Granacher: "Pauschalkritik an PotAS zu kurz gedacht"

Urs Granacher, der Vorsitzende der PotAS-Kommission, wirbt in der hitzigen Diskussion um die Fördermittelverteilung im deutschen Spitzensport um Differenzierung und weniger Emotionalität. "Eine Pauschalkritik an PotAS ist zu kurz gedacht und wird den deutschen Spitzensport nicht weiterbringen", sagte Granacher am Montag dem SID.

Ingo Weiss äußerte zuletzt Kritik
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Der Sportwissenschaftler gab bei aller Kritik unter anderem von Diskus-Olympiasieger Robert Harting oder auch von Basketball-Verbandspräsident Ingo Weiss am Potenzialanalysesystem (PotAS) zu bedenken, dass "viele Kritiker" am inhaltlichen Entstehungsprozess des Systems 2015 und 2016 "teilweise direkt beteiligt" gewesen seien und diesem mit großer Mehrheit zugestimmt hätten.

Zudem sei die Kaderpotenzialeinschätzung bis 2021 durch die Verbände und den Deutschen Olympischer Sportbund (DOSB) erfolgt. Seit der PotAS-Wintersportanalyse 2022 schätze die Kommission die Erfolgspotenziale für die kommenden vier Jahre "anhand von Wettkampfdaten und eigener Algorithmen ein". Diesem Ansatz liege die Annahme zugrunde, dass "der beste Prädiktor für zukünftigen sportlichen Erfolg der unmittelbar zurückliegende sportliche Erfolg ist", erklärte Granacher, Professor für Trainings- und Bewegungswissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

Der zukünftige Arbeitsaufwand für die Verbände rund um PotAS - auch dies war ein großer Kritikpunkt bei der Premiere des Verfahrens - werde sich ab dem nächsten Bewertungszyklus "deutlich reduzieren", beteuerte Granacher. "Optimal" werde das System "jedoch nie werden, wir können uns immer nur annähern. Mir fällt im Moment keine Alternative ein, wir haben leider keine Glaskugel." Mit dem neuen Ansatz der Kommission könnte man aber "Kaderpotenzialprognosen regelmäßig aktualisieren", sagte Granacher.

Harting, Diskus-Olympiasieger von 2012 in London, forderte in den Sozialen Netzwerken den "Tod" für das PotAS-System. Dieses sieht die bei der vergangenen WM medaillenlose deutsche Leichtathletik aktuell ganz vorne und stattet die Sportart mit entsprechenden Steuergeldern aus. Der Widerspruch zu den derzeitigen Leistungen ist frappierend. Die Basketballer sind nach EM-Bronze 2022 am Sonntag sensationell Weltmeister geworden und haben sich für Olympia qualifiziert.