Formel 1 auf dem Wasser: Wie Alinghi den Americas Cup 2024 gewinnen will
- Americas Cup 2024: Team Alinghi Red Bull trainiert in Barcelona
- Sports Illustrated blickt hinter den Kulissen von Alinghi Red Bull
- Segel-Highspeed! Formel 1 auf dem Wasser mit 100 km/h
Wie ein Pfeil fliegt das Segelboot vom Team Alinghi Red Bull heran. Der Wind weht an diesem Tag vor der Küste Barcelonas perfekt, um Highspeed-Fahrten und Wendemanöver zu trainieren. Knapp 50 Meter vor einer orangen Boje kippt der rechte Foil-Arm elegant und fast lautlos ins Wasser – eine Art Stütze, damit das Rennboot seine Balance nicht verliert.
Etwas Gischt spritzt auf. Es folgt eine schnelle Kurve nach rechts, und das Rennboot der Klasse AC40 pflügt mit hoher Geschwindigkeit weiter durchs Wasser. Bis zu vier Stunden täglich trainiert das Team Alinghi Red Bull auf dem Wasser, unter der Voraussetzung, dass die Windgeschwindigkeit mindestens sechs Knoten (etwa 11 km/h) beträgt.
America´s Cup: Rennen 2024 findet in Barcelona statt
Hier, an der Costa Brava, wird im kommenden Jahr die 37. Ausgabe des America’s Cup stattfinden. Meistens geht es im Training mit dem kleinen Boot – der AC40 – hinaus, auf dem nur vier Segler Platz haben. Dann können die Menschen am Strand von Barcelona die Segelmanöver hautnah verfolgen, wenn das Boot etwa drei bis vier Kilometer vor der Küste seine Kreise zieht. Manchmal bekommen die Zuschauer aber auch das große Boot der Klasse AC75 zu sehen. Mit diesem Typ und acht Mann Besatzung wird der America’s Cup, das legendärste Segelrennen der Welt, im Herbst 2024 ausgetragen.
Wobei man bei dieser Sportart fast nicht mehr von Segeln sprechen kann – Fliegen wäre passender. Wenn die Segler mit ihrem Boot die optimale Position erreicht haben, schwebt der Rumpf etwa einen Meter über der Wasserkante. Einzig das Steuerruder hinten und einer der beiden Foil-Arme stehen mit dem Wasser in Kontakt. Reibung und Widerstand sind so auf ein Minimum reduziert, um Geschwindigkeiten von bis zu 100 km/h zu erreichen.
America's Cup: Alinghi Red Bull will um Sieg mitkämpfen
Um die Hightech-Geschosse noch schneller zu machen, ist die Größe der Crew beim America’s Cup von elf auf acht Personen reduziert worden. Außerdem sind die Segelboote etwa 900 Kilogramm leichter. "Das AC75-Boot ist ein echtes Biest", sagt der Schweizer Yves Detrey in Barcelona. Er ist einer der erfahrensten Segler der Welt. Für den 44-Jährigen wird es im nächsten Jahr die fünfte Teilnahme am America’s Cup sein.
Bereits vor 20 Jahren war Detrey dabei, als Alinghi 2003 Geschichte schrieb. Die Schweiz war das erste Land aus Europa, das neben den USA, Australien und Neuseeland das älteste und bedeutendste Segelrennen der Welt gewann. Nach den Triumphen 2003 und 2007 sowie der Teilnahme 2010 ist Alinghi wieder zurück, diesmal unterstützt von Red Bull und der Schweizer Uhrenmarke Tudor.
"Da Alinghi Red Bull Racing ein Schweizer Team einem Schweizer Boot ist, halten wir es für eine perfekte Ergänzung für uns als Schweizer Unternehmen, unsere Kräfte zu bündeln", sagt Tudor-CEO Éric Pirson über das Engagement beim America’s Cup, einer der legendärsten internationalen Sporttrophäen der Geschichte. Die berühmte Silberkanne wurde erstmals 1851 vergeben. Damals sahen die Boote komplett anders aus. Heute sind es hochtechnologische Maschinen, die sich mit der neuesten Luft- und Raumfahrttechnik messen können.
Alinghi baut neuen Formel-1-Boliden fürs Wasser
Technik und Design sind so weit vorangeschritten, dass die Boote viermal schneller sind als der Wind. Allein in der Design-Abteilung von Alinghi sind fast 50 Mitarbeiter beschäftigt, die in engem Austausch mit dem Formel-1-Team von Red Bull stehen. Bei der Präsentation desneuen Alinghi-Teams im Jahr 2021 wurde Red-Bull-Racing-Chef Christian Horner live per Satellit zugeschaltet. Die Parallelen sind klar erkennbar, das Team Alinghi Red Bull entwickelt einen Formel-1-Boliden fürs Wasser. Dafür kauften die Schweizer extra das "Boat- Zero", um es für Trainingszwecke in Barcelona zu verwenden.
Früher hieß dieses Segelboot "Te Aihe". Es war im Besitz des Titelverteidigers Emirates Team New Zealand und der erste AC75, der jemals zu Wasser gelassen wurde. Dieses Boot steht – verdeckt von einer riesigen Plane – in einem riesigen Hangar im Hafen von Barcelona. Nur die Spitze schaut heraus. Das neue, eigene Boot für den America’s Cup 2024 entwickeln die Schweizer in Ecublens am Genfer See, wo das Team seinen Sitz hat. Es soll im April 2024 fertig werden. Unterdessen laufen Training und Entwicklungen auf Hochtouren. Zwar sind einige Elemente wie der 26,5 Meter hohe Mast in der AC75-Klasse, die Takelage, die Foil-Arme und die Hydraulik an Bord vorgegeben. Ansonsten ist der Gestaltungsspielraum groß, um den anderen Teams im Rennen immer eine Nasenlänge voraus zu sein.
Alinghi-Segler: "Das geht bis an die Grenze der Erschöpfung"
Eines der wichtigsten Elemente sind die Foils. Diese funktionieren wie die Tragflächen am Flugzeug und sind jeweils an den Enden der beiden Foils-Arme auf der linken und rechten Seite des Bootes angebracht. Diese werden in der AC75 manuell bedient. Im Vergleich zum letzten Rennen 2021 in Auckland sind die neuen Foils größer, um den Booten einen besseren Auftrieb und einen schnellen "Flug" übers Wasser zu ermöglichen.
Beim 37. America’s Cup kehren auch die Cyclors zurück, die per Fahrradkraft für Strom an Bord sorgen müssen, um die hydraulischen Systeme zu unterstützen. Dafür hat sich das Team Alinghi mit Augustin Maillefer einen Olympia-Ruderer geholt, der viel Kraft und Ausdauer besitzt . "Wir treten auf dem Boot in die Pedale, um die nötige Energie zu erzeugen. Das geht bis an die Grenze der Erschöpfung", sagt der 29-Jährige. Zusammen mit der Power-Group befüllt er den Batterie-Speicher. Um die Navigation und die Steuerung des Bootes kümmert sich die Driving-Group um Detrey.
Jeder Tag auf dem Wasser zählt, denn die Konkurrenz in der Vorrunde ist stark. Neben dem Team Alinghi Red Bull (Schweiz) kämpfen INEOS Britannia (Großbritannien), Luna Rossa Prada Pirelli (Italien), American Magic New York Yacht Club (USA) sowie das Team L’Orient Express (Frankreich) ab August des kommenden Jahres um den Einzug ins Finale, das am 12. Oktober 2024 gestartet wird.
Nur ein Team wird gegen Titelverteidiger Emirates Team New Zealand antreten dürfen. Alle anderen fahren nach Hause. „Wir waren das erste Team hier in Barcelona und wollen bis zum Schluss bleiben. Wir möchten mit Alinghi den America’s Cup zum dritten Mal gewinnen“, sagt Detrey, dessen Team ein Budget von etwa 100 Millionen Euro zur Verfügung haben soll. Für dieses Ziel trainiert Alinghi hart, übt spektakuläre Highspeed- Fahrten und Wendemanöver – um die orangen Bojen perfekt zu umkreisen und das Segelboot wie einen Formel-1-Renner übers Wasser fliegen zu lassen.
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