Fußball

Aus "Més que un club" wird "A mess of a club" – Wohin geht es für Barcelona?

Was ist aus dem FC Barcelona geworden? Die Katalanen veräußern ihre wirtschaftliche Substanz – sogar die Namensrechte am Camp Nou –, um große Namen zu kaufen. Ob das zumindest auf dem Platz funktioniert, wird sich zeigen. Morgen startet Barca in die neue Saison.

FC Barcelona
Credit: Getty Images
  • FC Barcelona droht durch Misswirtschaft in Schlamassel zu versinken
  • Barça-Präsident Laporta: "Risiko ist unter Kontrolle"
  • Barça sollte vom großen Rivalen Real Madrid lernen

Seit sich Lionel Messi und Cristiano Ronaldo das spanische Rampenlicht teilten, gab es in La Liga nicht mehr zwei ebenbürtige Superstar-Goalscorer bei jeweils einem der beiden spanischen Fußball-Flaggschiffe. Robert Lewandowskis Wechsel von München nach Barcelona und Karim Benzemas anhaltender dritter oder vierter Frühling bei Real Madrid mit Mitte 30 werden dem El Clásico eine neue Dimension verleihen, einen erbitterten Kampf um den Pichichi (Pokal für den Torschützenkönig der Primera División) entfachen und einer Liga, deren Ansehen im Kampf um die europäische und globale Vorherrschaft etwas nachgelassen hat, wieder mehr Zuschauer bescheren.

Zumindest theoretisch. 

Die Saison des FC Barcelona beginnt am Samstag (ab 21 Uhr gegen Rayo Vallecano, live bei DAZN) nach einer – sagen wir – bewegten Saisonvorbereitung. Das altehrwürdige Camp Nou heißt jetzt Spotify Camp Nou. Und ob Lewandowski und die anderen Sommerneuzugänge des Klubs tatsächlich registriert und spielberechtigt sein werden, steht noch in den Sternen, auch wenn Klubpräsident Joan Laporta immer wieder öffentlich beteuerte, dass alles in bester Ordnung sei. 

Nach außen Glamour, im Inneren herrscht trostlose Realität

Barcelonas Sommer glich dem eines Influencers, der in den sozialen Medien Bilder von Glanz und Glamour postet, während die Realität weitaus trostloser ist. All die Bilder von neuen Spielern in Barça-Trikots sehen großartig aus. Ebenso, wie die Interviews und klischeehaften Aussagen über das Leben eines großen Traumes und die Wiederherstellung des Ruhmes von Katalonien großartig klingen. Die Realität sieht so aus, dass der Verein immer noch um sein Überleben kämpft, seine Zukunft mit Hypotheken belastet und alte Spieler um Almosen bittet, um neue Spieler verpflichten zu können.

 

Barcelona hat vor kurzem 25 % ihrer Fernsehrechte an La Liga für die nächsten 25 Jahre für rund 682 Millionen Dollar und weitere 25 % der eigenen Produktionsfirma "Barça Studios" für weitere 102 Millionen Dollar verkauft. Diese "wirtschaftlichen Hebel", wie Laporta sie wiederholt genannt hat, sind für die unmittelbare Zukunft hilfreich, reichen aber offensichtlich noch nicht aus, um das finanzielle Missmanagement vergessen zu machen, das den Verein überhaupt erst in diese Lage gebracht hat, vor allem angesichts der strengen finanziellen Parameter der spanischen Liga. 

Der FC Barcelona verscherbelt die wirtschaftliche Substanz, um Stars zu kaufen, die man sich kaum leisten kann

"Das Risiko ist unter Kontrolle", sagte Laporta kürzlich. "Wir müssen den Verein retten und die Möglichkeit haben, neue Spieler zu holen."

Das ist sicherlich eine Möglichkeit, die Sache zu betrachten. Obwohl Barça über einen starken jungen Kern verfügt, auf den man aufbauen kann, und eine Mannschaft, die unter Xavi in der vergangenen Saison immerhin Platz zwei erreichte, hat sich der Klub mit den Neuzugängen Lewandowski, Raphinha, Jules Koundé, Franck Kessié und Andreas Christensen übernommen. Doch damit nicht genug, denn die Gerüchte über eine weitere teure Verpflichtung - Bernardo Silva von ManCity - werden immer lauter. All diese Ausgaben, gepaart mit der Einigung mit Ousmane Dembélé auf einen neuen Vertrag, und diese wirtschaftlichen Hebel, zu denen auch der Verkauf der Namensrechte am Stadion gehört, erweisen sich plötzlich nicht mehr als ergiebig genug. Wenige Tage vor der Saison scheint die Registrierung der Neuzugänge noch nicht so endgültig zu sein, wie Laporta sie erscheinen lässt.

Der Fall Frenkie De Jong: Barça zweifelt einen Vertrag an, an dessen Aushandlung man selbst beteiligt war

Mittlerweile ist es so weit gekommen, dass die Rechtmäßigkeit einiger ungeheuerlich hoher Verträge, die der Klub bereits unterzeichnet und vergeben hat, angefochten wird. Frenkie de Jong steht dabei im Mittelpunkt des Geschehens. Er behauptet, er wolle bleiben, und auch der Verein behauptet, er wolle ihn behalten, aber eine vor etwa einem Monat getroffene Vereinbarung mit ManUnited über seinen Transfer deutet auf etwas anderes hin.

Frenkie De Jong vom FC Barcelona
Frenkie De Jong
Credit: Getty Images
x/x

Jedoch, nur weil Barça die in der Vergangenheit abgeschlossenen Verträge nicht gefallen, heißt das noch lange nicht, dass man sie einfach auflösen kann. Und nur weil bestimmte Spieler gemessen an ihrer Leistung oder ihrem Marktwert enorm überbezahlt sind, heißt das auch noch lange nicht, dass Barça sie nach Belieben loswerden kann. Barcelona mag glauben, dass es zu groß ist, um zu scheitern, aber es kann nicht einfach zugesagte Verbindlichkeiten anfechten.

Vielleicht folgt der FC Barelona aber auch nur dem Beispiel der Liga, in der er spielt. Die Primera División ist zu einer Brutstätte für abwegige Handlungen und Anschuldigungen geworden. Die Liga selbst hat sich an die UEFA gewandt und versucht, den neuen Vertrag von Kylian Mbappé mit PSG für ungültig erklären zu lassen, nachdem dieser im Sommer einen Wechsel zu Real Madrid abgelehnt hatte, um mit seinem Stammverein zu verlängern.

Lernen vom Rivalen: Real macht vieles richtig, was bei Barça falsch läuft

Und darüber hinaus ist es egal, wer in dieser Saison für Barcelona spielen wird – egal zu welchem Preis: So oder so wird es schwierig, Real Madrid die Krone abzuluchsen. Nein, Mbappé ist zwar nicht gekommen. Dafür aber sein Landsmann Aurélien Tchouaméni. Durch den 22-jährigen ehemaligen Monaco-Star und einen weiteren aufstrebenden Franzosen, den 19-jährigen Eduardo Camavinga, gibt es nun eine klare Nachfolgeregelung im Mittelfeld des amtierenden spanischen und europäischen Championa, wo sich vorerst noch Luka Modrić, Toni Kroos und Casemiro tummeln. Verteidiger Antonio Rüdiger kam ablösefrei vom FC Chelsea, und die brasilianischen Flügelspieler Vinícius Júnior und Rodrygo gehen mit mehr Profil und Champions-League-Erfahrung in die neue Saison. Man kann darüber diskutieren, ob ein Vinícius-Benzema-Rodrygo-Trio einem Raphinha-Lewandowski-Dembélé-Trio überlegen ist - vorausgesetzt, die beiden Barcelona-Neuzugänge kommen zum Einsatz.

Eingangs dieser Saison in der Primera División ist aber klar: Die Mannschaft von Carlo Ancelotti ist das Team, das es in Spanien (und in Europa) zu schlagen gilt. Und ob es nun gerade der gebeutelte FC Barcelona sein wird, der Real den Titel streitig machen wird, ist die Frage, deren Antwort mal wieder auf dem Platz liegt.

Mehr Sport-News:

DAZN-Experte Michael Ballack spricht im Rahmen eines Roundtable-Gesprächs über den FC Bayern, die Neuverpflichtungen Sadio Mané und Matthjis de Ligt, die 50+1-Regel sowie die deutsche Nationalmannschaft mit Hansi Flick und Timo Werner. 

Die Fußball-EM der Frauen findet vom 6. Juli bis 31. Juli 2022 in England statt. Das Eröffnungsspiel bestreiten Gastgeber England und Österreich. Die deutsche Nationalmannschaft trifft in Gruppe B auf Spanien, Dänemark und Finnland.

Das Basketball-Drama "Hustle" geht bei Netflix gerade durch die Decke. Der Film mit Adam Sandler und vielen aktuellen und ehemaligen Basketball-Stars aus der NBA steht auf Platz eins der deutschen Netflix-Charts. Auch Dirk Nowitzki ist im Film zu sehen.