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Marco Odermatt vor Kitzbühel-Klassiker: "Angst vor Stürzen habe ich nicht"

Marco Odermatt ist der beste Skifahrer im alpinen Rennzirkus. Mit 2042 Weltcup-Punkten knackte er 2023 den Rekord von Hermann Maier. Beim Abfahrtsrennen in Kitzbühel geht er als Favorit ins Rennen. Sports Illustrated hat mit dem Schweizer gesprochen.

Marco Odermatt
Credit: Getty Images
  • Marco Odermatt im Sports-Illustrated-Interview
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Sports Illustrated: Sind Sie bereit für die Abfahrt in Kitzbühel?

Marco Odermatt: Ja, klar. Bei mir ist alles bestens, obwohl die letzten Wochen anstrengend waren. Wir sind mitten in der Saison. Aber ich fühle mich gut und freue mich auf die Rennen in Kitzbühel.

Sports Illustrated: Wie bereiten Sie sich auf die Streif vor?

Odermatt: Eigentlich nicht anders als sonst. Man reist meistens am Montag oder Dienstag an. Dann hat man zwei Trainingsversuche hier und kann ein bisschen die Linie probieren und das Material testen. Dann muss man aus den zwei Fahrten das Optimum herausholen und alles richtig verarbeiten, dass am Renntag alles genau passt.

Sports Illustrated: Was ist Ihr wichtigster Antrieb und ihre Motivation, sich die Skihänge herunterzustürzen?

Odermatt: Gute Frage. Mir macht es einfach Spaß, schnell Ski zu fahren und Rennen zu gewinnen. Wenn man den ganzen Aufwand sieht, den man vor, während und nach den Rennen hat, würde ich am liebsten alle Rennen gewinnen. Ich glaube, es ist auch eine Motivation, sich für den Aufwand zu belohnen. Deshalb gebe ich in den ein, zwei Minuten auf der Strecke immer Vollgas.  

Sports Illustrated: Wollten Sie schon als Kind immer die Nummer 1 sein?

Odermatt: Nein, ich wollte eigentlich immer nur Skifahren. Irgendwann kam der Wunsch hinzu, dass ich gewinnen will. Ich bin nicht der beste Verlierer. Aber dass es jetzt so gut funktioniert, das wusste ich natürlich vorher nicht.

Sports Illustrated: Warum sind Sie so gut geworden, wie Sie aktuell sind?

Odermatt: Bei mir funktioniert im Moment alles sehr, sehr gut. Ich bin ein Teamplayer und das Team funktioniert super bei uns. Außerdem ist das Material im Skirennsport extrem wichtig. Das habe ich in den letzten Jahren immer weiterentwickeln können. Ich fühlte mich mit der Zeit immer wohler. Die Erfahrung bei allen Bedingungen immer das perfekte Setup zu haben, hilft natürlich sehr.

Sports Illustrated: Stehen Sie selbst in der Garage, um an Ihren Ski zu arbeiten?

Odermatt: Nein, das mache ich nicht. Ich habe einen Serviceman, der das macht. Aber ich bin der, der das Feedback gibt und sagt, wie er es gerne hätte. Ich kann meinem Servicemann sagen, was wir ändern müssen.

Sports Illustrated: Welche Rolle spielt der Kopf bei den Skirennen?

Odermatt: Der Kopf spielt eine sehr große Rolle. Ich sage immer, es muss alles andere passen, vom Material bis hin zur Fitness und zur Skitechnik. Aber letztendlich entscheidet der Kopf darüber, ob man vorne landet oder nicht.

Sports Illustrated: Am Wochenende steht das berühmte Hahnenkamm-Rennen auf dem Programm. Ist dieses Rennen vergleichbar mit der Formel 1 in Monaco?

Odermatt: Die Formel 1 in Monaco ist vielleicht noch ein bisschen größer. Aber Kitzbühel ist das Highlight der Skisaison. Das ganze Prestige, die Leute, das Preisgeld und die VIP’s drumherum. Das ist schon beeindruckend. Deshalb ist es sicher das größte Rennen.

Sports Illustrated: Mögen Sie den Rummel hier oder eher ruhigere Rennen wie in Beaver Creek?

Odermatt: Ich finde es schön, dass es beide Sachen gibt. Ich glaube, der Sport lebt genau von diesen Rennen hier. Für einen Skirennfahrer ist es das Größte hier zu gewinnen. Aber ich schätze es auch, wenn man in Amerika ganz normal durchs Dorf laufen kann, einen Kaffee trinkt und niemand interessiert es. Aber wir wollen den Skisport weiterentwickeln. Deshalb ist Kitzbühel wichtig. Aber ich schätze die ruhige Zeit manchmal auch sehr.

Sports Illustrated: Zuletzt hat sich Aleksander Aamodt Kilde in Wengen verletzt. Haben Sie Angst vor schweren Stürzen?

Odermatt: Angst vor Stürzen habe ich nicht. Aber der Respekt ist immer da. Speziell nach einer solchen Woche bei den Trainings, wenn man weiß, man gewinnt hier noch nichts. Es fällt mir oft schwer, im Training ans Limit zu gehen, was es auch nicht braucht. Aber klar, wenn man die Stürze sieht, wird es einem wieder ein bisschen mehr bewusst, wie schwer man sich verletzen kann.

Sports Illustrated: Welche Rolle spielt das Material wie Helm, Rennanzug und Skier, um ganz vorne dabei zu sein?

Odermatt: Das kann man schwer in Prozent ausdrücken. Aber wenn das Material nicht passt, kannst man nicht gewinnen. Es ist die Grundlage. Das Material muss passen, dass man dann die beste Leistung bringen kann. Wenn das Material schlecht ist, kann man nicht um den Sieg mitfahren.

Sports Illustrated: Werden Ihre Ski vor den Rennen noch einmal mit einem speziellen Wachs präpariert?

Odermatt: Das ist eine Wissenschaft für sich. Das macht mein Serviceteam, das sicher seine Geheimrezepte hat. Die Ski werden jeden Tag präpariert und jeden Tag neu gewachst. Die Kante, die wir mit dem Ski fahren, nutzen wir nie zweimal am gleichen Tag. Der Ski muss immer perfekt präpariert sein auf diesen schweren Pisten. Sonst funktioniert es nicht.

Sports Illustrated: Haben Sie irgendwelche Rituale, die Ihnen vor dem Rennen wichtig sind?

Odermatt: Nein, ich habe keine Rituale vor dem Rennen. Aber man entwickelt eine gewisse Routine. Die letzten 20 bis 30 Minuten vor dem Start sind vom Ablauf immer ähnlich. Man macht die gleichen Übungen. Ich trinke auch immer ein paar Schluck Red Bull bevor es los geht.

Sports Illustrated: Hören Sie Musik vor dem Rennen?

Odermatt: Vor dem Rennen höre ich keine Musik, weil ich mich voll auf das Rennen fokussieren will. Dann gehe ich in meinem Kopf noch einmal die Strecke durch.

Sports Illustrated: Mit der Longines Conquest Marco Odermatt gibt es eine neue Uhr, die sehr begehrt ist. Spiegelt diese Uhr Ihren Charakter als Skirennfahrer wider?

Odermatt: Es ist eine sportliche und coole Uhr. Sie ist elegant, aber trotzdem verkörpert sie auch das Lockere, das zu mir passt.

Sports Illustrated: Haben Sie die Uhr beim Rennen um?

Odermatt: Nein, ich binde die Uhr erst im Ziel wieder um.