Triathlon

Patrick Lange: "In mir stecken zwei verschiedene Persönlichkeiten"

Triathlon-Star Patrick Lange hat den Ironman bereits zum dritten Mal gewonnen. Auf Hawaii triumphiert er 2024 in beeindruckender Art und Weise. Im Sports-Illustrated-Interview spricht der 38-Jährige über die Zeit danach, die eigene Persönlichkeit und seine Ziele.

Ironman-Sieger 2024 Patrick Lange
Credit: Getty Images
 

Sports Illustrated: Noch einmal herzlichen Glückwunsch zu Ihrer tollen Leistung auf Hawaii. Wie und wo haben Sie Ihren Ironman-Sieg 2024 gefeiert?

Patrick Lange: Wir hatten kurz vor Weihnachten eine große Feier in Salzburg mit knapp 70 Leuten. Ich habe alle aus meinem Team eingeladen sowie Familie, Sponsoren und Freunde. Mein allererster Triathlon-Trainer war auch dabei. Es sind alle gekommen, die mir auf meinem Weg geholfen haben. Da haben wir es richtig krachen lassen. Es war wunderschön, richtig zu feiern und diese Feier in vollen Zügen zu genießen. 

Sports Illustrated: Sind Sie ein Athlet, der sich gerne für seinen eigenen sportlichen Leistungen belohnt oder reicht Ihnen das alleinige Gefühl des Triumphes?

Lange: Ich bin da nicht so anspruchsvoll. Mir geht es rein ums Gewinnen. Ich wollte immer der Beste sein, in dem, was ich tue. Dieses Gefühl, Triathlon-Weltmeister geworden zu sein, ist für mich die Belohnung. Das Einzige, was ich mir gegönnt habe, war eine Woche Urlaub, um die Seele etwas baumeln zu lassen. Danach ging‘s schon wieder weiter, weil ich Triathlon liebe und das, was ich tue. Das ist für mich ein Privileg. 

Triathlet Patrick Lange bei seinem Sieg 2024 auf Hawaii
Triathlet Patrick Lange bei seinem Sieg 2024 auf Hawaii
Credit: Getty Images
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Sports Illustrated: Wie lange haben Sie gebraucht, um sich nach dem Ironman körperlich wieder zu erholen?

Lange: Ich muss sagen, dass ich nach diesem Sieg kaum Zeit gebraucht habe, um mich zu erholen. Ich bin auf einer unfassbaren Euphoriewelle geritten und hätte am nächsten Tag schon wieder trainieren können. Der Triumph 2024 auf Hawaii war ein Sieg, der mir sehr viel bedeutet. Als ich gehört habe, wie viele Menschen sich darüber gefreut haben, hat mich das unfassbar stolz gemacht. Ich hoffe, dass ich mit meinem Siegen etwas hinterlassen kann, was über den Sport hinausgeht. In der Regel benötige ich aber zwei Wochen, um wieder körperlich fit zu sein. 

Sports Illustrated: Wann haben Sie wieder angefangen zu trainieren und wie sieht Ihr Fahrplan in Richtung Nizza 2025 aus? 

Lange: Ich habe nach Hawaii relativ spät mit dem Training begonnen. Mein regelmäßiges Training habe ich erst Mitte Dezember 2024 gestartet. Im Januar hatte ich gerade mein erstes Trainingslager. Ich werde mich dieses Jahr auf die Ironman Pro Series konzentrieren. Meine Saison startet am 5. April in den USA in Oceanside. Danach geht es zum Triathlon nach Texas, den ich bereits zwei Mal gewinnen konnte. Eines meiner großes Ziele ist es, 2025 endlich mal den Triathlon in Frankfurt/Main zu gewinnen. Als Hesse ist es mein Heimrennen. Dort möchte ich Europameister werden. Im September steht dann das Saison-Highlight mit der Triathlon-WM in Nizza auf dem Programm. 

Triathlet Patrick Lange bei seinem Sieg 2024 auf Hawaii
Triathlet Patrick Lange bei seinem Sieg 2024 auf Hawaii
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Sports Illustrated: Finden Sie es gut, dass sich Hawaii und Nizza bei der Austragung des Ironmans jährlich abwechseln?

Lange: Ich habe da eine klare Meinung. Für mich ist Hawaii der wichtigste Triathlon der Welt. Wenn man auf die Einschaltquoten und die Berichterstattung schaut, ist es das Rennen, was die Menschen am meisten fasziniert. Hawaii und Nizza werden nie das Gleiche sein. Der Triathlon hat definitiv Entwicklungspotenzial, vor allem bei den WM-Formaten. Da ist viel Bewegung drin, was auch die Frauen-Rennen angeht, weil wir an zwei verschiedenen Orten antreten. Aber für mich gehört die Ironman-WM nach Hawaii. Von daher würde ich mich immer für Hawaii entscheiden.

Sports Illustrated: Triathlon ist eine der zeitintensivsten und anstrengendsten Sportarten. Woher nehmen Sie immer wieder die Energie, sich im Training zu quälen?

Lange: Ich möchte immer gewinnen und ich spüre, dass ich noch genügend Entwicklungspotenzial besitze. Wenn ich mein Potenzial voll ausschöpfe, bin ich einer der besten oder der beste Triathlet der Welt auf der Ironman-Distanz. Das treibt mich extrem an. Selbst nach 20 Jahren Leistungssport kann ich mich weiterentwickeln, um besser zu werden. Das ist mein Antrieb. 

Sports Illustrated: Sie sind einer der besten Läufer im Triathlon. Wie viele Kilometer absolvieren Sie pro Woche beim Laufen, Schwimmen und Radfahren?

Lange: Lauftechnisch ist das bei mir erstaunlich wenig. Das sind etwa 80 Kilometer in der Woche. Dafür sitze ich aber 400 bis 500 Kilometer pro Woche auf dem Rennrad und bin 23 bis 28 Kilometer im Wasser unterwegs. 

Sports Illustrated: Einige haben Sie als "Superman aus Stahl" bezeichnet. Wie würden Sie den Menschen und Sportler Patrick Lange beschreiben?

Lange: Mensch und Sportler sind bei mir zwei verschiedene Personen. In dem Moment, wo ich meine Startnummer habe, werde ich zur Maschine. Dann sollte sich mir niemand in den Weg stellen. Da bin ich im Tunnel, kann mich fokussieren und bis zum Umfallen quälen. Als Privatperson bin ich ein harmoniebedürftiger Familienmensch, dem Freunde und soziale Interaktion wichtig sind. Ich habe gerne Leute um mich, die mir positive Energie geben. Da kann ich mich komplett zurücknehmen und treiben lassen. Da sind immer zwei Menschen in mir. 

Patrick Lange
Patrick Lange
Credit: adidas
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Sports Illustrated: Hatten Sie jemals eine Phase, wo Sie gedacht haben, warum mache ich das alles?

Lange: Wenn man irgendwann Erfolg hat, sehen viele nur die Spitze des Eisbergs. Ich musste mir alles hart erarbeiten. Ich habe nie eine Förderung bekommen. Ich war auf einer normalen Schule - und auf keiner Sportschule. Ich musste ganz normal zur Bundeswehr und hatte keine Sportsoldaten-Privilegien. Ich habe Vollzeit eine Physiotherapeuten-Ausbildung gemacht. Bis ich mit 30 Jahren endlich den Mut hatte, alles auf eine Karte zu setzen und nur noch Triathlon zu machen. Ich bin erst seit neun Jahren Vollprofi, obwohl ich vorher auch Rennen bestritten habe. 

Sports Illustrated: Welche Dinge sind Ihnen neben dem Triathlon am wichtigsten? Sind Sie auch ein politik- und umweltinteressierter Mensch? 

Lange: Ich bin sehr sportinteressiert. Ich habe mich immer für die Formel 1 begeistert und mir fast alle Rennen von Michael Schumacher angeschaut. Man kann schon sagen, dass ich ein totaler Formel-1-Fan bin. Aber natürlich interessiere ich mich auch für Politik. Als Sportler versuche ich mich aber eher bedeckt zu halten, außer wenn es um links- oder rechtsradikale Sachen geht. Wenn man mich fragt, bin ich klar gegen diese Auswüchse. Aber ansonsten bin ich Sportler. Das mit der Politik kommt vielleicht später.

Sports Illustrated: Sie sind ein Athlet, der viel um die Welt reist. Spielt für Sie das Thema Umwelt eine Rolle?

Lange: Das ist ein wichtiges Thema. Bei meinen sportlichen Wettkämpfen, die überall auf der Welt stattfinden, habe ich einen erhöhten CO2-Fußabdruck. Da gibt es kein Herumreden. Aber ich versuche diesen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten. Zu Hause fahre ich ein Hybrid-Auto, habe eine Wärmepumpe und Photovoltaik auf dem Dach. Ich fliege meist mit Lufthansa, die gewisse Green-Tarife anbieten, wo man einen CO2-Ausgleich einpreisen kann. Dann bezahle ich ein bisschen mehr fürs Ticket. Das sind Dinge, die ich bewusst mache. Ich denke, dass wir persönlich den größten Einfluss im Alltag haben. Wenn man nicht alle drei Wochen shoppen geht und Sachen kauft, kann man auch gewisse Dinge bewegen. Wenn ich mir einmal im Jahr einen neuen Pulli kaufe, ist das viel. Was den Konsum betrifft, halte ich mich zurück.

Sports Illustrated: Sie wohnen seit 2019 in Salzburg. Sind Sie viel in den Bergen unterwegs?

Lange: Ich bin sehr viel in den Bergen. Das ist ein wichtiger Ausgleich für mich. Die Berge geben mir viel Energie. Im Sommer und im Herbst gehen wir wandern. Im Winter fahre ich gerne Langlauf-Ski. Die Berge mit den Skiern herunterzufahren, daran muss aber noch arbeiten. Zu Corona-Zeiten habe ich mir mal eine Skitouren-Ausrüstung gekauft und wollte das ausprobieren. Bergauf ging das wunderbar, aber hinunter musste ich in der Pizza-Stellung fahren und habe mir fast in die Hose gemacht. 

Sports Illustrated: Warum haben Sie sich damals entschieden nach Salzburg zu ziehen?

Lange: Meine Frau Julia ist Österreicherin und mit ihrer Familie zum Großteil in Salzburg aufgewachsen. Sie hat auch mal in Frankfurt/Main gewohnt, aber die Familie meiner Frau ist komplett österreichisch. Von daher war es für sie ein Nachhausekommen und für mich endlich ein Ort, um in der Nähe der Berge zu sein.

Sports Illustrated: Adidas startet im Februar 2025 die Kampagne "The plus one effect" mit Top-Sportlern und ihren wichtigsten Unterstützern. Welche Rolle spielt Ihre Ehefrau Julia Lange?

Lange: Meine Frau Julia spielt eine sehr wichtige Rolle. Sie ist meine Managerin und somit die Herrin über Termine, Sponsoren und Interviews. Das ist eine Art Familienbetrieb. Dabei hält sie mir den Rücken frei. Sie ist sie bei den wichtigen Wettkämpfen dabei und ein entscheidender Bestandteil des Teams. Außerdem ist sie für mich emotionale Stütze und Antreiberin. Aber auch ein Gegenpol, wenn es mal zu viel wird, damit ich mich erholen und runterkommen kann.

Patrick Lange mit seiner Frau
Patrick Lange mit seiner Frau
Credit: adidas
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Sports Illustrated: Wie wichtig ist es, einen Partner an seiner Seite zu wissen, dem man 100 Prozent vertrauen kann?

Lange: Das ist für mich sehr wichtig. Für mich war das von vornherein klar, dass wir beide das machen. Bei den Radprofis gibt es viele Frauen, die ihren Partner ein halbes Jahr lang nicht sehen. Das wollten wir nicht. Wir wollten immer dieses enge Verhältnis haben - auch im Sport. Julia ist selbst sehr sportlich. Von daher haben wir uns eine privilegierte Position geschaffen, in der wir beide voneinander profitieren können. 

Sports Illustrated: Als Sie sich beide 2017 auf Mallorca kennenlernten, haben Sie Julia aufs Rad gesetzt und Sie war direkt davon begeistert. Später auch von Ihren Profi-Sport. Was bedeutet Ihrer Frau der Triathlon mittlerweile?

Lange: Julia ist im Sport breit aufgestellt. Sie liebt Herausforderungen wie Hyrox oder hat auch schon Einzelzeitfahren im Radsport absolviert. Das ist ein guter Mix. Sie macht ihr eigenes Ding. Mittlerweile spielt auch der Triathlon eine große Rolle bei ihr. Sie hat die klare Ambition, dass sie besser werden und sich ans Limit pushen möchte. Bei ihr spielt das Gewinnen aber nicht die entscheidende Rolle. Sie will sich selbst herausfordern. Von daher besteht eine gute Symbiose zwischen uns beiden.

Sports Illustrated: Sie haben den Ironman bereits drei Mal gewonnen. Mit einem vierten Sieg würden Sie in der deutschen Bestenliste Jan Frodeno vorbeiziehen. Ist diese Vorstellung eine zusätzliche Motivation für Sie?

Lange: Klar spielen die Siege von Jan Frodeno auch eine Rolle. Im Männerbereich hat außer Mark Allen und Dave Scott kein anderer Triathlet mehr als drei Ironman-Titel gewonnen. Für mich ist es eine riesige Motivation, auf die Stufe direkt hinter diese beiden Legenden zu kommen. Das wäre fantastisch. Bei dieser Vorstellung bekomme ich gleich Gänsehaut. Das ist es, was mich antreibt. 

Sports Illustrated: Im Sommer werden Sie 39 Jahre alt. Wird der Ironman in Nizza 2025 das letzte große Rennen in Ihrer fantastischen Karriere sein? 

Lange: Mein Ziel ist es, mindestens noch einmal auf Hawaii zu starten. Im Moment gehe ich davon aus, dass 2026 wahrscheinlich mein letzter Start auf Hawaii sein wird. Dann bin ich 40 und was danach kommt, weiß ich noch nicht. Nach Hawaii 2026 werde ich alles sacken lassen und schauen, wie viel Energie noch da ist. Aktuell ist meine Motivation sehr hoch. Triathlon macht sehr viel Spaß. Die Leistungen stimmen. Wenn das nächstes Jahr noch der Fall sein sollte, hänge ich noch ein Jahr dran, und wenn es danach immer noch so ist, mache ich noch ein Jahr weiter. Aber da möchte ich mich nicht 100-prozentig festlegen.

Sports Illustrated: Haben Sie einen Plan für das Leben nach Ihrer Karriere? 

Lange: Es gibt viele spannende Themen. Ich möchte dem Sport auf jeden Fall treu bleiben und mein Wissen, das ich mir in den vergangenen 25 Jahren im Sport angeeignet habe, gerne weitergeben. Ich kann mir sowohl eine Aufgabe als Trainer, als auch Mentor vorstellen. Vielleicht auch eine Speaker-Rolle, um Menschen zu motivieren. Zudem möchte ich mit dem Mountain-Bike die Transalp absolvieren. Das sind Dinge, die mich reizen. Bis dahin hoffe ich, dass ich mir die finanzielle Freiheit erarbeitet habe, damit ich meine Träume und Wünsche umsetzen kann. Der Job als Physiotherapeut ist schön. Aber ich hoffe, dass ich ihn nicht mehr wie früher ausüben muss. Von daher gibt es Pläne, an denen ich bereits arbeite. Aber mein Fokus gilt dem Triathlon. 

Triathlet Patrick Lange bei seinem Sieg 2024 auf Hawaii
Triathlet Patrick Lange bei seinem Sieg 2024 auf Hawaii
Credit: Getty Images
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