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Special Olympics World Games: Für dieses Ziel kämpfen Sportler und Veranstalter

Die Special Olympics World Games 2023 stehen unter einem besonderen Stern. Bei den Wettkämpfen im Berliner Olympiastadion soll Inklusion zu einer Selbstverständlichkeit - und die Welt, wie es Nelson Mandela einmal sagte, ein bisschen besser werden.

Special Olympics World Games 2023 in Berlin
Credit: Getty Images

Der Sport, so sagte es Nelson Mandela einst, habe die Kraft die Welt zu verändern. Dieser Satz, seither viel zitiert, ist so richtig wie abstrakt. Denn „die Welt verändern“, wie soll das gehen? Und wo genau packt man an?

Wie es nicht geht, oder zumindest nicht im Sinne Nelson Mandelas, konnten wir im Rahmen einiger Großveranstaltungen des vergangenen Jahres sehen. Das Stichwort hierzu lautet „Sportswashing“. Darauf wollen wir an dieser Stelle aber nicht weiter eingehen. Zu freudig ist der Anlass dieses Textes, zu gut die Intention des Events, das gerade in Berlin stattfindet: Die Special Olympics World Games, wo 7000 Athleten und Athletinnen mit geistiger und mehrfacher Behinderung aus 190 Ländern sich in 26 Sportarten – von Badminton über Geräteturnen bis Reiten – messen. Es ist das größte inklusive Sportfest der Welt und die größte Sportveranstaltung in Deutschland seit Olympia 1972. Gefeiert wird bis zum 25. Juni das weitaus Beste am Sport: seine Fähigkeit nämlich, Menschen einander näher zu bringen und ihnen dabei auch noch ein Lächeln aufs verschwitzte Gesicht zu zaubern. Inklusion „in motion“, sozusagen.

Special-Olympics-Initiative „Unified Generation“ - gemeinsam ohne Barrieren

Für dieses Ziel, die Welt mithilfe des Sports zu einer inklusiveren zu machen, arbeiten auch Louis Kleemeyer und Bettina Lehmann aus dem Organisations-Team der Special Olympics World Games 2023. Lehmann freut sich im Vorfeld der Weltspiele in Berlin „darauf, dass wir eine solche Präsenz in der Öffentlichkeit bekommen und man in Berlin und von jedem anderen Ort aus mitfiebern und Inklusion erleben kann.“

Was sie meint, ist der große mediale Zuspruch, den das Event in den kommenden Tagen erfahren wird. Der Pay-TV-Sender Sky wird live und umfangreich von den Events in Berlin berichten. Außerdem werden neben ARD und ZDF auch RTL, DAZN, Amazon, Telekom und weitere Sendeanstalten, beziehungsweise Streaming-Plattformen Highlight-Zusammenfassungen von den Spielen und andere Inhalte zum Thema Special Olympics bereitstellen. In den USA konnte ESPN als prominenter Medienpartner gewonnen werden.

Bettina Lehmann ist seit über drei Jahren hauptamtlich bei Special Olympics tätig. Als „Senior Manager Youth, Education, Schools, Science“ kümmert sie sich gemeinsam mit ihrem Team unter anderem um die Special-Olympics-Initiative „Unified Generation“, sagt: „Durch die Kombination von event-spezifischen und event-unabhängigen Projekten ist uns in den letzten drei Jahren wahrlich nicht langweilig geworden.“ Entsprechend weitläufig ist ihr Aufgabenfeld bei Special Olympics. „Unified Generation“, so schreibt es Special Olympics auf seiner Website, „sind junge Menschen mit unterschiedlichen Talenten und Fähigkeiten, die gemeinsam ohne Barrieren aufwachsen." Dabei gehe es vor allem darum, Barrieren in den Köpfen zu lösen. Lehmann sagt: „Finden Begegnungen zwischen Menschen mit und ohne geistige Behinderung in jungen Jahren statt, prägen diese ganz essenziell für das weitere Leben.“ Zusammen mit ihrem Team arbeitet sie deshalb mit Schulen, Vereinen und anderen Organisationen zusammen, entwirft „Lehr- und Lernmaterial, das zu inklusiven Begegnungen in- und außerhalb des Sports inspiriert“ und organisierte im Vorfeld der Weltspiele den Global Youth Leadership Summit und anderer Kongressformate, die im Rahmen der World Games stattfinden und ihren Teilnehmern und Teilnehmerinnen die Chance zu Austausch und Informationsgewinn bieten.

Integration von Menschen mit Behinderung in selbstbestimmtes Leben

Bettina Lehmann ist seit 2008 für Special Olympics tätig, damals fand an ihrer Schule ein internationales, sogenanntes Unified Volleyball-Turnier statt, bei dem Menschen mit Behinderung im Team mit Menschen ohne Behinderung spielen. Lehmann gestaltete das Event damals mit und kann das ehrenamtliche Engagement bei Special Olympics seither nur empfehlen, sagt: „Special Olympics hat mir die Möglichkeit gegeben einen besonderen Blick auf die Gesellschaft zu entwickeln und ganz wundervolle Menschen auf dem Weg kennenzulernen.“ 

Wer mehr über „Unified Generation“ und andere Programme von Special Olympics erfahren möchte, solle, so Bettina Lehmann, „neben den Wettbewerben auch unbedingt an einen unserer ‚Unified Generation‘-Stände auf den Special Olympics Festivals kommen.“

Um die Organisation ebendieser Festivals kümmert sich bei den World Games 2023 unter anderem Louis Kleemeyer. Dass der 22-Jährige seit frühester Kindheit mit einer Lernbehinderung lebt – Kleemeyer erklärt: „Ich wurde mit Atemproblemen geboren und musste nach meiner Geburt für kurze Zeit eine Beatmungsmaske tragen. Dies führte zu einer Sprachbehinderung, da einige Zellen in meinem Gehirn nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt wurden.“ – und ihm die Arbeitsagentur empfahl, in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung zu arbeiten, hat ihn nicht daran gehindert, sowohl die Ausbildung zum Fachpraktiker für IT-Systeme abzuschließen als auch das Start-up „Unique United“ zu gründen. Eine, so beschreibt es Kleemeyer auf seiner Website selbst, „einzigartige Zentral-Plattform von Menschen mit Behinderung für Menschen mit Behinderung“, die die Integration von Menschen mit Behinderung in ein leichtes und selbstbestimmtes Leben zum Ziel hat. Außerdem berät Kleemeyer Unternehmen im Bereich Barrierefreiheit und Inklusion.

Louis Kleemeyer ist ein Glücksfall für Special Olympics World Games

Seit November 2021 ist er neben seinen zahlreichen anderen Tätigkeiten auch im Orga-Team der Special Olympics World Games 2023 tätig, und zwar in der Abteilung für außersportliche Events. „Das ist der Bereich“, sagt Kleemeyer, „in dem die großen Events rund um die World Games umgesetzt werden. Diese Events sind Festivals und Kulturprogramme, die von den Athlet:innen und für Athlet:innen gemacht werden. Dazu gehört auch die Athlet:innenparty, bei der alle Athlet:innen und Volunteers zusammen feiern, sich kennenlernen und sogar gemeinsam tanzen.“ Das, so Kleemeyer, sei gelebte Inklusion. Und die findet bis zum 25. Juni an vielen verschiedenen Orten und Formen in Berlin statt – mehr dazu hier.

Louis Kleemeyer
Louis Kleemeyer
Credit: Sports Illustrated
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Dass Louis Kleemeyer seine Expertise im Orga-Team der World Games 2023 einbringt, ist ein Glücksfall für seine Kolleg:innen. Denn genauso gut hätte er als Athlet antreten können. Denn Kleemeyer ist Tennisspieler, gewann sogar Gold bei den Nationalen Spielen der Special Olympics 2022. Ob es ihn gereizt hätte, bei den World Games selbst den Schläger zu schwingen? Kleemeyer sagt: „Es wäre mega gewesen, in meinem eigenen Land spielen zu können. Aber als Athlet:in kann man einmal die großen World Games als Spieler miterleben, danach pausiert man die nächsten zwei World Games, damit auch andere teilnehmen können. Deswegen möchte ich gerne die Chance nutzen, außerhalb Deutschlands bei den nächsten Special Olympics World Games 2027, die vielleicht in Australien stattfinden, dabei zu sein."

Derzeit legt Kleemeyer sein Augenmerk darauf, „meine zwölfjährige Erfahrung als Athlet von Special Olympics in die World Games einfließen zu lassen, um die besten Spiele für Athlet:innen mitzuentwickeln.“ 

Nike unterstützt Special Olympics World Games

Seine sportlichen Ambitionen ruhen wegen seiner aktuellen Tätigkeit keineswegs. Zwei bis drei Mal die Woche spiele er Tennis, gerne auch im Unified-Doppel mit seinem Bruder. Aber Tennis, sagt Kleemeyer, „ist nicht mein einziger Sport. Ich mache jeden Morgen Yoga, zudem fahre ich mit dem Fahrrad immer zur Arbeit und ein bis zwei Mal pro Woche gehe ich ins Fitnessstudio, für den Ausgleich der verschiedenen Ansprüche der Muskeln.“ Louis Kleemeyer ist also, obgleich gerade Funktionär, nach wie vor Athlet durch und durch. 

Dass der Sport uns allen gehört, nicht nur jenen, die besonders stark oder schnell sind, ist eine der Botschaften, die von den Special Olympics World Games 2023 ausgehen. Und die unter anderem auch Sportartikel-Gigant Nike mitträgt. Der nämlich, ging vor kurzem eine Partnerschaft mit Special Olympics ein. Jannine Bardouille, Direktorin des Inclusive Community Portfolios bei Nike, zuständig für Europa, den Mittleren und Nahen Osten und Afrika, sagt zur Partnerschaft: „Unsere Investition in die Initiative ‚Special Olympics, Unified Generation‘ baut auf dem unglaublichen Geist der Weltspiele auf, und wir möchten die nächste Generation von Athlet:innen – mit und ohne Behinderung – stärken und aktiv in die transformative Wirkung des Sports miteinbeziehen. Wir freuen uns schon, die Auswirkungen dieses Programms für alle Athlet:innen der Zukunft sehen zu können." 

"Das Ziel von Nike ist es, gleichberechtigte, aktivere und integrativere Communities aufzubauen und zu unterstützen. Die Special Olympics World Games sind eine unglaubliche Plattform, um zu zeigen, wie Sport mehr Verständnis und Verbundenheit schaffen kann“, sagt Bardouille.

Inklusion soll bald selbstverständlich sein

„Unified Generation“ ist jenes Programm der Special Olympics, dessen Förderung sich Nike ganz besonders verschrieben hat. Der Sport als wohl größter gemeinsamer Nenner und Inklusions-Treiber, den unsere Gesellschaft kennt, soll allen Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung zugänglich werden. Ein Ziel, das, so zeigt es die Realität, noch lange nicht erreicht ist und noch eine Menge Arbeit erfordert. Das Engagement globaler Unternehmen verleiht der Arbeit von Special Olympics durch finanzielle Mittel und Publicity entscheidenden Rückenwind. „Gemeinsam mit Nike“, so sagt Bettina Lehmann, „möchten wir natürlich auch über unser Event hinaus an den inklusiven Sportangeboten für junge Menschen arbeiten. Dafür bauen wir unsere bestehenden Projekte und Schulungen weiter aus.“

Bettina Lehmann, Louis Kleemeyer und ihre Kolleg:innen von Special Olympics werden also auch über die Weltspiele hinaus für mehr Anerkennung und gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit geistiger Behinderung kämpfen. Solange, bis es das alles hoffentlich nicht mehr braucht. Lehmann wünscht sich für eine inklusive Zukunft „viele Sportangebote für alle und jede:n, sodass man nicht nur die Wahl hat, unterschiedliche Sportarten auszuüben, sondern auch Spaß an der Bewegung finden kann und Begegnungen ganz natürlich stattfinden. Dann müssen wir irgendwann auch nicht mehr über Inklusion sprechen, weil es einfach selbstverständlich ist."

Auf dem Weg hin zu dieser Selbstverständlichkeit wären erfolgreiche Special Olympics World Games 2023 ein wichtiger Meilenstein. Bis zum 25. Juni treten Athlet:innen mit geistiger und mehrfacher Behinderung miteinander in besagten 26 Sportarten an verschiedenen Orten in Berlin an. Tickets gibt’s übrigens hier.

Denn wer Zeit findet, sollte sich das ansehen, live vor Ort in Berlin, im TV oder den Mediatheken, um jene Seite des Sports zu erleben, die man in den vergangenen Jahren beinahe hätte vergessen können.

Sport hat die Kraft die Welt zu verändern. Bei den Special Olympics World Games wagt man wieder, an Mandelas Worte zu glauben.

 

 


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