Australian Open

Kiwis Corner: Eiskalter Typ! Unter Druck schaltet Medwedew einen Gang höher

Nicolas Kiefer analysiert für Sports Illustrated die Australian Open. In seiner Kolumne spricht er über Daniil Medwedew und Stefanos Tsitsipas. Beide treffen im Halbfinale aufeinander. Wer kommt weiter? Kann ihn der Grieche schlagen - und was ist mit Nadal gegen Berrettini?

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Daniil Medwedew trifft im Halbfinale auf Stefanos Tsitsipas. Die Erfahrung spricht für Medvedev. Der Russe hat Nerven wie Drahtseile, das hat er im Viertelfinale wieder eindrucksvoll bewiesen. Überzeugt hat auch Tsitsipas mit einer bärenstarken Leistung gegen Jannik Sinner. Ein kleiner Vorteil für den Griechen ist, dass er nur drei Sätze gespielt und Kräfte gespart hat. Beide sind Weltklassespieler. Tsitsipas ist eher der Denker. Für mich ist er wie ein Schachspieler. Stefanos baut alles in Ruhe auf und setzt dann seine Gegner Schachmatt. Das ist genial. Es macht mir großen Spaß ihm zuzuschauen. Seine Stärken sind ganz klar der Aufschlag, das Grundlinienspiel und seine Rückhand. Der Grieche ist ein guter Allroundspieler.   

Aber Tsitispas muss aufpassen. Daniil Medwedew gibt nie auf, wie man gegen Félix Auger-Aliassime gesehen hat. Er ist einfach eiskalt in den entscheidenden Situationen. Das ist der große Unterschied zwischen einem guten und einem sehr guten Spieler. Bei den Big Points kann Medwedew einen Gang höherschalten. Das Match hatte eigentlich keinen Verlierer verdient. Auger-Aliassime hat ein überragendes Match und Turnier gespielt und leider knapp verloren. Das sind Spieler, mit denen sich Alex Zverev langfristig gesehen um die großen Titel auseinandersetzen muss. Die Jüngeren sind heiß, sie wollen oben mitspielen. Die Tagesform wird zwischen Medvedev und Tsitsipas entscheiden, wer weiterkommt. 

Als Medwedew nach dem Spiel gefragt wurde, was hast Du beim 0:2-Satzrückstand gedacht, hat er geantwortet: "Was würde Novak jetzt tun?" Daraufhin gab es Buhrufe aus dem Publikum, denn Medwedew brachte Djokovic ins Spiel, der nicht nach Australien einreisen durfte, weil sein Visum für ungültig erklärt wurde. Aber Medwedew blieb cool und konterte:  "oder Nadal, Federer…" da gab es einen mega Applaus. Auch hier ist Medvedev eiskalt und wie aus der Pistole geschossen kam die richtige Antwort im richtigen Moment. Ein cooler Typ. Ich mag ihn. 

Rafael Nadal hat für sein Halbfinal-Match gegen Mateo Berrettini wieder Kraft getankt. Er ist Profi. Nadal weiß, was sein Körper braucht und wie er mit ihm umgehen muss. Es kann ein enges Match werden, aber ich denke, dass Nadal mit 3:1-Sätzen gewinnt. Er ist kurz davor Geschichte zu schreiben. Ich gönne es ihm von Herzen. Was er alles für den Sport geleistet hat, auf und neben dem Platz. Dafür verdient er allergrößten Respekt.

Bei den Damen steht Ashleigh Barty im Finale. Eigentlich kann sie sich nur selbst schlagen. Zwar lastet ein enormer Druck auf ihr, aber sie marschiert bisher souverän durchs Turnier. Barty ist mental unglaublich stark. Nach Steffi Graf und Justin Henin ist sie wieder eine Spielerin mit viel Spielwitz und einem sehr variablen Spiel. Langfristig gesehen wird sie sich an der Weltranglistenspitze festsetzen. Vorausgesetzt sie bleibt gesund. Mit dem Einzug ins Finale hat sie schon Tennisgeschichte geschrieben und es ist kaum auszumalen, was passiert, wenn sie die Australian Open gewinnt... und die wird sie gewinnen.

Zur Person: Nicolas Kiefer ist ein ehemaliger Tennis-Profi, der 2010 seine Karriere beendete. Seine größten Erfolge waren Olympia-Silber im Doppel 2004 an der Seite von Rainer Schüttler sowie sechs Turniersiege auf der ATP-Tour. Bei den Australian Open stand er 2006 im Halbfinale. 1997 war er Viertelfinalist in Wimbledon sowie im Jahr 2000 bei den US Open. Bei den French Open erreichte er 2005 das Achtelfinale. 

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