Laura Freigang im Interview: WM-Aus hat Frauenfußball nicht geschadet
- Fußball-Nationalspielerin Laura Freigang im Interview
- Freigang: "Ich mag die amerikanische Art der Sportbegeisterung"
- Laura Freigang über ihre Zeit in den USA und den Bundestrainer-Wechsel
Rund um den deutschen Frauenfußball gab es in den vergangenen Wochen viel Wirbel: Nach langem hin und her wurde Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg durch Horst Hrubesch übernimmt, der die Aufgabe interimsmäßig ausfüllt. Über die Zusammenarbeit mit Hrubesch, aber auch über das Gastspiel der NFL in ihrer sportlichen Heimat Frankfurt spricht Nationalspielerin Laura Freigang im Interview mit Sports Illustrated.
Sports Illustrated: Wir sprechen am Rande des zweiten NFL-Spiels in Frankfurt zwischen den New England Patriots und den Indianapolis Colts. Football und US-Sport generell wird bei uns immer populärer. Was sagen Sie als Fußballerin dazu?
Laura Freigang: Ich finde das cool. Ich habe ja zwei Jahre in den USA gespielt und dort spürt man grundsätzlich eine große Begeisterung für den Sport. Die haben wir bei uns in Deutschland und in Europa für den Fußball, aber nicht wie viele andere Sportarten, wie es in den USA der Fall ist. Ich mag die amerikanische Art der Sportbegeisterung und ich finde es cool, dass im Moment mit der NFL ein bisschen was hier rüberschwappt.
Sports Illustrated: Begleitet von viel Entertainment auch abseits des Feldes – etwas, das man im Fußball so nicht kennt.
Freigang: Das finde ich total gut. Fußball ist ja Unterhaltung. Ich habe das Gefühl, dass das manchmal ein bisschen vergessen wird – und ja, ich vermisse das manchmal beim Fußball. Ich vermisse Fußballer wie Ronaldinho und gerade auch Neymar, der ja sehr viel Kritik einstecken muss. Dabei spielt er doch unterhaltsamen Fußball. Es ist nicht nur alles pure Effektivität, es geht auch um Spaß an der Sache und darum, die Zuschauer zu begeistern. Dazu kommt im US-Sport das ganze Drumherum – die Show, die Cheerleader.
Freigang: "Finde es schön, dass der Fußball seine spezielle Fan-Kultur hat"
Sports Illustrated: Würde so etwas auch im Fußball funktionieren?
Freigang: An gewissen Ecken wahrscheinlich schon. Ich finde es aber schön, dass der Fußball seine ganz spezielle Fan-Kultur hat, die man gar nicht verändern muss. Wenn einige andere Sportarten ein bisschen mehr von diesem Entertainment-Faktor hätten, der Sport so attraktiver für die Zuschauer wird und der Unterhaltungsfaktor enttabuisiert wird, wäre das gut.
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Sports Illustrated: Sie kennen den US-Sport ja gut: Sie haben ab 2016 zwei Jahre lang in den USA gelebt, studiert und für die Pennsylvania State University gespielt. Dazu sind Sie seit einigen Jahren Botschafterin für die US-Sportmarke Under Armour.
Freigang: Ich kannte Under Armour schon vor meiner Zeit in den USA, habe die Marke dort aber noch besser kennengelernt, weil sie dort einfach noch präsenter ist als in Deutschland. Damals habe ich erste Clips von Fußballerin Kelley O'Hara und Boxer Anthony Joshua gesehen und dachte mir: Die machen es ein bisschen anders als die anderen.
Sports Illustrated: Wie hat Sie die Zeit in den USA geprägt?
Freigang: Für mich war es in erster Linie eine persönliche Weiterentwicklung, in ein anderes Land zu kommen, eine andere Sprache zu sprechen, selbst klarkommen zu müssen. Und ich war auch ein bisschen müde vom Fußball in Deutschland. Mir hat damals die Begeisterung gefehlt, gerade für den Frauenfußball. In der zweiten Liga waren kaum Zuschauer da, manchmal waren wir nur zu acht im Training. Diese amerikanische Mentalität, diese Begeisterung hat mir in dieser Hinsicht sehr gutgetan. Ich habe die Freude am Sport wiederentdeckt.
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Nationalmannschaft "ein eingeschworenes Team"
Sports Illustrated: Jetzt spielen Sie seit 2018 für den 1. FFC Frankfurt, der in der Zwischenzeit mit der Eintracht fusionierte. Wie läuft es für Sie?
Freigang: Gut, die Entwicklung des Frauenfußballs allgemein ist total erfreulich. Mit Eintracht Frankfurt sind wir im dritten Jahr nach der Fusion. Wir entwickeln uns jedes Jahr weiter als Mannschaft, aber auch was die Strukturen und die Professionalität angeht. Dieses Jahr spielen wir das erste Mal in der Champions League, das ist eine Riesensache für uns. Es macht einfach Spaß gerade.
Sports Illustrated: Ein Blick zurück auf den vergangenen Sommer – und die WM mit dem frühen Aus in der Gruppenphase. Ist das alles verarbeitet, abgehakt?
Freigang: Auf jeden Fall. Wobei das ein individueller Prozess ist. Für mich war es beim Turnier nicht so einfach, weil ich wenig Spielzeit hatte und somit relativ wenig Einfluss auf dem Platz. Aber wir sind ein eingeschworenes Team, das alles dafür tut, dass die Mannschaft erfolgreich ist. Und dann so zu scheitern ist natürlich extrem frustrierend. Aber ich konnte das für mich ganz gut einordnen.
Sports Illustrated: Wie hat Sie der langwierige Trennungsprozess von Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg beschäftigt? Das führte zu einer Phase mit viel Unklarheit und Stillstand.
Freigang: Das lässt einen natürlich nicht kalt. Nach der WM, die ja alles andere als glücklich lief, herrschte eine gewisse Unklarheit. Für uns folgten direkt wichtige Spielen zum Beispiel gegen Dänemark in der Nations League, wir wussten aber noch gar nicht genau, wie es mit der Mannschaft weitergeht. Wir haben zwar versucht, das nicht an uns ranzulassen, aber das ist nicht so einfach. Wir haben mit der Zeit deutlich geäußert, dass wir uns eine klare Entscheidung wünschen, damit wir wissen, woran wir sind. Jetzt haben wir vorerst eine Lösung und wissen, dass wir mit Horst Hrubesch weiterarbeiten.
Laura Freigang lobt Bundestrainer Horst Hrubesch
Sports Illustrated: Wie ist die Zusammenarbeit mit dem neuen Bundestrainer?
Freigang: Ich find's super, habe sehr viel Spaß mit Horst. Ich mag die Atmosphäre, die er herstellt in der Mannschaft. Die meisten Nationalspielerinnen kannten ihn schon und wussten, wie er tickt.
Sports Illustrated: Vor der WM im Sommer war die Euphorie um den Frauenfußball groß, dann kam die Delle mit dem Turnier. Wie geht es jetzt weiter, wie steht es um den Frauenfußball?
Freigang: Wir haben jetzt die Möglichkeit, wieder bessere Leistungen zu zeigen. Wir sind ja ziemlich unglücklich gescheitert. Ich bin überrascht davon, dass wir trotzdem weiterhin so viel positives Feedback bekommen. Wir wussten nach der EM im Sommer 2022, dass wir die Möglichkeit haben, so viele Menschen zu begeistern. Und dann hatten wir alle ein bisschen Respekt davor, was dieses WM-Aus auch für den Frauenfußball in Deutschland bedeuten könnte. Aber ich habe das Gefühl, dass es dem nicht geschadet hat und dass weiterhin viele Leute zu den Spielen in der Bundesliga und der Champions League kommen. Für die Gesamtbewegung, die der Frauenfußball in Europa und auch weltweit erfährt, hat die WM für uns – abgesehen vom frühen Ausscheiden – zum Glück nichts Negatives mit sich gebracht.
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