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Steven Gerrard geht All In! Wechsel zu Aston Villa torpediert seine Spielidee

Steven Gerrard ist der neue Trainer von Aston Villa. Seine Karrierestart in Schottland war vielsprechend. Allerdings passt seine Spielidee im Moment wohl nicht zu Villa.

Steven Gerrard
Steven Gerrard
Credit: Getty Images
Im September 2009 verlor Liverpool in der Champions League mit 0:2 bei der Fiorentina. Vor dem Anpfiff ging Christian Purslow, der Geschäftsführer des Vereins, der in der Nähe von Aylesbury aufgewachsen ist und in Cambridge und Harvard studiert hat, im Tunnel auf Kapitän Steven Gerrard zu, gab ihm einen freundlichen Klaps auf den Hintern und ermutigte ihn mit einem falschen schottischen Akzent mit den Worten: “Go ‘ed, Stevie, la.”

Es war ein Moment, den die meisten, die ihn miterlebten, mit einer Mischung aus Verlegenheit und Heiterkeit betrachtet haben dürften, aber er war auch bezeichnend für die Beziehung zwischen Purslow, einem Liverpool-Fan aus Kindertagen, und Gerrard, einem Spieler, den er vergötterte. Und nun hat Purslow Gerrard zum Trainer von Aston Villa ernannt. Ob Personenkult eine gesunde Basis für eine Beziehung zwischen Geschäftsführer und Trainer ist, darf bezweifelt werden, aber Purslow hat in der Vergangenheit bereits seine rücksichtslose Ader bewiesen. Beispielsweise als er Rafa Benítez während seiner Zeit in Liverpool entließ.

Steven Gerrard: Wird Aston Villa nur zum Sprungbrett nach Liverpool?

Fällt der Vereinsname FC Liverpool kommt auch heute noch unweigerlich Gerrard zur Sprache, der keinen Hehl daraus macht, eines Tages nach Anfield zurückkehren zu wollen. Am 11. Dezember ist es bereits soweit - allerdings wird er dann die Farben eines Konkurrenten tragen. Früher oder später wird sich das aber wohl ändern. Auch wenn die Fans von Villa zu Recht hoffen, dass er den Verein nicht nur als Sprungbrett sieht. Immerhin hat Villa in den vergangenen vier Spielzeiten netto rund 288 Millionen Euro für Transfers ausgegeben, selbst nach dem Verkauf von Jack Grealish an Manchester City für 118 Millionen Euro.

Als Ziel für diese Saison wurde die Qualifikation für den europäischen Fußball ausgerufen. Stand jetzt ist Villa davon aber meilenweit entfernt. Abstiegskampf statt Europa heißt die bittere Realität. Als Konsequenz musste Trainer Dean Smith schon gehen, wobei hier wohl auch die enttäuschende Form am Ende der letzten Saison ein Faktor war.

Aston Villa gegen FC Southampton
Ollie Watkins von Aston Villa geht im Zweikampf zu Boden
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Dass ausgerechnet Gerrard seiner Nachfolger wird, überraschte viele. Schließlich saß er bei den Rangers fest im Sattel, nachdem er in der letzten Saison den Titel gewann und damit Celtics Hoffnungen auf eine Rekordserie von zehn Meisterschaften jäh zerstörte. Zumal die Folgen des Umbruchs beim Dauerrivalen Cetltic auch dieses Jahr zu spüren sind und die Chancen auf einen zweiten Titel groß sind.

Versuchung Premier League: Steven Gerrard vor schwerer Aufgabe

Der Abgang von Gerrard hat vermutlich jedoch andere Gründe. In der Fußball-Welt bleibt ein Titelgewinn mit den Rangers immer mit einem Fragezeichen versehen. Denn die Dominanz der beiden schottischen Alpha-Tiere in ihrer Heimat ist einfach zu groß. Das zeigt auch der Abgang vom damaligen Celtic-Trainer Brendan Rodgers, der mitten in der Saison zu Leicester nach England ging. Auch Gerrard verfiel nun jenem Lockruf.

Bei Aston Villa stößt er allerdings auf eine Mannschaft, die sich in einer miserablen Verfassung befindet und der Erwartungshaltung keineswegs gerecht wird. Der Abgang von Grealish ist nur ein Teil des Problems. Schließlich floss das Geld direkt in die Neuzugänge Leon Bailey, Danny Ings und Emi Buendía. Diese Entschlossenheit wurde damals allseits gelobt. Das dazugehörige Erklärungsvideo von Purslow gleich mit. Aber aufgrund von Verletzungen fällt die Integration der Neuen schwer. Zumal Buendía und Bailey beide lieber auf der rechten Seite spielen, während Ings praktisch mit Ollie Watkins um einen Platz in der ersten Elf kämpft.

Wird Gerrards Spielidee bei Aston Villa nicht funktionieren?

Der geschasste Smith ist letztlich auch an den Neuzugängen gescheitert. Denn ein funktionierendes Sturmduo aus Ings und Watkins konnte er nicht etablieren - trotz zahlreicher Versuche. Gerrard wird vermutlich einen anderen Ansatz wählen. Er könnte am Ende ein enges 4-3-3 spielen, ähnlich wie er es in Schottland praktizierte. Wobei die Breite im Spiel durch überlappende Außenverteidiger entsteht. Das Problem ist nur, dass jene Spielphilosophie auf Ballbesitz aus ist. Für die Rangers war das keine Schwierigkeit, für Aston Villa könnte es zur Krux werden. Dass Gerrard sich aber anpassen kann, hat er in der Europa League bewiesen. Auf europäischer Ebene hatten die Rangers "nur" 50 % Ballbesitz im Durchschnitt. Wirklich erfolgreich waren die Rangers damit allerdings nicht.

Gerrards Start als Trainer war vielversprechend. Sein Wechsel zu Aston Villa ist der nächste Schritt. Aber die bevorstehende Aufgabe erweist sich schon jetzt als hart. Denn das Mittelfeld der Premier League ist so stark wie schon lange nicht mehr. Am Ende muss wohl mindestens eine gute Mannschaft absteigen. Für Villa eine gefährliche Kombination: Schließlich wird von ihnen weit mehr als nur das Überleben erwartet.