Frage an den Trainer

Manuel Baum: Trainer in Deutschland haben es viel schwerer als in England

Manuel Baum ist Fußball-Experte und Unternehmer. Der 43-Jährige war Bundesliga-Coach beim FC Schalke 04 sowie dem FC Augsburg. In seiner Sports-Illustrated-Kolumne spricht er über einen entscheidenden Nachteil deutscher Trainer, den es in England nicht gibt.

Ex-Budesliga-Trainer Manuel Baum schreibt in seiner Sports-Illustrated-Kolumne
Credit: Imago
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Inhalt

  • Manuel Baum: Nicht nur sportliche Ergebnisse ausschlaggebend
  • Baum über Erwartungshaltung an Trainer: "Anforderungen steigen ständig"
  • System in England: "Der Manager steht vor anderen Herausforderungen"

Schaut man sich die letzten vier Spielzeiten in der Bundesliga an, gab es insgesamt 41 unfreiwillige Trainerwechsel. Heißt: Etwa alle ein, zwei Monate wurde ein Trainer freigestellt. In der aktuellen Spielzeit starteten sieben Mannschaften mit einem neuen Coach – fast 40 Prozent aller Vereine. Verbindet man Trainerwechsel in der Regel mit tabellarischem Misserfolg, ist dieses Muster nicht mehr ausnahmslos zu erkennen. Aufsteiger FC Schalke 04 geht genauso wie der letztjährige Tabellenzweite Borussia Dortmund mit einem neuen Übungsleiter in die Saison.

Doch warum wechseln die Vereine ihre Trainer immer schneller? Neben schlechten Ergebnissen werden etwa Gründe wie fehlende Entwicklung von Spielern, unterschiedliche Auffassung in der Spielphilosophie und Konflikte mit sportlichen Vorgesetzten aufgeführt. Wirtschaftlich lässt sich das so erklären: Es handelt sich um einen statischen Markt – die Anzahl der Mannschaften in der Liga bleibt gleich. Aber die Anzahl der Trainer, die auf dem Markt sind, steigt stetig.

Manuel Bauem: Mehr potenzielle Konfliktfelder

Außerdem hat sich in den vergangenen Jahren die Erwartungshaltung an das Kompetenzspektrum des Trainers extrem gewandelt. Die Anforderungen steigen stetig – das macht den Job fordernder, es ergeben sich mehr potenzielle Konfliktfelder. In den Trainerstäben wächst die Anzahl der Personen, die mit dem Team arbeiten: Co-Trainer, Sportpsychologe, Ernährungsberater, Analysten... Es sind mehr Menschen zu führen. Führung beinhaltet aber nicht nur das Sozial-Kommunikative, sondern auch eine fachliche Tiefe, um Wissen aus den einzelnen Abteilungen ins Training zu integrieren.

Hinzu kommt die personelle Kompetenz: Der Trainer sollte in der Lage sein, sich zu reflektieren, und vor der Mannschaft erholt und zufrieden wirken. Wichtig ist eine Aktivitäts- und Handlungskompetenz: eigeninitiativ sein und die Umsetzung von Wissen ins Handeln. Die Empfänger sind vielschichtig: sportliche Leitung, Trainerteam, Spieler.  

In England sind Coaches mehr Manager als klassischer Trainer

Ein Blick nach England: Dort steht der sogenannte Manager anderen Herausforderungen gegenüber. Meist gibt es einen Eigentümer eines Vereins, der im Austausch mit dem Trainer steht. Entscheidungen werden gemeinsam getroffen, der Trainer kommt häufig mit einem Vorschlag, der Eigentümer gibt die Entscheidung frei, etwa einen Transfer.

In Deutschland haben wir ein anderes Konstrukt. Es gibt einen Sportvorstand beziehungsweise Geschäftsführer, einen Sportdirektor, einen technischen Direktor, einen Leiter Kaderplanung – und einen Cheftrainer. Dadurch kann der Trainer seiner originären Aufgabe, das Training zu leiten, besser nachkommen. Nachteil: Es werden oft Entscheidungen getroffen, in die er nicht eingebunden ist.

Welches System besser ist? Diese Frage lässt sich nicht so leicht beantworten. Wenn die richtigen Menschen zusammenfinden, kann das deutsche System sehr gut funktionieren. In England hat man, wenn man ein gutes Team zusammenstellt, den gleichen Effekt. Grundsätzlich glaube ich: In Deutschland ist das Konfliktpotenzial größer als in England. Und der Einfluss des Trainers ist in England größer als in Deutschland. 

Haben Sie auch eine Frage an Manuel Baum? Dann schreiben Sie sie uns gerne per E-Mail an info@sportsillustrated.de.

 


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