"German Gretzky": NHL-Star Draisaitl träumt vom Stanley Cup mit den Oilers
- Leon Draisaitl: "German Gretzky"
- Freundschaft zu Dirk Nowitzki
- Traum vom NHL-Titel mit Edmonton Oilers
Will man Leon Draisaitl, dem 26-jährigen Kölner, schon jetzt (und, zugegeben, verfrüht) einen Platz in der Ruhmeshalle des deutschen Sports zuweisen, man müsste ihn in prominenter Nachbarschaft platzieren. Denkbar wären sicher Langer, Vettel, Nowitzki – Sportler, die zu den besten ihrer Sportart zählen. Denn Draisaitl ist einer der überragenden Eishockeyspieler seiner Generation. Was ihm zum großen Ruhm noch fehlt: Der ganz große Titel!
Sports Illustrated: Herr Draisaitl, wie gefällt Ihnen der Spitzname "The German Gretzky"?
Leon Draisaitl: Um ganz ehrlich zu sein, gibt mir das relativ wenig. Es ist natürlich etwas Besonderes, mit so einer Legende in Verbindung gebracht zu werden, aber ich probiere, mich nicht zu sehr auf diese Spitznamen zu fokussieren.
Sports Illustrated: Wayne Gretzky, "The Great One", ist der wohl beste Eishockeyspieler aller Zeiten und eine Legende bei Ihrer Franchise, den Edmonton Oilers. Wie gut ist der Kontakt?
Draisaitl: Sehr, sehr gut. Ich habe ihn oft gesehen in den letzten Jahren. Wir sind per Handy viel im Austausch. Es ist natürlich super interessant und einfach cool, Kontakt zu so einer Person - so einer Legende - zu haben.
Sports Illustrated: Nach einem guten Spiel gibt’s also schon mal eine SMS von Gretzky?
Draisaitl: Ja, ab und zu.
Sports Illustrated: Nach schlechten Spielen auch?
Draisaitl: Nach schlechten Spielen gibt’s gar nichts.
Sports Illustrated: Vier der fünf Stanley Cups in der Oilers-Vitrine stammen ja aus der Gretzky-Ära zwischen 1978 und 1988. Der letzte Titel liegt aber schon 31 Jahre zurück. Vor der Saison sagten Sie: "Ich glaube, dass jetzt unsere Zeit gekommen ist. Jetzt liegt es an uns." Wie stehen die Chancen auf den Cup?
Draisaitl: Ich glaube, dass es erst mal noch ein bisschen zu früh ist, jetzt über den Stanley Cup zu sprechen. Wir hatten auf jeden Fall einen sehr, sehr erfolgreichen Start.
Sports Illustrated: Sie sagten einmal, Sie fühlten sich wohl in Edmonton, aber wenn Sie die Stadt Köln ins Flugzeug packen könnten, würden Sie es tun. Haben Sie in der Kabine schon mal BAP oder die Höhner aufgelegt?
Draisaitl: Nein, diese Musik behalte ich meistens für mich, höre sie auf dem Weg zur Halle oder vor dem Spiel.
Sports Illustrated: In Ihrem Haus in Edmonton hängt ein Bild des Kölner Doms. Wie sehr sind Sie mit Köln vernetzt? Verfolgen Sie aus Kanada auch die Spiele des 1. FC Köln?
Draisaitl: Auf jeden Fall - den "Effzeh", den KEC (Kölner Eishockey Club, Anm. d. Red.) und den deutschen Sport generell. Aber die Kölner Teams natürlich intensiver. Auch weil ich da einige persönliche Kontakte habe.
Sports Illustrated: Zu einem großen Namen des Sports hatten Sie im vergangenen Sommer nachweislich Kontakt - zu Puma. Sie sind ein neues Gesicht der Marke. Was verbinden Sie mit der Brand aus Herzogenaurach?
Draisaitl: Die Umgebung ist sehr familiär, die Leute nett. Und über die Marke brauche ich Ihnen ja nichts zu erzählen: Das ist ein riesiger Name im Sport- und Lifestyle-Bereich. Damit verbunden zu sein ist für mich super. Ich glaube auch, dass das, worauf Puma Wert legt, auch sehr gut vergleichbar ist mit dem, was ich in meinem Sport leisten möchte.
Sports Illustrated: Lassen Sie uns über Ihr bestes Eishockey sprechen: In der Saison 2019/20 waren Sie Topscorer und "Most Valuable Player" der NHL, der besten Eishockey-Liga der Welt. Im Alter von 24 Jahren waren Sie also der beste Eishockeyspieler der Welt!
Draisaitl: Natürlich bin ich stolz auf das, was ich erreicht habe. Vor allem auch in dem Jahr. Die Auszeichnungen bedeuten mir enorm viel. Aber ich weiß, dass ich immer noch besser werden kann. Das bedeutet nicht unbedingt, noch mal MVP zu werden. Es geht darum, als Team erfolgreich zu sein und am Ende mit der Mannschaft ganz oben zu spielen.
Sports Illustrated: Hätten Sie sich Ihre Karriere vor 20 Jahren träumen lassen? Wie weit weg war die NHL für einen jungen Kölner, der auch mal mit Helm und Eishockeyschläger zu Bett gegangen ist?
Draisaitl: Das war ein Traum, von dem man aber nicht wirklich gedacht hat, dass er Wirklichkeit wird. Aber meine Karriere hat dann Fahrt aufgenommen, und ich habe alles gegeben, dass dieser Traum tatsächlich in Erfüllung geht. Ob ich mir meine Karriere so ausgemalt hätte? Nein, wahrscheinlich nicht. Trotzdem hatte ich immer ein sehr gesundes Selbstvertrauen, wenn es darum ging, meine Stärken und Schwächen einzuschätzen. Und irgendwie habe ich auch immer daran geglaubt, dass ich es in die NHL schaffen kann.
Sports Illustrated: Haben Sie sich als kleiner Junge ins Trikot der Kölner Haie geträumt oder gleich schon in eines der großen NHL-Teams?
Draisaitl: Wahrscheinlich schon eher in die DEL, am Anfang. Aber irgendwann war es dann natürlich auch die NHL. Ich habe immer NHL geschaut, Videos auf YouTube, den ganzen Tag und tagelang. Die NHL war schon immer mein Ziel und mein Traum.
Sports Illustrated: Warum schaffen es nicht mehr talentierte Eishockeyspieler aus dem deutschsprachigen Raum in die NHL? Bietet der frühe Weg über den Atlantik, so wie Sie ihn 2012 – als 16-Jähriger – gegangen sind, die größte Chance auf Erfolg?
Draisaitl: Ich denke, dass jeder für sich selbst rausfinden muss, welchen Weg er geht. Dass der Weg, den ich gegangen bin, immer der perfekte ist, kann man so nicht sagen. Aber ich glaube - und ich kann jetzt nur von Deutschland sprechen -, dass wir besser darin werden, junge Spieler zu fördern, ihnen mehr Eiszeit zu geben. Das ist sehr wichtig, denn sonst haben wir als Deutschland in diesem Sport keine Chance. Man muss die Jungen spielen lassen.
Sports Illustrated: Welche Rolle hat Ihr Vater Peter, der ja selbst auch ein sehr guter Eishockeyspieler war, in Ihrer Jugend und auf Ihrem Weg eingenommen?
Draisaitl: Eine riesige. Ich habe das Glück, einen Vater zu haben, der weiß, wie das Eishockey-Geschäft läuft; dazu noch jemanden, der selbst sehr erfolgreich gespielt hat. Das waren oft Kleinigkeiten, die ich so mitbekommen habe, die mich aber enorm weitergebracht haben. Ohne meine Familie wäre ich niemals da, wo ich jetzt bin.
Sports Illustrated: Jetzt sind Sie in Kanada. Und zwar schon seit einem knappen Jahrzehnt. Wie unterscheidet sich das Leben in Kanada vom Leben in Deutschland?
Draisaitl: Ich glaube, dass die Leute hier einfach ein bisschen entspannter sind. Hier ist das alles ein bisschen relaxter als in großen Städten wie Köln, Berlin oder München. Ich glaube, dass das mit der größte Unterschied ist.
Sports Illustrated: Sie spielen oftmals auch in den USA. Wie würden Sie den Unterschied zwischen kanadischen und amerikanischen Sportfans beschreiben?
Draisaitl: In Kanada ist Eishockey die Nummer eins. Da geht überhaupt nichts dran vorbei. In den USA hast du andere Sportarten, die noch größer sind. Daher nehmen sich die Menschen hier noch ein bisschen mehr zu Herzen, was wir auf dem Eis veranstalten, als die Menschen in den USA.
Sports Illustrated: In Nordamerika, gerade in Kanada, grüßen Sie von Plakaten und Videowalls, sind der Eishockey-Superstar. Hier in Deutschland dagegen können Sie sich noch relativ unbehelligt bewegen. Wie fühlt sich dieser Unterschied an?
Draisaitl: Es ist schon ein Unterschied, klar. Vor allem hier in Edmonton steht Eishockey an oberster Stelle. Aber auch in Deutschland ist die Aufmerksamkeit schon um einiges mehr geworden in den letzten Jahren. Aber klar, manchmal ist es auch ganz schön, einfach unerkannt durch die Straßen zu laufen.
Sports Illustrated: 2020 wählten Sie die deutschen Sportjournalisten zum "Sportler des Jahres", als erst zweiten Mannschaftssportler nach Dirk Nowitzki. Was bedeutet Ihnen diese Gesellschaft? Sie nennen Nowitzki als eines Ihrer Vorbilder. Ist er auch ein Freund?
Draisaitl: Wir stehen ab und zu in Kontakt. Ich glaube, dass Dirk jemand ist, zu dem ich aufschaue. Natürlich will ich meinen eigenen Weg gehen. Aber er ist jemand, dessen Weg man so ein bisschen nachgehen möchte, gar keine Frage.
Sports Illustrated: Was kann man von Nowitzki lernen?
Draisaitl: Die Professionalität und die Konstanz, jedes Jahr oben mitzuspielen. Und natürlich ist Dirk ein ganz feiner Mensch.
Sports Illustrated: In dieser Saison spielen sieben Deutsche in der NHL. Neben Ihnen zum Beispiel die langjährigen NHL-Goalies Thomas Greiss und Philipp Grubauer, aber auch Talente wie Moritz Seider oder Tim Stützle. Ist das schon der Aufbruch in goldene Zeiten im deutschen Eishockey?
Draisaitl: Hoffentlich. Ich glaube, dass da mehr und mehr junge Spieler heranwachsen, die eine Chance haben, in der NHL eine gute Karriere hinzulegen. Es würde mich enorm freuen, wenn unsere Generation eine neue Ära einläuten könnte im deutschen Eishockey.
Sports Illustrated: Zum Abschluss noch ein paar kurze Fragen mit der Bitte um kurze Antworten: Wer gibt an kalten Winternachmittagen zu Hause in Edmonton den Ton an: Bowie oder Henning Krautmacher von den Höhnern?
Draisaitl: Bowie.
Sports Illustrated: Dazu muss man wissen, dass Bowie Ihr kleiner Hund ist, mit dem Sie während der Corona-Auszeit 2020 das Eins-gegen-eins trainiert haben.
Von wem nehmen Sie Ratschläge lieber an: von Ihrem Vater Peter oder von Wayne Gretzky?
Draisaitl: Von beiden.
Sports Illustrated: Das ist natürlich der diplomatische Ausweg.
Sie haben in der Kindheit ein Jahr lang mit dem Eishockey aufgehört, um Fußball zu spielen. Wäre das was geworden?
Draisaitl: Ich hatte Talent. Ob’s was geworden wäre, wage ich zu bezweifeln.
Sports Illustrated: Aber keine Ambitionen in Richtung "Effzeh" gehabt?
Draisaitl: Nein, dazu habe ich einfach zu wenig Zeit in diesem Sport verbracht.
Sports Illustrated: Wer wird Deutscher Fußballmeister?
Draisaitl: Bayern!
Sports Illustrated: Und wer gewinnt die NHL?
Draisaitl: Oilers!
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