Leichtathletik-Legende Carl Lewis: „Noah Lyles ist im Moment der Größte”
- Carl Lewis ist einer der größten Leichtathleten aller Zeiten
- Als Sprinter und Weitspringer hat er mehrere Olympia-Medaillen gewonnen
- Im Interview spricht Carl Lewis über Olympia, Usain Bolt und Noah Lyles
Sports Illustrated: Sie waren Fackelträger im Sommer in Paris. Welchen Eindruck haben die Olympischen Spiele bei Ihnen hinterlassen?
Carl Lewis: Es war großartig. Die Stadt hat das fantastisch gemacht. Es sah alles toll, und die Leistungen der Sportlerinnen und Sportler waren das ebenfalls.
Sports Illustrated: Die nächsten Spiele finden 2028 in Los Angeles und Ihrem Heimatland USA statt. Wie blicken Sie darauf?
Lewis: Ich freue mich darauf – und glaube, dass es eine unglaubliche Sache werden kann. Die Organisatoren für LA waren in Paris, und sie haben gemerkt, dass sie eine Menge Arbeit vor sich haben. Aber ich freue mich wirklich darauf und glaube, dass Amerika diese Spiele genießen wird.
Sports Illustrated: Sie waren der weltbeste Athlet in gleich zwei unterschiedlichen Disziplinen, im Sprint und im Weitsprung. Halten Sie so etwas auch in der Gegenwart noch für möglich?
Lewis: Ich sage das nicht gerne, aber ich glaube nicht, dass wir so etwas noch einmal erleben werden.
Sports Illustrated: Warum?
Lewis: Weil es zu schwer, zu hart ist.

Sports Illustrated: War es früher einfacher?
Lewis: Es ist einfach zu hart, die Wettkämpfe zu absolvieren – mental, vom Kopf her. Denn die Gesellschaft redet den Menschen ein, dass es zu schwer ist. Dann heißt: „Oh nein, das ist viel zu viel Training, das kann nicht funktionieren.“ Und das tut es dann auch nicht.
Sports Illustrated: Der Weltrekord im Weitsprung steht seit über 30 Jahren, Usain Bolts 100-Meter-Fabelzeit auch bereits seit 2009. Haben wir eine Grenze des menschlich Machbaren erreicht?
Lewis: Nein, nicht wir als Menschheit, aber die Athleten. Ich sehe mir den Weitsprung an und weiß, warum niemand weiter springt. Lassen Sie mich soviel dazu sagen: Jeder Sportler, der jemals weiter gesprungen ist als 8,83 Meter, ist am Leben. Und niemand ruft uns an. Weil es nicht darum geht, am weitesten zu springen, sondern das Preisgeld einzuheimsen.
Sports Illustrated: Viele deutsche Leichtathleten trainieren mittlerweile in den USA. Warum, was ist dort besser?
Lewis: Das Wetter, zu einem. Und in dem meisten Fällen auch die Trainingsanlagen. Und die Coaches – weil es in den USA einfach mehr von allem gibt: mehr Anlagen, mehr Trainer, mehr Möglichkeiten. Das liegt nicht zuletzt am College-System, das wir haben.
Sports Illustrated: Was halten Sie von US-Sprintstar und 100-Meter-Olympiasieger Noah Lyles? Kann er so erfolgreich werden wie Usain Bolt?
Lewis: Ich mag Noah. Im Vergleich zu Bolt? Nun, sie sind unterschiedliche Typen, das ist eine andere Zeit mittlerweile. Aber er hat Olympia gewonnen, er ist Weltmeister und im Moment sicherlich der Größte in unserem Sport.
Sports Illustrated: Letsile Tebogo aus Botswana ist ein anderer aufstrebender Star, hat in Paris Gold über 200 Meter gewonnen. Kann er Lyles, der über 200 Meter Bronze gewann, an der Sprint-Spitze gefährlich werden?
Lewis: Es könnte auf jeden Fall eine Konkurrenzsituation entstehen. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass sich Tebogo eher in Richtung 400 Meter entwickelt, anstatt auf die 100 Meter herunterzugehen. Aber es ist jemand, den wir auf jeden Fall im Blick behalten sollten.
Sports Illustrated: Sie wurden von Sports Illustrated USA zum „Olympioniken des Jahrhunderts“ gewählt und von der IAAF, dem weltweiten Leichtathletik-Dachverband, zum „Weltsportler des Jahrhunderts“. Wem würden Sie diese Awards für das 21. Jahrhundert verleihen?
Lewis: Wenn man das aus Olympia-Sicht betrachtet, hat Usain Bolt im 21. Jahrhundert am meisten erreicht. Aber ich hatte damals Glück – weil ich die großen Erfolge meiner Karriere eher gegen Ende des 20. Jahrhunderts hatte. Wer im 21. Jahrhundert am Ende der Größte sein wird? Das werden wir nie erfahren.
Sports Illustrated: Sie wurden im Jahr 1984, als Sie bereits ein erfolgreicher Leichtathlet waren, von den Chicago Bulls in der NBA und dem NFL-Team Dallas Cowboys gedraftet. Hätten Sie sich eine Karriere in Basketball oder Football den vorstellen können?
Lewis: Nein, keins von beidem. Aber das hat mir damals geschmeichelt.
Sports Illustrated: Wir unterhalten uns hier im Rahmen der Uhrenmesse Watches and Wonders. Was für ein Verhältnis hat man als Sprinter zur Zeit?
Lewis: Sie spielt eine immense Rolle – bei uns geht es um Hundertstel, um Tausendstel. Es geht bei den Wettkämpfen darum, Fehler zu vermeiden, denn die kosten dich diese Zeit. Du übst also, Fehler zu vermeiden, und dadurch Zeit zu verlieren.
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