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Bayern-Star Harry Kane: "Ich versuche in jedem Moment das Beste zu geben"

Harry Kane ist der teuerste Transfer der Bundesliga-Geschichte, Kapitän der englischen Nationalmannschaft und einer der weltbesten Stürmer. Doch Bayerns Star ist mehr als ein Fußballheld: Er ist Familienvater, Businessman und Leader.

Harry Kane bei Sports Illustrated
Credit: Sports Illustrated

Sports Illustrated hat Harry Kane zum exklusiven Interview in München getroffen. Der Bayern-Star spricht über seine Ziele mit dem FC Bayern, über Führungsstärke, seine Vorbilder und seine Familie.  

Sports Illustrated: Auf der Fahrt hierher saßen Sie nicht selbst am Steuer. Aus England sind Sie Linksverkehr gewohnt, können Sie sich mittlerweile etwas mit dem Rechtsverkehr in Deutschland anfreunden?

Harry Kane: Es geht ganz okay. Ich mache das zwar nicht besonders oft, aber ich gewöhne mich langsam an das Fahren auf der anderen Straßenseite.

Sports Illustrated: Sie haben immer wieder betont, wie wichtig Ihnen Routinen in Ihrem Leben sind. Haben Sie die schon, sind Sie im Alltag in München angekommen?

Kane: Ich denke, ja. Seit meiner Ankunft hier ist viel passiert – ich lebe mit meiner Familie in einem schönen Haus, und es hat sich eine gewisse Routine entwickelt aus Training, den Spielen, dazwischen die Reisen. Alles in allem fühlt sich das immer mehr wie zu Hause an. Wenn ich das mit meinem Leben zuvor in London vergleiche, läuft vieles ganz ähnlich ab. Ich bringe die Kinder vor dem Training in die Schule, hole sie wieder ab …

Sports Illustrated: Finden Sie immer Zeit dafür?

Kane: Nicht an Tagen wie heute zum Beispiel, aber ich versuche es – so oft es mein Zeitplan eben zulässt.

Harry Kane (FC Bayern München)
Harry Kane (FC Bayern München)
Credit: Imago
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Sports Illustrated: Zugleich bringt das Leben als Profifußballer ständig neue Einflüsse und Veränderungen mit sich. Wie gehen Sie damit um?

Kane: Da kommt mir meine Persönlichkeit zugute. Ich bin ziemlich entspannt, was das angeht – ob ich einen Fotoshoot habe wie heute oder Werbeaufnahmen: Ich bin einfach ich selbst und versuche, das alles zu genießen. Manchmal ist das schwieriger, mal fällt es mir leichter, aber das ist, wie wenn ich auf dem Platz stehe: Ich versuche, in jedem Moment fokussiert zu sein und das Beste zu geben.

Sports Illustrated: Mit der Harry Kane Foundation haben Sie Ihre eigene Stiftung, deren Fokus auf Themen wie mentaler Gesundheit, Selbstbewusstsein und emotionalem Wohlbefinden liegt. Warum sind Ihnen diese Themen so wichtig?

Kane: Dass ich ein Vater bin, hat sicherlich viel damit zu tun. Ich sehe meine Kinder und die Welt, in die sie hineingeboren werden: mit Social Media und diesen ganzen Plattformen. In diesem Zusammenhang kommt einem Thema wie Mental Health eine große Bedeutung zu. Ich will damit allen Generationen helfen – aber ich will vor allem der jungen Generation zeigen, wie sie mit Situationen umgehen kann, die ihr im Leben begegnen können, und wie ich eine ähnliche Situation in meinem Leben bewältigt habe.

Sports Illustrated: Selbstbewusstsein, emotionales Wohlbefinden: Hatten Sie ­damit auf Ihrem Weg in den Profifußball zu kämpfen?

Kane: Nein, das nicht. Ich hatte immer Menschen um mich herum, mit denen ich sprechen konnte, und auch ich selbst war offen dafür, auf andere zuzugehen. Das war wirklich wichtig für mich, und das versuche ich weiterzugeben: Es ist von großer Bedeutung, mit anderen über seine Gefühle zu sprechen und sie wissen zu lassen, was mit einem los ist. Es gab Zeiten in meiner Karriere, in denen ich viel Widerstandsfähigkeit und Selbstvertrauen brauchte. Ich habe gelegentlich gezweifelt, und es kommt in diesen Momenten darauf an, das durchzustehen und sich davon nicht runterziehen zu lassen. Mir haben diese Situationen nur noch mehr Motivation gegeben, weiterzumachen.

Sports Illustrated: Hatten Sie Helden oder Vorbilder?

Kane: Aus fußballerischer Sicht war David Beckham ein großes Vorbild, Kapitän von England. Er war einer der Spieler, zu denen ich immer aufgeschaut habe, ich wollte sein wie er. Ein anderer war Tom Brady, dem ich in meiner Karriere begegnete, als ich schon etwas älter war und nicht genau wusste, wie es bei mir weitergehen würde. Seine Geschichte, wie er schon in jungen Jahren Herausforderungen gemeistert hat, war eine Inspiration für mich. Er war ein Vorbild für mich – genauso wie natürlich meine Eltern. Mein Vater hatte – und hat immer noch – einen großen Einfluss auf mich.

Sports Illustrated: Sie haben Ihre Kinder bereits angesprochen: Sie sind Vater von zwei Mädchen und zwei Jungen. Wie hat Sie das geprägt?

Kane: Ich versuche, das möglichst gelassen anzugehen. Mit vier Kindern daheim kann es schon mal hektisch werden. Zwei Mädchen, zwei Jungs, alle mit komplett unterschiedlichen Persönlichkeiten. Wie mich das verändert hat? Man wird auf jeden Fall erwachsener und verständnisvoller. Aber ich liebe jede Sekunde mit meinen Kindern, und ich freue mich darauf, sie in den kommenden Jahren aufwachsen zu sehen. Die Älteste ist jetzt sieben, die Zeit vergeht so schnell – und plötzlich ist sie kein Baby mehr, sondern ein junges Mädchen. Ich versuche einfach, der bestmögliche Vater für sie zu sein.

Bayern-Stürmer Harry Kane
Bayern-Stürmer Harry Kane
Credit: Imago
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Sports Illustrated: Sie haben Ihr eigenes Unternehmen – die Harry Kane Company – mit Sitz in London. Die Firma managt Sie, aber auch Ihre Investments und Partnerschaften. Wie sehr sind Sie in die Abläufe, Entscheidungen und das Tagesgeschäft eingebunden?

Kane: Zum Glück haben wir dort ein großartiges Team, denn in das Tagesgeschäft bin ich nicht immer involviert. Wenn es um Deals oder Partnerschaften geht, bringe ich meine Meinung ein – was ich zum Beispiel von einer Marke halte, welchen Wert sie für mich hat, ob sie zu mir passt. Außerdem habe ich ein enges Verhältnis zu meinem Vater und zu meinem Bruder, die beide für das Unternehmen arbeiten. Es ist unser gemeinsames Ziel, mich als Mensch, Marke und natürlich auch die Stiftung wachsen und größer werden zu lassen. Mein Hauptfokus liegt aber auf dem Feld – alles andere kommt danach.

Sports Illustrated: Im vergangenen Sommer haben Sie einen Vertrag auf Lebenszeit mit der Sneaker-Marke Skechers unterzeichnet – und tragen seitdem deren Fußballschuhe. Wie sind Sie an der Entwicklung und Verbesserung der Schuhe beteiligt? Das Unternehmen stammt aus den USA und ist im Fußball-Business ja noch relativ neu.

Kane: Das läuft bisher wirklich gut. Bevor Skechers den allerersten Fußballschuh launchte, konnte ich meinen Input einbringen: was an dem Schuh gut funktioniert, was noch nicht so sehr und welche Details man ändern kann, um ihn besser zu machen. Das Großartige an Skechers ist, dass sie auf den Input des Athleten hören. Wir arbeiten eng zusammen und versuchen ständig, kleine Details und Dinge zu finden, um meine Schuhe so perfekt wie möglich zu machen – ich trage sie schließlich jeden Tag.

Sports Illustrated: Welche Rolle spielt die Wahl der Fußballschuhe für Sie, worauf kommt es Ihnen an?

Kane: Komfort ist das Wichtigste für mich – ich trage die Schuhe jeden Tag stundenlang im Training und in den Spielen, also muss ich mich in ihnen wohlfühlen. Idealerweise merke ich gar nicht, dass ich sie anhabe, und unter diesem Aspekt sind die Schuhe von Skechers einfach perfekt. Aus Performance-Sicht müssen sie natürlich leicht sein, die Nähte an der richtigen Stelle sitzen. Sie müssen mir einfach ein gutes Gefühl geben.

Sports Illustrated: Wie lange brauchen Sie, bis Sie sich an ein neues Paar gewöhnt haben?

Kane: So ungefähr einen Tag im Training, dann passt das. Das Gute an den Schuhen ist, dass sie nicht zu schnell zu weich werden und man sie bald austauschen muss. Sie behalten ihre Form ziemlich lange – wenn man sich einmal in ihnen eingespielt hat, hält dieses Spielgefühl für Monate.

Sports Illustrated: Sie haben vor einigen Jahren über Ihren Traum gesprochen, irgendwann als Kicker in der NFL zu spielen. Es kursierte ein Video, in dem Sie ein Field Goal aus 50 Yards verwandeln. Werden wir Sie eines Tages mit Football-Helm auf dem Kopf und Schulterpads sehen?

Kane: Möglicherweise, das ist zumindest etwas, was ich im Hinterkopf habe. Ich habe das Gefühl, dass ich noch viele, viele Jahre als Fußballer vor mir habe – aber es kann so viel passieren, die Dinge ändern sich so schnell. Wenn es auf das Ende meiner Karriere im Fußball zugeht, werde ich mir das vielleicht etwas genauer ansehen und anfangen, ein bisschen zu üben. Es in zwei verschiedenen Sportarten – Fußball und Football – auf das höchste Level zu schaffen wäre etwas ganz Besonderes. Mir ist aber bewusst, dass das viel harte Arbeit und Hingabe erfordern würde. Es wird auch davon abhängen, in welcher Phase meines Lebens ich mich dann befinde, wie es mit den Kindern ist und so weiter...

Harry Kane und Kingsley Coman jubeln
Harry Kane und Kingsley Coman jubeln
Credit: Imago
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Sports Illustrated: Sie haben Tom Brady bereits erwähnt, nach dem Sie sogar Ihren Hund Brady benannt haben. Wie ist Ihr Verhältnis?

Kane: In den vergangenen Jahren haben wir eine gute Verbindung aufgebaut. Ich habe mit ihm gegolft, wir schicken uns gelegentlich Nachrichten. Als ich jünger war, war er eine große Inspiration für mich. Er ist einfach ein richtig guter Typ, bodenständig und immer für einen da, wenn man Hilfe oder eine Meinung benötigt. Er ist jetzt ja Teilhaber beim englischen Zweitligisten Birmingham City und hat mir im Zuge dessen ein paar Fußball-Fragen gestellt. Schade, dass er nicht mehr selbst spielt, ich habe ihm gerne zugesehen, aber ich freue mich, dass ich ihn mittlerweile einen Freund nennen kann.

Sports Illustrated: Im Vergleich zur Premier League hat die Bundesliga weniger Spieltage, außerdem gibt es nur einen statt zwei Pokalwettbewerbe. Könnten weniger Spiele ein Vorteil sein im Hinblick auf die entscheidende Phase der Saison mit dem FC Bayern, aber auch angesichts der EM mit England?

Kane: Das wird die Zeit zeigen, aber ich gehe davon aus, dass das einen Effekt hat, auch dank der Winterpause. Das ist eine Art Neustart während der laufenden Saison, das sollte gegen Ende der Saison und für die EM helfen. Ich fühle mich gut, ich fühle mich frisch. Die Pausen haben mir nicht nur körperlich, sondern auch mental geholfen. Im Mai und im Juni werde ich das genauer wissen.

Sports Illustrated: Wie gelingt es Ihnen, als Stürmer so gut wie immer am richtigen Platz zu stehen? Ist das alles Instinkt, kann man das lernen?

Kane: Instinkt spielt eine große Rolle, dazu meine Erfahrung und dass ich schon eine lange Zeit als Stürmer spiele. Dazu kommt ein gewisses Gespür, erahnen zu können, wo der Ball hinkommen könnte. Natürlich habe ich in jungen Jahren viel an meinen Fähigkeiten gearbeitet. Mit der Zeit baut man beinahe unbewusst eine Art Schema auf, anhand dessen man schon vorher erkennt, wohin sich der Ball wahrscheinlich bewegt, und mein Körper begibt sich dann ganz automatisch in die richtige Position. Es gibt Phasen als Stürmer, da landet der Ball perfekt getimt vor einem – und es gibt solche, in denen man den Pfosten trifft, der Ball danebengeht oder drüber. In diesen Momenten ist es wichtig, nicht in Panik zu verfallen, sondern weiter sein Ding zu machen. Trust the process.

Sports Illustrated: Sowohl auf als auch neben dem Platz gelten Sie als Vorbild. Wie gehen Sie damit um, dass von Ihnen stets erwartet wird, alles überall richtig zu machen?

Kane: Das gehört mittlerweile einfach zum Job eines Fußballprofis. Wie ich zu Beginn schon gesagt habe: Ich versuche, in jeder Situation ich selbst zu sein. Klar wünscht man sich manchmal einfach nur eine Pause, in der man sich zurücklehnen und entspannen kann. Aber ich nehme jeden Moment, wie er eben kommt. Ich erinnere mich daran, wie ich als Kind Fußballer beobachtet habe, auf dem Platz, neben dem Platz. Ich weiß, dass ich jetzt in dieser Rolle bin und viele Menschen, Jungs und Mädchen auf der ganzen Welt, beobachten, was ich tue. Deshalb muss ich ihnen ein gutes Vorbild sein. Das Schöne daran ist, dass ich die meiste Zeit dabei einfach ich selbst bin.

Sports Illustrated: Was macht einen Leader aus?

Kane: Es gibt verschiedene Arten von Leadern. Ich bin ein Leader, der mit gutem Beispiel vorangeht. Ich bin niemand, der viel herumbrüllt. Das mache ich, wenn es notwendig ist, aber man hört mich nicht ständig auf dem Platz herumschreien. Ich will stattdessen Mut machen, Menschen auf andere Weise pushen. Ich setze gerne Standards, ob im Training, im Spiel oder abseits des Rasens, und ich hoffe, dass das andere sehen und es nachmachen. Ich habe mit vielen großartigen Leadern zusammengespielt, und ich glaube, dass ein gutes Team viele verschiedene Arten von Anführern braucht, um zu funktionieren.

Sports Illustrated: Wie definieren Sie eine erfolgreiche Fußballkarriere?

Kane: Als eine, in der man alles dafür tut, um so gut wie möglich zu sein. Am Ende meiner Karriere will ich nichts bereuen und mir wünschen, ich hätte dies oder jenes anders gemacht. Ich nehme jeden Moment, wie er kommt, arbeite so hart ich kann – auf dem Trainingsplatz, in Bereichen wie Erholung oder Ernährung. Damit ich am Ende meiner Karriere zurückblicken und sagen kann, dass ich alles dafür getan habe, das zu erreichen, was ich erreicht habe, ob das nun eine Trophäe oder 100 sind.

Harry Kane
Harry Kane
Credit: Markus Jans
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