlich auch gelernt, wie man Golfunterricht gibt, einen Proshop führt oder Turniere leitet. Und ich habe mich um die Mitglieder gekümmert. Drei Jahre später, nach dem Abschluss meiner Lehre, habe mich dann entschieden, als Turnierspieler auf die Profi-Tour zu gehen.

Sports Illustrated: Wann und wie kam Ihr langjähriger Trainer Willi Hofmann in Ihr Leben?

Langer: Mein Ausbilder im Münchner Golfklub war Heinz Fehring, Willi Hofmann war ein Golflehrer-Kollege und einer seiner besten Freunde. So kam der Kontakt zustande. Als ich dann mit 18 Jahren aus München weg und auf die Tour ging, hat Willi den Job als mein Coach mehr und mehr übernommen, und Heinz, der im Münchner Golfklub auch sehr beschäftigt war, hat sich mehr und mehr zurückgezogen. Wir blieben weiterhin alle drei eng befreundet. Innerhalb der letzten zwei Jahre sind leider beide verstorben. Das war keine einfache Zeit für mich.

Bernhard Langer in seinen Anfangsjahren
Bernhard Langer in seinen Anfangsjahren
Credit: Getty Images
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Sports Illustrated: Was bedeutet Ihnen die alte Heimat Deutschland, Anhausen, der Augsburger Golfklub in Burgwalden noch?

Langer: Weiterhin sehr viel. Ich bin dort aufgewachsen, dort hat alles begonnen. Die Heimat bleibt immer die Heimat. Meine Mutter ist noch am Leben, mein Bruder ebenfalls. Und ich habe ein paar Freunde und Familie dort. Somit werden Anhausen, die Augsburger und Münchner Gegend immer meine Heimat bleiben. Auf der anderen Seite bin ich mit einer Amerikanerin verheiratet, unser Wohnsitz ist seit einiger Zeit in Florida. Zu Hause ist dann eben dort, wo die Familie wohnt.

Sports Illustrated: Was Ihre Autos betrifft, führen Sie ja auch in Florida immer ein Stück Heimat mit sich: Sie sind seit vielen Jahren mit Mercedes-Benz verpartnert. Beschreiben Sie, sozusagen als bayerischer Schwabe, Ihre Beziehung zu dieser großen schwäbischen Marke.

Langer: Die geht inzwischen schon seit sehr vielen Jahren. Und es war immer eine hervorragende Zusammenarbeit. Mercedes- Benz steht für das Beste, was es im Automobilbereich zu kaufen gibt. Und sie versuchen, sich immer weiter zu verbessern. Das ist bei mir beim Golfen ähnlich. Viele haben ein bisschen gelächelt, als ich damals sagte, ich kann auch mit 50 immer noch besser werden. Wir beide – Mercedes-Benz, Bernhard Langer – repräsentieren als Marken das Beste, was Deutschland zu bieten hat.

Sports Illustrated: Ihre Vita wäre im Golf auch heute noch unwahrscheinlich, weil ja – gerade auch in Deutschland – Ausrüstung, Klub-Mitgliedschaften oder Trainerstunden mehr Geld denn je kosten. Ist denn Golf in Deutschland noch immer zu elitär? Und gibt es da Unterschiede zu den USA?

Langer: Ob es zu elitär ist, das weiß ich nicht. Wir haben inzwischen auch in Deutschland einige öffentliche Anlagen, wo man sicher nicht zu viel Geld auspacken muss, um ein paar Stunden Golf zu spielen. Und wenn man es mit anderen Sportarten vergleicht – selbst Skilaufen ist ja inzwischen sehr, sehr teuer geworden –, gibt es viel Elitäreres als Golf. Segeln beispielsweise.

Sports Illustrated: Und dass Golfen in den USA günstiger ist: Können Sie das bestätigen?

Langer: Viele meinen ja, in Amerika wäre es so billig. Das stimmt gar nicht. Es gibt hier viele Golfklubs, die sehr, sehr viel teurer sind als jene in Deutschland, teilweise muss man 200.000, 300.000 Dollar zahlen, um eine Mitgliedschaft zu bekommen. Andererseits golfen hier, prozentual gesehen, mehr Menschen als in Deutschland, das Angebot ist aber auch größer. Wir haben hier sehr viele öffentliche Anlagen, aber es gibt auch sehr viele private. Somit ist es jedem überlassen, wo er sein Geld ausgeben will. Aber wenn man viel und gerne Golf spielt und das auf die Stunden herunterrechnet, ist der Sport nicht so teuer. Klar, für jemanden, der dreimal im Jahr Golf spielt, für den ist eine Klub-Mitgliedschaft sehr teuer. Bei 150-mal Golfen pro Jahr wiederum nicht so sehr.

Sports Illustrated: Wie schätzen Sie die Situation rund um die LIV League ein, die im vergangenen Jahr mit Geld aus dem saudi-arabischen Staatsfonds eingeführt wurde und mit enorm hohen Preisgeldern und Unterschriften-Boni seither Spieler der anderen großen Touren, insbesondere der PGA Tour, abwirbt?

Langer: Ich weiß nicht, ob das gut für den Golfsport ist. Im Moment sehe ich nichts Positives, sondern eher Streit. Ich bin natürlich auch Mitglied der PGA Tour, zu der auch die PGA Tour Champions gehört, und da ist das, was LIV macht, natürlich die direkte Konkurrenz. Ich bin auch nicht begeistert, wo das Geld für die LIV League herkommt. Das ist im Moment meine Einstellung dazu. Wir werden sehen, wie das die nächsten Jahre weitergeht.

 

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