Triathlon

Triathlon-Star Jan Frodeno: "Als Kind war ich sportlich eine absolute Pfeife"

Jan Frodeno ist dreifacher Ironman-Champion und Olympiasieger im Triathlon, kurzum wohl einer der fittesten Menschen der Welt. Dabei war er als Kind eher unsportlich. Wie er trotzdem zu seinem Sport fand und einer der Größten wurde, erzählt er bei Sports Illustrated.

Triathlet Jan Frodeno auf dem Fahrrad
Credit: Getty Images
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Inhalt

  • Jan Frodeno - seine Mutter schickt ihn aus Angst zum Schwimmtraining
  • Frodeno: "Zu dieser Zeit war ich sportlich eine absolute Pfeife"
  • Triathlon-Star Frodeno startete Karriere im Jahr 2000

ICH KOMME AUS einer eher intellektuellen Familie, Sport war bei uns tabu. Als Kind konnte ich gerade einmal so gut schwimmen, dass ich alleine ins Freibad gehen konnte. Für mehr reichte es nicht. Erst nach unserem Umzug von Köln nach Kapstadt änderte sich das. Unser damaliger Nachbar war leidenschaftlicher Bodyboarder. Seine Begeisterung wurde auch schnell zu mei­ner. Allein die Nähe zum Strand war für mich etwas ganz Besonderes. Ich genoss es, in die Wellen zu springen.

Relativ schnell bekam ich dann mein erstes Surfboard – und lernte zu surfen, ohne wirklich schwimmen zu können. Das Board und die Leine waren für mich mein Rettungsring. Das klingt alles su­perdramatisch, ganz so schlimm war es natürlich nicht. Doch wenn die Wellen zu Brechern wurden, hatte meine Mutter offenbar zu große Sorge – und schickte mich deshalb zum Schwimmtraining.

Jan Frodeno: Verbindung von Sport und Fleiß

Dort traf ich auf Karoly, meinen zu­künftigen Schwimmlehrer, der auch zu meinem Ziehvater werden sollte. Karoly hatte eine ganz andere Einstellung zum Sport, er kam aus Ungarn, aus dem Ost­block, und verkörperte noch die alte Schule. Er vermittelte mir diese Werte, die oftmals zu Hause fehlen. Er war ein harter Hund, bei dem die Athleten auch gelegentlich aus dem Becken gezogen werden mussten, weil sie bei irgendwel­chen Atemübungen untergegangen waren.

Diese Phase prägt mich immer noch – die enge Verbindung von Sport und Fleiß. Zur Erinnerung: Zu dieser Zeit war ich sportlich gesehen eine absolute Pfeife. Ich konnte kaum schwimmen. Doch die schnellen Fortschritte reizten mich, auch wenn es echt hart war, morgens bei 19 Grad Wassertemperatur ins Freibad zu gehen und als Hänfling sechs oder sieben Kilometer zu schwimmen. Das ist körper­lich grenzwertig. Ich saß bis zur ersten Pause oft zitternd in der Schule und habe nichts auf die Reihe bekommen. Von außen erscheint das für viele als reine Qual, aber ich fühlte mich lebendig dabei. Dieses Gefühl der Erschöpfung, die frei­gesetzten Endorphine und die Verbesse­rungen zogen mich in einen Sog.

Frodeno: Hyperaktivität beim Rettungsschwimmen ausgelebt

Dennoch musste ich mir eingestehen, dass ich im Alter von 15 Jahren den Rück­stand auf die anderen nicht mehr wett­ machen konnte. Da reichten auch keine 16 oder 17 Kilometer am Tag. Dieses Was­sergefühl holt man nicht auf, gerade wenn es um die letzten Sekunden geht. In meinem Fall ging es ja noch gar nicht um Zehntel. Deshalb wollte ich mich an­ders verwirklichen und landete beim Rettungsschwimmen. Das klassische Rettungsschwimmen vereint im Wettkampf viele Disziplinen: Schwimmen, Strandlaufen, aber ebenso technische Elemente wie das Einer-Kajak im Freiwasser. Das war das erste Mal, dass ich mehrere Sportarten kombinierte.

Jan Frodeno fotografiert von Joern Pollex
Gallionsfigur des Triathlon: Dreimal gewann Jan Frodeno den Ironman auf Hawaii, dazu 2008 in Peking Olympiagold
Credit: Getty Images
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Für mich war das enorm verlockend. Denn ich konnte einerseits die Fitness, die ich beim Schwimmen gewonnen hatte, nutzen und mich gleichzeitig anderweitig verausgaben. Das steckt genetisch einfach in mir. Meine Eltern erzählen allzu gerne, dass ich schon immer gefühlt 80 Runden ums Sofa drehte, bevor ich völlig erschöpft in der Ecke zusammenfiel. Diese Hyperaktivität konnte ich beim Rettungsschwimmen ausleben – und erstmals Erfolge feiern.

Auf diesem Weg lernte ich auch Conrad Stoltz kennen. Der südafrikanische Olympiateilnehmer im Triathlon kam jeden Sonntag mit ein paar Kollegen an den Strand, um zu trainieren. Ich begleitete ihn als Rettungsschwimmer, weil Kapstadt damals als Hochburg der weißen Haie galt. Auf unseren Brettern sitzend, sollten wir den Jungs ein sicheres Gefühl geben. Ich weiß nicht, was ich gemacht hätte, wenn ich wirklich einen weißen Hai gesehen hätte. Der Kontakt zu Conrad war jedenfalls mehr oder weniger der Beginn meiner Triathlon-Karriere.

Jan Frodeno: "Ich dachte mir einfach: Mit dem Fahrrad fahre ich immer in die Schule. Schwimmen kann ich. Laufen kann ich. Ich probiere das."

Dazu muss ich allerdings ein wenig ausholen. 1988 verbrachte ich als Siebenjähriger den Sommer bei meinen Großeltern. Damals fanden die Spiele in Seoul statt. Ununterbrochen lief der Fernseher, und selbst meine Eltern, die sonst sogar beim Sport in der "Tagesschau" wegschalteten, blieben plötzlich sitzen. Ihre Akzeptanz löste etwas in mir aus. Olympia muss etwas Besonderes sein. Ich wollte dorthin, selbst teilnehmen, ein Held sein.

Dieser Kreis schloss sich durch Conrad wieder. Ich dachte mir einfach: Mit dem Fahrrad fahre ich immer in die Schule. Schwimmen kann ich. Laufen kann ich. Ich probiere das. Ich bin es einfach angegangen, ohne zu hinterfragen, ob das realistisch ist. Ich hatte Lust und sagte mir: Okay, fangen wir mal an. So ganz naiv. Im Frühjahr 2000 absolvierte ich meinen ersten Triathlon über die Sprintdistanz. 750 Meter Schwimmen, 20 Kilometer Radfahren, fünf Kilometer Laufen. Ich hatte so einen Spaß, dass ich ab sofort nichts anderes mehr machen wollte.

Protokoll: Christoph Englmann

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