Formel 1

Pierre Gasly: "Es ist wichtig, seinem Instinkt und Gefühlen zu vertrau­en"

Formel-1-Fahrer Pierre Gasly spricht mit Sports Illustrated über die neue Saison, seine Fashion-Linie und die Zukunft der Rennserie. Seinen ehemaligen Teamkollegen Sebastian Vettel lobt der Franzose in den höchsten Tönen - vor allem seine Ehrlichkeit.

Pierre Gasly (AlphaTauri)
Credit: Getty Images

Der Franzose Pierre Gasly fährt seit 2017 in der Formel 1. Nach zwei Jahren bei AlphaTauri (2020 bis 2022) wechselt der 26-Jährige in der Saison 2023 zu Alpine. Vor seiner Zeit bei AlphaTauri saß Gasly in den Cockpits bei Toro Rosso und Red Bull. "Es ist definitiv an der Zeit, den nächsten Schritt zu machen", meint Gasly.

Bei seinen 101 Grand-Prix-Rennen stand er einmal ganz oben auf dem Podest. 2020 triumphierte Gasly im Toro Rosso beim GP von Aserbaidschan. Seine beste WM-Platzierung schaffte er 2017, als er Siebter wurde. 2022 landete Gasly in der Fahrerweltmeisterschaft auf dem 14. Platz.

Sports Illustrated: Wie lautet Ihr Saison-Fazit?

Pierre Gasly: Mit den neuen Regeln war es schwieriger als 2021 – wir mussten mehr lernen, mehr Daten sammeln und auswerten. Wir sind nicht mehr so konstant wie in der Vor­saison, manchmal gelingt uns aber zu punkten, zum Beispiel mit Platz fünf in Baku. Das Feld ist enger zusammenge­rückt, das macht es schwieriger, Punkte einzufahren.

Sports Illustrated: Sie sind über 100 Rennen in der Formel 1 gefahren. Mit Ihrem Wissen von heute: Was würden Sie dem jungen Pierre vor seinem allerersten Rennen raten?

Gasly: Man findet immer wieder Gebiete, auf denen man sich verbessern kann, das geht mir auch nach Jahren in diesem Sport so. Ein großer Teil der Herausforderung be­steht darin, die Energie auf und neben der Strecke so auszubalancieren, dass man beim Rennen am Sonntag seine Topleis­tung bringen kann. Ich würde dem jungen Pierre sagen, dass er jede Gelegenheit zu lernen nutzen soll – denn in dieser Sport­art hat man nicht so viel Zeit zu trainie­ren. Am meisten lernt man an Rennwochenenden, dann macht die Erfahrung den Unterschied. Es ist wichtig, seinem Instinkt und seinen Gefühlen zu vertrau­en. In diesem Fahrerfeld ist jeder talen­tiert, aber es ist absolut essenziell, dass man an sich glaubt.

Sports Illustrated: Mit Sebastian Vettel hat sich Ihr ehemaliger Teamkollege bei Red Bull aus der Formel 1 verabschiedet. Was werden Sie am meisten vermissen?

Gasly: Seine Ehrlichkeit. Er besitzt da keinen Filter, und ich schätze es wirklich sehr, wenn Menschen lautstark für ihre Über­zeugungen einstehen, ob sie nun richtig oder falsch sind. Ich respektiere ihn sehr als Fahrer, aber auch als Menschen. Er hat mir durch schwierige Phasen meiner Karriere geholfen, und dafür werde ich ihm immer dankbar sein.

Pierre Gasly (AlphaTauri) über Sebastian Vettel
Pierre Gasly (AlphaTauri) über Sebastian Vettel
Credit: Sports Illustrated
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Sports Illustrated: Sie kennen Max Verstappen gut. Was macht ihn so erfolgreich, was hat er anderen Fahrern voraus?

Gasly: Es ist offensichtlich, dass Max sehr schnell und talentiert ist. Er hat alles, was man als Weltmeister braucht – und das hat er auch schon bewiesen. Ich fahre gegen ihn, seit wir Kinder sind, wir haben immer um die Topplatzierung gekämpft. Von Anfang an war jedem klar, dass er schnell sein würde – außerdem hat er ein gutes Verhältnis zu Red Bull Racing auf­gebaut, das ihm erlaubt, das Maximum aus seinem Team und seinem Auto he­rauszuholen. Er macht kaum Fehler, fährt sehr konsistent und effizient. Aus diesem Grund hat er schon so viel erreicht – und ich bin mir sicher, dass ihm das auch in Zukunft gelingen wird.

Sports Illustrated: Die Netflix-Dokumentation "Drive to Survive" hat einen riesigen Hype ausgelöst. Sehen Sie sich die Serie selbst an?

Gasly: Eigentlich gucke ich auf Netflix lieber Dinge, die nichts mit Formel 1 zu tun habe, aber ich habe die Dokumentation angeschaut. Es ist schon lustig, sich selbst darin zu sehen. Ich finde sie großartig, denn sie lässt einen Blick auf die Emotio­nen der Fahrer zu, die man sonst über den Fernseher nicht so bekommt – weil wir Helme tragen oder direkt nach dem Ren­nen noch vollgepumpt sind mit Adrena­lin. Netflix hat es geschafft, einen Ein­blick in die Persönlichkeit jedes Fahrers zu geben. Die Fangemeinde wächst von Jahr zu Jahr, und dank dieser Serie ver­folgen mehr Menschen die Branche und verstehen sie besser. Die ist ziemlich kom­plex, denn es geht um mehr als nur die reine Leistung.

Sports Illustrated: 2022 hat man gesehen: Die Welt ist im Wandel – mehr denn je. Muss sich auch die Formel 1 ändern? Oder macht das den Charme aus: dass die E-Mobilität zwar immer stärker wird, die Formel 1 aber ganz "oldschool" auf fossile Kraftstoffe setzt?

Gasly: Die Technologie wird immer besser, und die Formel 1 ist dabei sich zu wandeln, ohne dabei die DNA der stärksten Renn­serie der Welt zu verändern. Man hat deutlich gemacht, dass die Entwicklung nachhaltiger Kraftstoffe vorangetrieben werden muss, und wir setzen in dieser Saison bereits Bio­Kraftstoff ein. Unser Ziel bleibt es, bis 2030 CO2­neutral zu sein. Dazu gehört auch, dass wir unseren Plastikverbrauch einschränken, um den Sport nachhaltiger zu machen. Das ist eine großartige und gleichermaßen not­wendige Initiative, die uns alle in diesem Sport einbezieht.

Pierre Gasly (AlphaTauri)
Pierre Gasly (AlphaTauri)
Credit: Sports Illustrated
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Sports Illustrated: Als Formel-1-Fahrer muss man einerseits ein Teamplayer sein, auf der Strecke benötigt man aber einen gewissen Egoismus. Wie gelingt die richtige Balance?

Gasly: Für jeden Formel­-1-­Fahrer ist es wichtig, die richtige Balance zu finden, um das Team voranzubringen. Du willst das Ma­ximale aus dem Gesamtpaket herausholen, um so erfolgreich wie möglich zu werden, weil am Ende davon jeder profi­tiert: das Team, dein Teamkollege und du selbst. So erhöht man seine Chancen auf ein gutes Abschneiden, man ist schließlich Spitzensportler und arbeitet extrem hart dafür. Am Ende hat man ein gemeinsames Ziel – man will das Bestmögliche für sich selbst erreichen, das will das Team auch. Es mag eine Rivalität zwischen Mannschaftskameraden geben, aber es ist eine gesunde Rivalität.

Sports Illustrated: Mit AlphaTauri ist ein Fashion-Label Namensgeber Ihres Rennstalls. Wie wichtig ist Ihnen, immer gut angezogen zu sein? Haben Sie ein Lieblingsteil?

Gasly: Ich bin begeistert von der Fashion-Branche und der Tatsache, dass es sich dabei um eine sehr kreative Welt handelt. Dadurch kann ich von meinem Rennalltag abschalten. Dass ich mit AlphaTauri zusammenarbeiten darf, hat mir mehr Wissen darüber vermittelt, was in den einzelnen Kollektionsteilen steckt und wie sie hergestellt werden, zum Beispiel der Design- und Produktionsprozess. Die Zusammenarbeit und der Release meiner ersten eigenen Capsule-Kollektion: Diese Erfahrung habe ich sehr genossen. Die Möglichkeit, das Material, das Design und die Farbe selbst zu bestimmen, hat mich dazu angeregt, mehr in meinem Leben auszuprobieren. Mit der Zeit werden sich weitere Möglichkeiten ergeben. Die Pullover aus meiner Kollektion, die gerade releast wird, gefallen mir sehr gut.

Sports Illustrated: Was ist der beste Ausgleichssport zur Formel 1?

Gasly: Fußball. Ich habe damit angefangen, als ich fünf war, noch vor dem Kartsport, habe es sechs Jahre lang gemacht und war immer ein großer Fan. Ich spiele immer noch mit Freunden, versuche aber auch, auf meine Knöchel zu achten, es ist also nicht mehr so viel wie früher. Ich verfolge immer die Weltmeisterschaft, die Champions League und natürlich Paris Saint-Germain. 

Sports Illustrated: Wenn Sie den Kopf freibekommen wollen vom Rennsport: Was tun Sie?

Gasly: Ich habe nicht viel Zeit, also versuche ich, so viel wie möglich davon mit meiner Familie zu verbringen. Alle leben an verschiedenen Orten, sodass auch das viel Zeit in Anspruch nimmt. Ich habe sechs Nichten und Neffen, also ist Onkel Pierre manchmal gefragt. Ich versuche, meine Freunde so oft wie möglich zu treffen. Und obwohl ich viel reise, genieße ich es, auch in meiner Freizeit unterwegs zu sein. Ich mag gerne Wassersport, draußen zu sein. Außerdem verfolge ich gerne die Mode-branche und bringe mich ein. Musik mag ich, aber ich spiele kein Klavier und singe schrecklich, Karaoke geht manchmal.

Sports Illustrated: Sie reisen einmal im Jahr um die ganze Welt. Wo würden Sie gern länger bleiben?

Gasly: An vielen Orten. Manchmal tut es auch gut, zu Hause zu bleiben und Zeit mit der Familie zu verbringen. Das ist etwas, das mir bei diesem Rennsportleben definitiv fehlt. Ich muss noch die richtige Antwort auf diese Frage finden – aber mehr Zeit mit der Familie wäre definitiv gut. 

Pierre Gasly (AlphaTauri)
Pierre Gasly (AlphaTauri)
Credit: Sports Illustrated
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