Trotz bitterer Enttäuschung: Ski-Star Shiffrin zeigt nach Sturz ihre wahre sportliche Größe
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Mikaela Shiffrin hätte in ihrem ersten Olympia-Rennen als eine der besten alpinen Skiläuferinnen aller Zeiten in die Geschichte eingehen können. Aber im Riesenslalom stürzte die US-Amerikanerin elf Sekunden und fünf Schwünge nach dem Start. Für einen Moment war dieses Moment noch nervenaufreibender, als wenn sie gewonnen hätte.
Shiffrin war die große Topfavoritin. Alle Statistiken sprachen vor dem Riesenslalom für sie. Aber Shiffrin ist kein Computer. Sie ist verletzlich und geht offen damit um, wie es nur wenige große Athleten tun und getan haben. Shiffrin hat psychologische Probleme. Sie weiß das. Alle wissen das. Warum soll sie davor weglaufen?
"Ich werde nie darüber hinwegkommen", erklärte Shiffrin den Reportern nach ihrem bitteren Aus in der Mixed Zone. "Ich bin noch nie über etwas hinweggekommen. Ich weiß noch, wie weh es tat, als ich ich vor vier Jahren auf dem Kronplatz ausschied. Ich bin vor den letzten Olympischen Spielen gestürzt und ich erinnere mich, dass es mir das Herz gebrochen hat. Es war nicht einmal bei den Olympischen Spielen."
Nach ihrem Rennen in Südtirol am Kronplatz bestritt Shiffrin 30 Riesenslalom-Rennen. 29 Mal ist Shiffrin unter den ersten Sieben gelandet. Was ihr bei Olympia gerade passiert ist, passiert ansonsten eigentlich nie. Aber es ist geschehen.
Mikaela Shiffrin: "Ich muss den Pausenknopf drücken"
Am kommenden Mittwoch tritt die US-Amerikanerin im Slalom an. In dieser Disziplin hatte sie 2014 olympisches Gold gewonnen. Der Druck auf ihren Schultern wird nicht geringer, denn ihre gesamten Olympischen Spiele in Peking hängen jetzt von diesem Rennen ab.
Ski alpin ist nicht nur eine physische Herausforderung, dieser Sport verlangt vor allem auch mentale Stärke. Ski alpin ist ein Wettbewerb, wo es darum geht, wer am schnellsten fahren kann ohne zu stürzen. Aber der Sturz im Riesenslalom steckt bei Shiffrin im Kopf.
Einige Athleten ziehen aus Rückschlägen neue Stärke, können negative Erlebnisse schnell verdrängen. Bei Shiffrin ist das etwas anders. Sie zieht neue Kraft, erinnert sich aber an jede Enttäuschung.
"Ich komme nie darüber hinweg", wiederholte sie noch einmal. "Und ich werde auch nie über diesen Sturz hier hinwegkommen. Aber ich muss einfach den Pausenknopf drücken, um die Emotionen auszublenden und um mich nicht mehr damit zu beschäftigen, weil das einfach zu viel Energie kostet."
Shiffrin geht bei fast jedem Rennen als Favoritin an den Start. Sie ist sich den Erwartungen bewusst, die andere an sie stellen. Sie denkt sich Schlagzeilen schneller aus als die meisten Redakteure. Nach dem Sturz am Kronplatz sagte sie: "Ich sehe es vor meinem geistigen Auge: ‘Mikaela Shiffrin strauchelt vor den Olympischen Spielen.’" Dieses Mal sprach sie alles aus, bevor es andere taten.
"Ich denke, es werden eine Menge Fragen gestellt werden", sagte sie, "und ich denke, viele Leute werden sagen: ‘Was ist die ganze Zeit schief gelaufen?’"
Riesige Enttäuschung bei Ski-Star Shiffrin
"Wir können nach Sölden [im Oktober] zurückblicken, als ich Rückenprobleme hatte und nicht trainieren konnte. Wir können auf die zehn Tage schauen, die ich in Quarantäne verbringen musste und das Training verpasste. Wir können während der Saison viele verschiedene Punkte aufzählen, denen wir die Schuld geben können. Aber ich denke, am einfachsten ist es zu sagen, dass ich ein paar gute Schwünge gefahren bin und bei einem Schwung nicht aufgepasst habe. Dafür habe ich mit dem Sturz einen hohen Preis bezahlt."
Shiffrin zeigte in diesem schweren Moment wahre sportliche Größe, denn sie schob den Fehler nicht auf die künstliche Schneeoberfläche der Strecke: "Ich habe das Gefühl, dass die Strecke unglaublich ist." Aber Shiffrin analysierte auch, dass die vereiste Oberfläche beim Rennen im Riesenslalom weniger Fehler verzeiht als zuvor im Training. Die Bedingungen hatten sich geändert. Daran müssen sich alle Skifahrer anpassen.
"Ich habe im Training viel Zeit damit verbracht, an meiner Technik und Taktik zu arbeiten, um das Risiko eines Sturzes zu begrenzen", fügte Shiffrin an. “Und wissen Sie, das war kein besonders böser Sturz. Es war nicht sehr aufregend, was eigentlich gut ist."
Shiffrin lachte.
"Ich hatte das Gefühl, dass ich wirklich die richtige Mentalität hatte. Eigentlich bin ich stolz auf diese fünf Schwünge, aber ja, die Enttäuschung ist groß."
Einen Rückschlag im Kampf um die Olympia-Medaillen erlebte auch ihr Freund, der norwegische Skifahrer Aleksander Kilde. In der Abfahrt kam er lediglich auf Rang fünf. Eine Enttäuschung für den Skandinavier. "Es ist schade, im Rennen auszuscheiden. Aber das ist auch Teil des Spiels. Ich habe mit ihr gesprochen und sie nimmt es gut auf", erklärte Kilde mit Blick auf das Aus von Shiffrin.
"Ich werde jetzt nicht weinen, weil das nur Energieverschwendung ist. Meine beste Chance für die nächsten Rennen ist, nach vorne zu schauen und mich neu zu konzentrieren. Ich habe das Gefühl, dass ich in einer guten Position bin, um das zu tun."
Ihr Ziel ist es, dass sie sich im Slalom rehabilitieren kann. Wenn sie Erfolg haben will, muss sie das Geschehene jetzt schnell in positive Energie verwandeln. Aufgrund ihrer Erfahrung wird sie das schaffen. "Es baut sich einfach auf und geht nie weg. Aber ich glaube, das ist es, was mich antreibt", stellt Shiffrin klar.
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