Nasse-Meyfarth und Mihambo: Sport in Gefahr, wenn Kommerz vor der Leistung steht
- Malaika Mihambo und Ulrike Nasse-Meyfarth im Interview
- Malaika Mihambo: Olympischer Geist durch Kommerz in Gefahr
- Ulrike Nasse-Meyfarth: Sportler zum Glück längst nicht mehr unpolitisch
Ein echtes Gipfeltreffen der Leichtathletik.
Malaika Mihambo – amtierende Olympiasiegerin im Weitsprung – trifft in der aktuellen Ausgabe von Sports Illustrated auf Ulrike Nasse-Meyfarth, die 1972 und 1984 Olympia-Gold im Hochsprung gewann.
Der Grund: 50 Jahre nach den Olympischen Spielen von 1972 in München findet in diesem Sommer mit den European Championships die Leichtathletik-EM in Bayerns Landeshauptstadt statt. Wir baten die beiden Leichtathletik-Größen also zum Generationengespräch über fünf Dekaden im Weltsport.
Und wo zwei Kapazitäten des "Höher" und "Weiter" aufeinander trafen, entspann sich ein Gespräch über das "Schneller" im Sport. Denn nicht nur die Leistungen der Sportler und Sportlerinnen steigerten sich in den vergangenen 50 Jahren immer weiter. Auch das Umfeld des Sports und seiner Akteure wurde immer turbulenter.
Ein Gespräch mit zwei Olympiasiegerinnen über Sport und Politik, den olympischen Geist und ob es ihn noch gibt, und die Rolle des Sports in der Gesellschaft.
Einige markante Zitate aus dem Gespräch gibt's schon hier. Das komplette Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von Sports Illustrated.
Malaika Mihambo...
über den Sport als politische Plattform: "Der Sport hat eine Botschafterposition von vielen. Wo viele Menschen hinschauen, wo vielen zugehört wird, bilden sich Plattformen, die genutzt werden können, um Botschaften zu platzieren oder eben auch nicht. Auch das Auslassen von Botschaften ist eine Botschaft."
über die Rolle prominenter Sportler im gesellschaftlichen Diskurs: "Ich glaube, es ist wichtig, dass man immer authentisch bleibt und für die Werte einsteht, die einen auszeichnen, und dass man nicht für etwas steht, das man nicht ist. Und ich stehe für vieles, unter anderem für Solidarität, für Achtsamkeit mit sich und mit anderen und mit der Umwelt. Das sind alles Themen, die mir wichtig sind. Ich denke, dass sich diese Werte auch in meinem Handeln widerspiegeln."
darüber, ob in der heutigen, hoch professionalisierten und auf Wirtschaftlichkeit ausgerichteten Sportwelt überhaupt noch Platz für den „olympischen Geist“, die Botschaft von Frieden und Freundschaft, ist: "So negativ will ich das gar nicht wahrnehmen. Klar versuchen wir, uns optimal auf den Sport vorzubereiten und Leistung zu bringen. Es kann ja auch Spaß machen, sich mit anderen und sich selbst zu messen. Ich bin der Meinung, dass der olympische Geist durch andere Dinge ausgetrieben wird, wie zum Beispiel zweifelhafte Turniervergaben oder wenn Kommerz vor der Leistung steht. Die Olympischen Spiele sollten ja auch etwas Positives für die Bevölkerung vor Ort bringen. Ich persönlich habe das Gefühl, dass das die Dinge sind, die auf der Strecke bleiben."
über ihre Ziele für die beiden großen Wettkämpfe, die in 2022 anstehen – Die Leichtathletik-WM in Eugene, Oregon und die Leichtathletik-EM in München: "Ich möchte natürlich zwei sehr gute Wettkämpfe präsentieren. Ich werde also alles dafür tun, dass ich in optimaler Ausgangslage zu den Wettkämpfen komme. Ich freue mich schon darauf, aber natürlich ist das größte Highlight die Europameisterschaft in München. Zu Hause zu springen ist etwas ganz Tolles, da hat man noch mal mehr Kraft in sich, das Publikum feuert einen ganz anders an."
Ulrike Nasse-Meyfarth...
zur Aussage, „der Sport sei unpolitisch“: „Vor allem das IOC sagt immer, es sei unpolitisch. Ganz im Gegenteil, das IOC und sein staatsmännisch agierender Präsident {gemeint ist der Brite Sebastian Coe; Anm. d. Red.} sind sehr politisch, das schon im Rahmen der Vergabe olympischer Spiele. Auch die nationalen olympischen Sportverbände hängen am Tropf der Politik….Die Funktionäre sähen die Sportler am liebsten unpolitisch und unkritisch. Das sind sie zum Glück längst nicht mehr. Nun darf man aber Sportler nicht zu politischen Statements drängen und muss jedes Verständnis dafür haben, dass sie sich auf den Wettkampf kaprizieren und nicht auf politische Aktionen, mit denen sie auch noch, wie zuletzt in Peking, ihre polizeiliche Festnahme riskieren.“
im Rückblick auf ihre Karriere: „Heute, wenn ich zurückblicke, bin ich zufrieden mit meiner sportlichen Laufbahn. Sicherlich habe ich nach 1972 den Olympiasieg öfter verflucht. Das aber mehr wegen der damit verbundenen Veränderungen in meinem Leben in der Öffentlichkeit. Und weil mir die Goldmedaille quasi in den Schoß gefallen war und als „Zufallsprodukt“ betrachtet wurde, machte ich mich später auf, mir Weltklasseleistungen bewusst zu erarbeiten. Dabei ist dann 1984 noch einmal ein Olympiasieg rausgekommen.“
darüber, welche gesellschaftliche Rolle sie sich für den Sport in 2022 und zukünftig wünscht: „Die Leute gucken recht intensiv Sport, machen ihn aber nicht gerne. Da muss gegengearbeitet werden, auch mit erzieherischer Einwirkung auf Kinder und Jugendliche. Der Sport hat hier zu wenig Lobby. Und wenn sich die neue DOSB-Führung eingearbeitet hat, könnte man vielleicht auch wieder mal darüber nachdenken, eine Olympiabewerbung abzugeben.“
Das komplette Interview mit Malaika Mihambo und Ulrike Nasse-Meyfarth gibt's HIER!
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