Professor, Platzhirsch oder Politiker: 5 mögliche Nachfolger für Oliver Bierhoff
- Wer wird Nachfolger von Oliver Bierhoff?
- Bierhoff hörte nach 18 Jahren beim DFB auf
- Von Ballack bis Bobic – unsere Nachfolge-Favoriten
Wer wird Nachfolger von Oliver Bierhoff? Nachdem der 54-Jährige vergangene Woche von seinem Amt als Geschäftsführer der Nationalmannschaft zurückgetreten ist, stellt sich diese Frage ganz Fußball-Deutschland. Was das Erbe schwierig macht, ist die Vielfalt des Jobs, den Bierhoff zuletzt beim DFB ausübte. Denn der ehemalige Stürmer war sowohl Geschäftsführer der DFB GmbH & Co. KG und Leiter der DFB-Akademie, als auch Teammanager der Nationalmannschaft.
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— DFB-Team (@DFB_Team) December 6, 2022
Was es also bräuchte: Jemanden mit Fußballsachverstand, Menschenkenntnis, Führungsqualitäten und kaufmännischem Geschick. Angesichts dieses mannigfaltigen Jobprofils wäre wohl auch eine Doppelspitze denkbar. Man wird sehen. Wir werfen in jedem Fall mal ein paar Hüte in den Ring.
Bierhoff-Nachfolger: Top-Favoriten von Sports Illustrated
1. Ralf Rangnick
Der ehemalige Macher im Red-Bull-Fußballimperium und jetzige Nationaltrainer Österreichs brächte vieles von dem mit, was einen guten Teammanager und Akademieleiter ausmacht: Ralf Rangnick hat Erfahrung im Umgang mit der Führung von Fußballspielern und ist einer der besten – wenn nicht gar der beste – Spielerentwickler im Weltfußball.
Damit Rangnick, genannt "der Professor", seine Qualitäten im praxisnahen Bereich umsetzen kann, müsste ihm allerdings wohl eine zweite Person zur Seite gestellt werden, die den kaufmännischen Part des Jobs übernimmt.
Zum Manko könnte hier allerdings Rangnicks Ego werden. Denn der Schwabe steht im Ruf, einen starken Willen zu haben und diesen auch durchsetzen zu wollen. Gerade angesichts der Berichte über finanzielle Engpässe beim DFB dürfte es ein Co-Geschäftsführer mit Hauptaugenmerk auf die Finanzen nicht leicht haben, neben einem fordernden Rangnick zu bestehen.
Allerdings: Ralf Rangnick als One-Man-Show (wie Bierhoff, nur lauter) wäre durchaus auch vorstellbar.
2. Michael Ballack
Bastian Schweinsteiger forderte kürzlich in seiner Rolle als Experte in der "Sportschau" einen Bierhoff-Nachfolger mit mehr Wumms, jemanden, so Schweini, "der vielleicht unbequemer ist für die Spieler, vor dem die Spieler auch Respekt haben."
Namen, die in diesem Zuge fielen, waren Stefan Effenberg und eben Michael Ballack. Effenberg die Eignung für den Job abzusprechen wäre falsch, denn den Fußballverstand und die von Schweinsteiger geforderte Autorität hätte er allemal. Nur, nach 18 Jahren Bierhoff, der den Job mit einer gewissen Staatsmännischkeit ausführte, die Strippen meist (und nicht immer zur Zufriedenheit aller) im Hintergrund zog und Konflikte moderierte, ist ein Stefan Effenberg als direkter Nachfolger – noch dazu in solch stürmischen Zeiten – nicht denkbar. Ihm Fehlt, so vermittelt es sich zumindest in seinen Doppelpass-Auftritten, die Fähigkeit zur Diplomatie.
Michael Ballack hingegen kann Diplomatie. Zumindest macht er in Abendgarderobe und schwarzem Mantel als Experte bei Champions-League-Spielen eine ähnlich gute Figur wie Oliver Bierhoff über Jahre im Rollkragen-Pullover. Und nach außen hin die Form waren zu können, wenn es ein Problem zu kommunizieren oder Niederlagen zu diskutieren gilt ("gute Miene zum bösen Spiel machen"), ist als Führungsfigur auf dem glatten Parkett des Weltfußballs eine nicht ganz unwichtige Qualität.
Und dass der frühere Platzhirsch Michael Ballack, "der Capitano", sowohl Autorität in Mannschaftskreisen genösse als auch den nötigen Fußballsachverstand mitbrächte, um in der Akademie und Spielerförderung gute Dienste zu leisten, dürfte auch unbestritten sein.
3. Fredi Bobic
Fredi Bobic ist ein Mann, der alles kann. So zumindest bewies er es in Frankfurt. Dort gelang es ihm als Sportdirektor mit einem verhältnismäßig kleinen Etat, eine mehr als konkurrenzfähige Mannschaft zusammenzustellen. Das nötige Know-how, sowohl als Geschäftsführer, als auch als spüriger Spielerentwickler, bringt Bobic auf jeden Fall mit.
Dass es ihm bei Hertha BSC in der vergangenen Saison trotz der Windhorst-Millionen und hehrer Ziele nicht gelang, eine konkurrenzfähige Mannschaft zusammenzustellen, verwundert. Das Umfeld an Mitsprechern und Stakeholdern ist bei der "Alten Dame" in Berlin ja seit jeher mehr oder weniger unübersichtlich. Ob das allerdings ein Grund für die gegenwärtige Talfahrt der Hertha ist, bleibt ungewiss.
Bobic fühlt sich jedenfalls "sauwohl bei der Hertha". So sagte er es zuletzt selbst. Außerdem hat er nicht nur einen Koffer, sondern auch ein bis 2024 gültiges Arbeitspapier in Berlin.
Was Kenner allerdings über das Fußballjargon wissen: Wer sich irgendwo betont wohl fühlt, sitzt nicht selten schon auf halbgepackten Koffern. Wie es sich im Fall Bobic verhält, wird sich zeigen.
4. Thomas Hitzlsperger
Thomas Hitzlsperger ist wortgewandt, bewegt sich sicher auf sportpolitischem Parkett, hat als ehemaliger Nationalspieler natürlich die nötige Fußballerfahrung und Autorität und ist außerdem ein Menschenfreund. Auch das ist eine Qualität in der Verbandsarbeit, die ja nicht unanfällig für Grabenkämpfe ist.
Der ehemalige Sportdirektor des VfB Stuttgart gilt als Galionsfigur des Kampfes gegen Diskriminierung im Fußball. Gerade nach der Duckmäuser-Aktion einiger Nationalmannschaften – bekanntermaßen einschließlich des DFB – stünde ein Teammanager mit politischem Rückgrat (was nicht heißen soll, dass Oliver Bierhoff keines hatte) dem Deutschen Fußball-Bund gut zu Gesicht. Die Zeiten haben sich geändert. Der Fußball – und damit auch die Deutsche Nationalmannschaft – ist längst keine "Bubble" mehr, in der es nur ums Kicken gehen kann.
Herzlich Willkommen im "Heute" – am besten mit Thomas Hitzlsperger. Der den nötigen Fußballsachverstand für den Job besitzt und außerdem ein geeigneter Moderator der Rolle des DFB-Teams in einer hyperpolitischen und -politisierten Zeit ist.
5. Andreas Rettig
So, und jetzt wird's Kontrovers. "Was?", werden Hoeneß-Fans ausrufen, "der König der Scheinheiligen". Nein, scheinheilig ist Andreas Rettig ganz und gar nicht. Er hat, was den kaufmännischen Bereich des Profi-Fußballs angeht, langjährige Erfahrung. Außerdem ist sein Blick unverstellt. Er ist weniger Teil des Fußball-Establishments als alle anderen in dieser Liste genannten Kandidaten.
Dass sich aus Rettigs aktiver Laufbahn als Oberliga-Kicker nicht genügend fußballerische Autorität ableitet, um die Position des Teammanagers zu übernehmen, ist auch dem Autor dieses Textes klar. Rettig, der unter anderem Geschäftsführer der DFL und des FC St. Pauli war, wäre allerdings in einer Doppelspitze denkbar. Die Idee: Rettig als Geschäftsführer der DFB GmbH & Co. KG, Hitzlsperger als Leiter der Akademie und als Teammanager.
Warum Rettig und Hitzlsperger? Das Ansehen und die Integrität, die der DFB in den letzten Jahren unter wechselnder Führung eingebüßt hat, konnte auch unter der aktuellen Führung noch nicht wieder hergestellt werden (im Gegenteil, sagen manche). Eine mutige Entscheidung – aber auch die wohl nötige Zäsur – wäre es da, zwei offenkundige Kritiker des Status quo im Weltfußball ans Ruder zu lassen – der eine, Hitzlsperger, mit messerscharfem Fußballverstand, der andere, Rettig, mit der nötigen kaufmännischen Kompetenz.
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