New England Patriots

Schlechte Offensive! Bill Belichick muss Machtwort bei Patriots sprechen

Die New England Patriots stecken in der Krise. Die Offensive, einst das Prunkstück des mehrfachen NFL-Champions, spielt schlecht und fehlerhaft. Unser US-Kollege Michael Rosenberg findet, Bill Belichick muss ein Machtwort sprechen.

Bill Belichick
Credit: Imago
  • Was ist mit New England Patriots los? Michael Rosenberg erklärt
  • Patriots-Offensive macht unerklärliche Fehler
  • Es liegt jetzt an Coach Bill Belichick, richtig zu entscheiden

Ein Teil des unerbittlichen Reizes des Zuschauersports besteht darin, dass selbst ein Laie richtig beobachten kann, wenn ein Genie etwas Dummes tut. Aktuell ist es Bill Belichick, dessen Fehler zu sehen sind. Belichick ist der beste Footballtrainer aller Zeiten, und doch hat sein Team gerade das vielleicht dümmste Spielende der NFL-Geschichte hingelegt, und jetzt dürfen wir zusehen, wie Belichick seinen Trümmerhaufen nach Brauchbarem durchsucht.

Natürlich wollte Belichick nicht, dass Jakobi Meyers den Ball in letzter Sekunde, und wohlgemerkt beim Stand von 24:24, Chandler Jones von den Raiders in die Hände wirft, aber Meyers nahm wahrscheinlich an, dass Harakiri-Rückwärtswürfe in einen Pulk von Spielern der nächste Schritt in Matt Patricias Offensivplan seien. Denn nicht Belichick, sondern Patricia gibt natürlich die Spielzüge für die Patriots-Offensive vor. 

In den vergangenen anderthalb Jahrzehnten war Patricia als Defensivtrainer tätig, mit Ausnahme seiner Jahre als Cheftrainer der Lions, die er damit verbrachte, die Leute zu verärgern und kein wirkliches Verständnis dafür zu zeigen, wie eine moderne Offensive geführt werden sollte.

Keiner weiß, warum Matt Patricia die Patriots Offensive koordiniert – fragt sich, ob es Belichick noch weiß

So gut wie niemand sonst auf der Welt hielt Patricia für die beste Wahl, um die Offensive der Patriots zu leiten. Belichick hat ihn trotzdem ausgewählt, und siehe da: Patricia ist eine Katastrophe.

So hart es auch war, Belichicks Spieler dabei zu beobachten, wie sie ihn in einem kritischen Moment völlig ignorierten - Running Back Rhamondre Stevenson erzählte Reportern nach dem Spiel, dass er eigentlich zu Boden hätte gehen sollen, stattdessen habe er ein Seitwärtsspiel begonnen. Im Football passieren manchmal merkwürdige Dinge. Patricia entgegen aller Logik einzustellen, war eine Entscheidung, die den Pats wahrscheinlich die Saison gekostet hat.

Belichicks Team 2022 ist nicht nur eine Enttäuschung. Es ist eine Enttäuschung, die ganz und gar von ihm selbst verursacht wurde. Er hat eine großartige Verteidigung aufgebaut und sie durch Pfusch in der Offensive vergeudet. (Die Spezialteams haben in letzter Zeit auch nicht geholfen.) Quarterback Mac Jones, der 2021 eine so vielversprechende Rookie-Saison hinlegte, sieht verloren und unglücklich aus. Das hätte nicht passieren müssen.

Bill Belichick muss in der Offseason eine klare Entscheidung treffen

Damit steht den Patriots die faszinierendste Offseason der NFL bevor. Belichick ist 70 Jahre alt. Er hat nicht angedeutet, dass er sich zurückziehen wolle. Es ist schwer vorstellbar, dass Eigentümer Robert Kraft ihn einfach entlässt. Aber wenn Kraft Belichick fragt, was er mit der Offensive zu tun gedenkt - eine Frage, die Kraft stellen werden muss -, was wird Belichick dann sagen? Ist er sich des Ausmaßes des Problems bewusst, das er geschaffen hat? Ist er bereit, die Lösung abseits des eigenen Trainerstamms zu suchen? Oder ist er mehr daran interessiert, auf dem eigenen Standpunkt zu beharren, als Spiele zu gewinnen?

Das einzige Argument, das für Patricia als Nachfolger von Josh McDaniels sprach, war, dass Patricia aus New England stammt und mit Belichicks Methoden aufgewachsen ist. Von außen betrachtet sah es so aus, als hätte Belichick es satt, dass die Leute seinen Erfolg Tom Brady und (in geringerem Maße) McDaniels zuschreiben, so dass er entschlossen war, den umgekehrten Weg zu gehen: einen Coordinator zu engagieren, der niemals die Lorbeeren eines McDaniels ernten würde, um die Spiele dann mit der eigenen Spezialität, der Defensive, zu gewinnen.

Alles andere machte keinen Sinn, aber es ist immer noch schwer zu glauben, dass dies der Fall war. Dies ist nicht der Bill Belichick, den wir über die Jahre hinweg beobachten konnten. Er war nervenstark, brillant, berechnend - manche sagten, rücksichtslos - und berühmt dafür, dass er sich nicht von Gefühlen oder Unsicherheiten leiten ließ. Er tauschte oder entließ Stars; er traf unkonventionelle Entscheidungen im Spiel aus guten Gründen und scherte sich nicht darum, was andere darüber dachten.

Zwar bestehen für die Patriots noch Playoff-Chancen, wahrscheinlicher ist aber ein peinlicher Saisonendspurt

Es ist an der Zeit, dass Belichick wieder so ein Mann wird. Man muss kein Experte sein, um das zu erkennen. Die Patriots sind zwar immer noch im Rennen um die Playoffs, aber ihre nächsten drei Spiele sind gegen Teams, die sie in Ihrer aktuellen Form sehr wahrscheinlich schwach aussehen lassen werden: Joe Burrows Bengals, Josh Allens Bills und die Tua-Tyreek-Waddle Dolphins. Diese Saison wird wahrscheinlich mit einer großen Portion Peinlichkeit enden.

Wenn Belichick weiterhin Trainer bleiben will, hängt die Offseason der Patriots von dieser Frage ab: Beharrt er auf seinen (Fehl-)Entscheidungen und will seinen Erfolg damit erzwingen, oder wird er jene Art klare und harte Entscheidungen treffen, für die er in der NFL über Jahrzehnte geschätzt wurde?

Ob Bill Belichick sich von Brady und Spygate lösen können wird, dürfte auch davon abhängen, ob er das Ruder zur neuen Saison herumreißen kann

Man kann nur hoffen, dass er erkennt, dass seine Karriere keine Bestätigung braucht. Die Leute werden über Spygate und andere Verdächtigungen sagen, was sie wollen - ob richtig oder falsch, Belichick kann nichts dagegen tun. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es weit mehr Leute, die sagen, dass Belichick wegen Tom Brady gewonnen hat, als dass Belichick gewonnen hat, weil er betrogen hätte.

Patriots nach Tom Brady nur noch NFL-Mittelmaß

In der einfachsten Darstellung von Brady gegen Belichick war Brady wichtiger, weil er einen Super Bowl gewonnen hat, nachdem er gegangen war, und die Patriots waren ohne Brady die Definition von Mittelmaß. (Die Patriots stehen aktuell bei einer Post-Brady-Bilanz von 24-23.) Ich sehe die letzten drei Jahre als Beweis für einen anderen Punkt: Brady, der beste Quarterback aller Zeiten, brauchte einen Elite-Kader, um den Super Bowl zu gewinnen, und Belichick, der beste Trainer aller Zeiten, braucht ein Elite-Quarterback-Spiel, um einen zu gewinnen. Brady hatte diesen Elite-Kader, als er nach Tampa Bay kam. Seit Brady weg ist, hat Belichick allerdings keinen Elite-Quarterback mehr.

Alles, was die Patriots von nun an in der Offensive tun, muss sich an diesem Ziel orientieren. Wir können darüber diskutieren, wie gut Jones sein kann, aber er kann eindeutig besser sein, als er es unter Patricia bislang war. Die Patriots brauchen ein frisches, kreatives Denken von einem echten Offensive Coordinator. Wenn Sie und ich das sehen können, dann kann es der beste Trainer der Geschichte sicherlich auch sehen.

 

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