1. Bundesliga

Da geht's lang in Fußball-Deutschland – Unsere 10 Thesen zum Rückrundenstart

Zum Start der Bundesliga-Rückrunde stellen sich die Fragen: Wer steigt ab? Wer erreicht die Champions League? Welcher Trainer muss als erster gehen? Die Wahrheit liegt freilich auf dem Platz. Doch orakeln dürfen wir ja schonmal. 

Steffen Baumgart, Trainer 1. FC Köln
Steffen Baumgart, Trainer 1. FC Köln
Credit: Getty Images

Für Leipzig wird's 2022/23 nichts mit der Champions League

Im Schnitt zwei Punkte pro Spiel in der Rückrunde – so will Trainer Domenico Tedesco mit RB doch noch Rang vier in der Liga und so die Champions League erreichen. 22 Punkte konnte der sächsische Tabellenzehnte in der Hinrunde einfahren, plus 34 wären nach Adam Riese 56 Punkte. Und die genügten zuletzt in der Spielzeit 2017/18 für Platz 4 (damals holte der BVB sogar nur 55 Punkte). Wie die "Bild"-Zeitung ausrechnete, benötigte man für Platz vier in der Bundesliga seit Leipzigs Aufstieg 2016 im Schnitt 60,2 Punkte.

Würde heißen: Die Bullen bräuchten 38 Punkte plus X, um am großen internationalen Geschäft überhaupt noch schnuppern zu dürfen. Also mindestens zwölf Siege und einige Remis – und das nach einer Hinrunde, in der man überhaupt nur sechsmal gewinnen konnte, dabei auswärts aber überhaupt nicht. Dort jedoch, in der Fremde, warten in der Rückrunde die Bayern, Dortmund und Bayer Leverkusen. Noch dazu: Neu-Trainer Domenico Tedesco hat seit seiner Zeit auf Schalke – wo er 2017/18 überraschend Vizemeister wurde – das Image weg, einen auf Konter ausgerichteten Defensiv-Fußball spielen zu lassen. Nicht gerade gemacht für eine fulminante Aufholjagd. Was aber für den Trainer spricht: Tedesco selbst verortet sich Fußball-ideologisch eher bei Julian Nagelsmann, mit dem er 2016 den Trainerschein machte (als Jahrgangsbester), und dessen Konzept in Leipzig dereinst ja hervorragend funktionierte.  Außerdem hatte Tedesco in der Winterpause genügend Zeit mit der Mannschaft. Fazit: Die Europa League ist absolut drin, was aber die Champions League angeht – bye, bye.

Freiburg spielt künftig in der Königsklasse

Leipzigs Platz in der Königsklasse einnehmen könnte der SC Freiburg. Der nämlich spielte die Hinrunde seiner Vereinsgeschichte. Zum einen blieben die Breisgauer die ersten zehn Spieltage ungeschlagen (sechs Siege, vier Unentschieden), zum anderen standen sie nach einer Bundesliga-Hinserie noch nie höher als jetzt – auf Platz drei. Die erste Niederlage hagelte es erst am 11. Spieltag – 1:2 im Topspiel gegen den FC Bayern. Danach zwar gleich noch zwei – gegen Frankfurt und Bochum –, doch anschließend gab es mit dem 6:0-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach gleich den nächsten Vereinsrekord.

Freiburgs Sportdirektor Klemens Hartenbach scherzte kürzlich in "Bild", wenn Freiburg in die Champions League käme, müsse die UEFA wohl einen fünften Lostopf erfinden (zur Erläuterung: die Champions-League-Teilnehmer werden – gemäß ihrer vergangenen Leistungen in diesem Wettbewerb – zur Auslosung der Gruppenphase absteigend den Lostöpfen 1 bis 4 zugeteilt). Da das wohl aber eher nicht geschehen wird, könnten die Duelle bald Schlotterbeck gegen Messi oder Höler gegen Rüdiger lauten, und die Gastmannschaften im Schwarzwald PSG oder Chelsea heißen. Das neue Europa-Park-Stadion wäre (bei aller Liebe zum altehrwürdigen Dreisamstadion) ein angemessener Austragungsort für solche Duelle. David gegen Goliath - und Christian spielt den Großen einen Streich – wir freuen uns drauf.
 

Gladbach: Hütter ist der erste Trainer, der fliegt

Als Karenzzeit könnte man das Spiel gegen den FC Bayern am Freitagabend für Adi Hütter wohl bezeichnen. Denn nach einer Niederlage gegen den Rekordmeister flog noch kaum ein Coach. Wobei: Da auf bayerischer Seite die Inkubationszeit von gleich neun Spielern praktisch gleichzeitig zu Ende ging und die Münchner nun schon arg Corona-geschwächt daherkommen, könnte es wiederum sein, dass Hütters Ende als Fohlen-Trainer schon am kommenden Sonntag im Doppelpass diskutiert wird.

Zwar komme der Österreicher dem Vernehmen nach gut bei der Mannschaft an, doch – und das weiß auch Sportdirektor Max Eberl –, wenn Anspruch und Wirklichkeit eines Fußballteams derart auseinanderklaffen, wie sie es beim nominellen Spitzenteam Mönchengladbach – mit nur 19 Punkten aus der Hinrunde und einem Torverhältnis von 5 zu 18 in den vergangenen fünf Spielen – tun, ist die Stellschraube „Cheftrainer“ die, an der am schnellsten gedreht wird.

Hertha BSC: Windhorst macht viel Wind um nix

Das Spiel gegen Köln am kommenden Sonntag dürfte gleich ein wegweisendes sein. Wo geht’s hin für die Hertha? In tiefere Gefilde der Tabelle und wieder gegen den Abstieg? Oder orientiert man sich weiter nach oben, dorthin, wo Investor Lars Windhorst die Hertha mittelfristig sieht? In der Hinrunde konnte man nur 21 Punkte holen. Darüber darf auch der Heimsieg gegen den BVB am 17. Spieltag nicht hinwegtäuschen.

Falls es beim „Big City Club“ unter Tayfun Korkut jetzt nicht zu einer Leistungsexplosion kommt, und man eine ähnliche Rückrunde spielt, steht am Ende mit circa 40 Punkten wohl der Klassenerhalt, allerdings wieder nur ein Rang im unteren Tabellenmittelfeld. Return of Invest für Michael Douglas' Seefahrer-Kumpan Lars Windhorst - der bislang Hertha-Anteile für 374 Millionen Euro erworben haben soll – gleich Null!

Lewandowski schießt Bayern zum Champions-League-Titel, Messi schaut nur zu

Der FC Bayern wird Meister! Au weia, ob wir uns da nicht zu weit aus dem Fenster lehnen? Wohl eher nicht. Neun Punkte Vorsprung zur Saison-Halbzeit sind schon eine sehr solide Basis für die zehnte Meisterschaft in Folge. Interessanter zu beobachten wird es, wie der FC Bayern die derzeit zahlreichen Corona-Ausfälle verkraftet. Erster Härtetest für die Rumpftruppe ohne Neuer, Coman, Sané und Co. wird am Freitagabend Borussia Mönchengladbach. Um das Achtelfinale im DFB-Pokal braucht man sich dank der Mönchengladbacher in München nicht mehr zu sorgen. Und bis es dann in der Champions League zum FC Salzburg geht (am 16.02), sollten die Erkrankten längst zurück sein.

Fragt sich noch, ob die Bayern in dieser Saison wieder mal reif sind für den ganz großen Wurf in der Champions League. Wir findet ja! Zwar ist der Gewinner des goldenen Balles aktuell in Paris aktiv – und auch dort rechnet man sich zurecht Chancen auf den Titel aus –, doch Robert Lewandowski spielt keinen Deut schlechter als zuletzt in seiner Rekordsaison. Und schon in der war er ja für viele – und nicht nur laut Lothar Matthäus – der eigentlich beste Spieler der Welt. Außerdem steht eine homogene (wenn gesunde) Truppe hinter ihm. Ob nun also Lewy mit den Bayern oder Messi und der PSG den Titel holen, oder doch ein lachender Dritter? Naja, die Wahrheit liegt wie immer auf dem Platz. Wir aber plädieren für ersteres.

Robert Lewandowski
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Für 100 Mio plus X – Haaland wechselt nach Spanien

„Einen Freund“ nannte Erling Haalands Spielerberater Mino Raiola BVB-Klubboss Hans-Joachim Watzke vor einiger Zeit in einem Interview. Das würde er wahrscheinlich einen Tag so und am anderen anders sehen, äußerte sich Watzke dazu, man dürfe das also nicht allzu wörtlich nehmen. Auch nicht zu Raiolas persönlichen Freunden zählen wohl so einige Sportdirektoren und Vereinsmanager von der Nordsee bis ans Mittelmeer. Gut befreundet dürfte Raiola hingegen mit seinem Bankier sein. Hier eine kleine Auswahl seiner Spitzentransfers der letzten Jahre: 2009: Zlatan Ibrahimovic für 66 Mio. Euro von Inter Mailand zum FC Barcelona; 2016: Paul Pogba für 105 Mio. Euro von Juventus Turin zu Manchester United; 2019: Matthijs de Ligt für 85 Mio. von Ajax Amsterdam zu Juventus Turin. Und bei diesen Wechseln staubt Raiola selbst freilich immer kräftig ab.

So soll er laut Forbes bis Ende 2020 rund 84,4 Millionen Dollar an Kommissionszahlungen kassiert haben, von denen er sich 2016 unter anderem die Villa von Mafia-Boss Al Capone in Miami kaufte. Aktuell sollen der Italiener und Haalands Vater Alf-Inge im Austausch mit den spanischen Großklubs Real Madrid und FC Barcelona stehen. Dem Vernehmen nach soll der FC Barcelona im Rennen um das Supertalent gerade die Nase vorn haben. Was Real allerdings en masse böte und Barcelona gerade eher nicht hat, ist Geld. Und einen üppigen Zahltag – auszugehen ist von 100 Mio. plus einem großen Betrag X – schlägt ein Mino Raiola wohl nur ungern aus.
 

Fürth stellt den Negativrekord der Tasmania ein

Zyniker würden sagen, die Kleeblättler von der SpVgg Greuther Fürth befinden sich auf Rekordkurs. Und zwar handelt es sich um den Urvater der Negativrekorde im deutschen Fußball – Stichwort: Tasmania Berlin.  Fünf Punkte (zwei Unentschieden, einen Sieg) bei 49 Gegentoren konnte und musste das Team von Trainer Stefan Leitl in der Hinrunde verbuchen.

Zahlen, die den oft bemühten Vergleich mit dem bislang schlechtesten Team der Bundesliga-Historie, ebenjener Tasmania Berlin, beinahe unumgänglich machen. Die nämlich, kamen in der Spielzeit 1965/66 auf genau zehn Punkte (nach Umrechnung auf die Drei-Punkte-Regel) bei zwei Siegen und 108 Gegentoren. Spiegeln die Mittelfranken – was ihre Punkte-Ausbeute anbelangt – in der Rückrunde also ihre Hinrunde, werden sie in namhafter Gesellschaft in die Bundesliga-Historie eingehen. 

Kruse schießt Union in die Euro League

Union Berlin verhalf den Fürthern in dieser Hinrunde allerdings zu einem tatsächlichen Erfolgserlebnis – zu einem 1:0-Heimsieg im Sportpark Ronhof nämlich. Das aber, war einer der wenigen trüben Momente der Köpenicker in der Hinserie. 27 Punkte und aktuell Platz sieben machen Lust auf den großen Wurf in der Rückrunde. Wie der gelingen könnte? Durch eine starke Defensive (sechsmal spielte Union zu Null, nur zweimal – gegen die Bayern und den BVB – kassierten sie mehr als zwei Gegentore) um Torwart Andi Luthe und die Innenverteidiger Robin Knoche und Marvin Friedrich und eine gefährliche Offensive um Max Kruse und Taiwo Awoniyi.

Das Nahziel der Eisernen dürfte auch ein nahegelegenes sein: das Berliner Olympiastadion nämlich, wo man im Pokal-Achtelfinale gegen die Hertha die Vormachtstellung in der Hauptstadt festigen möchte. Mittelfristig könnte man sich bei Union schon an ferneren Zielen in Europa orientieren. Womöglich geht’s dann nicht mehr wie zuletzt (und mit mäßigem Erfolg) nach Rotterdam oder Prag, sondern zu den größeren Namen des Fußballs in die Europa League.

Max Kruse
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Wundertüte Augsburg: am Ende steht ein guter Mittelfeldplatz

Noch rangiert der FC Augsburg auf Rang 15 in der Bundesliga. Vier Siege, sechs Unentschieden und sieben Niederlagen stehen nach der Hinserie für die bayerischen Schwaben zu Buche. Nur 17 Tore (im Schnitt also genau eines pro Spiel) erzielten die Augsburger dabei. Mager, diese Ausbeute, vor allem wenn man bedenkt, dass der FCA gleich vier nominelle Mittelstürmer (Niederlechner, Finnbogason, Cordova, Zeqiri) in seinem Kader führt. Die Lösung, so dachte es sich Sportgeschäftsführer Stefan Reuter vermutlich: man legt nochmal nach und kauft einen fünften. Und das kann tatsächlich funktionieren. Denn es handelt sich um den 18-jährigen US-Boy Ricardo Pepi, der vom FC Dallas kommend, in der MLS bislang 13 Treffer erzielte und gleich bei mehreren Vereinen, unter anderem beim finanzstarken VfL Wolfsburg, auf dem Einkaufszettel stand.

Aber auch das gehört womöglich zum neuen FC Augsburg, an dessen ausgegliederter Profiabteilung mit David Blitzer nun ein US-amerikanischer Großaktionär beteiligt ist: Man steckt – auch auf dem Transfermarkt – weniger zurück. Blitzer (der unter anderem auch Anteile am NBA-Team Philadelphia 76ers hält) soll nur mit seinem guten Leumund Einfluss auf die Pepi-Verpflichtung genommen haben. Die Kosten des Transfers – unter anderem der Spiegel berichtet von 13 bis möglichen 20 Millionen Euro – möchte der FC Augsburg selbst stemmen. Da der SC Freiburg – laut unserer Prognose – nun in höhere Gefilde der Bundesliga aufrückt, wäre ein Platz im gehobenen Tabellen-Mittelfeld vakant. Der FC Augsburg könnte ihn in seinem elften Bundesliga-Jahr einnehmen.

Vorsicht: Köln macht’s in der Rückrunde nochmal spannend

Es gehört ja zu den Eigenarten der Domstadt am Rhein, dass man sich bei ersten vorsichtigen Anzeichen des Erfolges praktisch schon im Europapokal wähnt. Im Misserfolgsfall dagegen kriselt’s schnell. Das ist wohl ein emotionales Relikt aus Zeiten, als die Spieler beim "Effzeh" noch Konopka, Flohe oder Cullmann hießen und man unter Trainer Weisweiler die großen Titel gewohnt war. Heute heißen die Spieler Hector, Duda oder Modeste und man gilt, auch in der dritten Saison am Stück im Oberhaus noch als sogenannte „Fahrstuhlmannschaft“, die stets zum erweiterten Kreise der Abstiegskandidaten gezählt wird. Dem Trainer allerdings kommt, wie schon in den späten 1970er-Jahren, eine Schlüsselrolle zu.

Steffen Baumgart emotionalisiert, reißt mit und treib sein Team in oft wilder Fahrt zu 25 Punkten in der Hinrunde. Dass es auch in der Rückrunde so weiter geht und man Mitte Mai mit 50 Punkten womöglich sogar auf einem Europa-League-Rang steht, würde man den Kölnern natürlich gönnen, bloß wäre es nicht ganz Köln-like, im letzten Drittel der Saison nicht doch noch gefährlich mit dem Tabellenkeller zu flirten. Aber wer weiß? Vielleicht steht Baumgart – der neue Mann mit der Mütze im deutschen Fußball – auch für eine neue, alte Zeitrechnung in Köln-Müngersdorf. Eine, in der man auch zu Saisonende noch oben mitspielt. Entscheidend wird für ihn sein, auch während längerer Durststrecken die Moral hochzuhalten – im Team sowie in der gesamten Stadt.

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