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Andrea-Petkovic-Kolumne: Ikonen des Sports sind heute Ikonen der Popkultur

Ex-Tennisspielerin Andrea Petkovic spricht in ihrer Sports-Illustrated-Kolumne über den Wandel von Athleten zu Popstars - und welche Vorteile das bringt. Ikonen des Sports sind heute Ikonen der Popkultur, so das Fazit der 37-Jährigen.

 

TV-Experte und NFL-Legende Tom Brady
Credit: Getty Images

Jeden Morgen erhalte ich als Tennisexpertin während der US Open eine Liste. Man könnte meinen, es wären die Aufschlagswerte vom Vortag, die Messungen der Länge der Grundschläge der Favoriten oder mit welcher Wahrscheinlichkeit Carlos Alcaraz einen Vorhand-Return ins Feld trifft.

Aber nein, die tägliche E-Mail enthält die Namen der Promis, die an diesem Tag die US Open besuchen werden. In Klammern dahinter steht, ob sie gezeigt werden möchten und wo genau sie sitzen beziehungsweise von welchem "Partner" (früher: Sponsor) sie eingeladen wurden. Das sportlich gesehen langweilige Männerfinale geriet zur Taylor-Swift-samt-Boyfriend-Show, sodass der spielende Taylor Fritz umgehend zum "lesser Taylor" deklariert wurde; zum weniger wichtigen Taylor. Ein hartes Urteil, wenn es das erste Grand-Slam-Finale deines Lebens ist, noch dazu im eigenen Land. 

Andrea Petkovic: Wie viel Entertainment braucht der Sport?

Diese Liste, die modischen Outings der Superstars während der Olympischen Spiele in Paris, der QR-Code auf der Leinwand der EM-Stadien, mit dem man seine Selfies hochladen konnte, brachten mich zu der Frage: Wie viel Entertainment braucht der Sport? Wie viel erträgt er? Und wann wird der Protagonist eines Grand-Slam-Finales zum Beiwerk der "wichtigeren" Taylor?

Taylor Swift und Travis Kelce bei den US Open 2024
Taylor Swift und Travis Kelce bei den US Open 2024
Credit: Getty Images
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Sport selbst ist Teil der Unterhaltungsbranche. Ein WM-Titel, so schön er sein mag, verändert keine Weltenläufe. Wir könnten die neuen Folgen "Emily in Paris" gucken oder zu Darmstadt 98 ins Stadion gehen. (Beides ist momentan auf einem ähnlichen Qualitätslevel, Emily ist nur besser angezogen.) Intellektuell betrachtet wissen wir, dass Sport Zeitvertreib ist, aber emotional trennen wir Sport und Entertainment. Sport erscheint substanzieller, wichtiger, so, als könnte er tatsächlich etwas verändern. Athleten und Athletinnen sorgten für Schlagzeilen, wenn sie gewannen. 

Irgendwann waren Sportler nicht mehr nur Sportler

In den vergangenen zwei Dekaden und spätestens seit dem Aufstieg der sozialen Medien änderte sich dies. Auf einmal wurden Sportler und Sportlerinnen zu Marken, zur Ware wie Sängerinnen und Schauspieler, zur Projektionsfläche, die sie selbst befeuerten. Vielleicht begann es bereits mit Michael Jordan und seinen Schuhen (auch wenn Michael sich stets miesepetrig gegen seinen Promi-Status wehrte), vielleicht mit David Beckham und seiner Beziehung zu einem Spice Girl.

Aber irgendwann waren Sportler nicht mehr nur Sportler, sondern außerdem Celebritys. Promis, von denen erwartet wurde, sich bei den Oscars zu präsentieren oder bei der Met Gala auf sich aufmerksam zu machen. Die nicht nur Verpflichtungen auf dem Platz und im Fitnessstudio hatten, sondern auch in der Öffentlichkeit. 

Tom Brady startet blass - wurde dann besser

Ein Beispiel aus eigener Erfahrung: Als ich auf der Tour anfing, sahen alle Verträge mehr oder weniger gleich aus. Sie waren streng nach Ranglistenplatzierung aufgebaut, hierarchisch, klar. Je besser die Platzierung, desto höher der Preis, je mehr Titel auf der Tour, desto wertiger die Marke.

Manchmal konnte man ein paar Prozentpunkte rausholen, wenn man in einen "starken Markt" geboren war. Deutschland: gut, Tschechien: weniger gut. Die neuen Verträge nehmen nun auch andere Faktoren mit in die Preisgenerierung auf. Wie viele Follower hat man? Wo sind die zu finden? In welcher Altersgruppe halten sie sich vorwiegend auf? 

Tom Brady 2024 bei seinem ersten Spiel als TV-Experte
Tom Brady 2024 bei seinem ersten Spiel als TV-Experte
Credit: Getty Images
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Es ist lukrativer geworden, Sportler zu sein, und es gibt aktiven Athleten eine Perspektive für das Danach. Wenn man sich während seiner Karriere bereits einen Namen als Marke aufbaut, wird man womöglich nach der ersten Karriere nicht so schnell vergessen.

Tom Brady unterschrieb, noch während er täglich als Quarterback trainierte, einen Zehnjahres-375-Millionen-Dollar-Vertrag mit dem US-Sender Fox als Hauptanalyst und neues Gesicht der Sonntagsspiele. Greg Olsen, der in den USA als der beste American-Football-Experte nebst vielleicht noch Tony Romo gilt, wurde von jemandem auf Platz zwei verdrängt, der bis dahin noch nie ein einziges Spiel kommentiert hatte. Tom Bradys Vertrag übertrifft übrigens seine Einnahmen als Spieler (ca. 333 Millionen Dollar). An seinem ersten Tag blieb Tom Brady blass. An seinem zweiten Sonntag war er schon deutlich besser. Brady eben, immer an sich arbeitend. 

Nicht, dass man mich falsch versteht: Es gab schon immer Ikonen, die von ihrer Ikonenhaftigkeit profitierten. Sie waren Ikonen des Sports. Heute sind sie Ikonen der Popkultur. 

Andrea Petkovic
Andrea Petkovic
Credit: Imago
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