FUSSBALL-WM 2022

Vom Hallodri zum Hoffnungsträger: Der holprige Aufstieg von Karim Adeyemi

Karim Adeyemi gehört zu den Shootingstars des deutschen Fußballs. Das war aber nicht immer so. Über den steinigen Aufstieg eines Wunderknabens, sein Versprechen gegen den FC Bayern München und wie ein Kuchen seine Karriere rettete. 

Der holprige Aufstieg von Karim Adeyemi
Credit: Jonathan Bartlett
  • Karim Adeyemi: Vom Lausbub zum Shootingstar
  • Schwere Zeit beim FC Bayern München - und Adeyemis Versprechen
  • Manni Schwabl und Co.: Adeyemis Aufstieg über die SpVgg Unterhaching

Karim Adeyemi hatte es im September 2021 in Stuttgart getragen, bei seinem Debüt in der Nationalmannschaft. Ein 6:0 gegen Ar­menien, Adeyemi kam knapp 20 Minuten vor Schluss aufs Feld, in der Nachspielzeit traf er zum Endstand. Das erste Länderspiel, das erste Tor, dazu der erste in diesem Jahrtau­send geborene Torschütze in der deutschen Nationalmannschaft. Nach so einem denk­würdigen Spiel hätte er das Trikot auch für immer behalten oder seinen Eltern geben können. Aber Adeyemi ging nach Abpfiff auf die Tribüne und schenkte es Manni Schwabl.

Seitdem hat das Leiberl beim Klubchef der SpVgg Unterhaching einen Ehrenplatz, in seinem Präsidentenbüro im ersten Stock der Geschäftsstelle. Gleich links neben der Tür, direkt unter einer gewaltigen Landkarte des Freistaats Bayern. Gewaschen hat Schwabl das sakrale Textil freilich nie, quer über das Leiberl ziehen sich dunkle Streifen. Schwä­bische Erde als Zeugnis eines historischen Abends, ein dreckiges Heiligtum. Schwabl nimmt das Trikot vom Haken und sagt: "Den Karim hat uns der Liebe Gott geschenkt." Vielleicht war es aber auch der FC Bayern.

Manni Schwabl (li.) und Marc Unterberger zeigen stolz das Trikot von Karim Adeyemi.
Manni Schwabl (li.) und Marc Unterberger zeigen stolz das Trikot von Karim Adeyemi.
Credit: Florian Kinast
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Es ist eine ganz besondere Geschichte, die­se Erzählung von Karim Adeyemi, dem Jung­nationalspieler, den die Bayern einst nicht mehr haben wollten. Der in Haching eine Heimat fand und in Manni Schwabl einen väterlichen Freund und strengen Erzieher. Der in Salzburg zum Profi reifte und nun in Dortmund eine neue Erfolgsära mitbegründen soll. Der Werdegang eines schwierigen Einzelgängers zum beliebten Mannschaftsspieler. Der Hallodri vom Hartplatz und sein Weg in die Bundesliga.

Karim Adeyemis erste Schritte: "Er war unser Adlerauge"

Die Spurensuche beginnt am Rand von München, beim TSV Forstenried, äußerster Südwesten der Stadt. Ein später Dienstagnachmittag, die Glocken der Andreaskirche nebenan schlagen viertel vor sechs, auf den Anlagen Gewusel. Mädchen der Leichtathletik-Abteilung sprinten aus den Startblöcken, auf den Rasenplätzen toben sich die Fußballer aus, langsam trudeln die Kicker der C-Jugend zum Training ein. Michele Baglieri sitzt auf einer Bank neben der Vereinsgaststätte "Tuttobene", mit seinem rechten Knie ist nichts mehr tutto bene, zwei verkorkste Operationen, Ärztepfusch, sagt er, ein anderes Thema.

Baglieri, heute Trainer der U14, betreute 2008 noch die G-Jugend, als eines Tages Sandra Manciulea und Abbey Adeyemi mit ihrem sechsjährigen Sohn Karim ankamen und ihn beim TSV anmeldeten. "So ein Talent wie ihn hatte ich bis dahin nicht gesehen", sagt Baglieri. "Und danach auch nicht mehr. Der Karim war ein Wunderknabe, und auf dem Platz war er überall." Dass er Situationen antizipieren und ein Spiel lesen konnte wie kein Zweiter, erzählt er. "Karim war unser Adlerauge."

Adeyemi wird vom FC Bayern gescoutet

Und ein Künstler am Ball, einmal schoss er einen Elfmeter mit überkreuzten Beinen ins Tor, der Rabona-Trick. Die nachahmenden Versuche seiner Mitspieler scheiterten allesamt kläglich. Ein Vorbild sei er gewesen, so wie auch die Eltern, die rumänische Mama und der Papa aus Nigeria, bei denen Baglieri immer wieder mal auf einen Kaffee vorbeischaute, in ihrer kleinen Wohnung kurz vor dem Waldrand am Forstenrieder Park.

Von "liebenswerten und hilfsbereiten Menschen" spricht Baglieri, die bei Vereinsfesten immer mithalfen. Und dass er schon bald ahnte, dass er nicht allzu viele Klubfeierlichkeiten mit ihnen beim TSV erleben würde. "Bei Karims Begabung war klar: Lange wird der nicht bei uns bleiben."

Es war 2010, bei einem Hallenturnier in Neuperlach, als Stefan Weckerle auf den nun achtjährigen Karim aufmerksam wurde. Weckerle war der U-9-Trainer des FC Bayern, und er sagt heute: "Das war einer der Spieler, die man nur zwei Minuten sehen muss, und schon weißt du: Den willst du unbedingt haben. Ein begnadeter Eins-gegen-eins-Spieler. Einer, der gerne zockt. Ein Spielertyp, den es leider viel zu selten gibt."

Weckerle ist heute Zweiter Vorstand des SpVgg 1906 Haidhausen, und wenn man ihn auf dem Vereinsgelände direkt neben dem Münchner Ostfriedhof zum Gespräch trifft, dann sieht man gleich hinter dem Kleinfeldplatz das Haus in der Zugspitzstraße, in dem Franz Beckenbauer als Kind aufwuchs. Die Sechser, das war der erste Klub des Kaisers.

 

 

 

FC Bayern und Adeyemi: Das passte nicht

Natürlich verließ der kleine Karim damals den TSV Forstenried. Wenn die Bayern rufen, keine Frage, so sahen das auch die Eltern. Doch aus der Hoffnung, all die Jugendabteilungen zu durchlaufen und am Ende bei den Profis zu spielen – so wie Schweinsteiger, Lahm, Müller –, daraus wurde nichts. Adeyemi und die Bayern, das war dann doch eine recht kurze Episode.

Über die Gründe, warum Karim schon nach einem Jahr den FC Bayern wieder verlassen musste, warum sie ihn einfach rauswarfen und er erst wieder zurück nach Forstenried ging, darüber wird viel erzählt. Meist fällt der Begriff Disziplinlosigkeit. Wenn man sich umhört, geht es um eine Beleidigung gegenüber einem Verantwortlichen, mal soll er einen Mitspieler in den Schwitzkasten genommen haben. Mal hätten Betreuer von ihm gefordert, er müsse sich die Haare schneiden, sonst dürfe er nicht mehr spielen.

Der chronisch knorrige und innerhalb des Klubs wegen seines ruppigen Umgangstons einst auch umstrittene Ex-NLZ-Leiter Hermann Gerland sagte einmal: "Karim hat sich nicht gut verhalten. Er hat einen Fehler gemacht. Aber ein Junge, der zehn oder elf Jahre alt ist, muss doch Fehler machen dürfen."

"Karim hatte bei den Bayern-Verantwortlichen keine Lobby"

Auch Weckerle, der die Bayern 2016 verließ, sagt: "In diesem Alter macht man eben auch mal Blödsinn. Kinder sind keine Maschinen. Aber Karim hatte bei den Verantwortlichen einfach keine Lobby wie manch andere Spieler. Wäre er bei Bayern geblieben, dann würde er heute in der ersten Mannschaft spielen. 100 Prozent." Aber so spielt er nun eben in Dortmund.

Stefan Weckerle, früher U-9-Trainer beim FC Bayern, holte Adeyemi 2010 zu Münchens Top-Klub
Stefan Weckerle, früher U-9-Trainer beim FC Bayern, holte Adeyemi 2010 zu Münchens Top-Klub.
Credit: Florian Kinast
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Einer der wohl entscheidenden Tage in der Karriere von Karim Adeyemi war ein ungemütlicher Sonntagnachmittag im Winter, Anfang 2012. "Graupelschauer und fünf Grad", erinnert sich Marc Unterberger, "am liebsten wäre ich auf der Wohnzimmercouch liegen geblieben." Aber der Juniorentrainer der SpVgg Unterhaching brauchte ja noch ein, zwei Spieler für seine U11, also raffte er sich auf, stieg ins Auto und fuhr die sechs Kilometer rüber nach Ottobrunn, 20 Jugendmannschaften spielten dort bei einem Turnier, darunter auch die E-Junioren des TSV Forstenried. "Und dann sah ich den Karim. Das war der absolute Wahnsinn."

Adeyemi: Zu rücksichtslos, zu unbeherrscht

Im Schneematsch sprach er Adeyemis Vater an und gab ihm seine Nummer. Doch auf einen Anruf wartete Unterberger vergeblich, und als er sich nach vier Wochen schon verfluchte, nicht selbst nach dem Kontakt der Familie gefragt zu haben, klingelte sein Handy. Karims Mutter Sandra fragte, wann denn Training sei. "Heute um 17 Uhr", erwiderte Unterberger. Um kurz vor fünf stand Karim auf dem Platz – der Beginn einer bewegten und prägenden Zeit.

Der Anfang sechs schwieriger Lehrjahre. Was dem jungen Adeyemi damals gefehlt habe, sagt Unterberger, war die Fähigkeit zu sozialer Bindung. Sich einzufügen in die Mannschaft, zu integrieren, das schaffte er nicht. Immer wieder fiel er negativ im Training auf, weil er zu rücksichtslos war, zu unbeherrscht.

Unterberger, heute Leiter des Hachinger Nachwuchsleistungszentrums, erzählt diese eine besondere Episode aus Karims erstem Jahr, als er nach einer Rempelei wieder einmal gegen einen Mitspieler nachtrat – und er als Coach ihn dazu verdonnerte, beim nächsten Training einen Kuchen für die gesamte Mannschaft als Entschuldigung mitzubringen. "Doch je mehr ich darüber nachdachte, desto bewusster wurde mir: Hält sich der Karim nicht an die Abmachung, verliert nicht nur er sein Gesicht, sondern auch ich."

Ein Kuchen als "Icebreaker"

Tags darauf passte Unterberger auf dem Fußweg von der S-Bahn zum Hachinger Sportpark Karim ab. "Natürlich hatte er keinen Kuchen dabei. Also drückte ich ihm einen Zehner in die Hand und sagte ihm, er solle da vorn im Supermarkt einen kaufen und dann in seinem Namen an die Mitspieler verteilen." Heute sagt Unterberger, dass das "der Icebreaker" war. "Dass der Junge mal das Gefühl hatte, da steht einer zu ihm und hilft ihm aus der Patsche." Und so wuchs Karim Adeyemi allmählich hinein in sein Team. Hinein nach Unterhaching.

Seinen ersten großen Auftritt hatte er dann im Juli 2013, beim Merkur Cup, dem seit 1995 mit jährlich knapp 400 Teams aus Südbayern nach eigenen Angaben weltgrößten Turnier für E-Jugendmannschaften. Beim Finalturnier gewann Haching im Halbfinale 4:0 gegen den TSV 1860, im Endspiel demütigten sie den FC Bayern mit 4:1.

An sechs der acht Tore beteiligt war Karim, der damals noch unter dem Namen seiner Mutter auf lief und dem am Vorabend Manni Schwabl im Hachinger Vereinslokal als Motivation eine Pizza und eine Limo spendiert hatte. "Hachings Stürmer Karim verzaubert die Zuschauer", schrieb der "Münchner Merkur". Und: "Karim Manciulea dribbelte die Bayern schwindlig."

Adeyemi beim Merkur Cup 2013
Adeyemi beim Merkur Cup 2013
Credit: Marcus Schlaf
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Adeyemi: "Nie mehr wieder FC Bayern"

Wenig verwunderlich, dass das Begehrlichkeiten weckte, auch Stefan Weckerle erhielt von seinem FC Bayern die Anweisung, sich um die Rückkehr des verlorenen Sohns zu bemühen. Zwischen beiden herrschte ein gutes Verhältnis, noch 2020 sagte Adeyemi, Weckerle habe einen großen Einfluss auf seine Entwicklung gehabt. Doch als der alte Bayern-Trainer damals nach dem Merkur Cup anrief, sagte Karim dem Vernehmen nach nur: "Herr Weckerle, ich mag Sie sehr. Aber ich verspreche, für Bayern spiele ich nie mehr wieder." Stattdessen kickte er fünf weitere Jahre für Unterhaching.

So leicht ihm aber alles auf dem Platz fiel, so schwierig wur­de es für ihn in der Schule. Immer wieder musste Manni Schwabl zum Rapport bei der Schulleitung antanzen. Bei der Rektorin, sagt der Vereinspräsident, sei er wegen der Verfeh­lungen des jungen Karim häufiger gewesen als wegen seiner eigenen Kinder. Versäumte Hausaufgaben, Schwänzen des Unterrichts. "Der Hallodri", sagt Schwabl, "hat’s bis zum Äußersten ausgereizt."

Lausbub Adeyemi: "Der Bua spuit ned"

Irgendwann wurde es dem Präsi­denten zu bunt, er suspendierte den damals 14­-Jährigen für zehn Tage vom Training wie auch vom Pflichtspiel bei den C­-Junioren. Den Einwand von Marc Unterberger ("Manni, bist wahnsinnig, wie sollen wir da gewinnen?") wischte Schwabl vom Tisch: "Des is mir wurscht. Der Bua spuit ned." Eine Maß­nahme, die Erfolg hatte: In den Wochen und Monaten darauf erhielt Schwabl viele erstaunte Rückmeldungen von Lehrern, der positive Tenor: "Was haben Sie mit dem Karim gemacht? Der ist ja wie ausgewechselt." Dazu Schwabl heute: "Nur so kannst du einen Bazi wie den Karim packen. Wenn du ihm das Fußballspielen verbietest, das ist für ihn die Höchststrafe."

Adeyemi im Trikot der SpVgg Unterhaching.
Adeyemi im Trikot der SpVgg Unterhaching.
Credit: Imago
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Natürlich war auch Hachings Klubboss klar: Auf Dauer würde er Karim Adeyemi nicht halten können. In Schwabls Büro steht noch heute wie ein historisches Zeitdokument ein Flipchart vom 24. Mai 2018, es war der Tag, als Vater Abbey Adeyemi bei ihm saß und sie mit einem grünen Markerstift die möglichen Zukunftsoptionen aufmalten, mit Kreisen und mit Pfeilen.

Man liest Begriffe wie "Persönlichkeit", "Schule", "Berufsabschluss", ganz oben steht "Rangnick". Auch RB Leipzig hatte damals Interesse, dazu gab es Anfragen aus den Jugendakademien von Chelsea und Liverpool, am Ende aber entschied sich Karim mit seinen Eltern für die Stadt, die sie auf das große weiße Papier geschrieben hat­ten. Für Salzburg.

"Mit 16 allein nach England oder sogar nach Leipzig", sagt Schwabl, "das wäre nicht gut gegangen." Die Nähe zur Heimat, die einein­halb Stunden Fahrzeit, nicht länger als ein Fußballspiel, zwischen Salzburg und Unter­haching, das war ein entscheidendes Argu­ment. Am 25. Mai, nur ein Tag nach dem grünen Flipchart, unterschrieb Adeyemi in Salzburg einen Dreijahresvertrag.

Christoph Freund überzeugt Adeyemi von Salzburg

Christoph Freund, Sportdirektor von RB Salz­burg, kann sich noch gut an die ersten Kontak­te mit Karim erinnern, "einen witzigen und höflichen jungen und in der Mannschaft äußerst beliebten Spieler mit Lausbubenschmäh". An die Gespräche mit ihm, seinen Eltern und Man­ni Schwabl: "Wir konnten Karims Umfeld von unserer Vision und Philosophie überzeugen, dass wir ihn langfristig und behutsam aufbauen würden", sagt Freund, "dass wir eine ideale Grundlage für seine Zukunft schaffen könnten." Dass sie den 16-jährigen Teenager nicht gleich verheizen wollten, sondern langsam heranführen an das Leben als Profi.

Zwei Jahre spielte Adeyemi bei Salzburgs Farmteam, dem FC Liefering, in Österreichs zweiter Liga, zwischendrin machte er seinen qualifizierten Hauptschulabschluss. Und dann ging alles doch ganz schnell. Im Juni 2020 das Debüt in Salzburgs erster Mannschaft, im Dezember beim 3:1 bei Lok Moskau das erste Tor in der Champions League, im Juni 2021 der Titel mit Deutschland bei der U-21-EM.

Überflieger: Bei RB Salzburg startet Adeyemi voll durch.
Überflieger: Bei RB Salzburg startet Adeyemi voll durch.
Credit: Getty Images
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Drei Monate später klingelte bei Manni Schwabl das Handy. Ein alter Freund meldete sich, sein damaliger Mitspieler vom FC Bayern, mit dem er sich einst in der gemeinsamen Zeit Ende der Achtzigerjahre bei Auswärtsfahrten das Doppelzimmer teilte: Hansi Flick. Der neue Bundestrainer fragte nach, wie der Karim Adeyemi denn so sei, als Spieler, als Mensch, als Typ, auf dem Platz und außerhalb. Wenige Tage später feierte Adeyemi dann sein Debüt in der A-Nationalmannschaft.

Karim Adeyemi mit Bundestrainer Hansi Flick.
Karim Adeyemi mit Bundestrainer Hansi Flick.
Credit: Imago
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Dass der Bazi, der Hallodri, der Lausbub einmal die Bodenhaftung verlieren würde, hatte Schwabl nie befürchtet. Einmal aber habe er vor Schreck einen Schweißausbruch bekommen, als er nach Salzburg fuhr und er auf dem Parkplatz vor Adeyemis Wohnung einen neuen roten Porsche sah.

Als sich herausstellte, dass der Wagen einem anderen Spieler gehörte (Schwabl: "So einem mit einem Gucci-Tascherl"), schnaufte der Haching-Boss durch. Gern erzählt Schwabl auch die Geschichte von einem der letzten Spiele in Salzburg im Mai 2022, als Adeyemi nach seiner Auswechslung die letzten 20 Minuten gemeinsam mit den Rollstuhlfahrern vom Spielfeldrand aus zuschaute. "Das war keine Pflichtübung. Das kam aus ganzem Herzen."

BVB-Spieler Karim Adeyemi
Credit: Imago
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Wie er sich nun in Dortmund entwickeln wird, beim neuen BVB mit mächtiger Konkurrenz im Sturm, mit Niklas Süle und mit Nico Schlotterbeck, seinem Kumpel von der U21? Ob ihn Hansi Flick dann auch wirklich zur WM nach Katar mitnimmt? Ob für Adeyemi wie bei Erling Haaland Dortmund nach Salzburg nur eine Zwischenstation in die Premier League ist, das weiß auch Schwabl nicht.

Was er aber weiß, dass Adeyemi ein Glücksfall für den Klub war, zum einen finanziell. Nach gesicherten Informationen von Sports Illustrated bekam Unterhaching 2018 von RB Salzburg eine Ablösesumme von 3,35 Millionen Euro überwiesen, dazu kamen Erfolgsboni von 600.000 Euro.

Adeyemi: Die "Lebensversicherung" von Unterhaching

Weil Manni Schwabl damals im Vertrag verankerte, dass RB Salzburg seiner Spielvereinigung künftig 22,5 Prozent aller Verkaufs- und Weiterverkaufserlöse mit Adeyemi überlassen müsse, flossen allein durch den Dortmund-Transfer weitere sechs Millionen Euro aufs Hachinger Klubkonto, mit der Option auf zwei weitere Millionen als Bonuszahlungen. Geld, das jetzt ins Nachwuchsleistungszentrum fließt, in die Infrastruktur, in neue Spieler. „In Steine und Beine“, wie Schwabl sagt. Als er bei der Mitgliederversammlung Anfang Juli eine Videobotschaft von Adeyemi ankündigte, sagte er: „Jetzt spricht gleich unsere Lebensversicherung.“

Ein Glücksfall war Adeyemi aber auch für Hachings Image als Ausbildungsverein. Gleich nach dem Gespräch, sagt Schwabl mit Blick auf die Uhr, habe er einen Termin mit einem 14-Jährigen und seinen Eltern. Der Bub sei ein Riesentalent, er wohne im Münchner Norden, fünf Autominuten vom Campus des FC Bayern. Doch ganz bewusst habe sich die Familie für Haching entschieden, den Klub am anderen Ende der Stadt. Wegen der Aussicht auf eine bessere Förderung als beim Deutschen Meister.

Viel sprechen Schwabl und Unterberger auch noch über die Defizite im deutschen Nachwuchsfußball, wie junge Talente in den Strukturen der Nachwuchsleistungszentren in enge Korsette gepresst werden. Wie man ihnen das Spielerische abgewöhnt, das, was Stefan Weckerle als Zocken bezeichnet. In Haching ließen sie ihn sich frei entfalten. Marc Unterberger sagt: "Wir haben den Karim einfach nicht verhindert."

Schwabls Hoffnung: Adeyemis Rückkehr zu Haching

Sein altes Zimmer im Hachinger Klubwohnheim für Nachwuchsspieler wird Karim Adeyemi auch weiter behalten. In der Doppelhaushälfte, die verwaltet und betreut wird von Sandra und Abbey Adeyemi. Karims Mutter meldet sich einige Tage nach dem Gespräch mit Manni Schwabl für ein kurzes Statement. Dass sie und ihr Mann nun "so oft wie möglich nach Dortmund fahren, sofern es die Zeit erlaubt". Und dass sie ihn natürlich vermissen werde. "Ich habe aber in den Jahren gelernt loszulassen", sagt sie. "Er rührt sich schon, wenn er etwas braucht. Ich bin jedenfalls sehr froh, dass er das machen kann, was ihn glücklich macht."

Ob sie ihm für die Aufgabe in Dortmund vielleicht einen Talisman, einen Glücksbringer in die Hand gedrückt habe? "Nein", meint die Mama, "aber ich habe ihm jegliche Unterstützung und alles Glück dieser Welt mit auf den Weg gegeben." Ein Weg, der Karim Adeyemi noch lange durch den Profifußball führen soll – und der eines Tages dann womöglich wieder bei den Wurzeln endet.

Gut zehn, fünfzehn Jahre vorausgedacht, könnte sich Schwabl vorstellen, dass sich der Kreis schließt und Karim zum Finale einer erfolgreichen Karriere nach Haching zurückkehrt. Einiges deutet darauf hin, dass Adeyemi bis dahin noch für einige Top-Klubs spielen wird. Aber, zumindest wenn er sein Versprechen an Stefan Weckerle hält: nie mehr für den FC Bayern.

 

 


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