Über Eiscreme zwischen Schokokrapfen – und was US-Sportfans sonst gerne essen
Inhalt
- Vom 25 Zentimeter langen Hot Dog bis zum Phillie Cheese Steak: Die kulinarischen Highlights des US-Sports
- Sports-Illustrated-Kolumnist Jürgen Schmieder: Baseball bisweilen wie "Kaugummikauen auf Valium"
- Dessert bei Milwaukee Brewers: Erdnussbutter-Marmelade-Puddingeiscreme-Combo zwischen zwei Schokokrapfen
ES GIBT SO EIN PAAR Traditionen im US-Sport, die ergeben nur dann Sinn, wenn man nicht versucht, sie zu verstehen. Zum Beispiel jetzt, im Sommer, da gehen die Amerikaner zum Baseball, und es geht dabei nur selten darum, was auf dem Rasen passiert; wie auch bei 162 Saisonspielen pro Verein? In jedem Stadion, bei jeder Partie wird Mitte des siebten Innings „Take Me out to the Ball Game“ gesungen, und man sollte nicht versuchen, den Songtext zu kapieren, der davon handelt, Peanuts und Cracker Jacks zu kaufen und dass man am liebsten nie wieder heimwill. Erstens: Cracker Jacks sind Erdnüsse mit Karamell-Popcorn. Zweitens: Die meisten Besucher verlassen nach dem Seventh-Inning-Stretch das Stadion, sie wollen offenbar ganz dringend heim.
Mit der Aufforderung zum Futterkauf (die in der amerikanischen Popkultur allgegenwärtig ist, im Kino-Song „Let’s All Go to the Lobby“ geht es darum, sich mit Süßigkeiten einzudecken) ist auch schon die nächste Tradition angesprochen: beim Stadionbesuch den Kalorienbedarf eines Dinosauriers zu sich zu nehmen – und zwar nicht über athletengerechte Nahrung, sondern mit Zeug, wegen dem Menschen das gleiche Schicksal droht wie Dinosauriern. Man darf nicht versuchen, es zu verstehen; aber es ergibt Sinn, wenn einem heiße Käsesoße vom Kinn auf den Kugelbauch tropft und man sich denkt: leider geil.
Der Besucher aus Deutschland kann natürlich Erdnüsse kaufen, was aber in etwa so ist, als würde man beim Fußball jemandem raten, sich im Stadion eine Bratwurst zu gönnen. Die Unterschiede sind eklatant, zwischen „Himmelherrgott, mein Bauch platzt“ und „leider geil“ liegt ein Universum. Deshalb erst mal, weil bald wieder Herbst ist, die drei tollsten Stadion-Fressereien beim Football, darüber darf es keine Debatte geben: die Pulled Pork Platter der Atlanta Falcons, die Lobster Nachos der LA Rams und das Chicken Waffle Sandwich der Jacksonville Jaguars.
Baseball ist anders, die 190 Minuten Bruttospielzeit fühlen sich bisweilen an wie Kaugummikauen auf Valium. Da bleibt mehr Zeit fürs Futter, wie schon Babe Ruth vor 100 Jahren bewiesen hat, als er nach Homeruns hin und wieder ein paar Dollar aus den Stutzen zückte und Kinder auf der Tribüne mit Hotdogs versorgte. Manchmal gab er ihnen auch Zigarrenstumpen, weil der Sultan of Swat vor dem Gang zum Schlagmal im Dugout gerne mal eine dübelte. Auch das: muss man nicht verstehen.
Das Wunderbare am Baseball ist, dass sie in Ballparks Tradition mit Eigenheiten der jeweiligen Region verknüpfen: Bei den Los Angeles Dodgers verlangt es die Sitte, sich einen „Dodger Dog“ zu gönnen; ein 25 Zentimeter langes Würstchen, dessen Labberigkeit (es wird gedämpft und nicht gebrüht oder gegrillt) nur von der Fettigkeit übertroffen wird – leider geil. Mittlerweile gibt es eine fleischlose Variante, wie auch vom „Fenway Frank“ bei den Boston Red Sox, ebenfalls ein Hotdog. Wer ins Yankee Stadium kommt, muss ein Steak-Sandwich der Upper-East-Side-Metzgergötter Lobel’s probieren. Bei den Philadelphia Phillies, klar: Cheese-Steak. Lobster Roll bei den Seattle Mariners und Crab-Cake-Sandwich bei den Baltimore Orioles. Bei den San Diego Padres gibt es aufgrund der Nähe zu Mexiko die Quesobirria-Tacos (Rinderrippchen mit Chihuahua-Käse, Guacamole, Salsa und Rettich in einer gegrillten Tortilla), die einem den Unterschied zwischen „leider geil“ und „Es gibt einen Gott“ vorführen.
Das unanständigste und damit amerikanischste Essen gibt es allerdings bei den Milwaukee Brewers – und nein, es ist nicht die Käse-Bier-Bratwurst, sondern Bratchos: Käse am Stock mit Hackfleisch und Tortillachips. Dazu den Ham Dinger (Schweinenacken auf Donut) und als Nachtisch die Erdnussbutter-Marmelade-Puddingeiscreme-Combo zwischen zwei Schokokrapfen. Muss man nicht verstehen; aber wenn man reinbeißt, ergibt es verdammt viel Sinn.
Unser Kolumnist Jürgen Schmieder hat an der University of Michigan und bei Jahn Regensburg Fußball gespielt. Seit 2013 lebt der Korrespondent der „Süddeutschen Zeitung“ in Los Angeles.
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