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Bester Quarterback der Welt: Patrick Mahomes ist eine Sache wichtiger als Geld

Next-Level-Quarterback: Patrick Mahomes von den Kansas City Chiefs hat zweimal den Super Bowl gewonnen und mit seiner spektakulären Spielweise den Sport revolutioniert. Mahomes verdient prächtig, aber ihm geht's nicht nur ums Geld.

NFL-Superstar Patrick Mahomes
Credit: Sports Illustrated

 

Es gibt Sonntagabende, an denen das Internet Schluckauf hat – und man in den sozialen Medien immer wieder und wieder dieselben Bilder sieht. Während der NFL-Saison ist dieser Effekt häufig mit dem Namen Patrick Mahomes verbunden. Der beste Footballspieler der Welt sorgt regelmäßig für offene Münder: Er wirft in die eine und schaut dabei in die andere Richtung, tanzt durch die Reihen der Verteidiger, schmeißt den Ball aus unmöglichem Winkel an seinen Gegenspielern vorbei.

Dass er ein ganz besonderer Quarterback ist, das ist schon lange klar. Vor drei Jahren unterschrieb er einen Zehnjahresvertrag über 503 Millionen US-Dollar mit den Kansas City Chiefs. Um die Dimension zu verstehen: Bis heute gibt es kein vergleichbares Arbeitspapier in der NFL oder einer anderen amerikanischen Sportliga. So viel Geld über eine so lange Zeit bekommt kein anderer Superstar. Und das Absurde dabei: In den US-Medien galt Mahomes damit sogar als unterbezahlt. 

NFL-Superstar Patrick Mahomes ist anders

Grund genug für die Kansas City Chiefs, im September dieses Jahres seinen Vertrag anzupassen – und erneut für eine historische Gelddusche zu sorgen: Bis 2026 erhält Mahomes insgesamt 210,6 Millionen US-Dollar und stellte damit erneut einen Rekord auf. Er befindet sich damit gehaltstechnisch auf Augenhöhe mit den jungen, wilden Quarterbacks der Liga wie Justin Herbert, Lamar Jackson, Joe Burrow oder Jalen Hurts. Ob nicht er mehr als sie verdienen wollte? Scheinbar nicht, obwohl er mit zwei Super-Bowl-Siegen und unzähligen Rekorden in den vergangenen Jahren alle Argumente auf seiner Seite hätte. 

Mahomes geht es nicht ums Geld. Nach außen hin wirkt es fast, als ob sein Team ihm die Gehaltserhöhung schmackhaft machen musste: "Ich habe von Anfang an gesagt, dass es mir mehr um mein Vermächtnis und den Erfolg geht als darum, mehr Geld zu verdienen", sagte er. "Ich werde nie etwas tun, das verhindert, dass wir gute Spieler um mich herum haben." Eine Aussage, die Mahomes von vielen seiner Konkurrenten auf dem Feld unterscheidet. Die hingegen sind stolz darauf, dass sie das große Geld verdienen – und tragen es nach außen.

Patrick Mahomes (Kansas City Chiefs)
Patrick Mahomes (Kansas City Chiefs)
Credit: Sports Illustrated
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Mahomes ist anders. Er zeigt sich ähnlich selbstlos wie ein anderer Spieler, der im Frühjahr dieses Jahres Lebewohl zur NFL gesagt hatte. Im zweiten Anlauf. Tom Brady, der beste Spieler aller Zeiten, der mit den New England Patriots und Tampa Bay Buccaneers sieben Mal den Super Bowl gewinnen konnte. Zusammen mit seinem Headcoach Bill Belichick dominierte er über zwei Jahrzehnte einen Sport, den man eigentlich gar nicht dominieren kann. Weil Draft und Gehaltsobergrenzen genau das verhindern sollen. Doch Brady und Belichick zogen über Jahre hinweg talentierte Veteranen an, weil diese wussten, dass sie in Boston mit den Patriots erfolgreich sein werden. Genau das wollen die Chiefs um Mahomes jetzt wiederholen.

Patrick Mahomes will Sportlegende werden

Brady und Mahomes verbindet aber viel mehr. Beide wollen nichts mehr als gewinnen. Bobby Stroupe, der Fitnesstrainer von Mahomes, erzählt gerne folgende Anekdote: Nur einen Tag nach seinem ersten Super-Bowl-Erfolg, auf dem Heimweg vom legendären Disney-World-Besuch, rief ihn sein Klient an, um im Detail zu besprechen, wie die Trainingspläne der nächsten Wochen aussähen. Er war noch nicht ganz zufrieden mit seiner Fitness und Beweglichkeit auf dem Feld.

Tom Brady tickte während seiner Karriere ganz ähnlich. Er ernährte sich mit unglaublicher Disziplin und entwickelte zusammen mit seinem Fitness-Guru Alex Guerrero einen eigenen Ernährungsplan, den er später unter den Namen TB12 vermarktete: eine Mischung aus veganen, basischen und antientzündlichen Lebensmitteln. Ganz wichtig: Proteine und Kohlenhydrate dürfen nicht gemischt werden, und Zucker, Weißmehl, Milchprodukte, Koffein und Fertiggerichte sind tabu. Zu Patriots-Zeiten erzählten sich seine Mitspieler hin und wieder, dass sie ihren Spielmacher beim "Cheaten" erwischt hätten. Weil er sich manchmal vom Büfett nach dem Spiel einen, in Ausnahmefällen sogar zwei Chickenwings gegönnt hat. Ganz schön wild.

Diese besessene Leidenschaft zieht sich nicht nur durchs Leben von Brady und Mahomes, man kennt diese Anekdoten von fast allen überlebensgroßen Sportlegenden: Ob Michael Jordan, LeBron James, Cristiano Ronaldo oder Michael Schumacher – wer Mitspieler, Kontrahenten oder Weggefährten fragt, der kommt irgendwann auch zu den unangenehmen Geschichten. Der Siegeswille und Ehrgeiz sind so groß, dass sie auch bei alltäglichen Wettkämpfen nicht stoppen können. Sie halten Grenzen für nicht gegeben oder vergessen den Fairnessgedanken für einige Momente. Alles, um am Ende siegreich zu sein.

Mahomes' Vorbild ist NFL-Legende Tom Brady

Oft sind die kleinsten Demütigungen die größte Motivation. Bei Tom Brady war es der NFL Draft 2000: Er wurde erst an Stelle 199 von den New England Patriots ausgewählt. Sechs andere Quarterbacks wurden vor ihm in die Liga aufgenommen. Fragt man Brady im Schlaf, er wüsste jeden Namen, ihre Position, ihr College und wahrscheinlich auch ihre Schuhgröße. Und genau an dieser Stelle weicht der Lebenslauf von Mahomes von dem seines Vorbilds ab: Diese Negativerfahrung, diese Demütigung gibt es in seinem Leben nicht. Mahomes zieht seine Motivation aus anderen Quellen. Und bleibt positiv.

Im Moment seiner größten Niederlage, dem Super Bowl LV in Tampa Bay gegen Bradys Buccaneers, rannte er nach dem Abpfiff zu seinem Kontrahenten und adelte ihn mit Worten: "You are a legend." Tom Brady hingegen hatte ihn bei ihrem ersten Aufeinandertreffen schon vor dem Spiel angeblafft: "Du glaubst, du bist gut? Ich bin hier der Mann. Das ist mein Feld." Brady, damals bei den Patriots, versuchte immer alles, um die Konkurrenz einzuschüchtern, um als strahlender Sieger vom Platz zu gehen. Mahomes war damals in seinem sechsten Spiel als Starter der Chiefs – und völlig perplex. Brady war für ihn ein Vorbild, eine Lichtgestalt, die scheinbar offen den Konflikt sucht.

Tom Brady und Patrick Mahomes
Tom Brady und Patrick Mahomes
Credit: Sports Illustrated
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Mahomes braucht diese Reibung offenbar nicht. Den Profisport dagegen umso mehr, er kennt es nicht anders. Als kleiner Bub, in Texas geboren, reiste er mit seinem Vater Pat Mahomes durch die Baseball-Stadien der USA, weil dieser als Profi den gesamten Sommer über kreuz und quer in verschiedenen Stadien auftrat. Traditionell von Ende März bis Anfang Oktober treffen die Profis der Major League Baseball in 162 Begegnungen aufeinander. Für die Familien eine harte Zeit – außer, sie können mitreisen. Die vielen Reisen, die oft monatelange Abwesenheit: All das sorgte dafür, dass sich Mahomes’ Eltern schleichend auseinanderlebten. Als er elf Jahre alt war, ließen sie sich scheiden.

Patrick Mahomes entscheidet sich für Football-Karriere

Auf andere Gedanken kommt der junge Patrick in dieser schweren Zeit durch Sport. Dort trifft er sich mit seinen Freunden – und gehört immer zu den Besten. Schon früh hatte ihm sein Vater gezeigt, wie er immer weiter werfen konnte, und seinen Ehrgeiz angestachelt. Der junge Patrick wollte sein wie sein Vater und trainierte jeden Tag. Zu der Zeit durfte er schon nicht mehr mit Gleichaltrigen Baseball spielen, weil sein Wurf zu hart war. Die zerbrochene Brille eines Mitspielers war Zeuge seines Ehrgeizes und der Schlussstrich im Nachbarschaftsteam. Fortan spielte er mit den Älteren und gewann auch gegen sie.

Später stellte sich nach der Highschool nicht die Frage, ob Patrick Mahomes Profisportler werden sollte, sondern nur, in welcher Sportart. Neben Baseball, das sein Vater bevorzugte, konnte er auch auf College-Stipendien beim Basketball und Football hoffen. Da er nur zwei Jahre als Quarterback für seine Schule gespielt hatte, bekam er nur wenige Angebote als Footballspieler. Dafür ein ganz besonderes: Ihn reizten die Texas Tech Red Raiders. Eine Universität in Lubbock, ganz im Westen von Texas, zwischen Öltürmen und Kakteen, mit fanatischen Fans und einem Coach mit NFL-Erfahrung, dem früheren Quarterback Kliff Kingsbury.

Patrick Mahomes (Kansas City Chiefs)
Patrick Mahomes (Kansas City Chiefs)
Credit: Sports Illustrated
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Die Entscheidung, weiter als Quarterback zu spielen, verdankt er der brüllenden Lautstärke und Atmosphäre im Football verrückten Texas. Hier schauen Tausende Zuschauer die Footballspiele der lokalen Schulen. Überall im Staat gibt es Spielfelder mit großen Tribünen für Tausende Fans, die Parkplätze am Freitagabend werden von SUVs und Trucks belagert. Schon für die Schüler fühlt sich das an wie in einem römischen Kolosseum. Mahomes gefiel diese Atmosphäre um Längen besser als die Stimmung beim Baseball: ein deutlich technischerer Sport, bei dem Spiele über Stunden gehen und der eher mit "Ahh" und "Ohh" begleitet wird als mit frenetischem Jubel bei jedem angekommenen Pass.

Patrick Mahomes neuer Prototyp des Spielmachers

Als er sich nach drei Jahren am College für den Draft der NFL anmeldete, war er für viele US-Fans ein unbeschriebenes Blatt. Mahomes hatte für Texas Tech zwar beeindruckende Statistiken produziert, der große Erfolg war aber ausgeblieben. Zu schlecht waren seine Mitspieler – besonders die in der Verteidigung. Nur wenn in der Offensive alles perfekt lief, hatte er gegen die Konkurrenz in der College-Liga wirklich eine Chance. Er galt als wilder "Gunslinger", der einen starken Arm besaß, aber viel zu riskant spielte. Einer für die Show, aber nicht für langfristigen Erfolg. Viele zweifelten an seiner NFL-Tauglichkeit. Aber nicht die Chiefs und Andy Reid, die er in persönlichen Gesprächen und einem Probetraining von sich überzeugte.

Knapp fünf Jahre später hat Patrick Mahomes nicht nur zweimal den Super Bowl und den MVP-Titel als bester Spieler der Liga gewonnen, sondern eine Vielzahl an Rekorden aufgestellt – und, seine vielleicht größte Leistung, den Sport grundlegend verändert. Junge Talente in der Highschool wollen nicht mehr wie Peyton Manning oder Tom Brady in der Pocket – dem Raum hinter der Verteidigungslinie – stehen bleiben und den Ball ruhig verteilen. Sie wollen wie Mahomes nach rechts und links sprinten, mit den Augen über den Platz suchend nach der besten Option, um den Ball spektakulär über das Feld zu donnern. Er hat den Prototyp des Spielmachers verändert. In einer Liga, die genau solche Typen braucht, die positive Vorbilder benötigt – auf und neben dem Platz.

Patrick Mahomes (Kansas City Chiefs)
Patrick Mahomes (Kansas City Chiefs)
Credit: Sports Illustrated
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Und doch blieben nach seinem ersten Super-Bowl-Titel 2020 immer Zweifel, ob er nicht nur ein One-Hit-Wonder sei wie so viele andere talentierte Quarterbacks in den letzten Jahren. Russell Wilson mit den Seahawks, Aaron Rodgers mit den Packers, Ben Roethlisberger und die Steelers oder Drew Brees und seine Saints – von allen versprach man sich langjährigen Erfolg, und doch war ihnen nicht mehr als ein Ring vergönnt. War Mahomes etwa der Nächste?

Mahomes: "Fragt mich nochmal, wenn ich 38 bin"

Als er sich dann im Januar dieses Jahres im ersten Playoff-Spiel gegen die Jaguars verletzte, war der zweite Titel fast schon abgeschrieben. Zu gut waren die Bengals mit ihrem ehrgeizigen Spielmacher Joe Burrow, der alle drei vorherigen Begegnungen mit Mahomes für sich entscheiden konnte. Besonders bitter war die Niederlage ein Jahr zuvor im Championship Game in der Verlängerung. Das wohl schwächste Spiel von Patrick Mahomes, der nach klarer Führung in der zweiten Halbzeit keinen einzigen sinnvollen Wurf mehr schaffte und fast wie unter Schock wirkte.

Doch humpelnd und sichtlich angeschlagen versuchte Mahomes alles und gewann nicht nur gegen die Jaguars und die Bengals, sondern auch gegen die Eagles im Super Bowl LVII. "Superman hat sich seinen Umhang angezogen", kommentierte Clark Hunt, der Besitzer der Chiefs. Dass Mahomes sich direkt vor der Halbzeit und mit klarem Rückstand erneut verletzte, war da schon fast eine Randnotiz. In der zweiten Hälfte zeigte er eine perfekte Leistung und gewann am Ende souverän seinen zweiten Titel, um im Interview seine Ambitionen zu verraten: "Ich versuche, Tom einzuholen. Aber Tom ist ein ganzes Stück weg. Fragt mich dazu noch mal, wenn ich 38 Jahre alt bin."

Tom Brady im Vergleich zu Patrick Mahomes
Tom Brady im Vergleich zu Patrick Mahomes
Credit: Sports Illustrated
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