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Extrem-Sportler Fabio Wibmer: "Es gibt kein Video, in dem ich keine Angst hatte"

Fabio Wibmer ist Trial-Fahrer, Extrem-Sportler, Content Creator – und bereits mit 27 Jahren eine Legende. Im Interview spricht der Österreicher unter anderem über den Umgang mit Angst, ein Gefühl, das süchtig macht und was seine Mutter über seine Stunts denkt.

Fabio Wibmer
Credit: Hannes Berger
  • Radsport: Fabio Wibmer im Interview
  • Extrem-Sportler Wibmer: "Angst hat man immer"
  • Wibmer: "Viele Sportler sind süchtig nach diesem Gefühl"

Sports Illustrated: Sie kommen aus einem 100-Einwohner-Dorf aus Osttirol. Heute sind Sie einer der beliebtesten Extremradsportler weltweit. Wie begann dieser bemerkenswerte Lebensweg?

Fabio Wibmer: Ich bin mit sieben Jahren zum Motorcross gekommen. Mein älterer Bruder und ich waren nach einem Rennen, das wir gesehen hatten, total begeistert und haben von unserem Vater ein kleines Motorrad bekommen. Leider hatten wir für Motorcross früher wenig Trainingsmöglichkeiten. Deswegen habe ich unter der Woche mit meinem Kumpels Sprünge auf dem Mountainbike gemacht. Dafür haben wir im Wald Schanzen gebaut. Erst am Wochenende hatten wir dann Motorcross-Wettkämpfe. Das Biken war also der Ausgleich, der am nähesten zum Motorcrossen war. 

Fabio Wibmer
Fabio Wibmer
Credit: Hannes Berger
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Sports Illustrated: Und dann?

Wibmer: Als ich 15 war, habe ich ein Video von Danny MacAskill gesehen, dem Pionier des Trialbike-Sports. Das hat mich so begeistert, dass ich alles darangesetzt habe, genauso so ein Trialrad zu bekommen. Nachdem ich es tatsächlich bekommen habe, war ich nur noch auf diesem Bike unterwegs. Jeden Tag war ich auf dem Rad. Filme- und Videomachen hat mich auch davor schon interessiert und so habe ich das verbunden. Es wurde immer größer, Leute wurden Fans und irgendwann kamen dann die ersten Sponsoren. Es war wie ein Schneeballsystem. Mit 18 Jahren habe ich dann das Motorcrossen eigentlich aufgehört und mich nur noch dem Biken gewidmet. 

Sports Illustrated: Hatten Sie neben Danny MacAskill weitere Kindheitshelden à la Tony Hawk oder "Jackass"?

Wibmer: Absolut, vor allem "Jackass", "Nitro Circus", Travis Pastrana. Der ist ein Gott. Neben Danny MacAskill ist er einer der beiden großen Legenden für mich.

Sports Illustrated: Wie reagierten Ihre Eltern auf Ihre Hobbys? War da ständiger Support oder auch Ängste?

Wibmer: Von meinem Dad auf jeden Fall. Ihm hat das total getaugt, er hat es sich selbst als Kind immer eine Motorcross gewünscht, konnte sich das aber nie leisten. Ich komme nicht aus reichen Verhältnissen. Meine Familie hat immer das, was gerade noch so übrig war, in meinen Bruder und mich gesteckt, um unsere Hobbys zu ermöglichen. Klar, die Mama war etwas besorgter. Aber die hat es auch irgendwann akzeptiert. Wenn man super Unterstützung hat, geht’s natürlich viel leichter.

Fabio Wibmer
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Credit: Hannes Berger
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Fabio Wibmer: "Meine Mutter scheißt mich manchmal noch zusammen"

Sports Illustrated: Thema Angst: Ihre Mutter hat aber immer noch Ängste?

Wibmer: Immer wieder mal. Ich erzähle ihr vor einem Dreh oft nicht davon, sondern erst danach, wenn alles gut gegangen ist. Wenn sie manchmal die Behind-the-scenes-Videos anschaut, scheißt sie mich schon manchmal noch zusammen und sagt, dass ich langsamer machen soll. Aber im Großen und Ganzen akzeptiert sie es und sie weiß auch, dass es meine Leidenschaft ist und ich dafür lebe. Sie macht sich Sorgen, aber sie weiß auch, dass es schwierig ist, etwas dagegen zu machen (lacht).

Sports Illustrated: Wie ist es bei Ihnen? Darf man bei den Dingen, die Sie tun, überhaupt Angst haben?

Wibmer: Auf jeden Fall. Angst hat man immer. Ich habe noch nie ein Video gemacht, in dem ich bei keinem Trick Angst hatte. Ab dem Zeitpunkt, in dem man Angst verspürt, weiß man, dass man sich am Limit bewegt. Wenn ich auf einem Staudamm balanciere, wo es auf der Seite 600 Meter nach unten geht und ich Kommentare lese, dass mir das Leben nichts wert ist, muss ich bisschen mit dem Kopf schütteln. Ich verstehe die Leute, ich nehme ihnen das nicht übel. Aber es stimmt einfach nicht, dass wir keine Angst haben oder das Leben hassen. Als Sportler möchte man sich aber weiterbringen und sich selbst pushen. Gerade das Gefühl, wenn man die Angst spürt, sich dann mit mentaler Stärke überwindet und die Herausforderung meistert: Das ist etwas, was anspornt. 

Fabio Wibmer
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Credit: Hannes Berger
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Sports Illustrated: Wie würden Sie dieses Gefühl beschreiben, wenn Sie einen Stunt oder einen Dreh geschafft haben? Stolz? Erleichterung?

Wibmer: Zum einen viel Erleichterung, zum anderen auch einfach ein Glücksgefühl, das man ganz schwer irgendwo anders herbekommt. Man hat glücklicherweise nicht so häufig Hochrisiko-Situationen im Alltag, in denen man vergleichbare starke Angst spürt, aber es trotzdem probieren will. Diese Kombination aus dem Glauben an sich selbst und diesem Gefühl, dass viel auf dem Spiel steht, mündet dann – wenn man es schafft – in Adrenalin und unvergleichlichen Gefühlen von Erleichterung und Glück.

Fabio Wibmer
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Credit: Hannes Berger
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Wibmer: "Durch den Sport nehme ich manche Situationen lockerer hin"

Sports Illustrated: Macht Sie diese Ansicht auch gelassener in Alltagssituationen, in denen andere Menschen vielleicht mehr Angst verspüren? Man kann sich schwer vorstellen, dass Sie sich heute vor einem Bewerbungsgespräch fürchten. 

Wibmer: Auf jeden Fall. Durch den Sport nehme ich manche Situationen viel lockerer hin. Das liegt wohl wirklich daran, dass ich bereits ein anderes Level an intensiven Situationen gewohnt bin und ich mich deswegen bei alltäglichen Situationen, die für andere Menschen ein größeres Ding sind, frage: "Mei, was soll denn passieren?" Selbst wenn man dort mal falsche Entscheidungen trifft, kann man daraus lernen. Diese Einstellung, was schon passieren soll, passt in unserem Sport dann eher weniger (lacht). 

Sports Illustrated: Sie sprechen das Adrenalin und den Kick an. Wird man danach süchtig?

Wibmer: Ich bin mir ziemlich sicher, dass viele Extremsportler süchtig nach diesem Gefühl sind. In Momenten, in denen viel auf dem Spiel steht, fühlt man sich wahnsinnig lebendig und schätzt das Leben nochmal mehr wert. Das kann süchtig machen. 

Sports Illustrated: Muss deswegen der nächste Stunt immer krasser sein?

Wibmer: Ich setze es mir nicht als Ziel, dass der nächste Stunt immer größer sein muss. Ich glaube, das passiert automatisch, wenn man sich die nächste Challenge sucht. Und wenn man eben schon Dinge kann, die sich weniger herausfordernd anfühlen, dann wäre es wie ein Rückschritt. Vor allem als Sportler hat man eigentlich immer die Herangehensweise, dass man sich verbessert und neues ausprobiert. Das macht es auch aus: Wenn man eigentlich denkt, dass es ein Limit gibt und jemand dann trotzdem das Gegenteil beweist. 

Sports Illustrated: Woher ziehen Sie Ihre Kreativität?

Wibmer: Andere Sportarten. Ich schaue mir an, was die Leute etwa beim Skaten oder im Parkour machen und denke mir dann, was ich davon in meinem eigenen Style aufs Bike bringen kann. 

Sports Illustrated: Welche Rolle spielt bei Ihren Stunts die Musik?

Wibmer: Musik ist einerseits essenziell in meinen Videos. Auch wenn ich trainiere oder irgendwelche andere Dinge mache: Musik läuft bei mir eigentlich ständig. Ich habe hier oft den Teufel Boomster Go dabei, einen leicht zu transportierenden Speaker, der mich bei meinen Reisen begleitet. 

Sports Illustrated: Was war dann für Sie bislang der denkwürdigste Stunt oder Dreh?

Wibmer: Der selbstgebaute Sprung in den Black Hills in Frankreich über eine Schlucht. Als ich den 22-Meter-Sprung gemacht habe, hat es mich komplett zerrissen. Ich bin gestürzt und war eine kurze Zeit bewusstlos. Das war sehr heavy, vor allem, weil ich erst aus zwei schwereren Verletzungen zurückgekommen war. Der Sprung hat mir jedoch keine Ruhe gelassen und schon zwei Monate später wollte ich es nochmal probieren. Am Ende habe ich es dann geschafft und es war einer der Stunts, die von außen vielleicht nicht so schlimm aussahen, aber für mich persönlich einer der bedeutendsten war, weil ich zum ersten Mal sehr schlimm gestürzt bin. Deswegen war es auch eine mentale Herausforderung, wieder an die Rampe zu gehen und zu sagen: "Das mache ich jetzt und das wird klappen."

 

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