NBA

Blazers-Chaos: Olshey-Aus ist die Chance auf überfällige Runderneuerung

Die Portland Trail Blazers feuern aufgrund von Mobbing-Vorwürfen Neil Olshey. Die Ära des General Managers nimmt ein hässliches Ende. Dennoch könnte sein Aus auch zur großen Chance werden. 

Die Portland Trail Blazers müssen sich neu erfinden
Die Portland Trail Blazers müssen sich neu erfinden
Credit: Getty Images
Als General Manager Neil Olshey im vergangenen Juni die Entlassung von Terry Stotts bekannt gab, manifestierten seine Worte zugleich den Anfang seines Endes bei den Portland Trail Blazers. Denn Olshey machte Stotts für die schwachen Vorstellungen der Mannschaft verantwortlich. Er betonte, dass die Defensive besser sei als die Leistungen der letzten beiden Jahre. Die Mannschaft sei demnach zu viel mehr imstande. Insbesondere Damian Lillard und C.J. McCollum könnten immer noch zu Gewinnern geformt werden.

Schwere Vorwürfe gegen Neil Olshey 

Nun, sechs Monate später, ist Olshey Geschichte. Die Mittelmäßigkeit der Blazers sei dafür jedoch nicht ausschlaggebend, heißt es von offizieller Seite. Vielmehr sei Olshey nach einer unabhängigen Untersuchung nicht mehr tragbar gewesen. Genaue Einzelheiten nannte das Franchise allerdings nicht. Einzig von einem toxischen Arbeitsumfeld unter Olshey ist die Rede. Die Verantwortlichen erklärten bereits, dass der finale Bericht nicht veröffentlicht werde. Bisher ist nur bestätigt, dass mehrere Ermittler von O'Melveny & Myers aktuelle und ehemalige Mitarbeiter befragt hatten und Beweise gegen Olshey gesammelt wurden. Viele der Geschichten sollen sich gleichen, wie eine mit dem Fall vertraute Quelle erzählt. Olshey soll gegenüber Mitarbeitern - manchmal auch öffentlich - verbal ausfallend geworden sein und somit für spürbare Spannung gesorgt haben.
Neil Olshey
Neil Olshey
Credit: Getty Images
x/x

Für Olshey übernimmt vorerst Joe Cronin. Ein erstes Saison-Zwischenfazit fällt ernüchternd aus. Nach einem Viertel der Spielzeit ist keine Entwicklung bei den Blazers zu erkennen. Portland liegt momentan bei 11:12 Punkten. Zudem verspricht die 31-Punkte-Niederlage gegen San Antonio kurzfristig keine Besserung. Das große Problem bleibt die Verteidigung, die weiterhin zu den schlechtesten der Liga zählt. Während die Blazers zuhause funktionieren (10-2-Bilanz), sind sie auswärts erschreckend zahnlos (1-10-Bilanz). Die Mannschaft hat derzeit große Schwierigkeiten sich auf das disziplinierte Spiel von Chauncey Billups einzulassen. Stotts freiere Spielidee schimmert immer noch durch.

Angesprochen auf die langsame Adaptation seiner Philosophie erklärte Billup vor kurzem selbstbewusst: "Ich denke, dass ich ziemlich gut bin." Dennoch räumte er ein, dass eine solche Anpassung nicht einfach sei. "Ich habe eine Idee, wie wir spielen sollen. Ich weiß, wie wir gewinnen können. Wenn wir das nicht umsetzen, spreche ich das natürlich an. Auch wenn ich weiß, dass es bei den Spielern nicht immer gut ankommen wird."

Wer sind die möglichen Nachfolger?

Wie "Yahoo! Sports" berichtet, sollen Bulls-Manager Marc Eversley und Knicks-GM Scott Perry in Portland im Gespräch sein. Vermutlich wird in naher Zukunft auch der Name Danny Ainge fallen. Schließlich stammt er aus Oregon und hat eine Blazers-Vergangenheit. Eine solcher Deal wird die Probleme der Blazers allerdings nicht lösen können. Dafür bedarf es mehr. Das Team muss verändert werden. Die momentane Mannschaft ist nicht einfach abgestumpft, sie ist meilenweit von der Spitzengruppe entfernt.  

Der geschasste Olshey hatte auf einen radikalen Schnitt bisher verzichtet. Und so unnötig Zeit verloren. Vermutlich hätte er ein solches Vorgehen aber auch als Eingeständnis des eigenen Scheiterns empfunden. Denn Olshey gilt als stolzer Mann, der insbesondere seine Draft-Bilanz hervorhebt.

Im Jahr 2012 holte er Lillard an sechster Position. Ein Jahr später sicherte er sich McCollum, einen weiteren Mid-Major-Star, mit der zehnten Wahl. In der Folge versuchte er, eine Mannschaft um die Beiden aufzubauen. Doch damit begab er sich gleichzeitig in eine gewisse Abhängigkeit. Sein Vorhaben kostete das Franchise viel Geld. Kritische Stimmen perlten an ihm ab.  

Portland Trail Blazers: Alles muss hinterfragt werden - selbst Lillard

Ein neuer GM muss genau diese Kurzsichtigkeit beheben. Er muss einen objektiven Blick auf den Kader werfen. Es gibt eine Welt, in der ein Tausch von McCollum gegen Ben Simmons möglich sein könnte, und wenn dieser Fall tatsächlich eintreten sollte, sollten die Blazers auch zugreifen. Denn Simmons - zu seinen besten Zeiten - ist ein dynamischer Spielmacher, der vier verschiedene Positionen bespielen kann.

Und auch Lillard muss kritisch beäugt werden. Zwar gehört der 31-Jährige trotz des schlechten Starts in die Saison immer noch zu den besten Spielern der NBA, dennoch werden die Blazers in den nächsten Jahren nichts mehr gewinnen. Sollte Lillard bleiben, wird er wahrscheinlich im nächsten Sommer eine weitere Verlängerung seines Vertrages um zwei Jahre und 100 Millionen Dollar anstreben. Doch sollte Portland einen solchen Deal wirklich eingehen? Und will Lilard, der sehr loyal ist, seine verbleibenden Jahre tatsächlich bei einem Außenseiter verbringen?

All diese Fragen müssen in Portland jetzt auf den Tisch. Und zwar ergebnisoffen. Mit dem Aus von Olshey endet eine Ära, die ihre großen Momente auf dem Spielfeld hatte. Beispielsweise die Reise zu den Western Conference Finals 2019. Oder die längste aktive Serie von Playoff-Teilnahmen, acht an der Zahl. Dennoch bedarf es nun einer Generalüberholung. Das Kapitel "Portland" endet für Neil Olshey hässlich. Aber auf die eine oder andere Weise war das Ende letztlich die logische Konsequenz.