F1-Inside mit Stefan Ehlen

Aus zwei entscheidenden Gründen fahren Porsche und Audi ab 2026 in der Formel 1

Porsche und Audi starten ab 2026 in der Formel 1. Das hat Volkswagen-Chef Herbert Diess bestätigt. VW fährt nicht selbst, sondern schickt seine beiden Marken ins Rennen. Dafür gibt es zwei entscheidende Gründe. Formel-1-Experte Stefan Ehlen klärt auf.

Porsche-Pilot Andre Lotterer in einem Formel-E-Auto.
Credit: Imago
  • VW-Konzern will ab 2026 in der Formel 1 starten
  • Porsche und Audi werden in der Formel 1 fahren
  • VW-Chef Herbert Diess bestätigt Formel-1-Engagement

Der Volkswagen-Chef spricht erstmals öffentlich über die Formel 1: Warum der Konzern gleich mit zwei Marken in die "Königsklasse" des Motorsports einsteigen will und was man sich von diesem Projekt verspricht.

Ja. Nein. Vielleicht.

Seit Jahren kokettiert der Volkswagen-Konzern mit der Formel 1. Immer hieß es, eine Entscheidung stünde bevor, aber zu einer Entscheidung kam es nie. Das ist jetzt anders. Denn inzwischen ist beschlossene Sache: Volkswagen steigt ein in die Formel 1, zur Saison 2026.

Formel 1 soll mehr Geld in die VW-Kassen spülen

Aber Moment mal: Volkswagen – das ist doch die Marke, die sich Ende 2020 komplett vom Motorsport losgesagt hat, nachdem schon 2019 alle Motorsport-Aktivitäten mit Verbrennungsmotor eingestellt worden waren. Und jetzt Formel 1, mit Verbrennungsmotor? Wie passt das zusammen?

Ganz einfach: Nicht Volkswagen selbst engagiert sich in der Formel 1, sondern die Konzernschwestern Audi und Porsche. Ja, richtig: Volkswagen schickt nicht nur eine Marke ins Rennen, sondern gleich zwei!

Und das hat jetzt Brief und Siegel, weil Volkswagen-Chef Herbert Diess im "Dialog mit Diess" der Wolfsburger Zeitungen erstmals öffentlich bestätigt hat, was man ohnehin schon lange wusste: Der Formel-1-Traum von Volkswagen, er wird endlich wahr.

Bleibt die Frage nach dem Warum, und die ist wenig romantisch: Volkswagen hat eine reine Business-Entscheidung getroffen, die mittelfristig mehr Geld in die Kassen spülen soll.

Reizvolle, neue Aussichten in der Formel 1

Oder wie man es bei Volkswagen formuliert: Die Formel 1 sei "der wichtigste Hebel, um den Markenwert zu steigern und um für die Autos bei der Preisgestaltung ein bisschen mehr nehmen zu können", so Konzernchef Diess. Man wolle natürlich auch "überlegene Technik im Wettbewerb demonstrieren", also Marketing betreiben. Vor allem aber will Volkswagen gut verdienen.

Porsche etwa zahle jährlich gut vier Milliarden Euro an Volkswagen. Mit dem Formel-1-Projekt ab 2026 sollen es viereinhalb Milliarden sein, sagt Diess. Ähnliches bei Audi. Auch von dort werde mit der Formel 1 mehr kommen als ohne. Nur Volkswagen selbst hält sich raus, steuert keinen Cent zum neuen Motorsport-Projekt bei.

Und das Jahr 2026 ist da natürlich kein Zufall: Dann gibt sich die Formel 1 ein neues technisches Reglement mit noch mehr Elektrifizierung beim Antrieb und mit synthetischen Kraftstoffen – eine reizvolle Aussicht für Automobilhersteller, die mit Nachhaltigkeit punkten wollen. Hier kommen Audi und Porsche ins Spiel, als Premiummarken im Volkswagen-Konzern.

Eine Sofort-Teilnahme schon ab 2023 zum Beispiel stand nie zur Debatte. "Man kann nicht in die Formel 1 einsteigen, wenn sich nicht ein Technikfenster öffnet", meint Diess.

Porsche und Red Bull Racing als Formel-1-Team?

Sprich: Nur bei einer großen technischen Regeländerung hat man als Neuling die Chance, von Anfang an konkurrenzfähig zu sein, läuft sonst Gefahr, nur hinterherzufahren und viel Geld zu verbrennen.

Letzteres will Volkswagen unbedingt vermeiden, hat deshalb bereits die Entwicklung angestoßen. Und man setzt dabei nicht nur auf Synergien im Unternehmen: Audi und Porsche arbeiten getrennt voneinander an einem Formel-1-Antrieb.

In welchen Autos diese Antriebe einmal arbeiten werden? Noch unklar, aber: Eigenkonstruktionen werden es nicht sein. Man will sich in bestehende Rennställe einkaufen.

Porsche soll kurz vor einem Deal mit Red Bull Racing stehen, dem Team von Weltmeister Max Verstappen, der dort bis einschließlich 2028 gesetzt ist. Auch Audi sucht ein Partnerteam, streckt praktisch überall hin die Fühler aus, bislang allerdings noch ohne klare Tendenz.

Formel 1 wird zur Spielwiese deutscher Hersteller

Wem Volkswagen aber mit Audi und Porsche nacheifern will, das ist klar: Mercedes. Bei der vorletzten großen Regelrevolution der Formel 1 zur Saison 2014 hatte die Sternmarke nach gewissenhafter Vorbereitung das beste Paket – und dominierte über Jahre.

Ein Negativbeispiel gibt es aber auch: Honda. Der japanische Hersteller kam erst 2015 als Motorenlieferant dazu und scheiterte zunächst kläglich. Seither sind alle anderen Automobilkonzerne gewarnt: Formel 1 nur mit ausreichend Vorlauf, und nur zu Beginn eines neuen Regelzyklus. Insofern macht Volkswagen mit seinen Plänen für 2026 alles richtig.

Ob es aber wirklich so clever ist, gleich zwei Hausmarken an den Start zu bringen, das muss sich erst zeigen. Denn wo Gewinner gekürt werden, da gibt es auch Verlierer: Eine Volkswagen-Marke wird im Konzernvergleich unterliegen. Das mag zunächst ein Ansporn sein für Audi und Porsche, kann sich aber später auch als Eigentor erweisen.

 

In jedem Fall aber macht Volkswagen die Formel 1 mit seinem Einstieg zur Spielwiese der deutschen Hersteller: Audi, Mercedes und Porsche in der Motorsport-"Königsklasse". Fehlt eigentlich nur noch das Comeback des Deutschland-Grand-Prix. Wenn nicht 2026, wann dann?

Zur Person: Über Motorsport schreiben - das wollte Stefan Ehlen schon in jungen Jahren. Seit 2008 tut er das für die marktführenden Motorsport-Portale in Deutschland: Formel1.deMotorsport-Total.com und, seit 2015, Motorsport.com – immer mit dem Schwerpunkt Formel 1. 2019 veröffentlichte er mit "Grand-Prix-Geschichte(n)" ein Sachbuch zur F1-Historie. Er spricht regelmäßig in Podcasts und auch als TV-Kommentator.

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