Ex-Fußballstar Clarence Seedorf: Fifa und Uefa tun viel zu wenig gegen Rassismus
- Clarence Seedorf kritisiert Fifa und Uefa für Umgang mit Rassismus
- Ex-Fußballstar Seedorf: "Spielabbrüche bringen nichts"
- Seedorf kämpft seit Jahren für mehr Menschlichkeit
Rassismus in Fußballstadien ist derzeit ein Dauerthema. Erst jüngst während der U21-EM wurden die DFB-Spieler Youssoufa Moukoko und Jessic Ngankam rassistisch beleidigt.
Diskutiert wurde das Thema auch am Rande des Champions-League-Finales in Istanbul - und zwar auf einem Event, auf dem man eher weniger Debatten über solch negative Aspekte des europäischen Fußballs erwarten würde. Aber Sponsor Just Eat Takeaway.com (JET), in Deutschland unter dem Markennamen Lieferando bekannt, hatte sich mit Clarence Seedorf einen Gast auf sein Business-Event eingeladen, der seit langem genau solche Themen anspricht.
Schon bevor Seedorf als Überraschungsgast auf die Bühne kam, bescheinigte Guillaume Sabran, bei der Uefa zuständig für Sponsoring, dem Partner, auch einmal unangenehm zu sein. "Sie sind einer der Partner, die uns auch vorantreiben", sagte er auf Englisch: "Sie treten uns in den A... Manchmal tut das weh."
Clarence Seedorf: "Meine Leidenschaft gilt Menschlichkeit"
Seedorf, als vierfacher Champions-League-Sieger geeignet wie kein Zweiter, um die Hospitality-Gäste auf das Finale einzustimmen, sprach mit Moderatorin Kelly Somers von der BBC und JET-CEO Jitse Groen zunächst über unverfängliche Dinge. "Überall sind Erinnerungen", wusste er über das Finalwochenende zu berichten. Viele Ex-Kollegen und Freunde habe er getroffen, unter anderem Kaká. Außerdem ging es um die Gemeinsamkeiten zwischen Sport und Wirtschaft - typische Themen für solch eine Veranstaltung eben.
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Als ihn Somers auf das Rassismus-Thema ansprach, zu dem er sich leidenschaftlich engagiere, war Seedorf in seinem Element. "Meine Leidenschaft gilt nicht dem Rassismus, meine Leidenschaft gilt der Menschlichkeit, was ein großer Unterschied ist", stellte Seedorf - ebenfalls auf Englisch - klar. "Ich glaube nicht, dass Fifa und Uefa genug tun, denn wir sehen diese Dinge immer noch Woche für Woche passieren."
Selbstverständlich sei Rassismus kein reines Fußball-Problem, sondern der gesamten Gesellschaft, so Seedorf: "Aber ich glaube, dass das Fußball-Umfeld klein genug ist, um es unter Kontrolle zu bekommen." Als positives Beispiel nannte er die NBA und andere nordamerikanische Profiligen. Dort könne man ohne Bedenken als Familie in die Halle oder ins Stadion gehen. Er wünsche sich, dass das auch im Fußball als wichtigster Sportart in Europa möglich wird.
CEO Jitse Groen gab Seedorf Recht. Die Lösung seiner Meinung nach: "Stop the game" - Spiele konsequent abbrechen. "Wenn wir in den Niederlanden für die nächsten zwei Jahre jedes Spiel abbrechen, wird es aufhören", meinte Groen mit Blick auf das gemeinsame Heimatland der beiden. "Nein, wird es nicht", widersprach Seedorf. Man habe das schon oft probiert. "Wenn wir das Spiel stoppen, gewinnen sie. Wir verlassen das Spielfeld und sie gewinnen."
Clarence Seedorf: Super League zeigt, dass Uefa konsequent vorgehen kann
Seedorf fordert stattdessen: Mehr Befugnisse für die Polizei und konsequenteres Vorgehen gegen Störenfriede mit Stadionverboten. "In England wurden die Hooligans aus den Stadien verbannt und das ist heute die beste Liga der Welt."
Groens Argument, dass Veränderungen im organisierten Fußball eben Zeit benötigten, wollte Seedorf nicht gelten lassen. Er fragte, wie lange die Uefa gebraucht habe, um resolut auf die Super-League-Pläne zu reagieren. Die Antwort gab er gleich selbst: "Drei Tage."
"Meinen Sie, dass Rassismus im Fußball nicht so wichtig ist wie das Produkt zu schützen?", fragte er weiter. "Nicht Sie", schob er an Groen gerichtet nach. Das Thema stehe bei Spitzenfunktionären nicht hoch genug auf der Agenda. Man dürfe die Verantwortung nicht auf betroffene Spieler wie Samuel Eto'o oder Vicínius Júnior abwälzen. "Die Fußball-Community muss aufstehen, nicht nur die Spieler." Das Problem müsse von jedem Einzelnen als sein persönliches Problem wahrgenommen werden. "Wir haben gezeigt, dass wir schnell handeln können, wenn wir glauben, dass etwas uns weh tut."
Seedorf lobt italienische Vereine
Im Interview mit Sports Illustrated, für das er sich am Rande des Events ebenfalls noch Zeit nahm, sprach Seedorf auch über sportliche Themen. Beeindruckt zeigte sich der Ex-Mittelfeldspieler, der insgesamt zwölf Jahre bei den beiden Mailänder Serie-A-Klubs verbrachte von der Leistung der italienischen Mannschaften auf der europäischen Bühne. Das sei schon lange nicht mehr in der Form der Fall gewesen: "Ich glaube, dass da etwas Balance in die Hierarchie zurückkehrt."
Auch über die verstärkten Investments von Staaten wie Katar oder Saudi Arabien sprach Seedorf: "Sicherlich steckt hinter den Investitionen der Kataris oder Abu Dhabis ein größerer Zusammenhang. Aber sie haben auch einen Mehrwert für die Vereine geschaffen, die sie gekauft haben." Eine Garantie für Titel sei das jedenfalls alles nicht, auch kleinere Vereine könnten weiterhin konkurrenzfähig bleiben, meinte Seedorf.
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