Fußball

Ex-Profifußballer Rurik Gislason: "Ich sage gerne Ja zu neuen Dingen"

Der isländische Ex-Fußballer Rurik Gislason spielt seit seinem Karriereende in Filmen mit und gewann 2021 bei "Let`s Dance". Mit Sports Illustrated spricht er über Neuanfänge nach dem Profifußball - und eine eventuelle Rückkehr als Berater.

Rurik Gislason
Credit: PR

Sports Illustrated: Bis vor einigen Jahren war Ihr Job der des Fußballprofis. Welchen Beruf üben Sie jetzt aus?

Rurik Gislason: Das ist eine sehr gute Frage. Vielleicht Schauspieler? Ich habe gerade einen Film herausgebracht und eine Fernsehserie produziert. So gesehen bin ich Schauspieler beziehungsweise Entertainer. Ich habe mich dazu entschieden, mich nicht zu definieren, denn ich habe gelernt, dass man sich die Türen offenhalten sollte. Ich habe das Glück, viele verschiedene Dinge tun zu können. Und ich bin stolz auf mich, zu so vielem Ja gesagt zu haben.

Sports Illustrated: Im Jahr 2020 haben Sie Ihre professionelle Fußballkarriere mit 32 Jahren beendet. Hatten Sie zu diesem Zeitpunkt eine Ahnung oder einen Plan, was Sie als Nächstes machen wollten?

Gislason: Nein, nichts. Der sicherste Weg wäre gewesen, irgendwo einen neuen Vertrag zu unterschreiben. Und ich hatte auch Angebote. Aber ich wollte frei sein. Ich war kein großer Fan von der Art und Weise, wie ich am Ende meiner Karriere in Sandhausen behandelt wurde. Ich durfte nicht zur Beerdigung meiner Mutter reisen. In der Presse hieß es, dass ich außer Form aus Island zurückgekommen wäre, weil ich dort nicht trainiert hätte. Die Wahrheit ist, dass ich in Island war, um meiner Mutter in ihren letzten Momenten beizustehen. Sie gaben mir ein Programm, nach dem ich allein trainieren sollte, und danach durfte ich nie wieder am Training teilnehmen. Von diesem Zeitpunkt an wollte ich einfach mehr Zeit mit meiner Familie verbringen. Ich wollte frei sein, meine eigenen Entscheidungen treffen. Das war der einzige Plan, den ich hatte.

Erste Karriere: Von 2018 bis 2020 spielte Gislason (r.) beim SV Sandhausen in der 2. Liga, für Islands Nationalmannschaft lief er 53-mal auf.
Erste Karriere: Von 2018 bis 2020 spielte Gislason (r.) beim SV Sandhausen in der 2. Liga, für Islands Nationalmannschaft lief er 53-mal auf.
Credit: Getty Images
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Sports Illustrated: Sie wurden während der Fußballweltmeisterschaft 2018 quasi über Nacht zu einer Social-Media-Sensation. Stimmt es, dass Ihnen diese Art von Aufmerksamkeit anfangs überhaupt nicht gefallen hat?

Gislason: Um ehrlich zu sein, hat mich das nie wirklich berührt. Ich war damals auch schon 30 Jahre alt. Ich bin froh, dass ich nicht erst 20 war. Als 20-Jähriger geht man anders mit der Aufmerksamkeit um. Man weiß viel besser, wer man wirklich ist, wenn man 30 ist, ist ruhiger und gelassener. Ich würde also nicht sagen, dass ich die Aufmerksamkeit nicht mochte, aber sie hatte keine besondere Bedeutung für mich.

Sports Illustrated: Es war also kein Moment, in dem Sie dachten: „Wenn ich irgendwann kein Profifußballer mehr bin, dann werde ich vielleicht Influencer oder Model“?

Gislason: Das Erste, was ich tat, war, einen Vertrag mit den SOS-Kinderdörfern zu unterschreiben, um Botschafter für sie zu werden. Wobei: Das Allererste, was ich tat, war, in einer Durex-Kondom-Werbung mitzuspielen, der Vertrag mit den Kinderdörfern kam danach. Ehrlich gesagt wusste ich zu dem Zeitpunkt nicht wirklich, wie man ein Influencer ist. Aber ich wusste, dass ich meine Bekanntheit nutzen wollte, um Gutes zu tun.

Rurik Gislason
Rurik Gislason
Credit: PR
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Sports Illustrated: Während Ihrer Karriere spielten Sie vor allem in Dänemark und in der 2. Bundesliga in Deutschland. Hatten Sie dort genug Geld verdient, um nur noch genau das zu machen, was Sie wollen? Oder waren Sie auf Jobsuche?

Gislason: Der Fußball gibt einem definitiv eine Art Puffer. Es hängt einfach vom Lebensstil des Einzelnen ab. Aber es ist immer schön, sich die Jobs aussuchen zu können und nicht unter finanziellem Druck zu stehen.

Sports Illustrated: Neben Ihren vielen Unternehmungen in der Öffentlichkeit haben Sie auch eine Gin- und eine Modemarke.

Gislason: Das fing an, als ich noch Fußball gespielt habe. Aber wenn dein Leben dann so vollgeplant ist und du dich so sehr auf die verschiedenen Jobs konzentrieren musst, hast du immer weniger Zeit. Zum Glück habe ich gute Leute um mich, die sich kümmern. Die Marken sind also immer noch da, und es wird gut auf sie aufgepasst.

Sports Illustrated: Die großen Namen im Fußball, wie Messi und Ronaldo, sind längst alle auch Influencer, Unternehmer, sind eigene millionenschwere Brands. Würden Sie sagen, dass das in der Breite des Profifußballs auch schon angekommen ist?

Gislason: Ja, auf jeden Fall. Ich habe ein paar Jobs gemacht, als ich noch Fußball gespielt habe. Aber auch heute gibt es noch Trainer und Fans, die diesen Aspekt des Spiels nicht verstehen. Ich hatte einige Trainer in Deutschland, die bei solchen Dingen kein Pardon kannten. Einer von ihnen hat mich auf die Bank gesetzt, weil er meinte, ich würde mich nicht auf den Fußball konzentrieren, weil ich mir die Haare wachsen ließ. Ein anderer sagte: „Ich bin sicher, dass du viel härter trainieren würdest, wenn du hässlich wärst.“ Es gibt immer noch Dinosaurier in diesem Spiel, sowohl unter den Fans als auch unter den Trainern. Der kommerzielle Part ist Bestandteil des Fußballs. Man sollte den Spielern erlauben, in ihrer Freizeit das zu tun, was sie wollen. Ich bin mir sicher, dass etwa Messi und Ronaldo mit ihrer Vorbildfunktion dafür sorgen, dass junge Menschen härter arbeiten, besser auf sich selbst aufpassen und etwas in ihren Leben erreichen wollen. Das halte ich für eine tolle Sache.

Sports Illustrated: Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Gislason: Im Moment bin ich dabei, ein paar Optionen zu besprechen, aber ich habe gelernt, offen für neue Dinge zu sein und die Herausforderungen anzunehmen. Ich bin sicher, dass es eine Menge Leute gibt, die sagen, dass man besser alles perfekt durchplanen sollte. Aber ich bin ein spontaner Typ und sage gerne Ja zu neuen Dingen. Ich kann Ihnen also nicht sagen, was die Zukunft bringt. Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass ich in einem Film mitspiele, der an Nummer eins der deutschen Kino-Charts steht.

Moviestar: In dem Drama "Eine Million Minuten" spielt Gislason an der Seite von Karoline Herfurth (2.v.l.) und Tom Schilling (2.v.r.).
Moviestar: In dem Drama "Eine Million Minuten" spielt Gislason an der Seite von Karoline Herfurth (2.v.l.) und Tom Schilling (2.v.r.).
Credit: PR
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Sports Illustrated: Welche Träume haben Sie?

Gislason: Es hört sich wie ein Klischee an, aber mein Traum ist es, zu inspirieren und ein Vorbild zu sein. Um auf Messi und Ronaldo zurückzukommen – ohne mich in die gleiche Kategorie einzuordnen: Es ist wichtig zu verstehen, dass man seine Rolle als Vorbild ernst nehmen sollte. Und ich möchte inspirieren, ich möchte sicherstellen, dass mehr und mehr Menschen sich dazu entscheiden, ihr Leben glücklich und gesund zu leben.

Sports Illustrated: Besteht die Möglichkeit, dass Sie irgendwann zum Fußball zurückkehren?

Gislason: Wenn, dann nur als Berater. Ich habe ein großes und gutes Netzwerk von Kontakten aufgebaut, sowohl im Fußball als auch im kommerziellen Bereich. Und ich liebe es zu verhandeln. Außerdem könnte ich bestimmt einigen Fußballspielern helfen, sich als Marke zu entwickeln und zu etablieren. 

 


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