Fußball

Jeder kann zaubern, keiner knipsen: Warum Deutschland die Mittelstürmer fehlen

Gerd Müller, Jürgen Klinsmann, Miroslav Klose: sie alle spielen nicht mehr. Daher rührt die Misere, der sich unser Kolumnist Manuel Baum diesmal in seiner Kolumne widmet: Deutschland hat derzeit keinen einzigen Weltklasse-Mittelstürmer. Woran liegt das?

Fußball-Experte Manuel Baum
Credit: Imago
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Inhalt

  • Manuel Baum: Darum fehlen Deutschland die Mittelstürmer
  • SI-Experte Baum: "Haben aktuell keinen deutschen Weltklasse-Mittelstürmer"
  • Die Kolumne von Manuel Baum und mehr lesen Sie in der neuen Sports Illustrated

Z U E R S T  M U S S  M A N zwischen den drei wichtigsten Stürmer-Typen unterscheiden: Es gibt Außenstürmer wie Serge Gnabry, dann die „falsche Neun“, wie sie Kai Havertz bei der WM im DFB-Team gespielt hat, und den klassischen Mittelstürmer, den Neuner. In der Mannschaft von Bundestrainer Hansi Flick war das Niclas Füllkrug.

Jeder der drei Typen nimmt unterschiedliche Rollen im Sturm ein. Der klassische Neuner soll die tiefste Position im Spiel haben, die beiden Innenverteidiger binden, ist meistens für die Ballsicherung zuständig. Wenn man sich das Zweikampfverhalten dieses Stürmers ansieht, kommt er meist in Duelle, bei denen er mit dem Rücken zum Tor steht – im Gegensatz zu den anderen beiden Typen, die vor allem in Zweikämpfe verwickelt werden, wenn sie Richtung Tor laufen.

Manuel Baum: Der letzte echte Weltklasse-Neuner war Miro Klose. Den Kindern fehlen die Vorbilder

Ein weiteres Merkmal des Neuners: Der Strafraum beziehungsweise der torgefährliche Bereich ist sein Zuhause. Seine physischen Merkmale: Er ist groß, kräftig und überdurchschnittlich abschlussstark – nicht nur mit dem Fuß, sondern auch mit dem Kopf. Warum haben wir aktuell so wenige klassische Neuner im deutschen Fußball? 

Ein Grund: Kinder eifern in der Regel dem besten Spieler ihres Heimatlandes nach. Das fällt aktuell weg, da wir keinen deutschen Weltklasse-Mittelstürmer – wie früher zum Beispiel Miroslav Klose – haben. Wenn man sich mit ehemaligen, abschlussstarken Topstürmern unterhält, fällt auf: Das Thema Abschlüsse ist sehr stark eigenmotiviert. Der Spieler muss außerhalb des Trainings extrem viel trainieren, um sich die Qualität selbst zu erarbeiten. 

Miroslav Klose, Trainer SCR Altach
Miroslav Klose war Deutschlands bislang letzter Weltklasse-Mittelstürmer. Mittlerweile ist er Trainer beim SCR Altach in Österreich.
Credit: Getty Images
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In unserer Struktur fällt das fast weg, weil entweder die Zeit fehlt oder die Spieler offensichtlich keine Eigenmotivation an den Tag legen, um sich damit zu beschäftigen. Patrick Helmes zum Beispiel hat das als Jugendspieler geübt, indem er auf alle möglichen Untergründe ein Holztor gestellt hat und dann Abschlüsse übte. Nicht umsonst war er einer der abschlussstärksten Stürmer, die wir zu seiner Zeit in der Bundesliga hatten. Wenn man sich das Jugendtraining im Moment ansieht, stellt man dagegen fest, dass kaum Abschlüsse trainiert werden.

Sports-Illustrated-Kolumnist Baum: "Ohne echten Mittelstürmer gewinnt man keinen Titel"

Ein weiterer Punkt, der fehlt: das gezielte, positionsspezifische Training. Wenn sich in der Jugend herausstellt, dass ein Spieler auf einer bestimmten Position überdurchschnittlich talentiert ist, wird zu wenig individuell gearbeitet.

Ich glaube aber: Ohne echten Mittelstürmer gewinnt man keinen Titel. Man hat das bei der WM bei den Franzosen gesehen, die Olivier Giroud vorn drin hatten. Bei den Argentiniern war es Julian Alvarez von ManCity. Aus meiner Sicht ist es ganz wichtig für die Zukunft, dass wir wieder einen (oder mehrere) Neuner auf Topniveau haben. Unsere Ausbildung beinhaltet viel Ballbesitz, Passspiel, Dribbling – auf dieser Basis muss für alle Stürmertypen unbedingt das Thema Abschluss in sämtlichen Varianten (Schusstechniken, Abschluss direkt oder mit mehreren Kontakten, aus unterschiedlichen Distanzen und Winkeln ...) ins Training integriert werden. Fehlt dieser Bereich in der spezifischen Ausbildung, lassen sich Stürmer, die wir dringend bräuchten, ganz schwer entwickeln.

 

 


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