David Raum blüht bei RB Leipzig weiter auf: "Ich schwimme auf einer Art Euphoriewelle"
- David Raum im Sports Illustrated-Interview
- Außenverteidiger Raum startet bei RB Leipzig durch
- Raum: "Mich kann so schnell nichts mehr schocken"
Sports Illustrated: Sie kamen bereits mit acht Jahren in ein Nachwuchsleistungszentrum. Wann war Ihnen bewusst, dass es ernst wird? Gab es bei Ihnen so etwas wie einen Mentalitätswandel, vom spaßorientierten hin zum leistungsorientierten Sport?
David Raum: Der entsteht automatisch. Wenn man in einem Nachwuchsleistungszentrum trainiert, muss man sich Jahr für Jahr präsentieren, um in der Jugend in die nächste Stufe übernommen zu wer- den. Da geht es schon langsam los mit dem Leistungsdruck. Dass man mit 16, 17 – wenn man auch mal bei den Profis mittrainieren darf – versucht, ein anderes Mindset zu entwickeln, sich noch mehr durchsetzen und aus der Mannschaft herausstechen zu wollen, ist völlig normal. Somit ist das eher ein Prozess als ein Wandel von einem auf den anderen Tag.
Sports Illustrated: Der Konkurrenzkampf beginnt also schon bei den Kinderteams und steigert sich dann schrittweise bis hinein ins Profitum?
Raum: Wenn man als Neun-, Zehn-, Elfjähriger auf dem Platz steht, dann muss man sich eben beweisen. Das ist genau wie bei den Profis: Es kann nicht jeder spielen. Man muss auch in jungen Jahren schon anfangen, Leistung und gute Spiele zu zeigen, sodass man in den nächsten Jahrgang übernommen wird. Und dann gilt es, in jedem Training und jedem Spiel alles zu geben, damit man sich gut positioniert: für das Standing beim Trainer, aber auch gegenüber den eigenen Mitspielern in der Mannschaft.
Sports Illustrated: Vergangenes Jahr legten Sie einen rasanten Aufstieg hin: vom Zweitliga-Profi bei Fürth zum Stammspieler bei Hoffenheim und zum Nationalspieler. Jetzt der Wechsel zu RB Leipzig. Liegen Sie abends manchmal im Bett und denken sich: Was geht denn hier ab?
Raum: Ja, so kann man das ganz gut beschreiben. Ich schwimme auf einer Art Euphoriewelle. Das war nicht immer so bei mir, deswegen kann ich diese Momente, die ich in den letzten Jahren erlebt habe, umso mehr genießen. Das ging schon damit los, dass ich bei Greuther Fürth Stammspieler wurde. Dann folgte direkt der Aufstieg in meiner ersten Saison als Stammspieler. Anschließend ging’s zur U21-Europameisterschaft, die wir auch gewinnen konnten und bei der ich Stammspieler sein durfte – ein riesiges Highlight. Dann der Wechsel zu Hoffenheim, das war der nächste große Schritt.
Sports Illustrated: Bei den Olympischen Spielen waren Sie ebenfalls mit dabei.
Raum: Das lief zwar nicht erfolgreich, aber für einen jungen Spieler, der bereits kurz davor war, sich in die 3. Liga ausleihen zu lassen und eine Ausbildung anzufangen, war das unbeschreiblich. Das nimmt man dann auch ganz anders wahr, als wenn der Karriereweg nur steil nach oben verläuft. Und bei Hoffen- heim direkt in der ersten Saison Stammspieler zu sein war auch nicht selbstverständlich. Ich wollte erst mal in der Bundesliga ankommen. Dass ich direkt am dritten Spieltag zur Nationalmannschaft berufen wurde und jetzt schon öfters mit dabei war, ist eine riesige Auszeichnung für mich. Das pusht mich immer weiter. Ich nutze diese Erfolge als Sprungbrett und Rückenwind, um immer weiterzumachen.
Sports Illustrated: Mit dem Erfolg hat sich auch Ihre Bekanntheit und Reichweite potenziert. Es gibt mehr Medienanfragen, Sie haben mehr Follower in den sozialen Medien. Wie nehmen Sie das alles wahr?
Raum: Ich nehme das so hin, wie es ist. Ich wusste vorher: Wenn man Erfolg hat und erfolgreicher wird, dann wird auch die Öffentlichkeit mehr auf einen aufmerksam. Und ich würde jetzt einfach mal behaupten: Ich bin immer noch derselbe. Es ging nun so weit nach oben, warum soll ich mich auf einmal ändern? Ich gehe einfach locker damit um und sage das, was ich denke – zumindest versuche ich es. Mit meiner Art, meinem Mindset bin ich bis jetzt – vor allem im letzten Jahr – sehr erfolgreich gewesen. Und deswegen sehe ich keinen Grund, mich zu verändern, nur weil ich jetzt ein paar Follower mehr habe oder öfter in den Medien gesehen werde.
Sports Illustrated: Wie gehen Sie mit mentalen Tiefphasen um?
Raum: Ich hatte eine brutale Tiefphase, als ich in der 2. Liga bei Greuther Fürth nicht gespielt habe. Ich war Offensivspieler und wurde dann umgeschult zum Verteidiger. Ich hatte erst gar keine große Lust drauf, habe dann vorne fast gar nicht mehr gespielt, bin nur noch eingewechselt worden. Das war schwer zu verdauen, um ehrlich zu sein.
Sports Illustrated: Wie konnten Sie diese Phase überwinden?
Raum: Es ging damit los, dass ich angefangen habe, meinen Mitspielern mehr zu gönnen, dass ich probiert habe, in jedem Training positiv zu sein, auch wenn ich selbst nicht gespielt habe. Und wenn du dieses positive Mindset pflegst, deine Mitspieler immer zu motivieren und auf dem Platz nicht bockig zu sein, auch wenn man nicht spielt, dann wirst du auch früher oder später belohnt. Ich darf mein Hobby, das Fußballspielen, beruflich ausüben: Wenn man das verinnerlicht, dann wird man dafür auch belohnt. Und ich will jetzt nicht angeben, aber ich bin das beste Beispiel dafür: Ich habe mich aus diesem Loch herausgezogen, wurde Stammspieler, habe diese Entwicklung durchgemacht, und das kommt nicht von irgendwoher. Mit dem Wissen, dieses Down überwunden zu haben, kann mich so schnell nichts mehr schocken.
Sports Illustrated: Welchen Stellenwert haben Mentaltrainer und Sportpsychologen im Profifußball?
Raum: Einen hohen. Wir hatten in Fürth einen Sportpsychologen, haben jetzt in Hoffenheim zwei. Und ja, mit ihnen zu sprechen tut gut. Ich war vor allem als junger Spieler in Fürth oft beim Sportpsychologen. Es ist nicht so, dass man dort eine Gehirnwäsche erhält, sondern man hat ein-fach jemanden, mit dem man über alle seine Probleme sprechen kann. Es ist nicht so, dass man diese Menschen daheim nicht auch hätte, aber man möchte ja auch nicht so viele von diesen Problemen mit nach Hause schleppen. Ich hatte als junger Profi manchmal Angst, Fehler zu machen. Und da tut es extrem gut, wenn man jemanden hat, mit dem man über diese Themen reden kann, der sich damit auskennt. Viele Menschen denken immer, wir kicken einfach nur ein bisschen. Aber dieser Leistungsdruck tagtäglich, den bekommen sie oft nicht mit, von dem liest man in den Medien auch nicht so oft. Es wird häufig übersehen, wie es einem geht, wenn ein Spiel mal schlecht läuft. Man sieht immer nur die Jubelnden.
Sports Illustrated: Was macht der Druck mit Ihnen? Wie gehen Sie mit Druck um?
Raum: Vor einem Spiel finde ich Druck ganz gut, weil man ihn in Konzentration und Körperspannung umwandeln kann. Wenn man keinen Druck verspürt, ist man vielleicht ein bisschen zu locker. Deswegen freue ich mich immer, wenn ich in der Besprechung vor dem Spiel schon so ein leichtes Bauchkribbeln habe, weil ich weiß, dass es gleich losgeht. Wenn ich aufs Feld einlaufe und wir dann dort stehen, probiere ich, die Atmosphäre aufzusaugen. Ich lache dann vor mich hin, weil ich mich einfach freue, jetzt gleich Bundesliga spielen zu dürfen. Klar ist man aufgeregt und hat Druck, aber wenn ich das große Drumherum sehe, dass Tausende Fans im Stadion sind, die dich gleich unterstützen werden und du gleich Bundesliga spielen und von Anfang an auf dem Platz stehen darfst – das, was so viele kleine Jungs wollen –, dann genieße ich erst mal, was gleich passiert. Und kann so diesen Druck ein bisschen ausblenden beziehungsweise sogar in etwas Positives umwandeln.
Sports Illustrated: Was an Ihrem Beruf empfinden Sie als besonders herausfordernd?
Raum: Seine Leistung Tag für Tag, Training für Training und Spiel für Spiel immer wie- der auf die 100 Prozent und sogar darüber hinaus zu pushen ist mit das Herausforderndste. Es gibt nicht viele Jobs, in denen man bei der Arbeit wirklich jeden Tag alles reinhauen muss, um am Wochen- ende dafür belohnt zu werden. Ich probiere das. Man schafft es natürlich nicht immer. Aber in jede Einheit mit dem Mindset reinzugehen, alles zu geben, das ist wirklich das Herausfordernde.
Sports Illustrated: Sie machen Yoga. Hilft Ihnen das, um abzuschalten?
Raum: Ja, aber das ist nur ein kleiner Aspekt davon. Ich habe damals, mit 16, 17, über meine Berateragentur in Fürth Young- Sun Cho an die Hand bekommen. Young kommt auch aus Nürnberg, ist Yogalehrer, aber ich würde auch sagen: Physiotherapeut, Mentaltrainer und ein richtig guter Kumpel in einem. Ich war einer der ersten Fußballer, der mit ihm zusammengearbeitet hat. Ich wurde ein bisschen belächelt, dass ich zum Yoga gehe. Yoga hat mir geholfen, in meinen Körper rein- zuhören, meinen Körper und meine Muskulatur besser zu lesen und zu wissen: Was braucht mein Körper jetzt? Bin ich fit oder vielleicht ein bisschen schlapp? Brauche ich ein bisschen mehr Spannung? Aber auch dieses Abschalten – zum Beispiel über Atem- oder einfach nur ein paar Dehnübungen – ist ein Aspekt, der mir sehr geholfen hat.
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