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Patrick Esume: Darum kann jeder NFL-Spielzug der letzte sein

Patrick Esume schreibt in seiner Kolumne für Sports Illustrated über das gefährliche Leben eines NFL-Spielers. Der ehemalige #ranNFL-Experte fragt sich dabei: Kann der Sport noch sicherer werden, ohne seinen Charakter zu verlieren?

Patrick Esume
Credit: Imago
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Inhalt

  • "Coach" Patrick Esume über Verletzungsgefahr im Football
  • Durchschnittliche Halbwertszeit einer NFL-Karriere beträgt 3,3 Jahre
  • Ex-ranNFL-Experte Esume: Im Football kann jeder Spielzug der letzte sein!

Die durchschnittliche Halbwertszeit einer NFL-Karriere beträgt 3,3 Jahre. Das ist, auch im Vergleich mit anderen Sportarten wie etwa Fußball, relativ kurz. Football wird ja fälschlicherweise oft als Kontaktsport tituliert, es ist aber in Wahrheit Kollisionssport. Und damit eine verdammt gefährliche Sportart. Was auch einer der Gründe ist, weshalb die Karrieren in der NFL so kurz sind.

Natürlich bestätigen Ausnahmen die Regel, wie bei Tom Brady, der über fast 23 Jahre in der NFL spielt. Es kommt auch darauf an, welche Position man hat. Als Kicker oder Punter, der nur selten einen Gegner tackeln muss oder geblockt wird, kannst du natürlich länger aktiv sein als beispielsweise ein Linebacker, der jedes Spiel eine heftige Kollision – oder mehrere – überstehen muss.

Patrick Esume: Viele NFL-Spieler investieren sechsstellige Summen pro Jahr in Physio und Co.

Grundsätzlich ist es aber so: Jeder, der einen Helm aufsetzt und aufs Feld geht, muss damit rechnen, dass er sich eine Kopfverletzung, Brüche oder Bänderrisse zuziehen kann. Man kann seine Karriere natürlich verlängern, wenn man versteht, dass der Körper das Kapital ist, und man sich entsprechend gut um ihn kümmert. Viele NFL-Spieler investieren deswegen sechsstellige Summen pro Jahr in Physiotherapeuten, Akupunktur, Yoga oder mentales Training, manche machen sogar Ballett.

Das ist die Seite, die man als Spieler unter Kontrolle hat. Was man dagegen nicht – oder nur kaum – unter Kontrolle hat, sind Verletzungen, die im Spiel passieren. Man kann versuchen, das Verletzungsrisiko zu minimieren, zum Beispiel durch gezieltes Training der Beinachsen.

Den wichtigsten und sensibelsten Part, das Gehirn, kann man aber nicht trainieren. Man kann auch nicht seine Schädelplatten dicker bekommen, damit das Gehirn besser geschützt ist. Das Risiko, beim Football ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma, also eine Gehirnerschütterung, zu erleiden, bleibt weiter relativ hoch. Leider.

Experte Esume: Spieler müssen zum Thema Gehirnerschütterungen noch sorgfältiger aufgeklärt werden

Zwar hat die NFL durch Regeländerungen in der Vergangenheit viel getan, um die Spieler besser zu schützen, auch wenn es kürzlich den Eindruck vermittelt haben mag, dass es mit den Verletzungen wieder schlimmer geworden ist. Kopf-Kollisionen, die in der NFL an der Tagesordnung waren, sind mittlerweile verboten.

Was kann man noch tun? Vielleicht lässt sich Football über spezielles Equipment noch etwas sicherer gestalten, indem man etwa die Helme weiterentwickelt. Wichtig finde ich außerdem, dass die Spieler zum Thema Gehirnerschütterungen noch sorgfältiger aufgeklärt werden.

Ansonsten ist, was die Regularien angeht, nicht mehr viel zu machen, ohne das Spiel in seinen Grundzügen zu verändern. Denn Football ist immer noch Football, und man muss sich fragen, ob man den Sport mit all den Risiken machen will oder nicht. Und wir wollen alle das große Entertainment sehen.

Krankenversicherung in der NFL erst ab drittem Jahr – Coach Esume: "Muss man die Spieler nicht von Tag eins an absichern?"

Damit einher geht zwangsläufig ein gewisses Risiko – siehe den Fall von Damar Hamlin von den Buffalo Bills, der im Spiel gegen die Cincinnati Bengals nach einem Tackle auf dem Feld wiederbelebt werden musste, danach im künstlichen Koma lag und mittlerweile Gott sei Dank auf dem Weg der Besserung ist. Er ist erst in seinem zweiten NFL-Jahr – doch erst nach dem dritten stehen ihm überhaupt so etwas wie Krankenversicherung und eine Pension sowie weitere Benefits zu. Wenn er Glück hat, kommt er ohne Spätfolgen davon, aber wenn nicht: Wer kommt dafür auf?

Ich frage mich: Muss man nicht anders auf die Athleten blicken, die das Risiko eingehen, sich in ihrem Beruf schwere Langzeitschäden zuzuziehen? Muss man die nicht von Tag eins an schon absichern? Wenn Karrieren nur so kurz währen, muss man sich nicht wundern, wenn Spieler das Ganze immer mehr als Business sehen.

Patrick Esume: Im Football kann jeder Spielzug dein letzter sein!

In Zukunft wird sich, da bin ich mir sicher, etwas tun im Hinblick auf die Verträge der NFL-Spieler. Es gibt schon jetzt immer mehr garantierte Verträge, damit sie die Sicherheit haben, falls sie sich verletzen – und das war’s dann. Im Football heißt es ja: „Any play can be your last play.“ Jeder Spielzug kann dein letzter sein.

 


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