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Tiger Woods: So begann die wundervolle Karriere des besten Golfers aller Zeiten

Mit nicht einmal 20 Jahren ist Tiger Woods bereits ein Superstar – obwohl damals noch auf dem College. Sports-Illustrated-Redakteur Rick Reilly macht sich im Jahr 1995 auf die Suche nach dem Geheimnis hinter dem Erfolg des Wunder-Golfers.

Tiger Woods 1995
Credit: John Burgess
Sports Illustrated 03/22
Die Zukunft des Fußballs
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Sports Illustrated 03/22
Die Zukunft des Fußballs

Inhalt

  • SI Legends: Wir reisen zurück zum Tiger Woods des Jahres 1995
  • Wieso Tiger Woods' Eltern maßgeblichen Anteil an seiner Golf-Weltkarriere haben
  • Schon 1995 galt Tiger Woods als "The Greatest of All Time" in spe

Als der Junge sechs Jahre alt war, bat er seine Eltern um eine Motivationskassette, die sein Unterbewusstsein beeinflussen und dadurch seine Leistungen verbessern sollte. Und da es der Wunsch der Eltern war, dass er der größte Golfspieler aller Zeiten würde, erkannten sie: Auch sein Geist musste lernen. Auf der Kassette waren plätschernde Bäche und ätherische Flöten zu hören, untermalt von gesprochenen Botschaften wie: MEINE ENTSCHEIDUNGEN SIND VOLLER KRAFT! ICH TREFFE SIE VON GANZEM HERZEN! 

Der Junge erfasste den Zweck der Kassette sofort, und er war ihm genehm – ein wahrer Freudianer unter den Erstklässlern. Und so schaltete er seinen Kassettenrekorder ein, wenn er Schwünge vor dem Spiegel oder das Putten auf dem Teppich übte oder sich Videos von alten Masters-Turnieren ansah. Hätte er andere Eltern gehabt, wären sie mit Sicherheit verrückt geworden, so oft, wie sie sich die Aufnahmen anhören mussten. Doch er hatte keine anderen Eltern. Er hatte diese. 

Tiger Woods mit Familie im Jahr 1990
Familie Woods im Jahr 1990 (v.l.): Sohn Tiger, Vater Earl und Mutter Tida
Credit: Getty Images
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Er schrieb die Botschaften von den Kassetten auf und heftete sie an das Holzregal in seinem Zimmer. Doch nicht einer von all den Menschen vom Fernsehen, die vorbeischauten, um die "Great Black Hope", wie man ihn damals nannte, kennenzulernen, bemerkte die Botschaften. 

Als der Junge sieben Jahre alt war, begannen die Eltern, seinen Geist zu stählen. Schlug er mit dem Wedge, baute sich der Vater wenige Meter vor ihm auf und sagte: "Ich bin ein Baum." Und der Junge musste über ihn hinwegschlagen. Vor den Bunkerschlägen des Jungen klimperte der Vater mit seinem Kleingeld herum. Quietschte mit der Bremse des Golfwagens, während der Junge seine Eisen schlug. Machte beim Putten den Klettverschluss an seinem Handschuh auf und zu. 

Tiger Woods: Sein Vater fördert und fordert ihn

Keine Gelegenheit ließ sich der Vater entgehen, zu schummeln, den Jungen abzulenken, zu nerven, zu stören. Nun, wenn man 20 Jahre lang beim Militär gedient hat und zweimal in Vietnam im Einsatz war, lernt man wohl das ein oder andere über psychologische Kriegsführung. 

Es reichte nicht, dass der Junge im Alter von zwei Jahren den Schwung eines Erwachsenen analysieren konnte. Oder dass er mit drei Jahren bereits gegen Zehnjährige siegte. Oder dass er mit fünf Jahren seine ersten Autogramme gab (in Druckbuchstaben, weil er noch keine Schreibschrift konnte). Oder dass er mit sechs bereits zwei Hole-in-ones geschlagen hatte. Nein, der Vater wusste, dass der Geist seines Sohnes ebenso aus einem Guss sein musste wie sein Schwung. 

Und so ließ der Vater seine Golftasche fallen, während der Junge ausholte. Rollte einen Ball übers Grün, als er putten wollte. Benötigte selbst sechs Schläge und schrieb fünf auf. Stupste seinen Ball mit dem Fuß aus dem Rough, wenn der Junge hinsah. "Klar war ich manchmal wütend", sagt der Junge heute. "Aber ich wusste, er tat das nur, damit ich besser werden konnte." Er war das Ein-Kind-Bataillon des Vaters. Vor Turnieren erklärte ihm der Vater, er solle dafür sorgen, dass sich "seine gesamte Ausrüstung im Idealzustand" befände. Der Vater sorgte dafür, dass der Junge verstand, "worin die Mission besteht" (gewinnen). Nach den Turnieren erfolgten "Manöverkritiken" (Gespräche darüber, wie es gelaufen war). 

Tiger Woods: Als er in die zweite Klasse ging, kennt ihn das ganze Land

Was der Vater seinem Sohn mitgeben wollte, war die eine Sache, die ihn selbst im Kampf davor gerettet hatte, in einem Sarg nach Hause zurückzukehren: eine "dunkle Seite", wie er es nennt, "eine Kälte". Dieselbe Kälte, die es ihm ermöglicht hatte, ein Dorf zu erobern, das sich in der Hand der Vietcong befand. Über tote Männer hinwegzustapfen, ohne mit der Wimper zu zucken. Selbst im Munitionshagel nicht zu zaudern, obwohl ihm jede Faser seines Körpers zuschrie: "Geh in Deckung!"

Und so eignete sich der Junge eben diese Kälte an, und es kam der Tag, an dem er nicht mehr mit der Wimper zuckte, ganz gleich, was der Vater tat. Der Junge hörte nun gar nichts mehr. Einmal ging bei einem Turnier das voll aufgedrehte Walkie-Talkie eines Marshalls los, genau in dem Augenblick, in dem der Junge zum Schlag ausholte. Später erklärte er, er habe den Lärm nicht einmal wahrgenommen. "Ich wollte dafür sorgen, dass er niemals jemandem begegnet, der einen stärkeren Geist hat als er", sagt der Vater. 

ALS DER JUNGE in die zweite Klasse ging, war sein Name – Tiger Woods – bereits im ganzen Land bekannt, und er hatte an seinem ersten internationalen Tournament teilgenommen, wo er gegen Kinder aus aller Welt gespielt und gewonnen hatte. Der Vater brachte ihn zum ersten Tee, wo all die anderen nervösen Jungen mit ihren hyperventilierenden Vätern warteten. Und er sagte: "Sohn, du sollst wissen, dass ich dich liebe, ganz gleich, wie es läuft. Amüsier dich einfach." Und dann war Tiger an der Reihe und schlug einen makellosen Drive. Und als die Runde vorbei war, fragte ihn sein Vater, woran er gedacht habe, als er am Abschlag stand. Und Tiger antwortete: "Wohin mein Ball fliegen soll, Daddy." Nicht: Ich darf nicht danebentreffen, darf nicht zu weit oben treffen, darf nicht versagen. Einfach nur: wohin mein Ball fliegen soll. "Und da wusste ich es einfach", sagt Earl Woods, der Vater. "Ich wusste, wie gut er eines Tages werden würde."

Tiger Woods wurde schon als Kind mit Bobby Jones oder Jack Nicklaus verglichen

Seitdem ist aus Tiger Woods genau das geworden, was seine Eltern geplant hatten: der größte Golfspieler, der je gelebt hat – zumindest in seiner aktuellen Lebensphase. Er war so gut, dass er mit elf Jahren bei den Southern California Junior Gold Events ungeschlagen blieb, insgesamt rund 30 Tournaments, an denen in der Regel über 100 Spieler teilnehmen. Selbst Golfgötter gingen vor ihm in die Knie, um ihm die Hand zu schütteln. Bis heute ist er der jüngste Teilnehmer an einem Event der PGA Tour (den L.A. Open 1992, als er 16 Jahre und zwei Monate alt war). Der jüngste und erste schwarze Gewinner der U.S. Amateurs (als er 18 und damit vier Jahre jünger war als Bobby Jones und ein Jahr jünger als Jack Nicklaus bei ihren ersten US-Amateurs-Siegen). Er ist der erste männliche Akteur, der je drei U.S. Juniors gewann. Der erste männliche Akteur, der je die Juniors und die Amateurs gewann. 

Um schon als Kind zur Legende zu werden, muss man Legendäres leisten. So wie Woods. Seine größten Siege holte er sich in letzter Sekunde, als seine Gegner den Pokal schon bei sich zu Hause im Regal stehen sahen. Sicher: Er war der erste Junge, der alle drei USGA Juniors gewann. Viel wichtiger aber ist, wie er sie gewann. In Orlando am 19. Loch, in Milton, Massachusetts, am 18., in Portland am 19., wo er vor den letzten beiden Löchern zwei Schläge zurücklag. Er schaffte zwei Birdies. 

Vor seinem bislang größten Sieg, vergangenes Jahr bei den U.S. Amateurs in Sawgrass, flüsterte ihm sein Vater ins Ohr: "Lass die Legende wachsen." Als er beim letzten Match sechs Schläge hinten lag, holte er in einem geradezu mörderischen Tempo auf und schlug bei den letzten drei Löchern zwei Birdies – darunter ein 128-Meter-Schlag zum 17. Loch, das auf einer Insel liegt. Der Ball landete einen Meter vom Wasser entfernt, Woods gewann mit zwei Schlägen Vorsprung. Es gilt als das größte Comeback in der 99-jährigen Geschichte des Turniers. 

"Tiger konnte einen Golfschläger schwingen, ehe er laufen lernte"

"Wissen Sie, er ist der erste intuitive schwarze Golfspieler, den es in den USA je gegeben hat", sagt Earl Woods. "Bis dato wuchsen schwarze Kids von klein auf mit Basketball, Football oder Baseball auf. Das Spiel war von Anfang an ein Teil von ihnen. Aber Golfspielen lernten sie zu spät. Nicht so Tiger. Tiger konnte einen Golfschläger schwingen, ehe er laufen lernte."

BEI DEN ELTERN drehte sich von Anfang an alles um Synergie: darum, etwas zu erschaffen, das größer ist als die Summe seiner Teile. Aber wie? Sie und er waren so gegensätzlich. Er war 37, sie 23. Er war zu einem Viertel Native American, zu einem Viertel chinesischer und zur Hälfte afroamerikanischer Abstammung. Sie war halbe Thailänderin, zu einem Viertel Chinesin und zu einem Viertel weiß. Er stammte aus Kansas, sie aus Bangkok. Er wurde fürs Töten bezahlt, sie war friedliche Zivilistin. Er war Protestant, sie Buddhistin. Er hatte sich selbst großgezogen, sie stammte aus einer wohlhabenden Familie. Seine Eltern waren gestorben, als er 13 war, sie wohnte noch zu Hause. 

Und diese beiden sollten ein Wunderkind großziehen? Sie schafften es ja kaum, sich zu verabreden! Er war in Thailand stationiert, sie arbeitete als Sekretärin in einem Büro der U.S. Army. Er sagte acht und meinte damit abends, sie hörte acht und dachte morgens. "Thaimädchen gehen abends nicht aus", verkündet sie stolz. Als sie nicht auftauchte, verstand er das als Abfuhr. Als er nicht auftauchte, marschierte sie los und machte sich auf die Suche nach ihm. 

"Wir waren verabredet", teilte sie ihm etwas verschnupft mit. Sie war in Begleitung einer Freundin gekommen. ("Thaimädchen gehen nie ohne Begleitung aus", verkündet sie stolz.) "Stimmt", sagte er und legte die Füße auf den Tisch. "Gestern Abend." "Wir sind immer noch verabredet" sagte sie. 

Da in Bangkok Feiertag war, bestand sie darauf, dass er sie zum Tempel des liegenden Buddhas begleitete. "Was sollte ich da schon machen?", brummt Earl grinsend, als er davon erzählt. "Dann sind wir eben in die verdammte Kirche gegangen." 

Erst zogen sie nach Brooklyn, dann nach Kalifornien, wo sie 1975 einen Sohn bekamen. Den erstgeborenen Sohn, in Asien das wichtigste Kind. Aufgrund von Geburtskomplikationen sollte es auch ihr letztes Kind sein. Und so überschütteten Earl und Tida diesen brabbelnden, lächelnden, Golfschläger schwingenden Knirps mit all ihrer Liebe.

Tiger genoss die Freuden eins Einzelkindes

In den 18 Jahren, die Tiger unter ihrem Dach wohnte, passte nicht ein einziges Mal ein Babysitter auf ihn auf. "Ich sagte meinem Ehemann: Geh du aus", erzählt Tida. "Ich bleibe bei Tiger. Tiger ist wich­tiger als Partys."

Nicht nur lernte der Erstgeborene die Freuden des Einzelkinddaseins kennen, er sonnte sich auch in der Liebe zweier Elternteile, deren gesamtes Leben sich einzig um ihn drehte: ein Vater, der der Army den Rücken gekehrt und eine Stel­le bei dem Flugzeughersteller McDonnell Douglas angenommen hatte, damit sich sein Sohn anders als er selbst nicht allein großziehen musste, und eine Mutter, die wusste, dass sie kein weiteres Kind mehr bekommen würde. 

Obwohl sie ihn gleichermaßen liebten, waren die Rollen klar: Earl war der beste Freund, Tida für die Erziehung zustän­dig. Earl war der Kumpel, mit dem man um die Häuser zog, Tida erwartete sie zu Hause. Earl versohlte dem Jungen nie den Hintern, Tida schon. Earl ließ ihn Fehler machen, Tida bestrafte ihn. 

Die Eltern bombardierten den Sohn mit Verhaltensregeln. Earl: "Teile, was du hast." Tida: "Keine Hausaufgaben, kein Training." Earl: "Rechne mit dem Besten, wappne dich fürs Schlimmste." Tida: "Heute schon zu Buddha gebetet?"

Earl kann kaum ein Gespräch über seinen Sohn führen, ohne dass ihm die Tränen kommen. "Wenn man sein Kind mit Ehrfurcht, Liebe und Respekt behan­delt", sagt er dann beispielsweise, "ge­schieht ein Wunder, und..." Und schon fließen die Tränen, und Tiger muss auf­stehen und sagen: "Das ist so typisch Dad. Ich hab ihn lieb."

tiger und Earl Woods 1991
Dream Team: Tiger Woods und sein Vater Earl bei den US Amateur Championships 1991
Credit: Getty Images
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Nach 20 Jahren geht einem die Kälte vermutlich irgendwann aus. Tida dage­gen weint nie. Das gehört nicht zu ihrer Rolle. "Ich sehe meinen Mann weinen und denke, Gott, Tida, kannst du nicht auch mal deine Gefühle zeigen? Aber in meiner Kultur macht man das nicht. Gehört sich nicht." Doch als Tiger im vergangenen Herbst anrief, um zu erzählen, dass ihm in Stanford ein Räuber ein Messer an die Kehle gehalten und ihm seine Uhr und seine Buddhakette abgenommen habe, war es Earl, der nach dem Telefonat direkt wieder einschlief, während Tida die ganze Nacht wach lag. Als Tiger nach Hause kam, schickte sie ihn direkt zum Tempel, damit er sich von den Mönchen segnen ließ. "Damit ihm das Glück treu bleibt", sagt sie. 

In Gedanken hat Tiger an diesem Tag schon das Masters gewonnen, hat (zweimal) die U.S. Open von hinten aufgerollt, spielte zum ersten Mal bei den British Open mit – und reichte eine Seminararbeit für seinen Kurs in Medienkritik ein. 

"Und hier kommt Woods, 13. Tee, Augusta National, Sonntag",  sagt er. Es ist ein stürmischer Tag Anfang März, und Woods wedelt auf der Stanford Driving Range mit seinem Driver. "Ein 19-Jähriger, der zufällig schwarz ist und die Masters gewinnt. Na, wäre das nicht eine Story?" Woods verdreht seinen Körper, aber der Schlag missglückt. "Und hier kommt Woods, um seinen Caddie um einen neuen Ball zu bitten."

Tiger Woods - der Mozart des Golfsports

Wir sind jetzt schon seit drei Stunden hier draußen im eiskalten Nieselregen von Palo Alto. Er trägt eine Jogginghose aus Nylon, ein NBA-T-Shirt und seine Stanford-Kappe. Elend? Was für ein Elend? Dem Mozart des Golfsports macht jeder Schlag mehr Spaß als der letzte, genauso wie damals in seiner Kindheit. Okay, schauen wir mal, wer den Ball auf einem Bein stehend näher zur Fahne schlagen kann. Okay, und jetzt mal mit geschlossenen Augen. Okay, und jetzt mal mit einem 7er-Eisen. Jetzt mit einem 2er-Eisen. 

Die Chancen stehen gut, dass Tiger Woods niemals unter Burnout leiden wird. Die Hundert-Watt-Lampen, die in seinen Augen aufleuchten, wenn er die Bücher weglegen und die Tees rausholen darf, sind dafür wohl der beste Beweis. Da ist nicht der kleinste Hauch von Anspannung. Nur die fließenden, glücklichen Bewegungsabläufe eines Menschen, der weiß, da ist niemand, der husten und damit seinen Schwung unterbrechen wird. Niemand, den er enttäuscht, wenn der Ball im See landet. Er ist frei von alledem, und deswegen bedeutet Golf für ihn vor allem Freude. Wenn überhaupt, bekommt nicht Woods Burnout vom Golfsport, sondern der Golfsport von Woods. 

Dieses Jahr wird Woods Majors im Augusta National (die Masters), dann in den Shinnecock Hills in Southampton, New York (U.S. Open) und im schottischen St Andrews (British Open) spielen. 

Tiger ist Spitzname eines vietnamesischen Kriegshelden, der Vater Earl das Leben rettete

DEN BEINAMEN TIGER erhielt er von seinem Vater im Andenken an dessen Kampfpartner im Vietnamkrieg, Nguyen Phong von der südvietnamesischen Armee. Den Spitznamen Tiger hatte Earl Phong wegen seines unbeirrbaren Mutes gegeben. Es war Tiger, der ihn auf einer irrwitzigen Mission durch die Straßen eines Dorfs lotste, das von den Vietcong kontrolliert wurde, womit er sich die vietnamesische Tapferkeitsmedaille verdiente. Es war sein bester Freund Tiger, der ihn von einem Reisfelddeich zog, als über ihm die Kugeln eines Scharfschützen durch die Luft schossen. Irgendwann um 1967/68 verloren sie sich aus den Augen, aber Earl ist überzeugt, dass Tiger noch irgendwo herumläuft. Und so verlieh er auch seinem eigenen Sohn den Spitznamen Tiger, in der Hoffnung, dass Nguyen Phong eines Tages eine Zeitung aufschlagen und einen Artikel über Earls berühmten Sohn lesen wird, den größten Golfer aller Zeiten.

Als der Junge 13 war, brachten die Eltern den Sportpsychologen Jay Brunza ins Spiel, ehemals Captain in der Navy und ein Freund der Familie. Zum ersten Mal arbeitete er mit Tiger an einem Samstagabend – nur ein bisschen Gedankenmanipulation und Trance-Arbeit. Danach durfte Tiger an einem von Brunzas informellen Turnieren teilnehmen, bei denen zwölf Personen um kleine Beträge spielten. Tiger spielte zwei Gruppen vor Brunza, und auf halber Strecke der ersten neun Löcher kam plötzlich ein aufgebrachter Freund von Brunza in einem Golfcart auf den Sportpsychologen zugefahren. "Was für ein Monster hast du da erschaffen?", knurrte der Mann. "Fünf seiner ersten sieben Löcher waren Birdies!"

Sportpsychologe Jay Brunza hynotisiert Tiger Woods übers Telefon

Der Erstgeborene ist so klar im Kopf, so offen für alle Möglichkeiten, die sich im Golfsport bieten, dass Brunza ihn innerhalb von weniger als einer Minute hypnotisieren konnte. Einmal tat er es sogar vor Earls Augen, ohne dass Earl überhaupt etwas davon mitbekam. "Tiger, streck mal deinen Arm aus", sagte Brunza. Tiger machte, was Brunza sagte. "Und jetzt versuch mal, den Arm zu beugen, Earl." Earl zog und zerrte an dem Arm, hängte sich schließlich sogar dran. Aber es tat sich nichts. 

Brunza wurde so gut darin, Tiger zu hypnotisieren, dass es ihm bald sogar am Telefon gelang. Tiger kann einen Zustand so tiefer Konzentration erreichen, dass er sich danach nicht einmal daran erinnern kann, geschlagen zu haben. Er kann zwar sagen, welchen Schläger er verwendet hat, aber das tatsächliche Ereignis des Schlages speichert sein Gedächtnis nicht ab.

Während seines Siegs bei den Amateurs im vergangenen Jahr versenkte Tiger mit Brunza als Caddy einen Vier-Meter-Putt am 17. Loch, womit er endgültig in Führung ging, und unterstrich seinen Triumph mit der formvollendetsten Siegesfaust des Jahres. Trotzdem kann sich Tiger nicht an diesen Augenblick erinnern. Aber noch viel faszinierender als Tigers Geist findet Brunza womöglich Earls und Tidas. Immer wieder kommen Leute bei Brunza angeschlichen und sagen Dinge wie: "Die beiden sind doch garantiert Eislaufmuttis aus der Hölle, was?"

Unglaublich, aber wahr: Die Woods’ brechen mit jedem Stereotyp, das über übermäßig ehrgeizige Eltern kursiert. Wenn Väter ihre Siebenjährigen bei Eishockey-Ikone Wayne Gretzky anschleppen und sagen: "Wayne, kannst du ihm mal sagen, dass er mehr üben muss?", erwidert Gretzky stets: "Mir hat auch nie jemand gesagt, dass ich üben muss." Dasselbe gilt für Tiger Woods. Nicht ein einziges Mal mussten Earl oder Tida ihn zum Training auffordern. Das Problem bestand eher darin, ihn vom Golfplatz loszueisen. Tigers Schwungtrainer sagt, wenn Tiger und sein Dad zum Training kommen, hockt sich Earl in einen Stuhl in der Nähe, ohne je ein Wort zu sagen. "Er muss nicht Jack Nicklaus sein", sagt Tida über Tiger. "Der Junge hat so schon zu viel Druck." Und Earl darauf: "Wenn er hier scheitert, sind wir sein Fallschirm. Er wird immer weich landen."

Frage an den Psychologen, was passieren würde, wenn Tiger plötzlich verkünden würde: "Mom, Pop, ich verkaufe meine Schläger und wende mich dem Briefmarkensammeln zu." Antwort Brunza: "Tja, ich glaube, sie würden sagen, ‚Super, Tiger, wir stehen hundertprozentig hinter dir.‘ Und dann würden sie ihm einen Kuss auf die Stirn drücken."

Sie nannten Tiger Woods "The Great Black Hope"

Wenn die "Great Black Hope" in zwei Wochen durch die Türen des Augusta National Golf Clubs schreitet, wird er der bekannteste schwarze Golfspieler sein, der diese heiligen Hallen je betreten hat. Dabei gibt es nur ein Problem: Er ist gar nicht schwarz. Na ja, zu einem Viertel vielleicht. Vor allem aber ist er Thai, dazu ein bisschen Chinese, ein bisschen weiß und ein bisschen Native American. Und Tida will, dass alle Welt das weiß.

"Die Medien versuchen alle, ihn schwarz zu machen", sagt sie und erhebt sich dabei vom Sofa. "Wieso fragen sie nicht, woher die Hälfte von Tiger stammt? In den USA bedeutet ein kleiner schwarzer Anteil: ganz schwarz. Aber niemand hört auf mich. Ich versuche, das den Leuten zu erklären, aber sie verstehen nicht. Wenn man sagt, er sei zu 100 Prozent schwarz, verleugnet man seine Herkunft. Seine Großmutter und seinen Großvater. Und man verleugnet mich."

Earl könnte anführen, dass den Rassisten dieses Landes ein Viertel schwarz mehr als genug ist. Keiner weiß das besser als er.  Als Baseballspieler musste er Anfang der 1950er-Jahre getrennt von seinen weißen Mannschaftskollegen der Kansas State in Hotels wohnen, die Afroamerikanern vorbehalten waren. Aber Kämpfe um dieses Thema auszutragen ist nicht Teil des Plans. Tiger soll Flaggen anvisieren, nicht Flagge zeigen. Also bläut Earl seinem Sohn ein: "Wenn du in Amerika bist, sei schwarz. Wenn du in Asien bist, sei asiatisch."

Tiger Woods bei LA Open 1992
1992, mit erst 16 Jahren, spielte Tiger Woods mit der LA Open im Riviera Country Club, Kalifornien, sein erstes PGA-Turnier – jünger war vorher (und auch seither) niemand bei seinem PGA-Debüt
Credit: Getty Images
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Um die ein oder andere diskriminierende Erfahrung dürfte auch Tiger selbst nicht herumgekommen sein. Schon als Tida ihn noch in ihrem Bauch herumtrug, wurde ihr Haus mit Zitronen beworfen und mit Luftdruckpistolen beschossen. Offenbar waren einige Nachbarn nicht sonderlich glücklich darüber, dass die erste "schwarze" Familie ins Viertel gezogen war. An seinem ersten Kindergartentag wurde Tiger von ein paar älteren weißen Kindern an einen Baum gebunden und gehänselt. Mit 16 erhielt er vor seiner Teilnahme an den L.A. Open im Riviera Country Club eine Morddrohung. 

"Ich will nicht der beste schwarze Golfspieler aller Zeiten sein", hat er schon ungefähr einhundert Mal erklärt. "Ich will der beste Golfspieler aller Zeiten sein." Und was wählt er, wenn er in einem Formular unter dem Stichpunkt "Ethnizität" nur eine Antwort eintragen kann? "Ich schreibe immer ‚Asiatisch‘ hin", sagt er. 

Er wird der vierte schwarze Amerikaner sein, der in 61 Jahren bei den Masters mitspielt, und der erste mit einer reellen Chance, eines Tages ein grünes Jackett mit nach Hause zu nehmen. Lee Elder war 40, als er 1975 als erster Schwarzer an den Masters teilnahm. Calvin Peete spielte achtmal mit. Jim Thorpe (sechsmaliger Teilnehmer) fühlte sich bis zum Schluss ein wenig unwohl. Keiner von ihnen schaffte es je unter die besten Zehn. 

Aber hier haben wir es mit einem Kind der 1990er-Jahre zu tun, das zu jung ist, um einen Club wie Augusta National zu hassen, das sich selbst keiner Hautfarbe zuordnet und das eine Zukunft vor sich hat, die ähnlich gewaltig ausfallen dürfte wie seine Träume. "Mein Ziel wird dasselbe sein wie immer", sagt Tiger. "Dazuzulernen, mich zu amüsieren und zu gewinnen." Trotzdem ist er auf die Fragen vorbereitet. "Ich weiß, dass ich nicht in Augusta spielen würde, wenn es vor mir nicht Menschen wie Charlie Sifford und Lee Elder gegeben hätte. Sie waren Pioniere."

Wenn es dann so weit ist, werden Augusta und Woods womöglich perfekt zusammenpassen. Denn wenn sein Spiel eine Schwäche hat, dann die, dass er und sein Driver so ihre Probleme haben. Aber Augusta verzeiht lange, wilde Drives, weil es dort praktisch kein Rough gibt. Trotzdem gibt es keinerlei Anlass zu der Annahme, dass es bei seinem ersten Turnier auf diesem traditionsreichen Kurs gut für Woods laufen wird. Zum einen wird er gnadenlos von der Presse verfolgt werden, weil er die beste Story der ersten beiden Tage ist. Zweitens ist sein linkes Knie durch die OP im Winter, bei der ihm zwei gutartige Tumore entfernt wurden, geschwächt. Drittens sind die Greens in Augusta verzwickt und für einen College-Freshman nicht leicht zu entschlüsseln. 

Was 1995 sonst noch los war

Christos verhüllter Reichstag
GUT VERPACKT: Der Künstler Christo verhüllt in Berlin den Reichstag im Sommer zwei Wochen lang mit Stoff.
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Windows 95
COMPUTERLIEBE: Mit „Windows 95“ bringt Microsoft sein immens populäres Betriebssystem für PC auf den Markt.
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The Kelly Family
VON DER STRASSE: „Over the Hump“ von der Kelly Family ist das meistverkaufte Album des Jahres.
Credit: Imago
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Bosnienkrieg
WAR IS OVER: Nach über drei Jahren der Auseinandersetzung endet der Bosnienkrieg mit dem Abkommen von Dayton.
Credit: Getty Images
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Nicht einmal für Stanford-Studenten mit einem Handicap von 3.0. In Augusta ist seit 1962 kein Amateur mehr mit einem besseren Ergebnis als dem 15. Platz nach Hause gegangen. "Auf der anderen Seite", sagt Tigers Golflehrer Butch Harmon, "hat er einen fantastischen Touch, und seine Nerven sind jung und unverbraucht. Vielleicht jagen ihm die Greens nicht solche Angst ein wie den erfahreneren Spielern."

Die Ironie des Ganzen? Tiger Woods hätte schon Dutzende Male in Augusta spielen können. Doch sein Stolz ließ es nicht zu. Über die Jahre hat er Einladungen von vielen Mitgliedern erhalten, die er allesamt ablehnte. Seine Begründung? "Ich will erst dort spielen, wenn ich es mir verdient habe."

Seltsamerweise hat er jetzt, wo er es sich endlich verdient hat, einen Mann zu seinem Caddie ernannt, der kein bisschen mit dem Golfplatz vertraut ist. "Ich bin nicht gerade begeistert von der Idee", gesteht Harmon. "Ich finde, Tiger sollte einen Local nehmen." Aber dieser Caddie hier hat eine besondere Geschichte. Als schwarzer Junge hätte er nicht zu träumen gewagt, dass er eines Tages das Gelände eines privilegierten weißen Golfplatzes wie Augusta National betreten würde. Man erlaubte ihm ja nicht einmal, auf dem einzigen Golfplatz in seiner Heimatstadt zu spielen. Erst mit 42 nahm er das Golfspiel auf, was er bis heute zutiefst bedauert. Können Sie sich vorstellen, was es für diesen Mann bedeutet, über Augustas Fairways zu laufen? An der Seite seines Sohns? 

ALS DER JUNGE 16 Jahre alt war und der Vater ihm nichts mehr beibringen konnte, holte der Vater Butch Harmon, den PGA-Tour-Schwungtrainer aus Houston, ins Boot. So viel zum Thema kein Druck. Harmon hatte plötzlich einen jungen Thomas Edison in seinem kleinen Elektroladen sitzen. Die Frage war nur: Würde er ihn verbessern oder den Karren gegen die Wand fahren? Inzwischen wird Harmon den Jungen überhaupt nicht mehr los. "Am liebsten würde er 24 Stunden am Tag mit mir trainieren", sagt der Lehrer. "Ständig hab ich ihn am Telefon."

Team Tiger sagt, auf keinen Fall wird er die Uni schmeißen, um Pro zu werden. Außer, um es mit den Worten seines Vaters auszudrücken, "in seinen ersten drei Jahren dominiert er die College-Golflandschaft komplett". Dann darf er Profi werden und im Sommer und während der Weihnachtsferien an Events teilnehmen, während er gleichzeitig das College abschließt. 

"Tiger geht so gelassen mit Druck um wie ein 30-Jähriger"

Womöglich wird Tiger als fittester Rookie aller Zeiten zur Tour stoßen. Bei einem Körpergewicht von 75 Kilogramm stemmt er beim Bankdrücken 105 Kilogramm. An den meisten Tagen arbeitet er mindestens eine Stunde mit Gewichten, macht eine weitere halbe Stunde Aerobic, dazu eine halbe Stunde Stretching. Die Ergebnisse sind kaum zu übersehen. Sein Bizeps ist überproportional groß für seinen Körper, sein Körperfettanteil liegt bei 5,5 Prozent. 

Zwei der sieben Tournaments, an denen er bislang teilnahm, hat er für das Golfteam der Stanford Cardinals gewonnen. Seine Freshman-Saison ist erst zu zwei Dritteln vorbei, doch auf der landesweiten Rangliste der College-Golfspieler belegt er bereits Nummer 1. Und weil Woods noch keine zwei Jahre alt war, als er verstanden hat, wie der Golfschwung funktioniert, besteht nur eine äußerst geringe Gefahr, dass er ein plötzliches Tief erleidet. "Er geht so gelassen mit Druck um wie ein 30-Jähriger", sagt Harmon. 

Und der wichtigste Punkt: Die Wahrscheinlichkeit, dass er schlechter spielen wird, wenn der Druck steigt, ist mehr als gering. Vielleicht vermasselt er es – aber nicht aus diesem Grund, der hauptsächlich dafür verantwortlich ist, dass sich so viele Golfspieler irgendwann dem Immobilienhandel zuwenden. "Wohin mein Ball fliegen soll, Daddy." – Tiger Woods hat bis heute nicht gelernt, Angst vor dem Versagen zu haben. "Wenn ich beim Golf versage?", sagt er eines Tages lachend. "Hmmm. Keine Ahnung, was ich dann machen würde. Deswegen bin ich doch überhaupt hier gelandet, oder?"

MIT 18 TAUSCHTE ER die Chance auf Millionen vorübergehend gegen ein Zimmer im Wohnheim und schlaflose Nächte ein. Wer abends bei Tiger Woods in Stanford vorbeischaut, wird feststellen, dass er weder mit seinem Agenten telefoniert noch sich massieren lässt noch sein Vermögen verwaltet. Meistens macht er dasselbe wie sein Zimmergenosse – auf den letzten Drücker für eine Prüfung lernen und gegen den Drang ankämpfen, die Fernbedienung zu zücken. Vermutlich hätte er das Jahr über einfach ganz auf einen Fernseher verzichtet, gäbe es da nicht die "Simpsons". "Keine Zeit", sagt er betrübt.

Im Durchschnitt schläft er fünf Stunden pro Nacht und leidet wie so viele Erstsemestler an Heimweh. Dabei könnte Woods es sich leisten, einfach die Bücher zuzuklappen, seine Prüfungen zu schwänzen und am helllichten Tag das Haus des Dekans mit Eiern zu bewerfen. Trotzdem hätte er vermutlich für immer ausgesorgt, so sehr brennt die Golfsportbranche darauf, Kapital aus ihm zu schlagen. Sein Lächeln könnte jeden Kieferorthopäden in den Ruin treiben. Erst neulich rief ein Unternehmen in Stanford an, das eine Kollektion mit Tiger-Woods-Golfbekleidung und Tiger-Woods-Golfschlägern auf den Markt bringen wollte. Sein Wert als Werbegesicht wird auf einen höheren zweistelligen Millionenbereich geschätzt – und das ist erst der Anfang. 

Tiger Woods Stanford
Voll fokussiert: Tiger Woods in den Farben der Stanford University beim Lesen der Putt-Linie
Credit: Getty Images
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Wie Tiger zugibt, kommt es häufiger vor, dass er in Geophysik oder Kunstgeschichte sitzt und sich ausmalt, wie sein Leben wohl aussehen würde, wenn er nicht so verflixt pflichtbewusst wäre. "Manchmal hocke ich da und denke, verdammt, ich könnte gerade in Miami sein und mich auf Doral vorbereiten, vielleicht eine Übungsrunde mit Greg Norman spielen."

"Mit Geld kann man uns nicht kaufen", sagt Tida stolz. Earl und sie wollen, dass Tiger ein Bildungsniveau erlangt, wie ihre Eltern es ihr ermöglicht haben und wie Earl es sich in den schäbigen Hotels entlang der Big Eight mühsam im Selbststudium angeeignet hat. Sobald Tiger fertig ist mit seinen Tagträumen von Limousinen mit Fahrern und den ganz großen Werbehonoraren, ist direkt wieder seine übliche Entschlossenheit da. "Geld wird mich nicht glücklich machen", sagt er. "Um jetzt Pro zu werden, müsste ich etwas aufgeben, das ich mir zum Ziel gesetzt habe. Und der Druck, gut spielen zu müssen, wäre noch größer. Weil ich keinen Plan B mehr hätte. Da verbringe ich lieber vier Jahre hier in Stanford und arbeite an mir.“"Wie alt ist der Typ noch mal? 

Tiger Woods: Mit 18 Jahren lassen ihn seine Eltern ziehen

Alles, was sie ihm geben wollten, waren Wurzeln und Flügel. Mit 18 ließen sie ihn ziehen. Im März hatten Earl und Tida Tiger nicht ein einziges Mal besucht. Nicht in Stanford, nicht auf einem Turnier und auch nirgendwo sonst. Dutzende Leute bettelten Earl und Tida an, ihren Sohn anzurufen und Interviews, Autogrammstunden, Gefallen, Audienzen, Deals zu arrangieren. Aber nicht ein einziges Mal sind sie darauf eingegangen. "Jetzt ist die Zeit gekommen, dass Tiger sein eigenes Leben führt", sagt Tida. 

An manchen Tagen fühlen sich die Woods’ ein wenig einsam. Tida wandert dann in ihrem kleinen Haus den Flur entlang bis zu Tigers Zimmer und betrachtet die Sprüche von der Motivationskassette, die immer noch am Regal hängen. Tida hat eine Zusammenfassung von Tigers Errungenschaften im Golfsport erstellt. Auf dem winzigen Computertisch liegt ein Stapel Kopien für Besucher. Fast jede Wand und fast jeder Tisch ist übersät mit Tigerspuren: Tigers Trophäen, Tigers Fotos, Tigers Auszeichnungen, Hunderte und Aberhunderte, die den Raum vom Boden bis zur Decke, von den Fenstern bis zur Tür einnehmen. 

HEUTE GEHT ÜBER der Bay Area eines der schlimmsten Gewitter der vergangenen zehn Jahre nieder. Es kommt zu Überflutungen und Schlammlawinen, sogar Tote hat es gegeben. Earl und Tida sind leise besorgt, besonders als der Erstgeborene nicht rangeht, als sie ihn anrufen, um sich nach seinem Wohlergehen zu erkundigen. 

Gänzlich unbegründet ist ihre Sorge nicht. Denn tatsächlich befindet sich Tiger nicht an einem sicheren Ort. Er ist allein dort draußen, am zehnten Loch des geschlossenen Stanford-Golfplatzes, inmitten eines Regengusses, der vom Wind über das Green gepeitscht wird. Sein Auto ist das einzige auf dem Parkplatz. Tiger bereitet sich auf St. Andrews vor, indem er dem Sturm mit einem 2er-Eisen am Ball Paroli bietet. Kein Coach hat ihn hergeschickt. Nicht seine Eltern, nicht sein Trainingsplan. Aber hey, man hat nicht jeden Tag das Glück, sich bei einem solchen Mistwetter ausprobieren zu können! Rechne mit dem Besten, wappne dich fürs Schlimmste. Und wie er da so mit zusammengekniffenen Augen in den Regen blinzelt und der Sturm an ihm zerrt, kommt man nicht drum herum zu bemerken, dass er lächelt.

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Hasan Salihamidzic lässt alle Kritiker verstummen. Erst Transferkracher Sadio Mané, jetzt Matthijs de Ligt. Niemand macht sich mehr lustig über "Brazzo". Mit einer besonderen Gabe schafft er es, den FC Bayern für internationale Topstars wieder interessant zu machen.

Die Fußball-EM der Frauen findet vom 6. Juli bis 31. Juli 2022 in England statt. Das Eröffnungsspiel bestreiten Gastgeber England und Österreich. Die deutsche Nationalmannschaft trifft in Gruppe B auf Spanien, Dänemark und Finnland

Wenn Ihr beim Ticketverkauf für das NFL-Spiel 2022 in München leer ausgegangen seid, müsst Ihr nicht trauern. Mit etwas Glück gibt es eine Chance, noch an Einzeltickets für das Spiel zwischen den Tampa Bay Buccaneers und den Seattle Seahawks zu kommen.