1. Bundesliga

Maximilian Arnold zur Wolfsburg-Krise: "Bin kein Messi oder Neymar"

Maximilian Arnold vom VfL Wolfsburg erlebt mit seinem Klub eine schwere Saison. Statt um die Champions League kämpfen die "Wölfe" gegen den Abstieg. Sports Illustrated spricht mit dem "Wölfe"-Kapitän über die aktuelle Situation, die Nationalmannschaft und seine Ziele.

Maximilian Arnold (VfL Wolfsburg)
Credit: Imago
  • Maximilian Arnold: "Müssen als Team zusammenstehen, um die Saison zu retten"
  • VfL Wolfsburg kämpft mit Kapitän Arnold gegen den Abstieg
  • Maximilan Arnold denkt an Rückkehr zu Dynamo Dresden

Maximilian Arnold spielt seit 2009 beim VfL Wolfsburg. In der vergangenen Saison landeten die "Wölfe" auf Tabellenplatz vier und qualifizierten sich für die Champions League. Diese Saison steht Wolfsburg im unteren Drittel der Tabelle und muss aufpassen, nicht in den Abstiegsstrudel zu geraten.

Sports Illustrated: Wie fällt Ihr Fazit zur bisherigen Saison aus?
 
Maximilian Arnold: Bislang war es eine sehr schwierige Saison. Wir hatten mehr Tiefen als Höhen, das muss man ehrlicherweise sagen. Wir stehen in der Tabelle nicht da, wo wir hinwollten und was unser Anspruch ist. Wir haben noch sieben Spiele in dieser Saison – unter anderem gegen den BVB und gegen die Bayern. Die werden nicht einfach. Da müssen wir als Mannschaft zusammenstehen, um diese Saison noch zu einem versöhnlichen Ende zu bringen. 
 
Sports Illustrated: Warum lief es in dieser Bundesliga-Saison bisher so schlecht?
 
Arnold: Dafür gibt es verschiedene Gründe. Wir müssen uns nach der Saison alle in Ruhe zusammensetzen und schauen, was nicht gut war. Da müssen wir uns hinterfragen. Der momentane Tabellenplatz lügt nicht. Da sind viele Faktoren, die zusammengekommen sind. In der vergangenen Saison haben wir gut gespielt und uns für die Champions League qualifiziert. Danach ging’s los mit der Doppelbelastung, hinzu kamen ein neuer Trainer, neue Spieler und ein neues System - und die Tatsache, dass wir alle nicht so gut gespielt haben wie letztes Jahr. Wir haben es nicht geschafft, den Schalter schneller umzulegen. Jetzt gilt es in den verbleibenden Spielen so viele Punkte wie möglich zu holen.
 
Sports Illustrated: In der Saison 2020/21, in der sich Wolfsburg zum dritten Mal für die Champions League qualifizierte, hatten Sie in 30 Bundesliga-Spielen drei Tore und sieben Torvorlagen. Was läuft in dieser Saison bei Ihnen anders?
 
Arnold: Fußball ist ein Mannschaftssport. Wie jeder andere bin ich auf meine Mitspieler angewiesen. Ich bin auch kein Lionel Messi oder Neymar, die überall durchdribbeln. Schön wär’s. Aber ich muss sagen, dass ich selbst auch nicht so gut gespielt habe und nicht an mein Leistungsniveau herangekommen bin. Hinzu kommt, dass wir die Bälle nicht verwertet haben. Manchmal haben selbst einfachste Dinge - wie eine lange Flanke oder ein langer Ball - nicht funktioniert. Wenn eine Ecke reingekommen ist, dann ist keiner hingelaufen. Das macht keiner mit Absicht. Aber ich bin sehr ehrgeizig und es ärgert mich, wenn es nicht so funktioniert, wie ich mir das vorstelle. Da hinterfrage ich mich schon und versuche gewisse Dinge zuerst bei mir zu ändern.
 
Sports Illustrated: Welche Dinge haben Sie geändert?

 
Arnold: Wenn man älter wird, ist das nicht so einfach. Aber man muss sich trotzdem eingestehen, wenn etwas nicht passt. Bei mir gehört mittlerweile diese Selbstreflektion dazu. In meinem Tagesablauf habe ich gewisse Dinge geändert, denn diese Saison hat schon ein bisschen an mir genagt. So war ich fast jeden Abend noch eine Runde Fahrradfahren. Nicht lange, ganz entspannt etwa 20 Minuten. Dabei hatte ich Zeit zum Nachdenken. Außerdem habe ich vor dem Schlafengehen kalt geduscht. Das sind alles kleine Dinge, die ich versucht habe zu ändern. Aber ich habe jetzt nicht das Fußballspielen verlernt. Ich kann immer noch einen Ball von A nach B schießen.
 
Sports Illustrated: Der VfL Wolfsburg steht auf Tabellenplatz 13 und ist nur sechs Punkte von einem Abstiegsplatz entfernt. Müssen sich die „Wölfe“-Fans Sorgen machen?
 
Arnold: Sorgen ist nicht das richtige Wort. Echte Sorgen haben manche Menschen auf dieser Welt gerade andere. Das darf man nicht falsch verstehen. Für unsere Fans ist es im Moment keine schöne Situation, genau wie für uns alle im Verein. Sie sind genauso unzufrieden wie wir. Ich denke, wir sollten als Mannschaft und im Verein Ruhe bewahren und zusammenhalten. Wenn uns das gelingt, werden wir auch schnellstmöglich unsere Punkte holen. Da bin ich mir sicher. 

Sports Illustrated: Was hat Trainer Florian Kohfeldt beim VfL Wolfsburg bislang bewirkt?
 
Arnold: Wir hatten eine sehr schwierige Phase, bevor er gekommen ist. Wegen der Champions League hatten wir wenig trainieren können. Dann gab es immer wieder Nackenschläge mit Niederlagen, die echt weh taten. Jetzt haben wir mehr Zeit und haben unter Florian Kohfeldt gewisse Stellschrauben verändert. Man sieht mittlerweile auch, dass wir ganz anders auftreten. Das Einzige, was uns fehlt, sind die positiven Ergebnisse.
 
Sports Illustrated: Sie spielen seit 2009 beim VfL Wolfsburg. Hatten Sie jemals den Wunsch, auch bei einem anderen Verein oder im Ausland zu spielen?
 
Arnold: Klar habe ich auch mal nach links und rechts geschaut. Ich bin einer, der nach jeder Saison viele Dinge reflektiert. Dann setze ich mich mit meiner Familie und meinem Berater zusammen und schaue, wie ist die Entwicklung, wie zufrieden bin ich und wie wird es weitergehen. Ich fühle mich in Wolfsburg wohl. Der VfL ist für mich nicht irgendein Verein.

Maximilian Arnold und seine Teamkollegen vom VfL Wolfsburg
Maximilian Arnold und seine Teamkollegen vom VfL Wolfsburg
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Sports Illustrated: Technisch und spielerisch sind Sie einer der besten Fußballer in der Bundesliga. Hat Bayern oder der BVB mal bei Ihnen angeklopft?
 
Arnold: Ja, es gab mal Kontakt. Aber es kam nie zu konkreten Verhandlungen. Bei mir persönlich hat Uli Hoeneß nicht angerufen, aber mit meinem Berater gab es wohl Telefonate. Für mich müssen die Dinge immer Hand und Fuß haben. Ich bin ein Typ, dem keiner Honig ums Maul schmieren muss. Ich glaube immer erst daran, wenn ich alles schwarz auf weiß vor mir liegen habe. Erst danach beschäftige ich mich damit.
 
Sports Illustrated: Bundestrainer Hansi Flick hat sich das VfL-Spiel gegen Freiburg angesehen. Haben Sie noch Ambitionen für die Nationalmannschaft zu spielen?
 
Arnold: Den Wunsch habe ich schon. Die Hoffnung habe ich auch, aber ich mache mich nicht verrückt. Auf meiner Position gibt es sehr starke Spieler im DFB-Team, wie Ilkay Gündogan, Joshua Kimmich oder Leon Goretzka. Das sind absolute Topspieler. Auf diesem Niveau bin ich leider nicht. Aber wenn einer ausfallen sollte, dann wäre ich bereit.
 
Sports Illustrated: Das DFB-Team hat beim Test in Amsterdam ein 1:1 gegen die Niederlande erkämpft. Wie beurteilen Sie die Leistung der deutschen Nationalmannschaft?
 
Arnold: Deutschland hat engagiert gespielt. Das Gegentor ist ziemlich bitter entstanden. Das hätte man vielleicht besser verteidigen können. Aber insgesamt war es eine couragierte Leistung gegen einen absoluten Top-Gegner. Ich denke, wenn die Nationalmannschaft weiter so spielt, hat sie auch eine Chance, bei der WM vorne mitzuspielen. Wir Deutschen sind eine Turniermannschaft. Mit Hansi Flick haben wir einen sehr guten Bundestrainer, der die Jungs versteht und auch mal alle Fünf geradesein lassen kann. Das ist manchmal wichtiger als eine gewisse Taktik. 
 
Sports Illustrated: Welche Spieler werden in Zukunft die wichtigsten Spieler im Nationalteam sein?
 
Arnold: Ich denke, dass Joshua Kimmich das Bild der Nationalmannschaft weiter prägen wird. Hinzu kommen Florian Wirtz, Jamal Musiala und Leon Goretzka. Wenn man sieht, mit was für einem Talent diese Spieler gesegnet sind, ist das schon beeindruckend. Ich denke, dass sie alle eine feste Größe in der Nationalmannschaft sein werden.
 
Sports Illustrated: Bei Dynamo Dresden haben Sie in der Jugend gespielt. Verfolgen Sie, wie sich der Verein in der 2. Bundesliga schlägt?
 
Arnold: Absolut. Ich verfolge genau, was Dynamo Dresden macht. Sie spielen eine genauso bescheidene Saison wie wir gerade. Dynamo steht in der 2. Bundesliga leider noch ein bisschen schlechter da. Aber sie haben alles selbst in der Hand. Ich drücke Dynamo fest die Daumen und bin auch guter Dinge, dass sie in der 2. Bundesliga bleiben.
 
Sports Illustrated: Wäre irgendwann eine Rückkehr nach Dresden denkbar?
 

Arnold: Das habe ich schon im Kopf und male mir das irgendwie aus. Man muss dann natürlich schauen, ob das alles passt und ob es auch Sinn macht. Wenn ich mit 35 Jahren komme und keine Hilfe mehr für Dynamo bin, dann sollte ich das vielleicht lassen (lacht…). Aber klar wäre es schön, irgendwann wieder zurück in die Heimat zu gehen. Meine Frau und ich sind da noch sehr verwurzelt, Auch deswegen könnte ich mir das vorstellen. Aber das entscheide ich dann zur gegebenen Zeit. 
 
Sports Illustrated: Sie stammen aus Riesa, wo auch Ulf Kirsten geboren wurde. Hat er in Ihrer Karriere eine Rolle gespielt und haben Sie Kontakt zu ihm?
 
Arnold: Wir hatten ab und zu mal Kontakt, aber nichts Regelmäßiges. Als er in Dresden gespielt hat, war ich noch nicht geboren. Mein großes Vorbild war eher Maik Wagefeld. Als ich ihn gesehen habe, als ich elf oder zwölf Jahre alt war, habe ich gedacht: Oh Mann, das ist alles so weit entfernt. Ich hätte mir damals nie vorstellen können, dass ich irgendwann mal als Fußball-Profi in der Bundesliga spiele. Im Sport-Internat in Dresden war es zu Beginn eine harte Zeit, aber diese Zeit hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin. 
 
Sports Illustrated: Was ist Ihr Lieblingswort auf Sächsisch, das in Wolfsburg niemand versteht?
 
Arnold: Als ich im Alter von 15 Jahren in Wolfsburg angekommen bin, hat mich der Nachwuchsleiter im Internat auf dem Gang gefragt, ob es mir beim VfL gefällt, und ich habe mit "Nu" geantwortet. Da schaute er mich an, denn er hat es nicht verstanden. Bis ich ihm gesagt habe, dass das in Dresden "Ja" heißt und mir alles gefällt.

Offizielle Homepage des VfL Wolfsburg

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