Oliver Kahn: "Frage mich, ob bei neuen Ligen der Fußball immer im Mittelpunkt steht"
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Der Boden hart und das Feld so klein, dass man nicht zum Durchschnaufen kommt: Bis vor Kurzem hatte der Hallenfußball, an den ich aus meiner Zeit als Profi nicht die allerbesten Erinnerungen habe, für mich ein bisschen was von Steinzeit. Ich hielt ihn für praktisch ausgestorben. Es ist aber unbestreitbar, dass die Hallenfußball-Turniere der 1990er-Jahre für die Zuschauer eine gewisse Attraktivität besaßen – die jetzt mit Formaten wie Icon League, Baller League oder Kings League ein Revival feiern. Natürlich zeitgemäß inszeniert, mit viel Show drum -herum, mit Ex-Profis, Influencern und Musikern als Teamkapitänen am Spielfeldrand und ambitionierten Amateuren auf dem Feld. Übertragen wird das Ganze live im Netz mit Chatfunktion bei Twitch statt wie einst im Fernsehen auf DSF.
Alles ist schnell, interaktiv und unterhaltend – perfekt zugeschnitten auf die Generation Z, die die Zielgruppe dieser Formate ist. Ich habe mir das deshalb gemeinsam mit meinen Söhnen angesehen, weil ich wissen wollte, wie sie das finden. Mein Fazit: Das zieht sie schon rein, die finden das cool. Und trotzdem spielt mein 13-jähriger Sohn weiterhin Fußball im Verein und geht zu Spielen in der Allianz Arena.
Oliver Kahn über Icon League und Baller League
Was die Fans angeht, sind Icon League oder Baller League eher keine Konkurrenz zum Bundesliga-Fußball – dafür sind sie einfach zu unterschiedlich. Ich würde sie als Ergänzung des Ökosystems Fußball verstehen. Denkbar wäre aber, dass junge Fans über die Kleinfeldligen den Einstieg in den klassischen Fußball finden. Früher geschah das vor allem auf dem Schulhof oder nachmittags auf den Bolzplätzen, wo man mitgespielt oder zugesehen hat. Eine Rolle, die jetzt Icon League oder Baller League miteinnehmen könnten. Denn mit diesem ursprünglichen Bolzplatz-Gefühl junge Zuschauer anzulocken, ist ja ein Teil ihrer Strategie.
Womöglich kommt es eines Tages sogar zur Zusammenarbeit mit Klubs aus der 1. und 2. Bundesliga, die ihre eigenen Mannschaften in einer der Kleinfeldligen stellen könnten. So ähnlich geschah das auch im E-Sport, wo mittlerweile zahlreiche Profivereine eigene Teams unterhalten. Damit könnten sich Vereine jüngere Fangruppen erschließen. Nichtsdestotrotz kann Konkurrenz mit dem etablierten Profifußball auf einer anderen Ebene entstehen: bei den Sponsoren. Für alle Klubs von der Bundesliga bis zum Amateurbereich ist das Sponsoring eine wichtige Einnahmequelle. Wenn sich große Unternehmen wie Xing, Samsung, Vodafone oder Freenet mit ihren Budgets in Icon League oder Baller League engagieren, fehlen diese Gelder im etablierten Fußball.
Außerdem frage ich mich, ob bei diesen neuen Ligen wirklich immer der Fußball im Mittelpunkt steht. Manchmal wirkt es, als sei er eher Mittel zum Zweck der Selbstinszenierung von Leuten, die ich im Fußball bisher noch nie gesehen habe. In diesem Punkt unterscheiden sich die Ligen in ihrer Ausrichtung – die Icon League möchte etwas traditioneller sein, bei der Baller League liegt der Fokus noch stärker auf dem Geschehen neben dem Platz – und es ist auch noch zu früh, das abschließend zu beurteilen. Aber ich bin gespannt, wie sich das entwickeln wird.
Sowieso stehen die Ligen noch ganz am Anfang: Die spanische Kings League, gegründet vom Ex-Barcelona-Profi Gerard Piqué, existiert seit 2022, die Baller League, initiiert von Lukas Podolski und Mats Hummels, hat eine Saison hinter sich, und die Icon League von Toni Kroos und Streamer Elias Nerlich befindet sich in ihrer allerersten Spielzeit.
Dass langfristig alle Ligen gleichberechtigt nebeneinander existieren können, glaube ich nicht. Neben Baller und Icon League will bald die Kings League nach Deutschland expandieren, dann konkurrieren gleich drei Formate um ein und dieselbe Zielgruppe. Und es gibt ja auch nicht zwei oder drei Bundesligen, sondern nur eine. Diese Entwicklung und wer sich am Ende durchsetzt, wird also spannend zu beobachten sein. Aber Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft.
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