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Breaking-Bundestrainer Marco Baaden: "Freude über Olympia in der Szene geteilt"

Breaking-Bundestrainer Marco Baaden spricht im Sports-Illustrated über die Transformationen in seinem Sport, die Olympischen Spiele 2024 in Paris und die Gefahr, dass Breaking seine DNA als Kunstform des Tanzens durch Olympia verlieren könnte.

Breaking beim BC One Final in New York
Credit: Getty Images

Sports Illustrated: Was macht die besondere Faszination des Breaking aus?

Marco Baaden: Das Breaking ist eine wunderbare Möglichkeit seine Kreativität auszuleben. Beim Breaking kann man sich komplett der Musik hingeben. In der Schule hatten wir damals Computerboxen mit einen Discman und haben in der Pause trainiert. Durch das Breaking hat sich mein Selbstvertrauen verändert. Irgendwann schläft man mit Breaking ein und steht damit wieder auf. Mich hat Breaking komplett abgeholt. Der Tanz ist ein Teil der Hip-Hop-Kultur mit bestimmten Werten und ungeschriebenen Gesetzen. Es ist eine eigene Religion, die komplett friedlich und harmonisch ist. Breaking ist offen für jeden und alle und absolut unpolitisch. 

Sports Illustrated: Der korrekte Begriff des Tanzes ist Breaking. Warum hat sich Breakdance in der Öffentlichkeit durchgesetzt?

Baaden: Anfang der 1980er Jahre wurde Breaking immer kommerzieller. In den USA hatten die Breaker Auftritte bei MTV und wurden Stars wie die Rock Steady Crew oder die L.A. Brakers. Das waren in Amerika die ganz großen Namen wie auch Crazy Legs oder Mr. Wiggles. Das sind die Ikonen des Breaking. Das sind die absoluten Urgesteine. Das sind die Tänzer, die Breaking erfunden haben. Danach ist das Fernsehen auf die Breaker aufmerksam geworden und hat Breaking einfach in Breakdance umbenannt, obwohl es nicht die korrekte Bezeichnung ist. Aber Breakdance wird weltweit benutzt. 

Sports Illustrated: Wie sind die Breaker mit dem Begriff Breakdance umgegangen?

Baaden: Für uns waren die Breakdancer immer die Leute, die aus der Tanzschule gekommen sind. Diese Leute waren nicht real für uns. Das war immer eher so, naja der Breakdancer. Aber die richtig Harten, die aus der Szene, aus dem harten Underground-Jugendhaus oder aus dem Sozialviertel kommen, und sich auf den Battles gemessen haben, das sind die Breaker. Die Breakdancer sind eher die Weichen und Soften. Dadurch, dass Breaking ab 2024 bei den Olympischen Spielen dabei ist, hatten wir die Chance das noch einmal zu verändern, um den Begriff richtigzustellen. Dafür haben sich viele Leute eingesetzt. 

Breaking beim BC One Final in New York
Breaking beim BC One Final in New York
Credit: Getty Images
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Sports Illustrated: Welche Tanzelemente sind beim Breaken am wichtigsten?

Baaden: Die vier Grundelemente unterscheidet man in Toprocks, Footwork, Freezes und die Power Moves. Wenn man auf ein Battle geht, benötigt man aber weitere Skills wie Musikalität. Außerdem muss man ein gewisses Selbstbewusstsein mitbringen. Man darf nicht schüchtern herumstehen, denn es geht um ein Battle. Ebenso ist es wichtig, dass man aus Niederlagen lernt. Alle diese Skills würde ich noch vor die Tanzelemente stellen. 

Sports Illustrated: Was ist Ihre Aufgabe als Bundestrainer Breaking und wie sehen Ihre Ziele aus? 

Baaden: Ich baue die nationale Struktur fürs Breaking von der Verbandsseite auf. Ich kümmere mich um alle sportlichen Aufgaben und die nationale Rangliste. Wie und wo können sich die Breaker für den Bundeskader qualifizieren? Wie steht es um den Nachwuchs? Wie kommt man an Lizenzen und Ausbilder-Lizenzen heran? Ansonsten betreue ich die Besten der Besten aus Deutschland und versuche die Breaker bestmöglich zu unterstützen. Dabei arbeite ich mit einem professionellen Trainerteam zusammen.

Sports Illustrated: Wie bewertet die Szene das Engagement von Red Bull in den vergangenen knapp 20 Jahren mit dem BC One?

Baaden: Red Bull ist schon sehr lange in der Szene dabei. Die Marke ist im Breaking etabliert. Aber es gibt viele Leute, die mit der Szene nichts zu tun haben. Die haben teilweise keinen Kontakt gehabt, was Hip-Hop betrifft. Das ist manchmal ein bisschen schwierig. Es gibt aber auch mittlerweile Leute, die aus der Szene kommen und jetzt für Red Bull arbeiten. Am Ende ist es Marketing und das ist auch OK und cool. Mit dem BC One hat Red Bull die Messlatte ziemlich hoch für Olympia gesetzt.  

Sports Illustrated: Breaking wird 2024 bei Olympia zum ersten Mal dabei sein. Wie groß ist die Freude darüber? 

Baaden: Die Freude in der Szene war geteilt. Viele waren erst einmal skeptisch wegen Olympia und dem IOC. Jeder weiß, und das ist kein Geheimnis, dass es in diesem System ganz viel Korruption gibt. Olympia ist auch immer ein Politikum, was für viele Breaker erst einmal abschreckend ist. Nach dem Motto: Macht Ihr mal, Ihr Geldgeier. Wir wollen damit nichts zu tun haben. Aber jetzt ist Breaking olympisch und wir haben uns zu Beginn gefragt, wer macht da jetzt mit? Die Fragen für uns waren: Spielen wir jetzt mit und haben eine gewisse Entscheidungsfreiheit? Und können wir dem IOC sagen, wie es beim Breaking läuft? Oder machen das Leute, die keine Ahnung davon haben? Dann besteht die Gefahr, dass Breaking in der Öffentlichkeit falsch dargestellt wird. 

Sports Illustrated: Befürchten Sie eine Spaltung der Szene, wenn sich Breaking bei Olympia zu sehr von der eigenen DNA entfernt?

Baaden: Diese Befürchtung habe ich nicht, denn es wird auch weiterhin Szene-Events geben. Es ist nicht so, dass es nur noch Olympia gibt. Wir sind in der Szene sehr gut organisiert und haben unsere Events. Wir haben unsere festen Monate mit den wichtigsten Veranstaltungen seit vielen Jahren. Jetzt kommt die World DanceSport Federation (WDSF) und will ihre Veranstaltungen im Kalender unterbringen – ohne sich zu orientieren oder mal nachzufragen. Das ist naiv und etwas steif gedacht. Die WDSF glaubt zu wissen, was wir brauchen. Aber sie wissen es nicht. Demnach sahen die Events in den vergangenen zwei Jahren katastrophal aus. Das ist natürlich wieder Futter für die Leute, die sagen, Breaking hat bei Olympia nichts zu suchen. Das ist schade, denn wir wissen, wie es laufen muss. Wie eine Location und ein Ablaufplan aussehen müssen. Deshalb wäre mein Rat: Macht Ihr das Sportpolitische und lasst uns alles andere zusammen machen. 

Breaking beim BC One Final in New York
Breaking beim BC One Final in New York
Credit: Getty Images
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Sports Illustrated: Wie funktioniert die Bewertung der Breaker bei Olympia?

Baaden: Es gibt zwei verschiedene Modelle. Das eine Modell gibt es seit 15 Jahren. Da haben die Judges ein Tablett vor sich mit drei Fadern. Das sind die Oberkategorien. Danach werden die Wertungen vergeben. Bei Olympia wird ein detaillierteres System verwendet. Da hat man drei Oberkategorien und jeweils zwei Unterkategorien. Insgesamt müssen die Judges sechs Fader in einer Runde pro Tänzer bedienen. Dafür haben sie 30 bis 40 Sekunden Zeit. Das ist im Moment ein bisschen das Problem, denn das System ist nicht transparent. Bei den normalen Battles entscheiden die Jury-Mitglieder mit der Hand links oder rechts für den Gewinner. Das ist einfach und klar. Beim Bewertungssystem bei Olympia haben die Judges wenig Zeit die Runde zu schauen, die Tanzvorstellung zu verinnerlichen, zu bewerten und das Ergebnis auf dem Tablett einzugeben. Das ist gerade das Problem, wo alle gespannt darauf schauen, wie sich das entwickelt. 

Sports Illustrated: Wer sind die besten deutschen Breaker?

Baaden: Beim Breaking nenne ich nie Favoriten, weil immer auch viel von der Tagesform abhängig ist. Deswegen gibt’s auch nie die Beste oder den Besten. Es gibt immer Leute, die gewinnen heute, und morgen gewinnen andere. Bei unserem Deutschland-Kader ist es das gleiche. Wir sollen bei den Frauen und den Männern jeweils drei Breaker für die Gold-Serie nominieren, wo man wichtige Punkte sammeln kann. Bei den B-Boys sind das Double D, Deadly Dani und M17. Bei den B-Girls haben wir Jilou, Alicia und Pauline nominiert. Das sind unsere besten Sechs von insgesamt 16 Kaderathleten, die in der Weltrangliste herausstechen. Die Möglichkeit sich für Olympia zu qualifizieren, ist aber für alle offen. In diesem Jahr müssen alle Gas geben. 

Sports Illustrated: Wird Breaking durch Olympia noch mehr junge Fans in seinen Bann ziehen?

Baaden: Durch Olympia haben wir die Chance noch besser zu arbeiten, um den Nachwuchs aufzubauen. Ich denke aber nicht, dass uns wegen Olympia jetzt alle Kinder die Bude einrennen. Dafür ist Olympia noch nicht die Zielgruppe, obwohl sich Olympia durch Breaking verjüngen will. Wir haben durch Olympia aber andere Referenzen, wenn wir jetzt bei Sponsoren für verschiedene Events anfragen. Das macht die Sache einfacher. 

Zur Person: Marco Baaden ist Breaking-Bundestrainer beim Deutschen Tanzssportverband. Er stelle den Kader zusammen und kümmert sich im die Organisation vieler Events und Wettkämpfe. Am Ende entscheidet Baaden zusammen mit seinen Trainerkollegen, welche Breaker zu Olympia 2024 nach Paris fahren.

Breaking-Bundestrainer Marco Baaden
Breaking-Bundestrainer Marco Baaden
Credit: DTV
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