French Open

Ana Ivanović: "Man muss funktionieren, auch wenn man sich leer fühlt"

Ana Ivanović ist zu Gast bei den French Open 2025 in Paris. Sports Illustrated hat die ehemalige Weltklasse-Tennisspielerin und Haier-Botschafterin zum Interview getroffen, in dem Ivanovic über mentale Stärke, ihre Duelle und ihre Erfolge spricht. 

Ana Ivanović
Credit: Haier
  • Ana Ivanović über den Druck und Ruhm an der Weltspitze
  •  Ivanović gewann 2008 die French Open und stand auf Platz 1 der Weltrangliste
  • Haier-Botschafterin Ivanović spricht über Duelle gegen Williams

 

Sports Illustrated: War es für Sie der größte Moment, dass Sie 2008 die French Open gewonnen haben und die Nummer eins der Welt geworden sind?

Ana Ivanović: Ich hatte in meiner Karriere viele besondere Momente, aber die meisten Erinnerungen verbinde ich tatsächlich mit Paris. In derselben Woche die French Open zu gewinnen und die Nummer eins zu werden – das vergesse ich nie. Immer wenn ich hier bin, kommen diese Erinnerungen zurück.

Sports Illustrated: Sie haben unfassbar viele Matches absolviert. Gab es Gegnerinnen, vor denen Sie besonderen Respekt hatten?

Ivanović: Die Williams-Schwestern waren definitiv immer sehr schwierig zu spielen. Ich erinnere mich, dass ich Serena Williams in Australien 2014 geschlagen habe – das war ein besonderer Moment. Beide hatten einen sehr kraftvollen Spielstil mit starkem Aufschlag. Es war immer einschüchternd, gegen sie anzutreten, weil sie einem kaum Zeit ließen, Punkte aufzubauen.

Sports Illustrated: Wie haben Sie sich mental auf diese Gegnerinnen vorbereitet?

Ivanović: Man fokussiert sich in erster Linie auf sich selbst. Natürlich hat man einen Spielplan im Kopf, aber am Ende kommt es darauf an, bei sich zu bleiben und sein eigenes Spiel durchzuziehen. Das war für mich immer entscheidend.

Ana Ivanovic (Serbien) jubelt über ihren Sieg bei den French Open 2008 – Siegerin im Damen-Einzel beim Grand-Slam-Turnier in Roland Garros, Paris.
Ana Ivanovic feiert ihren Sieg bei den French Open 2008 – Siegerin im Damen-Einzel beim Grand-Slam-Turnier in Roland Garros, Paris.
Credit: Imago
x/x

Sports Illustrated: Sie haben mit 29 Jahren Ihre Karriere beendet. Denken Sie manchmal, dass das zu früh war?

Ivanović: Rückblickend hätte ich sicher noch drei, vier Jahre spielen können. Aber zu dem Zeitpunkt fühlte es sich richtig an. Ich hatte Verletzungen – ein Zehenbruch 2015 führte zu Knieproblemen. Ich konnte einfach nicht mehr auf dem Level spielen, das ich mir vorgestellt habe. Ich wollte nicht auf der Tour bleiben, ohne wirklich konkurrenzfähig zu sein. Für mich war es wichtig, an der Spitze zu stehen – und als ich merkte, dass mein Körper das nicht mehr hergibt, habe ich mich entschieden aufzuhören. Ich hatte auch andere Ziele. Ich wollte etwas zurückgeben, wie mit meiner Arbeit für UNICEF. Natürlich wollte ich auch eine eigene Familie und Kinder haben. Das war immer ein Traum von mir.

Sports Illustrated: Können Sie sich vorstellen, irgendwann vielleicht als Trainerin zu arbeiten? 

Ivanović: Nicht als Tennis-Trainerin im klassischen Sinn – das würde wieder viel Reisestress bedeuten. Das würde nicht gehen, denn meine Kinder stehen an erster Stelle. Aber als Mentorin zu arbeiten, um junge Spielerinnen zu unterstützen oder zu beraten – das könnte ich mir vorstellen. So kann ich meine Erfahrungen weitergeben, ohne ständig unterwegs zu sein.

Sports Illustrated: Treiben Sie noch regelmäßig Sport?

Ivanović: Ich habe früher Pilates gemacht, aber heute fehlt mir oft die Zeit für regelmäßiges Training. Vielleicht schaffe ich es zweimal pro Woche ins Fitnessstudio – wenn überhaupt. Meine Kinder halten mich gut auf Trab. Neulich habe ich ein Show-Match in Genf gespielt – das hat mich zumindest ein wenig in Form gehalten. Es hilft auf jeden Fall, wenn man früher Profisportlerin war – der Körper erinnert sich. Die Muskulatur baut sich schneller wieder auf, weil vieles einfach abgespeichert ist.

Sports Illustrated: Spielen Sie noch regelmäßig Tennis? 

Ivanović: Leider nicht. Ich versuche jemanden zu finden, mit dem ich spielen kann. Ich warte gerade darauf, dass Angelique Kerber ihr Baby bekommt – wir sind enge Freundinnen und haben gesagt, dass wir dann gemeinsam spielen.

Sports Illustrated: Welche Spieler:innen schauen Sie sich besonders gerne an?

Ivanović: Bei den Frauen ist meine Favoritin Aryna Sabalenka. Ihr Spiel ist sehr aggressiv, das erinnert mich an meinen eigenen Stil. Bei den Männern bin ich Fan von Carlos Alcaraz und von Yannik Sinner. Er spielt so mühelos – das ist beeindruckend. Es ist schön, diese neue Generation nach Federer, Nadal und Murray zu sehen. Novak ist ja noch da. Aber es ist spürbar ein Wechsel im Gange.

Ana Ivanović
Ana Ivanović ist Global Brand Ambassador von Haier
Credit: PR
x/x


Sports Illustrated: Wie ist Ihr Eindruck von der neuen Generation?

Ivanović: Man sieht einen klaren Generationenwechsel. Einige Jahre fehlten die Rivalitäten, aber jetzt kommen sie – mit Iga, Sabalenka, Coco Gauff und Mira Andreeva. Es ist schön zu sehen, dass die Zukunft des Sports gesichert ist. Aber es braucht Zeit, sich zu entwickeln – wie man bei Emma Raducanu sieht. Der mentale Aspekt spielt eine immer größere Rolle, und ich finde es gut, dass auch Männer inzwischen darüber sprechen. Jeder muss seinen eigenen Weg finden – manche lieben das Rampenlicht, andere sind introvertierter. Es gibt nicht nur einen Weg zum Erfolg.

Sports Illustrated: Als Sie noch gespielt haben, hatten Sie da bestimmte Rituale vor den Matches, um sich zu fokussieren?

Ivanović: Ich habe immer Musik gehört, mich mit meinem Team ausgetauscht, aufgewärmt und bin den Matchplan durchgegangen. Nervosität gehört immer dazu, egal ob erste Runde oder Finale – aber das ist ein gutes Zeichen.

Sports Illustrated: Welche Musik hatten Sie in Ihrer Playlist?

Ivanović: In dem Jahr, als ich die French Open gewonnen habe, lief vor allem P!nk bei mir rauf und runter! (lacht)

Sports Illustrated: Was haben Sie aus dem Umgang mit Ruhm und Druck gelernt?

Ivanović: Erfolg und Aufmerksamkeit kommen und gehen. Ruhm vergeht. Was bleibt, ist deine eigene innere Stimme – und die Verantwortung, die du für die nächste Generation übernimmst. Es geht darum, seinen eigenen Weg zu finden und zu folgen. Wenn du diesen Weg gehst, findest du auch dein Glück. Dann weißt du: Das ist richtig so. Auch wenn wir manchmal den leichteren Weg wählen, dann lernen wir daraus. 

Sports Illustrated: Wie sind Sie mit dem ständigen Druck an der Spitze umgegangen?

Ivanović: Als Tennisprofi steht man fast täglich im Rampenlicht – Gegnerinnen, Medien, Fans. Man muss funktionieren, auch wenn man sich leer fühlt. Das erhöht den Druck enorm. Deshalb ist es wichtig, dass heute offen über mentale Gesundheit gesprochen wird. Mental-Coaches gelten inzwischen als selbstverständlich.

Ana Ivanović
Ana Ivanović
Credit: Haier
x/x

Sports Illustrated: Wenn Sie auf Ihre Karriere zurückblicken, was hat Ihnen besonderen Halt gegeben?

Ivanović: Ich war Nummer 1 der Welt, da war ich gerade einmal 20 Jahre alt. Man ist eine junge Frau, steht plötzlich im Mittelpunkt und ist umgeben von Millionen Menschen. Ich war sehr introvertiert. Das war mental sehr herausfordernd und manchmal auch ein bisschen zu viel. Zum Glück habe ich ein stabiles familiäres Umfeld. Meine Familie hat mir unglaublich geholfen, besonders mein Bruder. Ich habe viel mit ihm gesprochen. Das hat mir sehr viel Halt gegeben. 

Sports Illustrated: Gab es auch negative Erfahrungen?

Ivanović: Irgendwann begreift man, dass viele Menschen, die sich heute für einen interessieren, sich eines Tages abwenden. Am Ende des Tages kommt es nur auf dich selbst an. Das Einzige, was wirklich bleibt, ist, was man in sich trägt.

Sports Illustrated: Gibt es ein Match, das Sie gerne nochmal spielen würden?

Ivanović: Das Finale der Australian Open 2008 gegen Maria Scharapowa. Ich hatte eine perfekte Vorhandchance und entschied mich für einen Stop. Den habe ich komplett verpatzt. Das hat mich damals aus dem Rhythmus gebracht. Ich denke oft an diesen Moment zurück – ich sehe ihn noch ganz genau vor mir.

Sports Illustrated: Sie kochen gerne. Gibt es ein Rezept, das Sie besonders gerne kochen – vielleicht sogar mit Unterstützung Ihrer Haier-Geräte?

Ivanović: Ich liebe Lachs! Gerne aus dem Ofen, dazu Spinat und Süßkartoffeln. Außerdem backe ich sehr viel mit meinen Kindern – besonders mein ältester Sohn hilft gerne. Wir backen oft Bananenbrot oder Muffins – in möglichst gesunden Varianten.



Mit dem Sports Illustrated-Chefredakteurs Newsletter erhalten Sie aktuelle Sport-News, Hintergründe und Interviews aus der NFL, der NBA, der Fußball-Bundesliga, der Formel 1 und vieles mehr.

NEWSLETTER ABONNIEREN 


Mehr Sport-News

Michael Schumachers folgenschwerer Skiunfall ist mittlerweile elf Jahre her. Aber noch immer ist Schumi einer der erfolgreichsten Rennfahrer in der Geschichte der Formel 1. Das waren die größten Grand-Prix-Siege von Michael Schumacher in der Königsklasse. 

Julian Nagelsmann ist neuer Bundestrainer von Deutschland. Zuvor war er Trainer des FC Bayern München. Doch wie verlief seine Karriere bislang? Welche Titel hat er gewonnen? Wer ist seine Freundin? Wie hoch ist sein Gehalt? Alle Informationen gibt's hier.

Den NFL Game Pass könnt Ihr jetzt bei Prime Video buchen. DAZN und Amazon sind eine neue Partnerschaft eingegangen, damit die NFL-Fans in Deutschland alle Spiele auch bei Prime Video schauen können. So viel kostet der NFL Game Pass.